Guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Literaturinteressierte, herzlich willkommen im Stifterhaus. Mein Name ist Sarah Püringer und ich freue mich sehr, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Zu Gast haben wir heute die Grazer Autoren-Autorinnenversammlung Regionalgruppe Oberösterreich und die Mitglieder veranstalten alle zwei Jahre eine lange Nacht. Wir haben heute die Ehre, dass sie wieder im Stifterhaus stattfindet und ich möchte ganz herzlich Kurt Mitterndorfer begrüßen, der diesen Abend organisiert hat und auch die Moderation übernommen hat. Ich möchte auch all jenen danken, die im Hintergrund dafür sorgen, dass dieser Abend in den besten Händen ist und Sie dürfen sich heute auf ein vielseitiges Programm freuen. Wir haben 21 AutorInnen, die heute lesen werden und einen Einblick in ihr literarisches Schaffen geben werden. Die Liste der Vortragenden ist lang, die Zeit muss dennoch sein, sie alle kurz namentlich zu nennen. Herzlich willkommen Corinna Antelmann, Dietmar Füssel, Peter Hodiner, Johann Klemeyer, Erich Klinger, Hermann Knapp, Walter Kohl, Christine Mack, Till Mayrhofer, Dominika Meindl, Martin-Klaus Menzinger, Kurt Die Reihenfolge der Lesenden ist zufällig gewählt. Das Los hat entschieden. Zum Ablauf ganz kurz. Jeder Autor, jede Autorin hat ungefähr sieben Minuten Zeit. Es wird dann ungefähr bei der Hälfte um 21 Uhr auch eine Pause geben. Nützen Sie gerne die Gelegenheit und schauen Sie draußen im Foyer beim Büchertisch vorbei. Ich übergebe nun das Wort an Kurt Mitterndorfer und bedanke mich nochmal recht herzlich willkommen. Du hast eh schon alles gesagt, was ich auch sagen wollte, also eigentlich nicht mehr notwendig, dass ich etwas sage. Nur kurz, Graz Autorenversammlung, manchmal wird gefragt, warum Graz mit seinen Links. manchmal wird gefragt, warum Graz, wir sind in Linz. Die Graz-Autorenversammlung ist 1973, danke, Richard, Dankeschön, von HC Atman gegründet worden und damals in Graz. Deswegen heißt es noch immer Graz-Autorenversammlung. Inzwischen gibt es in jedem Bundesland eine Regionalgruppe und wir sind die Regionalgruppe Oberösterreich und machen, wie du schon gesagt hast, alle zwei Jahre eine lange Nacht. Dazwischen gibt es dann immer zur Lage, das ist die aktuell politische Veranstaltung. Grundsätzlich glaube ich, dass wir, nein, glaube ich nicht, das war sie, wir sind die größte Schriftstellervereinigung von Oberösterreich mit Dominika, wie viele haben wir gerade? 75 Mitgliedern. Also sind Sie froh, dass nicht alle 75 heute lesen? Wir haben auch schon Abendek gehabt mit 32, also es ist ein langer Abend, aber es ist ein sehr abwechslungsreicher Abend, durch das eben so kurz und so viele Leute lesen. Ich wünsche auch einen schönen Abend und bedanke mich beim Stifterhaus, bei den technischen Unterstützerinnen und Unterstützern für Ton und die Veranstaltung wird auch von Radio Froh übertragen und vom DorfTV aufgezeichnet. Ihr kennt es also auch, Sie können auch, Entschuldigung, es gibt ja auch Menschen, die gesitzt werden wollen, Sie können auch, Entschuldigung, es gibt ja auch Menschen, die gesitzt werden wollen, Sie können auch nachschauen und nachhören. Das ist alles im Archiv dann zu sehen. Um ungefähr 21 Uhr gibt es eine Pause, 15 Minuten. Wenn Sie rausgehen, bitteschön so rausgehen in den Pausen, wann der Wechsel ist. Es stört ziemlich bis sehr, wenn man zwischendurch rausgeht, während jemand liest. Das heißt, die Pausen nutzen, wenn der Auftritt und Abtritt. Und sonst gibt es eben die große Pause kurz vor oder nach 21 Uhr. Ich weiß es gar nicht auswendig. Schönen Abend wünsche ich. Viel Spaß und Interessantes zu hören. Danke. Du wolltest mich ansagen. Hätte ich schon wieder vergessen. Da sitzt schon einer, der schon lange dabei ist bei der Graz Autorenversammlung. Ich darf begrüßen Helmut Ritzi. Ich darf begrüßen Helmut Ritzi. Einen schönen guten Abend. Winter. Es gibt überhaupt keinen echten Winter mehr, hörte die Kager von der Nachbarwohnung jammern zur Hofinger von Gegenübersagen, gerade als er die vor der Wohnungstür liegende Zeitung herein holt. Was will denn die Umrücken? Meterhohe Schneewächten, das Auto vor der Haustür unbrauchbar, weil es zu mühsam wäre, es auszuschaufeln, um damit in die Arbeit zu fahren. Öffentliche Verkehrsmittel, die Straßenbahn steht, weil ein Auto auf den Schienenhängen geblieben ist, ein vereister Gehsteig, der einem das Hinfallen erleichtert. Früher hat es wenigstens einen Hausmeister gegeben, der rechtzeitig gestreut hat. Aber die hat man abgeschafft, damit die Firmen mit Winterdienst ihren Profit machen. Doch die kamen meist zu spät. Wenn es aber so bleibt, braucht die Winterdienste eh niemand mehr. Naja, die Sandler konnten sich mit dem Schneeschaufeln wenigstens einen Schnaps verdienen. In der Zeitung haben sie neulich mit einem Foto über China lustig gemacht. Auf dem war ein weißer Schneebank mitten in der grünen Landschaft zu sehen. Aber warum soll es den Chinesen besser gehen als uns? Bei uns schaut es ja nicht anders aus. Kein Winter ohne Skirennen. Früher ging die Gefährdung für die Skiurlauber nicht von den Pisten aus, jetzt dagegen schon, weil die offenbar nur allzu leicht vom schmalen Schneeband abkommen. Aber im Grunde reicht so ein Bahnhof ohnehin für die, die sich einen Skiurlaub noch leisten können. andere ohnehin für die, die sich einen Skiurlaub noch leisten können. Nein, in der Stadt brauche er keinen Schnee, sagt er sich, und kein Eis und keine Kälte. Die Nachbarin wahrscheinlich genauso wenig. Die fährt schließlich auch immer nur im Sommer weg, weil sie die Meerluft braucht. weil sie die Meerluft braucht. Und dann hat sie noch gemeint, ohne Schnee seien die Weihnachten auch keine Weihnachten. Soll sie sich doch eine DVD kaufen und sich stundenlang anschauen, wie der kleine Waldbauer einen Bub mit der Laterne in der Hand durch den hohen Schnee zur Mette stapft. Immer wieder, weil er doch zum Hochheiligenfest nicht erfrieren darf. Nein, er braucht das nicht. Klar, als Kind hat er sich gefreut, wenn der erste Schnee gefallen ist. Damals hat es noch Straßen gegeben, auf denen man rodeln konnte. Und selbstverständlich kommt er zum Fenster, wenn die Sabi mit dem üblichen freudigen Ton in der Stimme ruft, schau, es schneit. Eine halbe Stunde lang schaut es ja ganz hübsch aus. Aber dann muss man aus dem Haus und da ist der Schnee schon zu Matsch verkommen, der von Stunde zu Stunde dreckiger wird. Keinen Hund möchte man da noch hinausschicken. Die längste Zeit sitzt er nun schon da in seinem Lehnstuhl, die Zeitung ungelesen im Schoß, nur weil die Urschl gemeint hat, es gebe heutzutage keinen richtigen Winter mehr, denkt er und will schon die Zeitung aufschlagen. Doch dann fragt er sich, weshalb reden die Leute immer von Winterfreuden? Gut, die Schneemännerbauzeiten und die Schneeballschlachtzeiten sind für ihn längst vorbei, wobei auch damals die Freuden begrenzt waren, wenn einem ein Schneeball im Nacken traf und dann das eidige Schmelzwasser den Rücken hinunterran oder das kleine Arschloch vom Nachbarhaus aus der Karottennase einen Karottenpimmel machte bzw. den Schneemann sonst tiefer umzierte. sonst die Verunzierte. Was verbindet man am meisten mit Winter? Wintersport. Es gibt schließlich keinen Frühlings-, Sommer- und Herbstsport. Wenn es kein Wintersport, dann ist es nur Sport. Gewissermaßen zum Ausgleich gibt es die Sommerrodelbahn. Winterreifen. Reifen sind nur dann Sommerreifen, wenn man mit ihnen in der Zeit der Winterreifenpflicht. Winterstürme. Im Frühling gibt es Maillüfterl, im Sommer nichts Besonderes. Herbststürme, ja, die kündigen gewissermaßen den Winter an. Dann sollten die Häuser winterfest sein. Also Winterfest sein. Den Winterdienst hatte er schon. Winterreise. Schubert hat einen Zyklus ziemlich depressiver Gedichte von Wilhelm Müller unter diesem Titel vertont. Sonst wäre es wohl eine Frühlings-, Sommer- oder Herbstreise geworden. Winterlandschaft. Auf Fotos recht hübsch, gibt es aber auch nicht mehr, wenn es keinen richtigen Winter mehr gibt. Nur weiße Schneebandeln auf grünen Wiesen. Ewig kann es nicht Winter sein. Der Winter als Synonym für Gewalt und Unterdrückung. Schließlich steckt er doch die Zeitung auf und gleich auf der dritten Seite ein Artikel, in dessen Titel Winter vorkommt. Die viel zu hohen Temperaturen in dieser Jahreszeit ein Zeichen mehr für die Erderwärmung. Gleiches gelte aber auch für die gierende Kälte in anderen Weltgegenden. Gegensätzliche Naturkatastrophen als Ergebnis der Klimakrise, Hitze und Starkregen, Dürre und Hochwasser, so oder so Ernteausfälle. Bei einer Erderwärmung um 1,5 Grad bis 2100 steigt der Meeresspiegel um 35 Zentimeter, bei 2 Grad gleich um einen halben Meter. Dann doch lieber ein bisschen richtigen Winter. bisschen richtigen Winter. Sein Auto kann es immerhin schon mehr einschneiden, kann es ihm nicht mehr einschneiden, weil er einen Garagenplatz hat. Und seit sie beide in Pension sind, fahren sie ohnehin mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Eine Bahnfahrt hat auch ihre Reize, sagt er sich, als er Savi aus der Küche rufen hört. Ich glaube, es beginnt zu schneien. Na, da kann sich die Kager freuen. Danke. Danke. Als nächster liied Richard Wall. Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Eine tirade, stark gekürzte Fassung. Also schimpft mir der Chef. Meine Schädelschäden sind die Keile vieler Klingen. Ich schäle und schädle heraus, wie es mir gefällt. Ist Ihnen nicht auch ein keil in der Schnabel gewachsen? Oder sollte ich nicht lieber sagen, meine Klingen sind mir zu schade für die Schädelschäden dieser Welt? Hatte jemand einen Huscher, pflegte man landläufig zu sagen, der hat einen Dachschaden. Dazu kommen die von meinesgleichen verursachten Schäden, die Waldwasser- und Hitzeschäden, läuten etwas ein. Nicht irgendwann, sondern vielleicht schon morgen, vielleicht am selben Tag in einem Jahr. Dann ist Zahltag, nicht Wahltag. Da gibt es nichts mehr zu wählen. Ergo keine Qual der Wahl. Höchstens das eine oder andere zu stehlen. Habe aber keine Ahnung, was sich morgen oder am selben Tag in einem Jahr zum Stehlen sich lohnte. Und stehlen im Sinne von sozialer Ausgleich lässt sich schon rechtfertigen. Nur sollte man sich nicht auf den falschen Fuß erwischen lassen. Eine Volksweisheit der weisesten Völker, zu denen auch unseres sich zählt, auch wenn manche Volksgenossen nicht weiter als bis heil zählen können. Aber was sage ich, ohne die gegenwärtige Dialektik berücksichtigt zu haben? Sie schlägt zurück, gibt mir einen rechten Haken. Unsere Sprache ist nicht deine Sprache, sagen sie. Apollo, sei Dank, sage ich, rufe ich, damit es alle hören. Du mit deiner Dialektik, werden sie sagen, mir ins Ohr werfen, wo die Füße prügeln. Welch ein Hindernislauf, so eine Diskussion. Fort, nur fort, rufe ich raus aus diesem von der Gesellschaft. Welcher Gesellschaft beeinflusst ein Bewusstsein? Was ist nicht alles Gesellschaft? Opa, Oma, Standisch, Swingerclub, Oligarchen, meine Bibliothek, die Wirtschaft, die Kanonenanzte, seins in einem zugenagelten Schrein mit KI aufgemotzt. Was wird denn nicht alles mitgeteilt, weil jeder so gerne teilt, jeder Dreck wird geteilt. Was wurde nicht alles schon freisinnig geteilt und verteilt, es eilt, sagen die Verteiler. Eine Parenthese gefährlich. Der abgewährte, aber möglicherweise doch noch zu erwartende Bundeskanzler ist eine Paraphrase auf eine berittene Braunschweiger, schaut ihn nur an, schaut überhaupt, schaut und seht. Was denken wir, meinen wir, was wir denken oder denken wir, was wir meinen oder meinen wir zu denken und denken gar nicht. ein intensives Unbehagen über jene, die über ihr empfundenes Unbehagen mich mit ihrem beschränkten Gebrabbelbelästigen in diesem austriakischen Alpenvorland und pseudo-urbanisierten Hinterland schaut hinter jenem Berg ein Berg von Meinungen hervor, wie Gämseneier abgerundete Meinungen tadellos rund ohne Anfang und Ende ein sich in den Schwanz beißendes perfektes Ganzheitsideal. Denn das Ganzheitliche, was auch immer das ist, hat Konjunktur. Denken Sie auch schon ganzheitlich oder nur bruchstückhaft? Denken Sie immer alles zu Ende? Ja, ihr Glücklichen. Mir brechen immer die Stollen der Gedankengänge ein. Wer weiß, ob diese Szenieren überhaupt Gedanken sind. Wie schaut ein Gedanke aus? Habe noch keinen gesehen, mein Lebtag. Gedanken sind wie Vögel, sagen manche, oder wie Götter. Und ich sage, welche eine Verehrung. Dort ein Jahwe aus gestrenger Gedanke, hier ein Aller als Gedanke mit Bart. Der hat sich einen Bart geholt, hieß es früher, wenn jemand vergeblich etwas angestrengt hat, etwas in die Hosen ging. Oh, Manitou, sei mir ein helfender Gedanke. Steh mir bei, wenn die weißen Gedanken kommen, die alles niederblenden. Neulich habe ich mir einen Gedankensplitter eingezogen wie einen Schiefer, bin ihn lange nicht losgeworden, trotz Einsatz eines durchaus anpackenden, konträren Benzetten-Gedankens. Langsam ist er herausgeeitert, dann wieder diese widerlich rotierenden Gedanken. Die Biosphäre meiner Gedanken ist so ein Rundling von Eierkopf und da drinnen rotieren und kreisen wie in einer Zentrifuge meine Gedanken. Gedanken von der Art, die andere längst entzückt haben, sich diese entledigt haben. Ein paar Vollräusche und weg sind sie. Himmel her, Gott scheiß drauf, sagen sie. Aber ich, was sage ich? Was nimmt man nicht alles in Kauf, um über winzige Keile aus Wörtern und Sätzen gewisse Gedanken loszuwerden? Till Mayrhofer, bitte zu Tisch. Guten Abend, ebenfalls stark verkürzt. Eine Rückschau in die 1970er und folgenden Jahrzehnte Literatur im Café. Als ich das Schloss zum ersten Mal betrat, war ich 21 oder 22 Jahre alt, hatte eine Lyrik und dann auch noch den Pädagogikpreis der Gegenwart für meine Hausarbeit in der Erziehungswissenschaft gewonnen und sah zwischen Biedermeier Sofa und Goldrandgeschirr im sogenannten Besprechungszimmer auf einem Samtsessel sitzend, die Frau Direktorin lustig und quirlig mit Brille und den Herrn Rektor voll größter Ruhe, die Serviette falten und die zwei Mädels, eine mit einer etwas ausladenderen Figur, aber auch viel zwischendurch nacktem, es muss wohl der Sommertermin gewesen sein, der andere mir zugewandt, ich bin die Iris, du schreibst wunderschöne Gedichte, sie mochte vielleicht 30 Jahre alt sein, ich wollte damals, so erinnere ich heute, auf der Stelle zumindest einmal mit ihr schlafen. Zwei Lyriker liegen im Bett und vereinigen sich, steigen hinab zum Geschlechtergeliebten. Wir sehen uns an, wir sagen uns Dunkles. Nein, lieber Freund, so funktioniert das nicht. Und so kam es nie zu einer derartigen Vereinigung. Wohl aber zu vielen Besuchen und Auftritten im Café des Bildungshauses. Wenn der weißhaarige Seidenstücker mit leiser aber bestimmter Stimme analysierte, oder auch die Literaturkritikerin der Welser Zeitung, eine sehr feinsinnige ältere Dame, war das Ambiente des Marmorsaales, der auch so etwas wie ein literarisches Spiegelkabinett darstellte, akustisch wie optisch in sich stimmig. Zugegeben, es waren und verblieben im Publikum zumeist mehrheitlich Frauen, die sich nach Kaffee und vor allem den ebenfalls kostenlosen, köstlichen Mehlspeisen sehnten und abgesehen von Iris Gerte und Frau Direktor, die dezidiert literarisch nicht schrieb, sehr unterschiedlich literarisch begabte VorleserInnen ihrer Arbeiten. Und das bildete auch den Grund für die auf die vorgetragenen Texte folgenden Nachbesprechungen, beziehungsweise deren eigentlichen Zweck des Cafés, beziehungsweise dessen Mehrwert. Die ebenso kontroversiell wie auch immer wieder verbindlich geführte Auseinandersetzung mit Literatur, wie ich sie mir heute noch vorstelle, sowohl auf den Tagungen der Gruppe 47 und später, wie im Fernsehen bis heute mitzuverfolgen, beispielsweise beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Nur, dass im Café keine Preise verliehen, wohl aber Anerkennung oder Vernichtung. Und nicht selten beides ausgesprochen wurden. Und dass die AutorInnen sich jederzeit zu ihren Texten äußern durften. Dafür verantwortlich war Professor Magister Horischek, dessen Horrorcheck mich und andere arrivierte Besucherinnen mit den Jahren meist belustigte, ebenso wie er die gewogenen Kaffee- und Mehlspeisgäste empfindlich störte, Betroffene kränkte, beleidigte und mitunter beinahe zum Weinen brachte. Horišek's erklärteste Fans aber waren seine mitgereisten SchülerInnen aus dem benachbarten Gymnasium. War das jetzt Literatur oder keine Literatur? Und warum, lautete die zumeist nach jeder Erstlesung gestellte Einstiegsfrage des Deutschlehrers. Und wer, sei es, weil er selber schon schrieb und sich daher für Wie-man-Schreibe interessierte, oder sei es bloß als begeisterter, aber literaturaffiner Leser, wusste jetzt sofort, wie das nächstfällige Urteil ausfiel. Literarischer Text oder bloß Schulaufsatz. Ob von gewisser Reife oder doch noch unfertig. Ja, aber vielleicht von noch verborgener oder noch ungewiss, ob zu entfaltender Qualität oder ganz einfach banal bis mitunter grottenschlecht. Also von, warum müssen Sie sich denn unbedingt in Worte fassen, wenn Ihnen doch ein jeder Satz bzw. Vers misslingt. Bis zu einer weiteren Fülle an Bewertungen. War Horischek gut gelaunt, meint er gelegentlich zwar, ein Schulaufsatz sei beileibe nichts Verwerfliches und werde ja auch mitunter mit sehr gut beurteilt. Aber ein seriöses literarisches Schaffenwollen sei doch unbedingt zu begleiten von einer gewissen Kenntnis an Grammatik. Von Orthographie war damals übrigens nie die Rede. Sie konnte bei allen vorausgesetzt werden. Auch, und darin waren alle sich einig, außer mancher der sogenannten Autorinnen, schade es grundsätzlich nicht, literarische Vorbilder durch Lesen literarischer Texte zu studieren, wobei natürlich auch Manier bzw. Manierismus drohe. Aber Nachgemachtes und Eigenständiges konnte einer wie Horischek ohnehin von Weitem erkennen. Dazu braucht er ja nicht einmal seine Lesebrille. Und fast alle lachten. Vom literarischen Markt war vorerst keine Rede. Dem widmete sich Professor Seidensticker erst in seinem Vorwort zur sechsten Anthologie 1992, der letzten, in welcher er als Herausgeber fungierte. Nach seinem Rückzug aus Altersgründen übernahm Iris seine Agenten und die Gestaltung des Cafés gelangte in die Hände einer von sich selbst so bezeichneten Hobbypoetin, die in erster Linie durch Klavierspielen versuchte, ihre Haushaltskassa aufzubessern. So wurde aus dem Café schließlich ein musikalischer Salon mit Literaturbegleitung. Eine letzte Anthologie erschien um die Jahrtausendwende. Ein ambitionierter Welser Autor und Jungverleger nahm sie in seine Reihe panglos auf. in seine Reihe Panglos auf. Die damalige Frau Direktor Iris und Gerti leben noch. Der Dr. Seidensticker hat bei der Literatur wohlwollend betrachtend und meine literarischen Anfänge sehr gelobt. Der Horischek, ebenso bereits verstorben, aber einmal im Vorbeigehen, als wir schon Deutschlehrerkollegen waren und Gertis Mausikel landesweit von jeder singenden Volksschulklasse aufgeführt wurde, mir gegenüber gemeint, jetzt hat die Gertschi ihre wahre Bestimmung gefunden. Kinderbuch-Librettistin. Librettistin. Einer, die auch in Buchberg gelesen haben, nicht nur einmal und mit mir heftig diskutiert dort, ist Johann Kleemeyer. Er folgt auf mich. Ja, danke, Till Meierhofer, für die Vorstellung. Ich lese heute ein Gedicht aus Wunder sind möglich, zehnmal sieben Gedichte. Ein einziges Gedicht und werde ein bisschen etwas dazu sagen. Vorangestellt habe ich diesem Lyrikband ein Zitat aus den Briefen von Friedrich Nietzsche, den Glauben mit den Zähnen festhalten. Und die Gedichte da drinnen sind so Art Glaubensübungen, würde ich sagen. Das Gedicht. Vier Wortgruppen. Funkelst noch immer und weinst. Tagpfauenauge, kleiner Fuchs, Bernmutfalter, das Kleefeld bei Kamm so weit von Bode entfernt. Wärmst noch immer und weißt von nichts, der Flussstein im Rohr erhitzt, Füße schmeichelnde Katze, Omas Blick. Lockst noch immer Vogelbeere und grün der Blätter Birnbäume, das Meer weit draußen. Vertreibstfalter, das dunkle Blaue, auch wenn du ich bist, du. Es geht in diesem Gedicht um Schmetterlinge. Zweimal werden Tag vor ein Auge Kleiner Fuchs und Berlmuthfalter erwähnt, bei uns weit verbreitete Arten. Und es geht in diesem Gedicht, Zitat, allein sein, Mangel an Beziehung. Diese Formulierung findet sich in der Erstfassung dieses Gedichts, habe ich später durch das dunkle Blaue ersetzt. Die Kinder im Dorf waren erfinderisch, was Spielmöglichkeiten betraf. Mit einem Ballspielen, Räuber und Gendarm. Sobald wir ein Fahrrad hatten, einen anderen mit dem Fahrrad verfolgen. Schmetterlinge fangen war auch ein Spiel. Vielleicht war ich der Erste, der damit anfing. Ich war ein, zwei Jahre älter als meine Spielkameraden. Etwas entdecken, etwas fangen, etwas sammeln, das war unsere Welt. Genau genommen die Welt der Buben. Die Mädchen gab es auch, aber weder beim Fußballspielen noch beim Schmetterlinggefangen oder beim Radfahren waren sie dabei. Sie hatten andere Spiele. Ich bastelte mir aus groben Fichtenholzlatten eine Spannvorrichtung zum Schmetterlingetrocknen. Außerdem mit Sperrholz und Fensterglasscheiben einen Schaukasten. Wahrscheinlich hat mir bei dieser anspruchsvollen Bastelei mein Vater geholfen. Am Ende meiner Schmetterlingsfängerlaufbahn, da war ich dann zwölf oder 13, 14, hatte ich drei Schaukästen. Einen großen, der nicht perfekt dicht war und zwei kleinere. Alle drei habe ich schwarz lackiert und mit weißem Papier ausgelegt. Die Gedichte in Wunder sind möglich, haben zwei Richtungen. Sie wollen etwas zeigen und gleichzeitig wollen sie etwas verstecken. Gelungen ist so ein Gedicht, wenn Zeigen und Verstecken im Gleichgewicht sind. Tag, Frau in Auge, kleiner Fuchs, Berlmut Falter, begeistern mich bis heute. Es ist nachvollziehbar, dass sie in Funkels zweimal vorkommen. Und zusätzlich mit einer Ortsangabe, das Kleefeld bei Kamm. mit einer Ortsangabe, das Kleefeld bei Kamm. Ich erinnere mich gut an diesen Stopp beim Kleefeld bei Kamm im Bayerischen Wald. Inzwischen lag meine Schmetterlingsfängerzeit 30 Jahre zurück. Ein Zigarettenstopp, ein erstes Aufatmen nach der Hals-über-Kopf-Abreise. Ich wollte weg, endlich weg. Wenn ich jetzt nicht wegfahre, bleibe ich auch diesen Sommer daheim. Egal, ob andere dort Urlaub machen oder nicht. Und jetzt beim Kleefeld, bei Kamm, wird mir bewusst, du hast es geschafft. Du bist weg. Diesen Sommer bleibst du nicht daheim. Ich steige aus meinem Opel Vectra, zünde mir eine Goloase ohne Filter an und falle in dieses Kleefeld. Umgekehrt. Das Kleefeld ist über mich hergefallen. Die Welt des blühenden Kleefelds raubte mir den Atem, streckte mich zu Boden. Hunderte Mücken fliegen, Käfer, Libellen, Falter, Tagpfeuerauge, kleiner Fuchs, Bernmuthfalter. Es war Ende Juli, Anfang August. Ich hätte weinen können, wenn ich weinen gekonnt hätte. Ich erinnere mich an das Herzeigen meiner Schmetterlingssammlung. Ich war stolz auf meine Sammlung. Aber wenn sie dann bewundert wurde, versteckte ich mich und fing zu weinen an. So weit von Bodul entfernt. Ich war erst drei Stunden unterwegs. Mein Reiseziel war nordwärts. Ich hatte ein paar Landkarten angeschafft, ein paar Reiseführer. Bis zur Nordsee wollte ich auf jeden Fall kommen, vielleicht bis Norwegen, vielleicht Nordkap oder Nordpol. Am Ende kam ich bis Bodø. In der zweiten Wortgruppe heißt es und weist von nichts. Diese Reise hat sechs Wochen gedauert. Ich wusste nur, dass ich jeden Tag aufschreiben wollte. Mehr war mir nicht wichtig. Ich lese jetzt noch nochmal das Gedicht. Kamst noch immer und weißt von nichts, der Flussstein im Rohr erhitzt, Füße schmeichelnde Katze, Omas Blick. Lockst noch immer, Vogelbeere und grün der Blätter, Birnbäume, das Meer weit draußen. Vertreibst noch immer, Tag vor ein Auge, kleiner Fuchs, Berlmutfalter, das dunkle Blaue, auch wenn du ich bist, du. Danke. Ich gebe weiter an Herbert Stöger. Ich lese jetzt von 20.13 Uhr bis 20.20 Uhr. Es ist jetzt sechs nach acht. Nicht zögern zu zögern. Es muss sich niemand schämen, noch am Leben zu sein. Noch ist genug Nacht für alle da. Requisiten für den großen Tag sollten allerdings bereitgestellt werden. Zu bedenken ist das Platzangebot für Denkanstöße. Sie können ganz von alleine keimen oder werden von Unbekannten herangeschafft. Allerorts suchen mitbringselbefugte diverse Opfer. Niemand hält freiwillig die Hände für obskure Dinge auf. liegt die Hände für obskure Dinge auf. Beim Hinausbewegen schleifen Zaumzeuge hinterher. Probleme könne man jederzeit doch von hinten auf Träumen überfallen zu werden. Deren Nachgeburt wird über Wochen mitgeschleppt, als säßen sie tiefer als wirklich Erlebtes. Erbmungsloses Aufwachen schützt nicht vor erneut zufälligem Schlaf. Die Schafe auf den Herden stürmen von Hügel zu Hügel. Die Angst vor den Hirtenhunden ist berechtigt. Gerecht versucht man, anderen mitzuteilen, versucht man, anderen mitzuteilen, welche Ängste alle bereitgestellten Gegenden des mageren Körpers erobert haben. Das Verstecken hinter Heuhaufen gelingt nur teilzeitartig. Bloßgestellt stellen sich Antworten unvorbereitet ein. Unausgesprochenes trifft auf anderes, welches in Vergessenheit geraten ist, weil unvorgeschlagene Weisheiten nicht bedacht wurden. Einen Hirschkäfer folgt man nicht ungestraft. Einen Hirschkäfer folgt man nicht ungestraft. Glockenblumen entreißt man nicht der Mutter Erde Leib. Wer Vögel beim Vorbeifliegen sieht, muss nicht erst zum Beobachten in die Wildnis hinausfahren. Zwischengericht für Kurt. Unachtsam wie ein Brett, genügsam wie ein Bett, zögernd wie Nachbars Zorn, eindringlich ist das Signalhorn. Im Rocksaum vernähte Fernzugkarten werden durch Schweiß und Druck zersetzt. So gehen mögliche Fluchtmöglichkeiten verloren. Nicht einmal über die eigene Grenze an Verständnis wird man es schaffen. Bereitgelegte Kleiderhaufen verstopfen die Zugänge zu leeren Räumen. So schrumpft die Aussicht auf Vollkommenheit in Mikrozellenwesengröße. Geht eine Tür auf, verhalten sich weitere gefängnisartig. Die Ausbildung als Taschenspieler habe sich nicht gelohnt. als Taschenspieler habe sich nicht gelohnt. Man kann einem Wort vorwerfen, was man will. Für dessen Verwendung suche man einen geeigneten Ort, ehe sich eine Erinnerung an ein anderes bildet. Langsam gewordene Hände können die Finger nicht mehr gleichzeitig kontrollieren. Dies verstehen sowohl diejenigen, die von unkontrollierbaren Beinen sprechen, als auch andere, die an plötzlichem Weinen leiden. Das stetige Zittern der Knie fällt auch ohne wackelige Tische auf. So spaziert ein Hilfesuchen des Antlitz in Richtung Dämmerung, um besorgten Eltern zuvorzukommen, wenn sie ihre Sprösslinge noch nicht suchen. Noch reicht ein Stock zum Gleichgewicht-Austausch. Je dunkler es ist, desto weniger beherrschen sich die Körperfunktionen. Torkeln und Dahinsacken kann jederzeit eintreten. Von Laterne zu Lichtkegel schleppt sich der Schatten. Man endet an einer bekannten Stelle. Um Mitternacht wird nur noch leise Krach gemacht. Im Haus brennt Licht, das man selbst nicht ausgelöst hat. Ist man noch immer zu Hause und hat es gar nicht bemerkt? Oder ist dort schon jemand anders daheim und man wandert, angezogen von Licht zu Licht, in die falsch abgelegte Vergangenheit? Es wird Zeit, den Zeigern eine neue Perspektive zu geben. Wer liebt schon rückständige Uhren, wenn man seinen Seelenheil auch anders verlieren kann? Man wartet auf Nebel und fährt los. So einem Unsinn zu folgen, hat Folgen. Es folgt Elisabeth Strasser. Ich beginne mit einer Fußnote. Es kommt hier der Begriff der Prompt vor. Das ist, was man einer KI, einer künstlichen Intelligenz, angibt, damit sie das macht, was man möchte. damit sie das macht, was man möchte. Jetzt der Titel. Wie es dazu gekommen ist, dass ich jetzt auf dem Fahrrad-Home-Trainer im Spa-Bereich des Seminarhotels strample, was das Zeug hält. Mein Navi habe ich eingestellt an der Tankstelle vor der Autobahn. Die Richtung weiß ich aber keine Ahnung, wo genau das Kaff liegt, mit dem Seminarhotel mit Spa, WLAN und bester Verpflegung. Dafür hat man schließlich Navi. Adresse Holzweg 25 samt Ort Oberunterdorfling habe ich angesagt. Nach einer Stunde Autobahn, links halten, am Kreisverkehr dritte Abzweigung, weiter geradeaus. Ich folge den Anweisungen eine Landstraße, die bald eher nach Forstweg ausschaut, immerhin asphaltiert. Meinen Vortrag lasse ich währenddessen von der KI meines Vertrauens kreieren. Ich weiß, worauf es ankommt, auf den Prompt. Prompt ist nicht gleich prompt. KI erarbeitet sich ihr Weltbild und Wissen über Text und Sprache. Sprache stellt wiederum in der Evolution des Menschen die Wahrnehmung der Wirklichkeit durch Reflexion dar. Daher sind die Ergebnisse einer KI nicht immer korrekt und müssen hinterfragt werden. Es kann durchaus ein Kühlschrank rauskommen, wenn man nach einem Fahrrad fragt, sagte meine Assistentin Angelika, die sich gelegentlich darüber lustig macht, was sie meine Technologiegläubigkeit nennt. Mein Prompt ist natürlich perfekt. Fasse das Buch Management in Projekt,ign und Marketing von David Steiner für einen anderthalbstündigen Vortrag zusammen. Dieses 500-Seiten-Buch ist Grundlage meines Seminars vor Führungskräften internationaler Konzerne mit hiesigem Standort. Durch mein FH-Studium Projektmanagement bin ich dazu befähigt. bin ich dazu befähigt. Natürlich keine Koryphäe wie David Steiner, den ich von einem Videocall kenne, aber bessere als mich gibt es im Land kaum. Ich werde häufig gebucht. Mein Smartphone zeigt an, dass die KI meines Vertrauens die Zusammenfassung als druckfähiges PDF heruntergeladen hat. Fünf Seiten, gut so. Ein wenig Smalltalk-mäßige Zwischenanmerkungen lasse ich mir spontan einfallen, alles bestens. Bloß, wo bin ich? Dämmerig ist es außerdem bereits. Keine Straßenschilder, keine Wegweiser, bloß Bäume. Jetzt müsste ich schon langsam ankommen. Mein Navi schweigt bereits zu lang. Also anhalten, Standort checken und neu programmieren. Von Bielefeld aus die A25 und bei der nächsten Ausfahrt, was? Bielefeld? Die nächste Stadt müsste doch Salzburg sein. Sicherheitshalber noch Standortcheck am Smartphone. Bielefeld. Darunter gleich ein Link zu die Bielefeld-Verschwörung. Klar kenne ich, irgendwelche Spinner sind irgendwann spaßeshalber auf die Idee gekommen, die Stadt Bielefeld gebe es gar nicht. Ist mir egal, weil ich sowieso ganz woanders sein müsste. Ich bin mir sicher, dass ich vor einer halben Stunde an einer Abfahrt vorbeigekommen bin, wo Attersee draufstand. Kann auch Salzkammergut oder Salzburg gewesen sein, ist ja alles gleich. In der Gegend müsste jedenfalls ungefähr Ober- und Unterdorfling liegen. Hilft nichts. Einfach weiterfahren. Geradeaus, wohin die Straße führt, Irgendwo komme ich schon raus. Dann funktioniert das Navi sicher auch wieder korrekt. Ich rufe meine Playlist ab. Auf Zufallswahl eingestellt. I am from Austria, bekennt Reinhard Fendrich. Gut so. Immerhin nicht Bielefeld. Wo liegt das eigentlich ganz genau? Endlich. Da vorne schimmert ein Licht. Wahrscheinlich die Straßenbeleuchtung von Oberunterdorfling. Aber Straßenbeleuchtung in Blau habe ich noch nirgends gesehen. Außerdem weitet sich das Licht aus, schaut nach einer Lichtwand aus. Bremsen, da bin ich schon durch diese Lichtwand gefahren. Der Motor bockt, alle Warnlichter blinken auf, rot, dafür ist draußen alles blau. Mir bleibt nichts, als mich am Lenkrad festzuklammern, während mein smarter Audi eine riskante Pirouette vollführt und sich gleichzeitig das Navi wieder hören lässt. Sie haben ihr Ziel überschritten. Sie sind hinüber. Ich kann nichts mehr für sie tun, tun, tun, tun. Gleich darauf teilt mir Reinhard Fendrich mit, dass er Leute und Ratten kennt. Und himmelschreiende Dummheit. Jemand klopft an mein Seitenfenster. Ich sehe bloß einen Umriss. Die Scheibe senkt sich ohne mein Zutun, während das Gesicht der Gestalt sich herabbeugt. Oh mein Gott. Der Kopf einer Riesenratte auf den Körper eines Mannes in Uniform, der eine Pistole mit blauem Laserstrahl auf mich richtet. Das Rattenmonster bläckt seine Zähne wie grinsend. Jetzt übernehmen wir! Der Pront, irgendetwas am Pront war falsch. Während mir das klar wird, löst Schwerze das Blau ab. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, auf dem Hometrainer im Spa-Bereich des Seminarhotels zu strampeln. Zusammen mit schätzungsweise 100 anderen Leuten. Die Rattenmonster sorgen dafür, dass wir nicht aufhören. Energie für KI leuchtet ein Schild auf. Die haben eine Ahnung von Marketing. Ein trefflich knapperer Slogan hätte mir kaum einfallen können. Eins dieser Rattenwesen, das uns mit Laserpistole im Anschlag am Strampeln hält, merkt gerade gegenüber einen anderen an. Ach, dieses Menschenmaterial, so super leicht managebar. Als nächstes hören wir Christine Mack. Schönen Abend. Die letzte X-Blatt-Ausschreibung, das X-Blatt ist das Heftchen von der GARF Oberösterreich, hat geheißen Himmelblaue Lyrik. Ich habe gedacht, das geht jetzt recht um Kitsch. Ich habe trotzdem zwei eingereicht. Eins lese ich vor. Himmelblau. Ich mag sie, die Farbe Himmelblau, wie sie die Weite spiegelt, Wartewolken, aufgefädelt, Leichtigkeit, gefüllt in Träumkissen. Erfrischend lässt sie Gedanken kreisen, frei und friedlich meine Welt in Himmelblau. Eines Tages erscheinen Wörter auf himmelblauen Wänden, dem Einzelnen nicht weiter bedenklich, doch im Verhältnis zueinander gefährlich braun erscheinen. Ohne Worte, ohne Farce auf den Mond geschossen, diese braun gefärbten, dort können sie blau-braune Träume spucken und ich habe mein unbeflecktes Himmelblau zurück. zurück. Fünf vor acht. Es ist fünf vor acht. Um acht wird in den Nachrichten berichtet. Entweder er redet jetzt mit ihr oder sie erfährt es von anderen. Seine Frau hört nie Nachrichten. Wenn Nadine etwas wüsste, hätte er es gemerkt. Sie ist eine schlechte Schauspielerin. Er muss mit ihr reden, jetzt. Will nicht als Feigling dastehen, wenn ihn schon andere als Verbrecher hinstellen, vor Nadine gerade stehen. Nadine, wie sie die Vorhänge zurückzieht, die Espressomaschine bedient Wie sie das Töchterchenherz und auf einen Stuhl setzt Sie weiß, dass Au-pair-Mädchen zurecht, das nun die Küche verlässt Nadine macht ihrem Ärger Luft, doch er hört nicht, was sie sagt Weil sein Herz laut gegen die Rippen bocht und in den Ohren dieser Summen ist, seit Tagen schon, ununterbrochen. Er sieht ihr zu, bis sie den Tisch fertig deckt. Der seidene Morgenmantel zeigt ihre langen, sonnengebäumten Beine. Als er sich zum Tisch setzt, rutscht der Mantel seitlich der Knie zurück. Seine Hände zwischen ihre Schenkel schieben. Der Gedanke lenkt ab, erregt ihn. Er hätte sie heute früh ficken sollen. Hätte wahrscheinlich keinen hochbekommen, schon länger nicht mehr. Kein Auge zugemacht in den letzten Nächten. Vielleicht treibt sie es längst mit einem anderen. Das Töchterchen sitzt zwischen ihnen und plappert. Es ist putzig gekleidet, wie immer. Viel rosa. Nadine kauft Kinderkleidung nur in italienischen Boutiquen. Die Kleine plappert, während die Welt untergeht. Seine Welt. Die Welt von Frau und Kind wird ab heute eine andere sein. Nadine wird in keine Kamera mehr lächeln. Sie wird von der Bildfläche verschwinden. Sie hat gut von seinem Geld und seinem Image gelebt. Hat nur eine Identität als Frau von. Hauptsache Luxus, gesehen werden Fliegt zum Einkaufen nach Paris, Berlin, Mailand Rettelt sich gerne in der Sonne auf der Yacht am Gardasee Während er seit Monaten Geld aufzutreiben versucht Sie hätte doch etwas merken müssen Warum setzt du dich nicht zu uns? Frühstückst du nicht? Er weicht ihren Blick aus, sieht auf die Uhr. Eine Minute nach acht, die Nachrichten laufen. Sie werden wenig Gutes über ihn sagen. Er redet. Er redet. Noch immer nicht. Lehnt an der Kücheninsel, hört sein Herz hämmern und die Ohren rauschen. Weich in den Knien. Nicht nur, weil er Nadine erklären muss, was sie in den Nachrichten sagen. Er wird das Eingeständnis des Niedergangs zum ersten Mal in den Mund nehmen. Aus dem eigenen Mund hören, dass sein Imperium zusammenstürzt. Ohne Hoffnung. Gehofft hat er bis gestern, dass dieser Investor aus Dubai einsteigen würde. Dann wäre er wieder glaubwürdig gewesen, hätte die Investoren beruhigt, indem er ihnen saftige Dividenden ausschüttet. Er, Trendman des Jahres, als Schulabbrecher über sich hinausgewachsen, seit Jahren als einer der erfolgreichsten und vermögendsten in aller Munde. Wie ein Kartenhaus stürzt nun, das Imperium hätte weiter wachsen können, wenn. Aber das Haus hier, das hat er gerettet. Nadine braucht nicht besorgt sein, für sie und das Kind ist gesorgt. Sie werden ihr Haus, ihr Zuhause nicht verlieren. Die Kleine hat aufgehört zu plappern. Soll sie doch weiterreden. Er richtet sich auf, geht auf den gedeckten Tisch zu. Vase verbreiten einen starken Duft, Blumenduft als Anker des Niedergangs. Vielleicht wird seine Frau ihn in den Arm nehmen, das könnte er jetzt brauchen. Luft holen, räuspern. Nadine, es ist so, die Stimme gibt. Das Kind quengelt, es will einen anderen Saft. Nadine lehrt ihn in die Spüle und schenkt einen neuen ein, während er sich auf den Stuhl niederlässt, so als könnte der Stuhl unter ihm zusammenbrechen. Nadine reicht dem Kind das Glas und setzt sich wieder, schillt zu ihrem Mann, während sie sich einen Trost streicht. Die Morgensonne scheint durchs Fenster und bringt Nadines Gesicht zum Schimmern. Es zerfließt mit den Sonnenstrahlen. Erscheint ihm das nur, weil sich in seinen Augen Wasser sammelt? Oder ist er es, der sich auflöst, ins Nichts verschwindet? Er wünscht, es wäre so. Aber seine Stimme ist noch da. Er hört sich reden. Nadine, es ist so. In den Nachrichten berichten sie gerade das. Danke. Ich darf ansagen, Wieser Klaus. Guten Abend. Eine kurze Erklärung. Ich habe mein Buch vergessen. Mein aktuelles Buch heißt Onkel Emrech, Untertitel Grubergeschichten. Das ist mein erster Ausflug in die Welt der Prosa gewesen und bis jetzt hat es nur im Sinne von ausschließlich Gedichtbände von mir gegeben. Ich habe ja auch vorgehabt, wieder zu Lyrik zurückzukehren, aber die Tatsache, dass es mir so großen Spaß gemacht hat, dieses Buch zu schreiben und die vielen positiven Rückmeldungen haben mich dazu bewogen, an einem zweiten Band zu arbeiten und den Epilog dieses zweiten Bandes möchte ich Ihnen vorlesen. Das Kapitel wird heißen Gruber im Internat. Und es ist noch nicht ganz fertig, muss sicher noch zwei, dreimal überarbeitet werden, aber ich denke, man kann es schon vorlesen. Gruber am Balkon. Gruber saß in Antalya auf dem Balkon seines Zimmers im vierten Stock des Hotels Lara, einer traditionellen Absteige für billige Reisearrangements in die Türkei. Viele Rundreisen nach Kappadokien oder in den Südwesten des Landes nehmen hier ihren Anfang. Er genoss den Blick auf das stürmische Meer, dessen braune Wellen den kleinen Sandstrand des Hotels fast zur Gänze überschwemmten. Wilde Wolkenkürme verhiesen für die nächsten Tage nichts Gutes. Gruber hatte trotz des Schlechtwetters Hemd und Schuhe ausgezogen. Ein Unterleibchen verhinderte das schweißbedingte Festkleben am Plastiksessel. Die Beine waren auf einem zweiten Stuhl hochgelagert und die Whiskeyflasche war aufgeschraubt. Grober pflegte auf Auslandsreisen im Duty-Free-Shop irischen Whiskey zu kaufen für die Verdauung. Morgens und abends ein Schlückchen, nichts Unangenehmeres als Reisediarrhoe. Mit 50 brauche ich diese Ausreden nicht mehr, dachte Gruber. Ich liebe den Black Bush und stehe dazu. Gegen den drohenden Durchfall hatte er zusätzlich einen Liter Fernet Branca mitgenommen, diesen köstlichen italienischen Bitterlikör. Man kann nie vorsichtig genug sein. italienischen Bitterlikör. Man kann nie vorsichtig genug sein. Gruber stöpselte sich die Kopfhörer seines altmodischen Walkmans in die Ohren. Er hatte das Album North von Elvis Costello ausgewählt und zündete sich zur Abrundung des Abends die erste Zigarillo an. Ich bin stets guten Mut, dachte Gruber und schmutzelte. In the mood, Glenn Miller war das gewesen, nicht? Er konzentrierte sich darauf, nicht zu inhalieren, schwer genug für einen zur Sucht neigenden Menschen. Ein Flugzeug donnerte knapp über das Hoteldach hinweg. Gruber schenkte nach. Er war erst vor einer halben Stunde von einem Spaziergang zurückgekommen, hatte eine vom Balkon aus idyllisch anmutende Halbinsel zu Fuß erreichen wollen, aber der Zugang war überall versperrt gewesen. Militärisches Gelände, bewaffnete Wachposten, nicht wirklich Grubers Geschmack. Außerdem war er zu warm angezogen und zu hektisch unterwegs gewesen. Von Lustwandeln keine Spur. Ich renne herum wie ein Verrückter, sinnierte Gruber. Je gelassener ich sein will, desto unruhiger werde ich. Und eine fette Sau bin ich auch. Ja, Gruber befand sich in einer heftigen Lebenskrise. Tatsächlich hatte er vor knapp 30 Kilogramm Sport studiert, sich aber besonders in den letzten Jahren ziemlich gehen lassen. Er war adipös geworden, kurzatmig, ständig müde und er transpirierte übermäßig stark. Mit anderen Menschen wollte er nichts mehr zu tun haben, außer mit denen, die ihm vertraut waren, die ihn nahmen, wie er eben war. Hier oben aber auf dem kleinen Balkon fühlte er sich wohl. Vier Quadratmeter Sicherheit, Rückendeckung, keine unliebsamen Überraschungen. Die Kassette war zu Ende gespielt, Gruber legte den Walkman auf den Fliesenboden und verschränkte die Arme im Nacken. Wieder dröhnte ein Jet über das Hotel, das direkt in der Einflugschneise des neuen Flughafens lag. Nach ein paar Gläsern Whisky würden ihm die Flugzeuge egal sein. Außerdem war er nicht auf Urlaub, um sich über irgendetwas aufzuregen. In der nächsten Stunde wurde es rasch dunkel und kühl. Gruber überwand das angenehme Gefühl der Trägheit, das sich in ihm breitgemacht hatte, erhob sich und ging ins Zimmer, um einen Pullover anzuziehen. Als er wieder den Balkon betrat, fiel ihm auf, dass die ersten Sterne zu sehen waren. Gruber hatte sich eine Zeit lang mit Astronomie beschäftigt und war neugierig, welche Sternbilder er etwas später erkennen würde. Im Westen war ein schöner Sichelmond zu sehen und nicht weit davon entfernt ein hell leuchtender Stern. und zu sehen und nicht weit davon entfernt ein hell leuchtender Stern. Sieh an, sieh an, dachte Krupa, die türkische Flagge am Himmel, allerdings seitenverkehrt. Und der Stern müsste eigentlich ein Planet sein, die Venus vielleicht. Er erinnerte sich, dass ihm türkische Schüler von dieser seltenen Konstellation erzählt hatten. Welch erhebender Moment, dachte Krupa, ich werde ein Rauchopfer darbringen und bei der Gelegenheit noch einmal nachschinden. Ergriffen lehnte er am Gelände und starrte in die Nacht hinaus. Wieso redet man eigentlich immer vom türkischen Halbmond? Also alles, was recht ist, aber ein Halbmond ist das nicht. Vom Meer her ernährten sich zwei größer werdenden Lichtquellen. Oje, sie kommen, grinste Gruber. Mit etwas Verzögerung realisierte er, dass die zur Landung ansetzenden Flugzeuge mittlerweile ihre Scheinwerfer eingeschaltet hatten. In einem seitlichen Abstand von wenigen Metern verschwanden die beiden grellen Lichtkegel hinter der Dachkante. Augenblicklich erinnerte sich Grub an eine Deutschschularbeit, die sein Freund Samuel in der 6. Klasse Gymnasium verfasst hatte. Er hatte geschrieben, dass seine Großmutter mit dem Fahrrad regelmäßig eine Disco am Rande der Stadt aufsuchen würde. Einmal sei sie spät nach Mitternacht vom Tanzen erregt und glücklich nach Hause gefahren und es seien ihr zwei Lichtkegel entgegengekommen. Sie habe gedacht, zwei Motorradfahrer würden die Gunst der Stunde, sprich die geringe Verkehrsdichte dazu nutzen, nebeneinander zu fahren. In ihrer aufgeregten Stimmung und in ihrer Ausgelassenheit habe sie sich den Spaß erlaubt, zwischen den beiden Bikern durchzufahren. Leider seien es aber nicht, wie sie festlich angenommen hatte, zwei Motorräder gewesen, sondern ein Lastkraftwagen, und so hätte sie ihr tragisches Ende gefunden. Der Professor, ein strenger Mann, fragte Samuel, ob er denn über Nacht wahnsinnig geworden sei und was er sich dabei denke, so einen pietätlosen Blödsinn abzuliefern. Er beurteilte die Arbeit negativ. Trotzdem glaubte Gruber damals hinter der Hornbrille des erzürnten Germanisten ein verstecktes Schmunzeln erkannt zu haben. Gruber hatte genug. Er zog sich aus, legte sich ohne zu duschen ins Bett und versank in einer Wolke aus Alkohol und Erinnerungen an seine Internatszeit. Im Zehn-Minuten-Takt krachten die Flugzeuge über das Hotel, als flögen sie direkt durch das Zimmer. Als nächstes gibt uns der Veranstalter des Abends, Kurt Mittendorfer, die Ehre. Ich muss jetzt einmal ein großes Dankeschön an alle, die vor mir gelesen haben, sagen, ihr seid so diszipliniert, das ist ein Wahnsinn. Ja, ja, wir sind weit vor der Zeit eigentlich. Das heißt, ich konnte jetzt eigentlich zehn Minuten locker lesen, aber auch mein Text ist kürzer als die sieben Minuten, weil ich mir gedacht habe, im Spital an der Trau, sein Problem gewesen. Schule war er auch heute noch nicht. Aber heute war das nie oder fast nie oder nur manchmal ein Problem mehr für ihn. Heute zählten andere Qualitäten. Aber die Klimmzüge, heute wie damals, waren sie das Problem. Eigentlich hatte das Problem schon vorher angefangen. Und auch heute noch war das sein Problem. Eigentlich hatte das Problem schon vorher angefangen und auch heute noch war das sein Problem, aber heute konnte er dagegen etwas tun. Er schaffte es damals wegen seiner Größe nicht oder fast nicht, so weit hoch zu springen, dass er die Reckstange ergreifen und sie mit den Händen umklammern konnte. dass er die Reckstange ergreifen und sie mit den Händen umklammern konnte. Und wer die Reckstange nicht greifen konnte, der war sofort unten durch, im wörtlichen Sinn. Es war oft ein Gaudium gewesen damals, wenn ihm einer seiner Klassenkameraden hinaufhelfen musste, ihn ein Stück hochheben musste, sodass er die Stange mit den Händen greifen konnte. Da wurde dann geklatscht und Herr, Herr, Herr, Herr, gebrüllt, wenn er endlich oben hing, an der Reckstange. Mehr als vier bis fünf Klimmzüge hatte er nie geschafft damals. Dann hatte er auslassen müssen und war wie ein Sack auf die Matte gefallen. Heute, ja, ja heute stellte ihm der Trainer die Reckstange, schon bevor er in den Turnsaal der Volksschule kam, in der er seit Wochen abends heimlich übte. Genauso hoch stellte er sie ihm ein, dass er sie ohne Hilfe erreichen konnte. Aber mit den Klimmzügen, da hatte er noch immer Probleme. Zehn gingen sich aus, manchmal auch elf, aber wann war es aus mit seiner Kraft? Die Beine waren kein Problem, die Beine trainierte er im Turnsaal fast nie. Hin und wieder ein paar Kniebeugen, aber die machte er nur, um sich zu vergewissern, dass die Beinmuskeln noch in Ordnung waren. Die Beinarbeit war schon in seiner Jugend kein Problem, als er noch Fußball gespielt hatte. Schnell war er immer gewesen. Seine Beinmuskeln trainierte er bei den Bergtouren, die er dann und wann einmal alleine, oft aber auch mit Kameraden aus seinem engeren Umfeld und mit ausgewählten Reportern machte, genug. Die Beine waren nicht das Problem. Die waren durchtrainiert und muskulös. Nur die Armmuskel ließen zu wünschen übrig. Deshalb hatte er auch den Trainer engagiert und den Turnsaal der Volksschule gleich um die Ecke an zwei Abenden in der Woche reserviert. Natürlich nicht unter seinem Namen. Wenn das publik geworden wäre, dass er Klimmzüge trainierte, ein gefundenes Fressen, wäre das gewesen für die Lügenpresse, diese linken Schmierfinken. Es hatte alles gut geklappt mit der Geheimhaltung seines Projekts. Er war aber nicht zufrieden mit dem Fortgang seines Trainings. Erst als er den Trainer gewechselt hatte, war etwas weitergegangen. Den ersten hatte er mit einer relativ großen Summe und einer schriftlichen Garantie von seiner Arbeit mit ihm keinesfalls irgendwann einmal irgendjemandem zu erzählen bereit gemacht für den Wechsel. Der neue Trainer hatte neue Ideen eingebracht und neue Übungen. Jetzt trainierte er auch Liegestütze und das half. Nach drei Wochen schaffte er bereits 20 Klimmzüge. 25 waren sein Ziel und auch die würde er schaffen, bevor es losgehen würde. Er müsste gerüstet sein für all die An- und Untergriffe, die ihm bevorstehen würden. Die Zeit war reif, er konnte also in Ruhe auf seinen Tag warten. Die Zeit war reif, er konnte also in Ruhe auf seinen Tag warten. Niemand wusste, warum er heimlich Klimmzüge trainierte. Nur er selbst wusste es. Er musste es irgendwann einmal, wenn die Zeit dafür reif geworden sein würde, schaffen. Er musste die Klinke der Tapetentür in der Hofburg ohne fremde Hilfe öffnen können. Das war sein Ziel. Sein Ziel konnte warten, aber aus den Augen ließ er es nicht. Irgendwann, das wusste er, würde er dort hinter der Tapetentüre seinen Schreibtisch haben. Ich sage jetzt nicht den Erich Wimmer an, sondern eine Pause von ungefähr einer Viertelstunde. Wir kennen ihn auch ein bisschen länger, aber sagen wir mal eine Viertelstunde. Da geht ein kleines Bier und eine Zigarette aus in einer Viertelstunde, ein kleines Bier und eine Zigarette geht sich aus in einer Viertelstunde. Bis dann. Ciao. Ja, dann fangen wir schön langsam wieder an. Ein paar müssen reinkommen. Erich, noch nicht anfangen. Kein Frühstart, bitte. Es wurde mir zugetragen, dass ich etwas sagen soll. Und zwar, es sind heute relativ wenig Frauen, die heute lesen. Das ist nicht so in der Gaf. Dominika, weißt du das zufällig, wie viele Frauen und wie viele Männer wir haben? Ja, eben. Das geht nämlich so. Wer liest bei diesen langen Nächten? Ich schreibe das aus. wir haben einen Verteiler, wo alle Mitglieder der GAPV Österreich drinnen sind und es meldet sich, wer will. Und deswegen sind heute nur, wie viel hast du gesagt, Erich? 17 zu 4. Frauen 4, Männer 17. Wir können nichts, ich kann sowieso nichts dafür, weil ich kann nie was dafür. In dem Fall auch nicht. Aber das ist halt so, wer sich anmeldet, der ist dabei und alles fertig. Die Frauen sind mehr unterwegs. Und alles. Okay, das ist der Grund, warum weniger Frauen da sind als Männer. Jetzt darf ich einen Mann vorstellen. Erich Wimmer, du bist gebeten, jetzt dann, wenn ich sitze, zu lesen. Gut, mache ich. Danke. Schönen guten Abend und danke für die Aufmerksamkeit. Ich werde fünf kurze Gedichte lesen. Und das erste Gedicht heißt Irgendwo in Berlin. Irgendwo in Berlin fragt die Edeka-Kassiererin, brauchen sie den Bon? Der Ösi-Tourist antwortet mit erregtem Ton, unbedingt. Ich habe ja extra Bonbons gekauft und den Verrechnungszettel schon Bonbonbon getauft. So viel dreifaltige Verbalharmonie ist so gut wie nie zu bekommen. Ohne diesen Zettel wäre mein Bonbon-Bondraum unerfüllt, in Schatten gehüllt und auf ewig zerronnen. Da nickt die gute Frau verständnisvoll und reicht den Wunderzettel rüber. Er aber, das gute Stück kaum in Händen, sinkt nieder, toll vor Glück und küsst den Filialboden wieder und wieder. Der gute Millionär. Auf der Lichtung hinterm Wald kam es zur Sichtung einer Knnuart, die als aufgestorben galt. Torben Schubart, dem Wildhüter, der das Revier hegte, war sogar eine Gnuartenfotografie gelungen, was die Gemüter der Gnuartenkommission ungeheuer erregte. Alle zwölf Mitglieder waren hoch in die Luft gesprungen, hatten ein Willkommenslied gesungen und waren schließlich voller Eifer tief in den Wald vorgedrungen. Dort sind alle zwischen den Buchen verschollen. Jetzt wollen viele sie suchen, unter anderem ein Millionär namens Stuart. Er will mit einer Expedition in den Wald marschieren, weil er meint, er hätte nichts zu verlieren. Vielleicht findet er die Kommission oder zumindest die Gnu-Art. Das nächste Gedicht ist für Dietmar Ehrenreich in Memoriam und die Überschrift lautet Erfüllte Sehnsucht. Irgendwann einmal möchte ich durch den Zug gehen, erklärte mir Dietmar vor Zeiten, und jemand Anonymen sehen, der die Welt rundherum vergisst, weil er in einem Buch meines Verlages liest. Diesen Wunsch habe ich sofort verstanden. Kein Schuster bleibt bei seinen Leisten. Wie Verleger genießen auch sie ihre Produkte dann am meisten, wenn diese möglichst weit streuen und die Umwelt befruchten, egal ob Eizellschluchten oder Eilzugfluchten. Eizellschluchten oder Eilzugfluchten. Später, beim Linzer Fußballderby, habe ich Dietmar unter den Besuchern entdeckt. Er hat seine Hand weit aus dem Schädelmeer gereckt, um einem anderen Fan jovial zu winken. Er kannte die halbe Stadt vom Gute-Weine-Trinken. Dann fing er an zu sinken, auf sein extra ins Stadion mitgebrachtes weinrotes Kissen, dem Attribut echter Experten, die unbedingt weicher sitzen müssen, damit sich ihr Gewissen ungestört und betört von seiner eigenen Überfülle in die Kanülle des komplexen Geschehens versenken kann. Dann, kurz nach dem seligen Ausflug ins Ballspielland, hatte Dietmar einen Herzstillstand. Im Nachruf stand zu lesen, er sei rührig gewesen als Verleger und Querpassgeber beim Seniorenkick. Jetzt sitzt er mit seinem Fachmännerblick in himmlischer Höhe und schaut hinunter auf seinen Verlag und sein letztes Cordon Bleu. Die Engel, die ihn nun umkreisen, lesen seine Textprodukte und geben sich fasziniert von dem, was er druckte, so frisch aus dem Rohr und weitestgehend ohne Lektor. Auf diesem allzu teuren Sektor war er rigide und selbst der Mann, der redigieren kann. Darum danke für alles, Dietmar und Friede. Ein weiter Weg. Der Leiter, der Hofreitschulbereiter, ritt ohne Begleiter weiter als erlaubt, worauf man in Krude beurlaubt hat. Notgedrungen verließ er Wiens Stadt mit Gertrude, seiner Frau. Wohin, wissen informierte Zungen genau. Etwas vor Ecuador, links drüben. Dort zieht er auf seinem Felde Melde und Rübenpflänzchen und organisertrude haben sogar manchmal einen euphorischen und wundern sich immer seltener über die Amplitude zwischen bereiter Leiter und Rübenbauer. Und das letzte Gedicht ist wieder einem unserer Kollegen, gewidmet in Memoriam, Bodo Hell. Hell, heller Kugelblitz, drei Stufen, die dein großer Geist vereinte. Du hattest Bodenständigkeit und Witz und Weltvertrauen, das nichts und niemanden verneinte. und Weltvertrauen, das nichts und niemanden verneinte. In deine Hütte kamen viele, die schwer an ihrer Hektik kauten. Du saßt mit einem Blick die Sehnsucht und die Ziele, die unerreichbar fern und dennoch alt vertrauten. Du tröstetest im Kummer sie mit Gesten, Blicken, Worten. Du warst ein Feuerwortgenie, der Hüter vieler Pforten. Durch eine davon bist du jetzt gegangen, in Dankbarkeit und großer Stille. Wir haben darauf Schmerz empfangen und dennoch bleibt, es war dein Wille. Herzlichen Dank. Applaus Guten Abend, danke an Kurt, ans Stifterhaus und die Graser Autorinnen- und Autorenversammlung. Ich lese aus Tagebrucheinträgen des Kerbherr-Tickel ab Oktober 2024. 22. Oktober. Der senile Uhu im Hundekanzelamt besitzt tat- und sächlich die Unverfrorenheit, ich betone und wiederhole, die Unverfrorenheit, mir, Gerbert Hickel, Volkskanzler ins B, den Auftrag zur Regierungsbildung zu verweigern. Eines muss man dieser schleimscheißenden grünen Giftkrähe ja lassen. Man muss sie hassen. Das hat sie ja fein hinbekommen mit ihrer diplomatischen Herumtrickserei zugunsten der Verlierer. Macht doch dasselbe aus. Und sagt nicht Nein zu Hickel, sondern Nein zu Hickel, weil Hickel niemand mag. Nun, Volk, steh auf und Surm, brich los. Donald Duck und Trampel steht uns bei. 24. Oktober. Ich muss bei Bührer intervenieren, dass er Hehlhammer und seinem Schakelstockl noch mehr auf die Zehen steigt. Stockel noch mehr auf die Zehen steigt. Jawohl, China muss unser Vorbild sein und wir schneiden in die soziale Hängematte so viele Löcher, dass nicht einmal ein skelettierter Araber drinnen liegen bleiben kann. Nein, nicht der senile Uhu, sondern unser Volks-E-Parteifreund Rosenkranz ist erster Nationalratspräsident. Und ob wir das gefeiert haben, da haben sie sich doch nicht darüber getraut, die Verweigerer der Volksdemokratie. Ein Volk, ein Präsident, ein Kanzler. Man muss halt rechnen können, liebe Mittelsperber. Nochmals 25. Oktober. Skandal im Staatsfunk. Bürers exzellente Kurzanalyse, dass sich das arbeitete Volk an China orientieren muss, damit nicht alles in 32 Stunden den Grundbach hinuntergeht, wurde im Archiv des sogenannten Kultursenders verstümmelt. Jawohl, verstümmelt. 31. Oktober. Bei den Verlierern geht nichts weiter. Kein Wunder, denn rote Hängematte und die vernünftigen Elemente der Schwarz-Türkisen passen zusammen wie die Faust aufs Auge. Hey, na, man muss weg, dann wäre der Weg frei für eine nationale Koalition der wirtschaftlichen Vernunft. 6. November, la, la, lautes Lachen anstatt des unerträglichen Lol, was immer das heißen mag. Da haben sie sich aber schön geschnitten, die Trampeldämonisierer, Lügen- und Fake-News-Schreier, die Zuwanderungsfetischisten und Elite-Gasballen. Ich muss zugeben, dass selbst für mich Trampels Aussagen mitunter zu radikal sind, nein, nicht rechtsextrem oder faschistisch, sondern zu radikal, und dass er die Wahrheit etwas zu offensichtlich zurechtbiegt. Von ihm lernen oder doch etwas gemäßigter, mehr mittig auftreten. Gut, die Mitte ist schon längst nach rechts gerückt und etwas dicker auftragen schadet nicht. Soll halt nicht so empfindlich sein, dass verweichlichte alle Menschen sind Brüder und Schwestern, gesogs. Die Messerstecher versteher und hereinlasser Bande, die illiberale Demokratie aus gutem Grund fürchter, weil man ihnen da die Warnführe richten wird. Was lernen wir aus der US-Wahl? Das kleinere Übel kann sich brausen gehen, das kleinere Übel hat Zusehens. Ausgeschissen, Ordnung und Recht und das Land für das eigene Volk. Unter uns sollen sie nur sondieren, bis sie schwarz werden vor lauter Altparteienträg und Rotwurzhoren, weil sie wissen, dass sie nichts weiterbringen werden können. Für mich, für uns ist es das Beste, wenn sie entweder keine Regierung zusammenbringen und dann der Bürat im Hähnammer so kräftig auf die Zehen steigen wird, dass der vor lauter Schmerz aufgibt, weil ihm sowieso keiner mehr die Stange hält oder so lange sondieren, bis ein Kompromiss zustande kommt, der alles reißt. Helammer weiß ganz genau, dass er so oder so den Bürger und andere Leistungsträger am Knack hat und der erzrote Pappler kann sich schleichen vor den Leuten, die ihn wegen des kommunistischen Schlaraffenlandes gewählt haben. Und die Raubfangtauben Meindl-Meisinger wird auch nur blöd schauen können, wenn sie sich vor Augen führt, was aus ihren Reformen im Sumpf der Altparteien wird. Ein feuchter Dreck. Also lassen wir die Zeit für uns, für mich, den Volkskanzler ins B, Gerbert Hickel, arbeiten und spätestens in fünf Jahren sind wir dann soweit. 8. November. Undankbares Volk. Da hält man ihnen seit Jahren die Stange und verkrault damit auch altgediente Parteifunktionäre, macht sich die Hände im Gleichklang mit den alten und neuen Systemparteien schmutzig und stilisiert sich zum Verteidiger Israels hoch. Und dann hat dieses Judengest nichts Besseres zu tun, als unseren Nationalratspräsidenten Rosenkranz daran zu hindern, einen Kranz für die Opfer der Reichskristallnacht niederzulegen. Oh Judas, ich bin nicht würdig, dass ich eingehe unter dein Dach, aber sprich nur ein Wort und so wird meine Gesinnung nebensächlich, weil ich Taten der Versöhnung begeben möchte. Naja, der Kranz kann auch ohne Rosen wiederverwertet werden. Und wir werden Ihnen diese Flausen schon austreiben, so wahr wir echte Anti-Antisemiten und Freunde des jüdischen Volkes sind. Und der letzte kurze Eintrag, 24.11. Ein wichtiger Etappensieg auf dem Weg zu einem Land, in dem das linke Gesocks und deren Anhängsel in den Redaktionen der Lügenpresse nichts mehr zu lachen haben werden. Die grüne Mark wird künftig in den Händen des Kameraden Kunasek aufblühen und ich danke und kündige den Leopolds Polite an. Ich lese einen Auszug aus einem Romanmanuskript mit dem Titel Containerbewegungen. Die Stadt liegt im Sterben, verendet langsam. Der gläserne Bahnhof zerbricht wie eine Eisfläche im nahenden Frühjahr. Hauser erreicht das Bahnhofsareal zu Fuß. Der öffentliche städtische Verkehr ist mittlerweile fast zur Gänze zusammengebrochen. Busse, Straßenbahnen wurden ins befreundete Ausland verscherbelt oder in die westlichen Regionen des Landes verbracht, um dort in den Tourismusgebieten ihren Dienst zu verrichten oder als Ersatzteillager für die maroden Liftanlagen, Seilbahnen und Schneekanonen zu dienen. Die automatischen Schiebedüren im Eingangsbereich öffnen nicht mehr, wenn man an sie herantritt. Andere schließen nicht, nachdem man sie passiert hat. Die sich schon lange nicht mehr in Betrieb befindliche Rolltreppe ist übersät mit E-Scootern oder was von ihnen übrig geblieben ist. Es wirkt wie eine raumgreifende Installation eines Künstlerkollektivs, das zu viel Geld zur Verfügung hatte und sich hier ein letztes Mal austoben konnte. Aber Kunst ist nicht mehr vorhanden, schon gar nicht im öffentlichen Raum. Im Westen und Süden wird dem Brauchtum gehuldigt, dem Volkstum, das wollen die Touristen so. Jetzt im grauen, düsteren November zieht ein kalter Wind durch das ganze Gebäude. Der Boden ist verträgt und klebrig, die meisten Bahnhofshops ausgeräumt, geplündert und leer, das Inventar zerschlagen. So auch der ehemalige Zeitungs- und Buchladen. Hier wurde ein Großteil der Bücher zensiert. Irgendjemand hatte die Idee, bei den für die Zensur vorgesehenen Bücher den Buchschnitt mit Leim einzustreichen und wieder ins Regal zu stellen. Hier wurden vorerst keine Bücher verbrannt, sie wurden nur unlesbar gemacht. Erst später, als sie als billiges Heizmaterial verkauft wurden, sollten sie ein Raub der Flammen werden. Einige Restbestände sind aber noch vorhanden. In einer Ecke des Zeitschriftenladens steht ein älterer Mann mit heruntergelassener Hose vor einer Wand mit einem kleinen Rest von Hochglanzmagazinen, die vermutlich übersehen worden sind und masturbiert. Der Glanz ist jedoch ermattet. Dagegen ist die ehemalige Blumenhandlung Flora fast ein Hort der Schönheit. Mit ihren verdurrten Blumen und Pflanzen, hat es schon fast was Märchenhaftes. Ein vertrocknetes Abbild der Vergänglichkeit hinter einem Vorhang aus dem Staub der Erinnerung. Im ehemaligen Fastfood-Restaurant hat sich ein sogenannter Spalter und sein Gehilfe eingerichtet. Sie zerkleinern hier alte beschädigte Transportpaletten, Schalltafeln, Reste von Regalen aus dem Inventar von Bahnhofslokalen und Büros. Er verkauft es dann als Heizmaterial für kleines Geld. Spalter ist ein neues Berufsbild, aber auch die Gewalt in den Straßen bringt alte, längst ausgestorben geglaubte Berufe wie den Abdecker zurück. Viele Tiere liegen auf den Straßen, verhungert oder sonst wie zu Tode gekommen, bleiben sie liegen. Auch um die toten Menschen muss sich jemand kümmern, die bringt man dann doch weg, irgendwann. Ein anderer ehemaliger Bahnbediensteter fertigt Papierbriketts aus alten Zeitungen. Er hat sich dazu in der Schlosserei eine Brikettpresse gebastelt, mit der aus in Wasser eingeweichten Zeitungspapier Papierbriketts presst und zum Trocknen in der Bahnhofshalle auflegt. Doch es ist zu befürchten, dass sie in diesem Winter nicht mehr trocknen. Im Untergeschoss seitlich der stillstellenden Rolltreppe, die zu den Bahnsteigen führt, liegt ein lebloser Körper. Vielleicht ist es auch nur eine Schaufensterpuppe. Hauser kann es von seinem Standpunkt aus nicht genau erkennen. Hauser benötigt eine neue Brille. Sein Seebehelf ist zerbrochen, als es bei seinem verpflichteten Bewerbungsgespräch bei der Tourismusagentur zu einem kleinen Handgemenge kam, der sich anfangs weigerte, eine Stelle im westlichen Bergland oder im südlichen Seengebiet anzunehmen. Aber auch hier an der Brüstung, im Obergeschoss, fällen Glaselemente. Und genau darunter liegt der reglose Körper. Tauben haben sich kurend auf den Stahlträgern der imposanten Konstruktion eingenistet, flattern nervös durch die Halle und haben sich gegen die Konkurrenz der Drohnen durchgesetzt, die zerschellt im und vor dem Bahnhof verstreut am Boden liegen. Einzig der Supermarkt im Untergeschoss scheint noch in Betrieb zu sein. Allerdings liegen vor den beiden Schiebetüreingängen zahlreiche Einkaufswagen, eine Barrikade ineinander verkeilt wie Panzersperren. Die Regale sind gut gefüllt mit neutral verpackten Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Nudeln, Margarine, Zucker und Schnaps. Am Abend wird aber wieder alles leergeräumt sein. Den Einlass kontrolliert ein Mitarbeiter in einer dieser seltsamen Fantasieuniformen, die derzeit überall im Straßenbild auftauchen. Jogginganzüge in den verschiedensten Farben, billigst irgendwo in Fernost produziert, an denen irgendwelche Sticker angebracht sind, die über die Funktion und Position der diese Jogging-Uniformen tragenden Personen Auskunft geben sollen. Der zuständige Mitarbeiter sitzt an einem behelfsmäßig aufgestellten Tisch und stellt mit einer alten mechanischen Schreibmaschine Lebensmittelkarten aus. Heute bekommt jeder Registrierte eine gewisse Anzahl an Lebensmitteln. Morgen wird für den Einkauf vielleicht wieder Bargeld verlangt. An anderen Tagen kommt möglicherweise eine Hilfslieferung aus dem Ausland oder von einer der letzten karitativen Organisationen an, die dann verteilt wird. Aber es gibt auch Tage, an denen es einfach nichts gibt. wird. Aber es gibt auch Tage, an denen es einfach nichts gibt. Die Endanzeigetafel in der Bahnhofshalle, die die Abfahrtszeiten der Züge anzeigen soll, funktioniert nur noch flackernd und flemmend. Sie zeigt auch nicht die neuesten Verbindungen an. Sie wird inzwischen für Werbebotschaften genutzt, die da lauten, auf nach Westen oder wir brauchen dich oder was hält dich noch hier. Dankeschön. Und jetzt bitte Walter Kohl. Guten Abend. Ich habe in der vorwöchigen Zeit ein interessantes Wort gefunden. Das heißt, ich kann es nicht gut aussprechen, Snake Abel. Da ist eine junge Schauspielerin und Sängerin, hat ein Buch geschrieben, das gerade gehypt wird. Und die sagt, Literatur, Texte, Buch sollen Snackable sein. Also wie ein Snack in kleinen Portionen und leicht zu genießen, nicht ohne Anstrengung. Und da habe ich mir gedacht, das trifft genau auf das zu, was ich gerade mache. Weil ich schreibe keine großen Romane mehr, sondern bin jetzt bei der Lyrik. Entschuldigung. Und da wiederum in einem beliebten Genre, die Krimis. beliebten Genre, die Krimis. Ich schreibe Kriminalgedichte oder Gestanzeln, weil wir singen mit meiner Frau zusammen singen wir sie auch vor. Ja, und da trage ich jetzt ein paar vor. Ich singe aber nicht, also gleichzu keine Angst. Nein, das tue ich nur mit meiner Frau. Weil da überschreibt ja die sieben Minuten Zeit, wenn ich erkläre, warum ich ein Trauma habe und nicht singen kann. Aber das haben Stammgäste kennen die Geschichte schon. Gut, ich beginne. Der stete Druck auf seine Kehle beendete zwar nicht auf der Stelle, aber doch ein für allemal das Leben ihres Herrn Gemahl. Das nächste heißt Hey du Politiker. ein für allemal das Leben ihres Herrn Gemahl. Das nächste heißt Hey du Politiker, das haben wir schon gesungen in einer Bücherei im Mühviertel, da war die Altbürgermeisterin anwesend und bei dem Gstanzl hat es am meisten gelacht. Hey du Politiker, komm her zu mir, ich wünsche mir ein Gefallen von dir, für eine Betriebserweiterung brauche ich eine neue Flächenwidmung. Setz du die Unterschrift daher, dann bei meiner Söhne verspreche ich dir, wenn sie dich einmal angewählt haben, brauchst du nur in mein Büro reinschauen. Dann kriegst du einen Beratervertrag und der Gas ist ein sechsstelliger Jahresbetrag. der Vertrag und der Gas ist ein sechsstelliger Jahresbetrag. Das nächste, also jetzt verlassen wir das Gstanzelfeld, jetzt wird es global. Der Text basiert auf einem aserbaidschanischen Liebes- und Klagelied. Güslerin, all die Männi, kämen deis, all die Männi, kämmen deis, all die Männi, können sie alle nämlich an. Und das heißt, deine Augen nahmen mich gefangen. Und so klingt es dann auf mich viertlerisch. Deine Augen haben mich gefangen, deine Augen haben mich bedörrt, deine Augen haben mich gefesselt, ich habe dir und deine Augen gehört. Habe ich zu sagen vergessen, dass wenn wir singen, da Männer und Frauen Stimme wechseln, nicht abwechselnd, aber es sind verschiedene Strophen, verschiedene Stimmen. Meine Hände waren deine Diener, meine Hände haben dir gehört. Meine Hände haben dich vergöttert und sie haben dir Glück beschert. Mein Bankkonto war auch dein Konto. Uns hat alles gemeinsam gehört. Manchmal hast du es überzogen, aber das hat mich nie gestört. Deine Taschenpfeidl-Sammlung, über die habe ich immer gelacht. Das Pfeidl aus der schönen Vitrine hat der Sache jetzt ein Ende gemacht. Meine Hände sind alt und rissig, einer Kraft ist längst entweicht, damit sie sich reimt, entweicht er gesagt, aber Taschenfeidl halten, dazu hat es dann doch noch gereicht. Deine Augen, ihr helles Leichten, war früher mein Lebensinhalt. Das Gefühl ist jetzt verloschen und deine Augen sind stumpf und kalt. Das nächste ist auch kein Gestanzl, freut mich gerade auf. Das heißt, ein Glashausgurken möchte ich sein und für die Musiker unter uns, wenn wir das vortragen, das folgt zu einer, das heißt, die Taylor Swift Chord Progression, also ein langsamer Popschlager mehr oder weniger. Das ist schwierig. Ein Glas aus Gurken möchte ich sein, sagt den Gruberbauern sein Hansi, weil da ist es so warm und ich bin sicher. Nichts von draußen rührt mich an, kein Schneck, kein Wühlmaß und kein Mann stört den Frieden unter dem Glashausglas doch. Ein Freilandgurken hat's nicht gut, weil er rundherum alles was antut, sagt der Hansi und schaut ganz starr ins Leere. Er setzt sich in sein altes Peugeot, dreht das Radio bis zum Anschlag an und schreit so laut, dass es ihm selber wehtut. Los, Zafleit, ich erzähl euch heute eine Geschichte aus der Vergangenheit, wie der Gruber Hansi noch ein kleiner Bub war. Der Pfarrer in der Sakristei sagt Hansi, du halt bloß demal und erzähl kein Wort davon zu deiner Mutter. A Glas aus Gurken möchte ich sein, sagt er und schaut ins Norenkastlnähe und macht sich nur eine zweite Flasche Wein auf und trinkt halt, bis er nicht mehr denkt, vergessen kann er es ein Geschenk, wenn der Hirn sich anfühlt wie ein Glashausgurken. Und das Letzte, das ist ein Bluesgestanzl, wenn wir es singen, und heißt die Tschakkeline von Ebensee. Die Tschakkeline von Ebensee kauft sich eine Tiefkühltruhe und schließt sie an das Stromnetz an und hört sich das leise Brummen an. das leise Brummen an. Die Tschakeline von Ebensee kauft sich eine Kettensäge und zwar für ihren lieben Mann, der manchmal recht ungut sein kann. Sie richten sich auf der Werkbank ein und seufzt, lieber Mann, das muss jetzt sein. Dann hat sie ihn mit der Säge zerlegt, weil er unzerlegt nicht in die Tiefkühltruhe geht. Dankeschön. Martin Menzinger, bitte. Guten Abend. Guten Abend. Jetzt ein konträres Programm nach dem Walter. Das ist ein konträres Programm nach dem Walter. Nicht ganz so witzig, aber ich probiere es zu lesen. Ein paar Blätter aus dem Manuskript Der Tod und sein Gedächtnisverlust. Es ist Hochsommer und vom Himmel rieselt leise gelber Schnee. Es tut weh, hörst du die Stille? Tötet den Atem so wie das Messer das Schweigen und der Jäger das Reh. Der Schuss fällt mit einem lauten Knall durch die Luft und das Reh liegt tot im schwarzen Gras. durch die Luft und das Reh liegt tot im schwarzen Gras. Das Unglück geschah in der Schwüle eines Julitages und die blau geschmückten Sirenen schwellen mit einem lauten Heulen durch den Wind. Ich liege auf der Straße und rieche den Teer mit diesem faulen Geruch in meiner Mundhöhle. Im Augenblick eines Sekundentodes spritzt ihr der arzt das adrenalin durch die adern und wir laufen mit dem purpuroten klatsch wohnen auf unserer schlangenhaut um das nackte leben wir rennen dreimal um die ganze welt und zweimal zurück glaubst du dass es jemals noch sowas wie eine Rettung für uns gibt? Die Schiffe liegen wie verlassene Sargzillen mit ihren aufgeblähten Wasserleichen in einem Winterhafen tief unter Wasser. Du hast mir damals die Sprache verschlagen und ich finde keine Worte mehr. Das Blattgold des Schweigens auf meiner Zunge ist ein tödliches Gift. In der Dunkelheit der Nacht schlafen wir mit dem toten Reh im schwarzen Gras und lieben uns wie wilde Tiere. Das Heulen der Wölfe im Mond geht durch Mark und Bein. Wann bist du eigentlich zum ersten Mal aus dem Koma erwacht? Das Piepsen der Apparate im Spital erinnert mich an laut kreischende Seemöwen am Meer. Es sind gellende Schreie unter der Glasklocke, eine Luftblase im Nebel. Meine Erinnerung ist ein Löschblatt mit einer blassblauen Handschrift auf deiner Haut. Die schwarze Kreuzspinne unter deiner Zunge verschlingt die Sprache Satz für Satz und Wort für Wort. Ich weiß nichts mehr. Wie bitte? Du weißt nichts mehr. Ja, ich weiß nichts mehr. Nichts. Ja, nichts. Ich greife nach deiner Hand und führe dich zwischen meine Beine. Wir liegen nackt im Schnee und lecken uns das folge Salz aus dem Fell. Mein Pelz brennt lichterloh und wir verglühen wie zwei einsam verlorene Sternschnuppen im All. Es gibt für uns keine Rettung mehr. Ein Kind sitzt am Strand im Sand und baut mit dem Sand in der Hand eine Wasserburg. Die Sonne scheint auf das tiefblaue Meer und die Wellen umspülen die Fesseln meiner Füße. Deine Augenwimpern regeln sich im Licht und glitzern vor Glück. In der Schicksasträchtigkeit eines Augenblicks überschwemmt die Flut den Strand mit dem Land und das Kind ertrinkt im Wasser. Mit den Leuchtquallen um deinen schwerelosen Körper schwebst du in vollkommener Finsternis in einer versunkenen Spiegelstadt ohne Träume. Die Riesenmurenen verstecken sich in ihren Häusern und öffnen nicht einmal den Toten die Tür. Niemand öffnet dir die Tür. Du schwimmst gemeinsam mit deiner Wasserleiche über den Acheron in ein Jenseits dieser Welt. Wir erwachen, so wie Reisende im Nichts dieser geheimnisvollen Nacht in der Milchstraße des Universums. Tausend Sterne leuchten lichterloh. Wir tanzten mit splitterfasernackten Füßen über die brennende Kohle der Gestirne von Mond zu Mond und ertrinken wie zwei gläserne Seepferdchen in der Lava unseres Bernsteins. Unter meinem Wehmutskissen im Schlafzimmer liegt ein silberweißes Messer. Wenn der dunkelgelbe Mond mit einem schweren Seufzer vom Himmel in den Teich im Wintergarten fällt und um Mitternacht alle Schlafwandler hellwach erwachen und dich mit einem Traumgebilde der blaue Traum erfasst, dann greife ich zu diesem silberweißen Messer unter meinem Wehmutskissen und schneide dir damit die Sprache mit all ihren Sätzen und Worten aus meiner taubstummen Zunge. Im Spinnennetz meiner Geschichte tropfen von diesem scharlachruten Faden drei Blutstropfen über deine schneeweißen Wangen. Es tut weh. Dankeschön. Und jetzt Dominika Meindl. Man ist nicht mehr Herrin im eigenen Haus. Unbegrenzt ist meine Vorstellungskraft nur, wenn es um neue Sorgen geht. Derzeit male ich mir lebhaft aus, was passierte, würde ich sterben und im eigenen Haus spuken. Geistig lebe ich ja jetzt schon hier, immerhin bin ich staatlich geprüfte Geisteswissenschaftlerin. Und lebt man überhaupt, weiß man's? Vielleicht stelle ich mich nur lebend, bin aber innerlich tot. Wie ein inverses Opossum, ein hochfunktionaler Zombie, ein Golem von Rabbi Stelzer erschaffen, um jetzt im Stifterhaus zu lesen. Tatsächlich leiden Menschen unter dem Kotar-Syndrom. Sie sind der quälenden Überzeugung, tot zu sein, aber niemand nimmt sie ernst. Und weil es immer auch das Gegenteil gibt, also Materie versus Antimaterie, Materie versus Antimaterie, A-Bö versus ÖAMTC, Gaff versus Penn, muss es umgekehrt Menschen mit der Zwangsvorstellung geben, in Wahrheit noch zu leben, obwohl sie sich zum Beispiel an einem zu hastig geschluckten Butterbrotbissen verkutzt haben oder vom großen Priel gefallen sind. Das führt alles freilich auf dünnes Eis. Aber erstens bleibt die Todesgrenze ein Mysterium und zweitens wählen die Leute ja Kickl oder Trump. Sie sind immer noch auf Ex und mögen After Eight. Man kann sie wirklich mit dem blödersten Umfug behelligen. Ich stelle mir also vor, dass meine Familie gespenstisch wiedervereint durch das Haus schwebt. Die Eltern sind mir Gram, weil ich ihre Reisebildbände entsorgt habe. Wir Schwestern zanken um das beste Zimmer, aber nur aus Gewohnheit. Wir können ja durch Wände gehen. Privatsphäre muss ganz neu gedacht werden im Geisterhaus. Die Nachbarn sehen bei Neumond ihr Lichter, die Kinder gruseln sich schön mit Taschenlampe unterm Kinn. Ich glaube, ich habe da Münika Kroxeng ein Bier getrunken. Aber eines Tages stehen neue Leute im Haus mit Bommelslippern. Sie sagen, ui, so viel dunkles Holz. Der Zeitstempel ist deutlich zu sehen. aber die Bausubstanz ist gut. Die Maklerin sagt, die arme Familie sei leider früh verstorben, eh nicht hier im Haus und die letzte, die sei im toten Gebirge gestorben. Soll ich darüber einen Familienroman schreiben, in dem wir hilflos versuchen, die Neuen zu vergraulen. Das Mitleid des Publikums spiegelt sich in Tränen nassen Wangen, wenn ich als Geist dabei zusehen muss, wie die Eindringlinge meine gesammelten Texte, diesen hier auch, in die Restmülltonne werfen und dabei ächzen. Oh Gott, so ein Scheiß. Das ließe sich dramaturgisch zuspitzen, wenn sich etwa Wohlstandsverwahrahrloste Windkraftkritiker und Volkskanzlerfans einnisten, die sich ärgern, weil ihr Land Rover nicht in die Garage passt und der Garten zu klein ist für die Premium-Saunalandschaft samt Heizpilzgarten. Sie verfallen ständig in ekelhafte Mansplänereien über Jahrgangswein, NATO-Erweiterung als Kriegsauslöser und Elon Musks disruptive hands-on-Mentality. Wir lernen, dass auch Geister speiben können. So entsteht übrigens Geisterscheiße. Oder man lässt gleich fiktional Kickel einziehen, dann geht's in Richtung Horror-Splatter-Movie. Mir wäre aber recht, mein geliebtes Zuhause nicht mit Blut besudeln zu müssen. Sagen wir lieber, die Invasoren sind nett. Sie spüren das Unheimliche im Heim und rufen zuerst den Diözesanzuständigen für Exorzismus, der die Bude mit Weihrauch füllt, als wäre es Antidemotrenengas und dabei so schlechtes Harry Potter Latein kauderwelscht, dass meinem Geistervater die Ohren bluten und bei Expelliarmus lässt er ihm einen Stoßwasser aufs Hirn fallen. Panisch rennt der Scharlatan weg. Und dann kommt eine übergriffige Homöopathie-Schamanin, die will aber nur Geld. Wir Geister kippen der Esotante Katzenpisse ins Genick, und so weiter, und so weiter, bis zur friedlichen Koexistenz. Die Neuen im Haus sehen ein, dass wir auch ein Daseinsrecht haben. Wir finden eine Zwei-Staaten-Lösung. Der Schrödinger Status. Wanted dead and alive. Wir werden als Hausgeister verehrt, denen die Lebenden am Abend ein Freistädter Ratsherrn in den Herkutswinkel stellen. Tagsüber liegen wir Geister wie dicke alte Katzen herum und sorgen für gutes Karma. Die lebendige Jungfamilie geht seelisch gestärkt in die Schürche-Welt hinaus. Eines der von uns guten Geistern niemals verlassenen Kinder wird später Matriarchin in der vom Rechtsextremismus befreiten Welt, in der Elon Musk mit keinem Wort erwähnt wird, weil es ihn und seinesgleichen nie gegeben hat, ein Hoch auf die Kraft der Literatur. Und wenn Verlagsvertreterinnen im Publikum sind, bitte gerne nach der langen Nacht bei mir melden. Und mein Schlussapplaus ist der Einstiegsapplaus von meinem lieben Kollegen Andreas Weber. Ja, danke. Ich lese aus Mattform des Aussichtsturms, der hinter B. etwa 50 Meter hoch aus dem Hochwald ragt, wartete auf sie, schloss die Augen und sah sie, spürte sie, hörte ihr Lachen. Denn unsere Geschichte war unmöglich, aber seit drei Wochen die Wirklichkeit ihres und meines Lebens. Wir trafen uns nicht zum ersten Mal hier oben, wo wir schon viele Stunden uns gemeinsam aus allem Forträumen verbracht hatten, vor dem Ausblick über den Wald, der die sanften Wellen dieser Landschaft über die Landesgrenze hinaus bis an den Horizont bedeckte. Viel zu früh da genoss ich jede Sekunde des Wartens, bis sie auf dem Parkplatz unter mir halten, aussteigen, mir einen Blick zuwenden und zu mir heraufeilen würde. Ich saß mit meinem Walkman auf der Bank auf der Spitze des Turms, hörte Miles Davis im Ohr und flog mit dieser Musik über den Wald hinaus, hinein in das, was ich mir unter Unendlichkeit vorstellte. Doch dann sah ich, wie zum ausgemachten Zeitpunkt einer dieser klobigen Mercedes-Geländewagen unten hielt. Die Tür neben dem Fahrersitz ging auf und nicht sie, sondern ihr Ehemann, den ich nur von Bildern auf Wahlplakaten und aus dem Regionalfernsehen kannten, stieg aus. Seine Füße steckten in Haferlschuhen, an seinem massigen Körper hing ein waldgrüner Umhang, ein Jägerhut, den tatsächlich ein Gamsbart zierte, saß auf seinem Kopf. Vollendung des Widerwärtigen, dachte ich, oben stehend. Er sah herauf zu mir, grinste, nickte mir zu, bevor er sich auf den Weg nach oben machte, schnaufend, mit vielen Pausen in immer kürzeren Abständen innehaltend. Als er mir gegenüberstand, schwitzte er, aber Triumph war in seinem Gesicht, als er sagte, du wartest vergeblich, sie wird nicht kommen. Er sah schwer atmend zu Boden, lachte plötzlich schallend, als er sagte, sie wird nie wieder zu dir, bei und mit dir kommen. Eure Geschichte ist aus und vorbei, dafür habe ich gesorgt. Ich erschrak. Er setzte sich auf die Bank, grinste wieder. Keine Angst, ich denke nicht daran, mir wegen so einer Schlampe die Hände schmutzig zu machen. Ich bin hier, um dir einen Auftrag zu erteilen. Er zeigte dabei mit begeisterndem Gesicht auf die Mappe, die er sich unter seinem Arm geklemmt hatte. Beim Wegschauen sah ich, wie dick dieser Mann war. Die Fingernägel seiner roten Arbeiterhände waren nicht sorgfältig geputzt. Ich dachte daran, dass diese Hände ihren nackten Körper berührt, dass diese Hände sie geschlagen hatte und dass jetzt dieser Ehemann vor Tatkraftstrotzen rotwangig und mit vollen Lippen vor mir saß. Ein Politiker jener Partei, deren Namen ich mich seit Jahren weigerte auszusprechen. Bürgermeister von Laching klang nach Komödie, aber in mir war kein Lachen, sondern Zorn. Meine Freunde waren Lehrer, Schriftsteller, Filmemacher und Journalisten. Ich hätte keine Sekunde mit so jemandem geredet und blieb nur, weil er unser Treffen irgendwie herausgefunden und ich mit ihr ausgemacht hatte, mit ihrem Mann einmal über die Scheidungsmodalitäten zu reden, alleine. Sie lebte längst getrennt von ihm bei einer Freundin. Außerdem war diese Gestalt nicht jemand, vor dem ich dann vorgelaufen wäre. Erwartet hatte ich eine Besprechung der juristischen Lage, doch da sagte er, wir sind keine dieser Altparteien, sondern eine Bewegung. Aber wir haben ein völlig falsches Image. Gegen dieses Unrecht möchte ich etwas unternehmen, um zu erreichen, dass wir am 29. März für die breite Masse der Wähler interessant werden, wählbar und auch für jene, die sich von unserem falschen Image abschrecken lassen. Und auch für jene, die sich von unserem falschen Image abschrecken lassen. Er lehnte sich zurück, sah mir ins Gesicht und sagte, eine Erneuerung der Gesellschaft ohne Gott ist für mich nicht denkbar. Zaffen, die sich beim Zeitgeist anbieten, mag ich so wenig wie Migranten, die unsere Werte nicht akzeptieren. Aber das darf man in unserem Land nicht laut sagen, dank der links-linken Medienjagdgesellschaft, die versucht, den Ruf unseres allzu früh verstorbenen großen Parteiführers in den Schmutz zu ziehen. Was will diese lächerliche Figur von mir? Ich sah ihn kopfschüttelnd an und sagte, dass mich seine Partei noch weniger als die Politik im Allgemeinen interessierte. Man liebt dich. Daher wirst du für mich arbeiten und dabei nichts verdienen, sondern mich dafür bezahlen, dass ich nichts über dich sage. Mein Blick war eine Frage. Er klappte seine Mappe auf, die er mir vor mir sitzend entgegenhielt. Ich sah eine aus Fotos und bunten Grafiken bestehende Zeitschrift im Layout und hörte ihn sagen, ich weiß Dinge über dich, von denen du nicht willst, dass sie in der Zeitung steht oder dass dein Chef sie weiß. Der Mann war peinlich. Ich konnte mir nicht vorstellen, was so jemand von mir wollen könnte. Er sagte, du bist ein kritischer Geist, ein Querdenker und für mich sogar noch interessanter. Ich antwortete, was über mich in der Zeitung steht, ist mir so egal wie mein Chef und mein Job ist das krisensicherste Geschäft der Welt. Als hätte ich geschwiegen, sagte er, du musst zugeben, mein Angebot ist ein spannendes Projekt, mein Konzept wird dich überzeugen. Meine Mitarbeit bei dieser Zeitschrift, ich stand ihm mit in die Heften geständen Händen gegenüber und ärgerte mich über das Du, mit dem er mich anredete. Ich trat an das Geländer des aus dicken Rundhölzern gefügten Turms, sah hinaus in die Landschaft und wollte in der unendlichen Schönheit des Waldes verschwinden. Wollte in diesem großen Aufgehen mich darin auflösen und weg und nicht mehr da sein, aber ich musste mit einem dicken und dummen Menschen reden. Der Anblick des Waldes rettete mich. dicken und dummen Menschen reden. Der Anblick des Waldes rettete mich. Da stand der neben mir Sitzende Mann auf, trat neben mich und drängte mir die aufgeschlappene Mappe von der Seite vor meinem Blick. Ich sah nicht hin. Er gab keine Ruhe, bis ich einen Blick hineinwarf und Namen las von Heimatdichtern, die naiv-kitschigen Blödsinn schrieben und von Gemeinden und Landesregierungen gefördert wurden, worüber ich mich früher als Literatur mich noch interessiert hatte, geärgert hatte. Na, was sagst du? Ich stand neben ihm, roch sein billiges Rasierwasser und sah dieses von ihm blau geschlagene Sicht der Frau vor mir, die ich liebte. Und plötzlich war alles in mir rot vor Zorn. Ich schloss einen Augenblick meine Augen, sah hinaus in die Ferne zum Horizont, atmete über den Wipfel der Bäume des Geheimrats Goethe tief durch, legte in vollendeter Ruhe, so als wollte ich mich nun den ausführlichen Blick tun, um den er mich gebeten hatte, in seine Mappe werfen, legte mir einen Arm um seine Schultern, trall dabei hinter ihn und gab ihm einen Tritt, sodass er mit dem Bauch gegen die Brüstung flog. Plötzlich war in mir Kraft, die mich platzen ließ. Ich bückte mich, packte den Überrumpelten an den Füßen, hob sich hoch und warf ihn über das Geländer. So schnell, dass der abstürzende Politiker nicht einmal zum Schreien gekommen war, bevor ich ihn dumpf aufschlagen hörte. Ich trat vor und sah nach unten. Der Boden, Büsche, Sträucher, alles war übersät mit den Blättern der Konzeptmappe. Der Mann lag in der Mitte, ein wenig verrenkt, als würde er auf dem Boden liegend schlafen. Nur der verdrehte Winkel, in dem sein Kopf auf diesem großen Stein lag und in einer rassausfließenden Blutlache zu versinken schien, passte nicht zu diesem Eindruck. Ich hatte es eilig, lief die Stiege hinunter und sammelte die Blätter ein, eilte hinauf und sah fünf weitere Seiten aus der Natur leuchten, holte sie und machte mich auf den Weg durch den Wald in das Dorf, wo ich mein Auto auf dem Marktplatz geparkt hatte. Nach wenigen Minuten im Laufschritt hörte ich Gesang und Stimmen durch den Wald herauf näher kommen. Schaffte es gerade noch, mit einem Sprung in Deckung zu gehen, lag mit angehaltenem Atem hinter einer auf dem Boden liegenden Fichte und hörte, wie zwei Meter neben mir Wandersleute vorbeimarschierten. Plötzlich stehen blieben und zu rätseln begannen, wie mächtig wohl die Kraft gewesen sein musste, die hier gewirkt hatte, um diesen Baumriesen zu stürzen. Ich schloss die Augen, hielt den Atem an, als ich hörte, wie einer näher treten wollte, um sich dieses Naturwunder aus der Nähe anzusehen, bis einer, der Durst hatte, zum Weitergehen lenkte. Die Schreie und die Aufregung beim Finden des Abgestürzten hörte ich nicht mehr. Auf dem Weg zurück in die Stadt. Mir war heiß. Der Mörder spielt dann mit im Roman. Danke. Applaus Vielen Dank. Guten Abend, ich lese einen kleinen Auszug aus dem neuen Romanprojekt, wo es um die ehemalige Tötungsanstalt Hartheim geht und springe einfach mitten in den Text mit meiner Hauptfigur, die gerade aufspringen möchte. Die Hauptfigur heißt Günther. Das Gewebe der Welt. Ich springe auf und werfe Heinrich unsagbare Dinge an den Kopf, die nun dummerweise doch gesagt werden, obwohl sie nicht ihm gelten, auch nicht den Nationalsozialisten, obwohl die betrifft es gewissermaßen schon. In erster Linie aber adressiert sich meine vorwurfsvolle Tirade an die große, große Ungerechtigkeit, die unsere große, große Welt überflutet. In meiner grenzenlosen Wut veräußert sich der Schmerz über das, was uns alle angeht. Mein zielloses Gebrüll schneidet im Wettstreit mit nationalsozialistischem Gebrüll schlecht ab, denn, anders als ich, definieren sie das Ziel ihrer Wut durchaus klar und vermengen es mit gezieltem Hass, während ich Heinrich nicht hasse, sondern er sich nur gerade zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort befindet. Er hat Pech, so könnte man sagen, dass er sich hier bei mir in Griffnähe befindet und ich weit und breit niemanden ausmachen kann, den ich an seiner Stadt niederbrüllen könnte. Die Nazis aber unterscheiden zwischen Freund und Feind, zwischen den eigenen Leuten und den anderen. Und ihr Gebrüll richtet sich selten auf die ihnen am nahestehendsten, sondern stets auf diejenigen, von denen sie meinen, sie stünden am weitesten von ihnen entfernt. Nicht räumlich, aber ideologisch, ethnologisch, unlogisch. Brüllen, wüten und toben jedoch kann ich ebenso laut und unrücksicht und ebenso verletzend. Und auch wenn mein Gebrüll kein Leben tötet, so tötet es doch die Liebe. Und in dem, was ich anrichte, in dem ich die Liebe töte, ähnel ich gewissermaßen den Faschisten, auch sehe ich kaum anders aus als sie. Denn Anhänger rechtsextremischer Ideologie ähneln äußerlich den Nicht-Anhängern, aber wir lehnen es ja ohnehin ab, Menschen nach Äußerlichkeiten zu beurteilen. Wer sind wir, von denen ich hier rede? Ja, keinem Menschen ist anzusehen, was er denkt und wie viel Hass in ihm wohnt und brüllende Nazis, die in SS-Uniformen durchs Zimmer herum wüten, laufen vermutlich häufiger durch Filme, die über sie gedreht werden, als durch die Realität, da nur manchmal. Denn in der Realität kleiden sie sich in Zivil, spazieren im Gewand des Mediziners umher oder des Juristen oder sind in jedwede andere beliebige berufliche Uniform gekleidet. Sie spielen Querflöte und bewegen sich meist auffällig, unauffällig unter uns. Und wir mit ihnen. Die Schreihälse, die man sogleich an ihrem bellenden Ton erkennt und an Ticks in ihrem Gesicht, sind demnach nichts anderes als Erfindung. Auch wenn sie nur erfunden worden wären, ohne je Wirklichkeit gewesen zu sein und immer wieder werden zu können. Brüllend durchs Zimmer laufen aber kann ohnehin ein jeder und eine jede, ich weiß, wovon ich rede, Heinrich auch. Einmal nur wird es ihm zu viel und er ruft, du regst dich über Gewalt auf und hiebst mir gewaltsam ins Herz. Doch schon verkriecht sich sein Herz unter meinen Hieben wieder wie gewöhnlich in seinem Panzer aus Stahl. Ich dagegen habe weder je Bedarf verspürt, mir eine Rüstung zulegen zu wollen, die mich vor überwältigenden Gefühlen wie Freude, Schmerz oder Wut schützt, noch mich mit der Idee anfreunden können, dass es für irgendetwas gut sein soll, Krieg zu führen, obwohl ich dafür oftmals als naiv beschimpft werde und zudem soeben selbst einen Krieg begonnen habe. Es ist immer schwer vorauszusagen, wie wir uns verhalten werden. Mein Angriff trifft auf Wehrlosigkeit. Dennoch schlage ich weit auf Heinrich ein, ausgerechnet auf ihn, und niemand ist zur Stelle, der mich aufhielte. Zudem wehne ich mich im Recht, weil ich Heinrich ja nur zwingen will, zu sehen, was ich sehe, zu fühlen, was ich fühle. Ich schimpfe ihn einen Feigling. Nichts weiter als ein schwaches Tierchen sei er. Dazu bestimmt, vom Stärkeren gefressen zu werden. Die Worte muss ich irgendwo entlehnt haben und gebe sie nun an den Nächstbesten weiter, der mir Nächste sein sollte. Denn so tun wir das mit Worten, wir reichen sie weiter, ohne sie auf ihren Ursprung hin abgeklopft zu haben. Statt Heinrich zu sehen, meinen Heinrich, den ich liebe und dessen Haut ich eben noch an der meinen gespürt habe, sehe ich jemanden, der sich in seinem kleinen Leben verschanzt, in einer Welt, die ihre in Wahrheit hässliche Fratze nur so lange verbirgt, wie wir entdecken, dass sie sich aus einem einzigen Leib zusammensetzt. Ja, nur solange wir glauben, unbehelligt zu sein von dem Leid anderer, gelingt es uns, froh zu sein über dieses kleine Leben, bis wir dann unvorbereitet und unvermittelt überwältigt werden. Ja, denke ich, fühl dich nur sicher, doch ehe du dich versiehst, wirst du dem Schrecken ausgeliefert, den du nicht hast kommen sehen, in deinem dich sicher fühlen. Du bist blind, schreie ich. Du siehst weder mich, noch die Unmöglichkeit der Welt, noch irgendetwas Gutes abzugewinnen, weder meine Erschöpfung, noch die Erschöpfung der Leute, dort draußen, auf den Straßen. Schau doch nur, an jeder Ecke stinkt die Verelendung zum Himmel und du weißt, wohin sie uns führt. Immer ist es die Verelendung, die dem Faschismus vorausgeht und der Himmel ist verhangen mit den Rauchwolken vergangener Zeiten. Schaust du denn nicht? Ich erreiche Heinrich nicht länger und auf einmal fühle ich mich als Opfer und Heinrich ist der Täter und deshalb fahre ich fort. Unerbittlich bekriegen wir uns weiter, er schweigend, ich schreiend, und statt innezuhalten und einander wahrzunehmen, als das Gegenüber, dem wir gewöhnlich voller Zärtlichkeit und Verständnis begegnen, beginnen wir einander zu entwerten. Und je länger der Streit andauert, desto überzeugender gelingt es, und ich bin froh, denn ohne die Entwertung wäre es mir kaum möglich, in dieser unerbittlichen Weise auf Heinrich einzudreschen. Und wohin dann? Mit meiner Wut? Auf welches Ziel soll ich sie lenken? Es benötigt die Entwertung, ansonsten wäre es uns nicht möglich, uns zu verletzen, nicht möglich, Kranke zu töten, Frauen zu schlagen, Juden zu vernichten, Völkermord zu begehen oder den Freund herabzusetzen, bis er wie ein Häuflein Elend auf dem Bett sitzt und einige Worte zusammensucht, um Gnade zu erbitten. Gnade, flüsterte er, ich liebe dich, aber es gelingt mir nicht, mich zu beruhigen und dieser Liebe zu vertrauen oder ich habe vergessen, was Liebe ist. Wenn es jedoch nicht einmal möglich ist, Liebe zu leben zwischen zwei Liebenden, wie nur soll es dann der Welt gelingen, der guten, lieben Welt? Ach, wenn wir doch nur willens wären, unseren Weg zu gehen, auf der Suche nach Erkenntnis oder dem goldenen Vlies oder dem Schatz der Inkas, ohne ihn gewaltsam beschreiten zu müssen. Was kann ich tun? Vielen Dank. Applaus grüß euch schönen abend und danke Ich mache es mal einfach und lese euch die ersten drei Seiten meines letzten Romans vor. Ich sah das leichte Blau des Himmels und das schwere Blau der See, aufgeknöpfte Hemden und hautenge Röcke, balancierte auf dem Malecon zwischen gischt umspülten Felsen und einer vierspurigen Straße, während hoch über mir ein Pelikan in der Luft zu stehen schien, hörte das dumpfe Tuten eines Frachters, das die ganze Bucht erfüllte, und für einen Moment verstummten die kläffenden Hunde. So lange hatte ich über den Begriff der Seele gelacht, bis in meiner Hand die Hand meiner toten Mutter lag, noch nicht kalt, doch schon zu kühl. Ich strich mit meinem Daumen über ein Netz aus feinen Falten, über das Relief der Venen, die Fingerknöchel, vergilbte Nägel. Die Heizung klackte, irgendwo knisterte ein Radio. Ich saß an einem weißen Bett, übernächtigt und verschwitzt, drückte diese reglose Hand und bat jemanden um Verzeihung, der nicht mehr da war. Mein Vater stand am Fenster mit dem Rücken zu mir. Ich hoffte, dass er weinte, doch ich glaubte es nicht. Nach seinem Anruf hatte ich meine Reise sofort abgebrochen, den Fahrer eines ausgebuchten Busses bestochen, damit er mich im Gang kauern ließ, um so schnell wie möglich von der Schweinebucht zurück nach Havanna zu gelangen, war in Madrid in eine andere Maschine umgestiegen, nach der Landung zum Zug gerannt, ohne auf meinen Koffer zu warten und hätten nicht an diesem Tag tausende Menschen in der Innenstadt protestiert und das Taxi zu einem Umweg gezwungen, wäre ich vermutlich rechtzeitig gekommen. Mit sonnengeröteten Schultern stand ich auf dem Platz der Revolution, der riesig war und schattenlos und menschenleer, schloss die Augen und summte eine Melodie in das Diktiergerät. Westlich des Prado zerstampfte man mit Mörser und Schale Malanga für die Säuglinge, knatterte auf blank polierten Mopeds durch schmutzige Straßen, verkaufte den Touristen Eintrittskarten für ein Salsa-Festival, das niemals stattfinden würde. Ein Song von Sepultura lockte mich in eine Bar. Ich trank Daikiri nach Daikiri auf der Dachterrasse, nichts ahnend vom Durchfall am nächsten Tag, sah den kleinen Wagen steil gekippt und das W der Cassiopeia als M. Ich hätte daran denken können, wer mich gelehrt hatte, diese Sternbilder zu sehen, wer mir gezeigt hatte, wo links ist und wo rechts, wer mir beigebracht hatte, meinen Namen zu schreiben, die Uhr zu lesen, eine Terz zu treffen. Wer mir mein erstes Instrument geschenkt hatte, ein Glockenspiel mit Klangstäben in den Farben des Regenbogens. Wer mir nach dem Adventkranz singen demonstriert hatte, dass man mit dem Finger durch die Flamme fahren kann, ohne Schaden zu nehmen. Wer mir geholfen hatte, jedem Stoff, der ein Löwenzahnblatt als Krawatte an die Brust zu heften. Wer mir Ronja Räubertochter vorgelesen hatte, bis Wildtruden in den Zimmerecken hockten. Auf der anderen Seite des Atlantiks hatte ich selten an meine Mutter gedacht. Umschwirrt von Bienen stieg ich hinab in eine Höhle und entdeckte im Schein der Taschenlampe ein Pferdeskelett, ein unterirdisches Rinnsal und Blumen, die kein Sonnenlicht zu brauchen schienen. Ich tagträumte von Ogriden, ebenso schwachsinnigen wie boshaften Kreaturen, die in dieser Dunkelheit hausten, keine Lieder kannten. die in dieser Dunkelheit hausten, keine Lieder kannten. Als ich wieder ins Freie kletterte, sah ich drei Männer mit ausgefransten Strohhüten ein Ochsengespann antreiben. Sie schrien heisere Befehle und schlugen mit der flachen Hand gegen die Flanken weißer Rinder, die mühten sich über ein Zuckerrohrfeld. Für mich war der Findling im Pfarrgarten ein Ei gewesen, so alt wie die Welt, und irgendwann würde ein Drache daraus schlüpfen. In meiner Vorstellung brauchte es zwei kräftige Feen, um meine Tafelkreide hochzuheben. Gäbe es keinen Regen, dachte ich, hätten die Fische das Meer längst ausgetrunken. Meine Mutter trocknete mir die Tränen, die ich über die Nüchternheit der Welt vergoss. Ich sah Steinbrocken aus ziegelroten Äckern ragen und eine Mülldeponie, die kein Ende nehmen wollte. Neben der Fahrbahn brannte das Gras. Der Buslenker wich einer herrenlosen Schafherde aus und entgratern im Asphalt. Ich fotografierte die fettigen Flecken auf dem Fenster neben mir, Hinterlassenschaften von Reisenden, die ihre Köpfe an das Glas gelehnt hatten, um zu schlafen oder sich mit offenen Augen in die vorbeirauschenden Bambuswälder zu träumen. Herzlichen Dank. Und jetzt freuen Sie sich auf Hermann Knapp. Vielen Dank. alle da sind. Ich habe eine etwas ältere Geschichte mitgebracht. Ich war in den letzten Monaten, Jahren immer wieder mit Menschen konfrontiert, die eine niederschmetternde medizinische Diagnose bekommen haben. Und da fragt man sich irgendwann einmal, na wie würde denn ich reagieren? Mit Schockstarre, mit Verzweiflung oder mit kohlschwarzem Humor? Grabgeflüster. Ich nehme diesen Sarg, sagte ich und hörte dieselben Worte zeitgleich aus dem Mund einer Frau mir gegenüber. Der Verkäufer sah uns bedauernd an. Dieses Modell ist leider ein Unikat, erklärte er. Normalerweise hätte ich nun sofort Abstand vom Kauf genommen und der Frau den Vortritt gelassen, denn ich bin nach altmodischen Regeln erzogen worden. Doch in meinem Leben war schon lange nichts mehr normal und ich wollte diesen Sarg. An den Rändern war ein seltsames Muster eingraviert, das mich an Runen erinnerte. Gerade diese geheimnisvollen Zeichen waren es, die mich so faszinierten. Vielleicht würden sie ja böse Geister vom Leichen entfernen halten. Oder zumindest die Würmer. Ich schaute zu der Frau hinüber und las in ihrem Gesicht, dass auch sie nicht einfach verzichten würde. Also ging ich um den Sarg herum und streckte ihr die Hand hin. Sie sah gut aus, hatte kurzes brünettes Haar, feine Züge und ein hinreißendes Lächeln, das allerdings müde wirkte. Die Frau war etwa in meinem Alter und sehr hager, fast schon zu hager. Weit hinten in ihren blauen Augen schimmerte eine tiefe Traurigkeit und ich begriff, dass sie den Sarg nicht für einen verstorbenen Verwandten haben wollte, sondern für sich selbst, genau wie ich. Ich mache Ihnen einen Vorschlag, sagte ich. Wer von uns zuerst stirbt, bekommt den Sarg. Sie war nicht überrascht. Offenbar hatte auch sie die kleinen versteckten Zeichen an mir wahrgenommen, die auf eine unheilbare Krankheit hindeuteten. Wenn man nur noch wenig Leben übrig hat, wurden die Sinne schärfer und man lernte genau hinzuschauen. Sie zögerte einen Moment, dann ergriff sie meine Hand und nickte. Wir gaben dem Verkäufer unseren Namen und Adressen und verließen den Laden. Draußen auf der Straße sahen wir uns ein wenig ratlos an. Die Frau gefiel mir ausgesprochen gut. Wäre sie nicht so dünn gewesen, hätte ich sie als atemberaubend bezeichnet. Ich gab mir einen Ruck. Da wir jetzt auf gewisse Weise Geschäftspartner sind, könnten wir uns doch ein wenig näher kennenlernen. Darf ich Sie auf einen Kaffee einladen? fragte ich. Sie sahen mich durchdringend an und nickte dann. Wenig später saßen wir uns an einem kleinen Tisch gegenüber. Wie lange haben Sie noch? fragte sie mich direkt und ungeniert. Sie wollen wohl herausfinden, wie gut Ihre Chancen auf den Sarg sind, sagte ich lächelnd. Sie schmunzelte und nickte. Chancen auf den Sarg sind, sagte ich lächelnd. Sie schmunzelte und nickte. Zwei Monate, antwortete ich schließlich und plötzlich klang meine Stimme sehr brüchig. Ich auch, antwortete sie überrascht und grinste. Das wird ein enges Rennen. Ich schaute sie an. Trotz ihres nahen Todes hatte die Frau weder ihren Humor noch ihre Lebensfreude verloren. Ich fand sie bezaubernd und mir schoss unwillkürlich der Gedanke durch den Kopf, dass ich vor dem Ende gern noch einmal Sex gehabt hätte. Plötzlich griff sie über den Tisch und nahm meine Hand. Ich habe keine Zeit mehr für lange Vorreden. Ich bin ungebunden, wenn du das auch bist, könnten wir zu mir gehen, sagte sie. Ich schluckte, aber dann lächelte ich. Sie hatte ja recht. Zeit war ein Luxus, war für uns Luxus. Wir mussten jeden Augenblick nutzen. Ich rief den Kellner und zahlte. Wir gingen zu ihr und sie führte mich direkt ins Schlafzimmer. Dort reichte sie mir plötzlich sehr förmlich die Hand. Bevor wir miteinander ins Bett gehen, sollten wir uns doch offiziell vorstellen, sagte sie. Ich heiße Hanna. Ich beugte mich vor und drückte ihr einen Kuss auf den Handrücken. Wenn schon förmlich, dann richtig. Ich bin Tom, sagte ich und ich habe Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sie zog sich den Bulli über den Kopf und grinste schon wieder. Doch diesmal bitter. Wir brauchen übrigens kein Präservativ. Gebärmutterkrebs ist als Verhütungsmethode todsicher, sagte sie. Von diesen Tagen waren wir zusammen. Es mag paradox klingen, aber die nächsten sechs Wochen waren eine gute Zeit. Vielleicht die beste meines Lebens. Trotz des Schattens, der über uns schwebte, trotz der Schmerzen, die kamen und gingen, Erzählte die Geschichte. Und aus der Finsternis hinauszuführen in das kümmerliche, aber gerade deswegen so kostbare Licht eines verwehenden Lebens. Wir hatten auch viel Spaß zusammen. Wenn man dem Tod so nahe ist, kann man Dinge tun, die man sich vorher nicht erlaubt hätte. Vor allem darf man makaber sein. Also fotografierten wir uns, schickten vorher-nachher-Bilder an Figurella und schrieben dazu, Krebs, die todsichere Methode, um schnell und dauerhaft abzunehmen, garantiert kein Jojo-Effekt. Da von der Firma keine Reaktion kam, stellten wir die Fotos auf Facebook und ernteten manch humorvolle, aber auch viele verständnislose und sogar zornige Kommentare. Hin und wieder machten wir Ausflüge. Einmal gingen wir an einem Fluss spazieren. Es war sehr heiß und ich zog die Schuhe aus und streckte die Füße ins Wasser. Da gewahrte ich plötzlich eine Bewegung und sah einen kleinen Krebs. Ich hatte gar nicht gewusst, dass es in unseren Flüssen die noch gab. Kurz entschlossen packte ich ihn und hob ihn vor meine Augen. Mir war plötzlich der Spruch in den Sinn gekommen, dass man Feuer mit Feuer bekämpfen solle. Du musst etwas für mich tun, du musst meine Krebs auffressen, flüsterte ich dem Tierchen zu, steckte es in den Mund und schluckte ohne zu kauen. Ich spürte einen stechenden Schmerz und befürchtete einen Moment lang, der Krebs habe sich in meiner Speiseröhre festgezwickt. Aber dann rutschte er hinunter. Du wirst sehen, sagte ich zu Hanna, wenn ich nächste Woche zur Untersuchung gehe, sind all meine Metastasen verschwunden. Dafür sitzt dann ein dicker Fetter Flusskrebs in meinem Magen. Sie sah mich kopfschüttelnd an. Du bist verrückt, sagte sie. Ich nickte. Ja, verrückt nach dir, antwortete ich und zog sie zu Boden. Hastig schälten wir uns aus den Kleidern und liebten uns ungeniert am Flussufer. Es war uns gleich, ob jemand kam. Den kleinlichen Anstandsregeln der Gesellschaft fühlten wir uns längst im Toben. Wir waren inzwischen beide spindeltür und ich wunderte mich ehrlich gesagt, dass mein Körper noch genug Blut erübrigen konnte, um meinen Penis damit zu füllen. Aber es funktionierte. Und auch meine Libido war tadellos. Wir liebten uns gierig und hart, begleitet von einem eigenartigen Klappern. Weil da so wenig Fleisch war, stießen unsere Beckengnochen ständig aneinander. Und mir schoss der Gedanke durch den Kopf, dass es sich ganz ähnlich anhören musste, wenn es zwei Skelette miteinander trieben. Ich musste kichern und kam aus dem Rhythmus. Der Flusskrebs erfüllte die Hoffnungen, die ich in ihn setzte, übrigens nicht. Aber er brachte uns noch auf eine andere Idee. Ein paar Tage später gingen wir in ein Fischerrestaurant. Wenn schon der Krebs unser Leben fraß, dann, so hatten wir beschlossen, wollten wir als Vergeltung so viele seiner Namensvettern wie nur möglich mit uns nehmen. Also verschlangen wir an diesem Abend Unmengen von Krebsen. Da wir natürlich wussten, dass die armen Tierchen nichts für uns allein konnten, schmeckte die Rache allerdings ein wenig schal und die Busse folgte umgehend. In der Nacht kotzten wir alle Krebse wieder aus. Unser beider Zustand war schon so erbärmlich, dass diese Orgie das pure Gift für unser Körper war. Dennoch bereuten wir sie nicht. Wir saßen beide mit einem Kübel auf dem Boden und wenn wir uns nicht gerade übergaben, dann lachten wir. Ich habe den Wettstreit um den Sarg verloren. Dankeschön. Ich darf den Staffelstab an Dietmar Fl weitergeben. Der zeitlose Raum. In meinem Haus gibt es einen winzig kleinen, fensterlosen Raum, nicht größer als eine Besenkammer, in der die Zeit nicht vergeht. Könnte ich mich in diesen Raum zurückziehen, um ihn nie wieder zu verlassen, so würde ich ewig leben. Das ist freilich nicht möglich, denn ich muss arbeiten, um zu essen, und schlafen, um zu leben. Würde ich in dem Raum meine Nächte verbringen, so könnte ich dadurch meine Lebenszeit um ein gutes Drittel verlängern. Doch leider ist er viel zu klein für ein Bett. Sein gesamtes Mobiliar besteht aus einem einfachen Holzsessel. Könnte ich meinen Computer dort aufstellen, mit dem ich meine Texte schreibe, so wäre auch dadurch viel Zeit gewonnen. Doch gibt es in dem zeitlosen Raum keinen einzigen Stromanschluss, weil jede Form von Elektrizität seine Magie sofort und für immer zerstören würde. Daher begnüge ich mich notgedrungen damit, mich hin und wieder dorthin zurückzuziehen, um im flackernden Schein einer Kerze Gedichte zu schreiben. Genau genommen handelt es sich dabei also um zeitlose Gedichte, entstanden in einem Raum ohne Vergangenheit und Zukunft. Weil aber ich selbst ein Kind meiner Zeit bin, so sind auch sie nichts weiter als Gedichte eines Kindes seiner Zeit, dessen Lebenszeit begrenzt ist, so wie die der brennenden Kerze, in deren flaggenden Licht ich sie geschrieben habe. Der Andersdenker. Ich lebe in einem Land, in dem die Freiheit des Wortes eine große Vergangenheit hat. Ich lebe in einem Land, in dem die Freiheit des Wortes eine kleine Gegenwart hat. Ich lebe in einem Land, in dem die Freiheit des Wortes keine Zukunft mehr hat. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit wurden Andersdenker wie ich von einer Minderheit bewundert und von einer Mehrheit als exzentrische Spinner belächelt. Heute hingegen ist die Minderheit der Bewunderer verstummt und aus der Mehrheit der Belächler ist eine Mehrheit der Hassenden geworden. Wer weise ist, hält lieber den Mund, sofern er es nicht fertig bringt, sich der Mehrheit der Buhrufer anzuschließen. Es ist an der Zeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Es ist wieder an der Zeit, seine Meinung für sich zu behalten, sofern sie von der staatlich Verordneten abweicht. Ich werde versuchen, weise zu sein. Ich werde versuchen, den Mund zu halten. Ich kann nur hoffen, dass es mir auch gelingt. Andernfalls werden nämlich schon in nicht allzu ferner Zukunft vermummte Polizeibeamte einer Spezialeinheit in mein Haus eindringen, möglicherweise sogar durch das große Fenster zum Garten hin, um mich in Gewahrsam zu nehmen. Bei der anschließenden Hausdurchsuchung werden sie einige sehr lange, sehr scharfe Küchenmesser finden und sie als potenzielle Massenvernichtungswaffen identifizieren. Meine Chancen, mich da noch einmal herauszureden, werden gleich null sein, weil auch die Polizei der Zukunft, sowie auch die meisten Menschen der Gegenwart, genau das finden wird, was sie zu finden beabsichtigt. Es wird auch vergeblich sein, verzweifelt meine Harmlosigkeit zu beteuern, weil man Leuten wie mir keinen Glauben mehr schenken wird. Am ehesten wird mir noch ein volles Eingeständnis meiner Schuld etwas nützen, verbunden mit der flehentlichen Bitte um Gnade, denn so und nicht anders ist es in allen Diktaturen der Welt, so und nicht anders wird es daher auch in der Unseren sein. Und zum Abschluss eine kleine Fabel von Mäusen und Menschen. Es gibt im Mäusevolk zwei große Fraktionen, nämlich die Vorsichtigen und die Mutigen. Die Vorsichtigen verlassen nur selten ihren Bau und meiden ängstlich die vielversprechendsten Futterplätze, weil sie befürchten, womöglich gefressen zu werden, weshalb ihr Beitrag zur Ernährung des Mäusevolkes denkbar gering ist. Das ist ihr Nachteil. Ihr Vorteil ist hingegen, dass sie sehr fruchtbar sind, sodass es dem Mäusevolk nie an Nachwuchs mangelt. Ganz anders ist das Verhalten der Mutigen. Sie sind fast ständig auf der Suche nach Futter, obwohl sie dabei permanent Gefahr laufen, von einer Katze gefressen oder einer Mausefalle zerquetscht zu werden. Ihnen verdankt das Mäusevolk den weitaus größten Teil seiner Nahrung. Das ist der Vorteil. Ihr Nachteil ist hingegen, dass den meisten von ihnen nur ein sehr kurzes Leben beschieden ist, weil die meisten von ihnen ja doch irgendwann einer Katze zum Opfer fallen oder von einer Mausefalle zerquetscht werden. einer Katze zum Opfer fallen oder von einer Mausefalle zerquetscht werden. Solange die Vorsichtigen und die Mutigen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, ist der Fortbestand des Mäusevolkes gesichert. Würde es irgendwann nur noch mutige Mäuse geben, so würden die meisten von ihnen schon ums Leben kommen, noch bevor sie das fortpflanzungsfähige Alter erreicht haben. Ihre Zahl würde schwinden und immer mehr schwinden und schließlich würden die Mäuse aussterben. Und gäbe es irgendwann nur noch vorsichtige Mäuse, so würden sie allesamt früher oder später verhungern. Auch unter uns Menschen gab es vor gar nicht allzu langer Zeit diese zwei Fraktionen, die Vorsichtigen und die Mutigen, die Geimpften und die Ungeimpften, die einander mit erbittertem Hass bekämpften, ohne zu begreifen, dass keiner dafür verantwortlich ist, welcher Fraktion er angehört. Man ist nicht deshalb vorsichtig, weil man es will, man ist es einfach. Man ist nicht deshalb mutig, weil man es will. Man ist es einfach. Man ist nicht deshalb mutig, weil man es will. Man ist es einfach. Und wer anderen Menschen ihre Vorsicht oder ihren Mut zum Vorwurf macht, wird wohl schon allzu bald das Gleiche mit ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrem Geschlecht und ihrer sexuellen Orientierung tun. So weit darf es nicht kommen. Die wichtigste Lektion, die es zu erlernen gilt, um glücklich auf dieser Welt zu leben, ist Toleranz. Dies zu begreifen bedeutet, seinen Frieden mit dem Leben geschlossen zu haben. Das war's. Und die lange Nacht der Gaff beschließt Peter Hodina. Applaus So, ich habe jetzt die rote Laterne. Der erste Text, den ich lese, heißt Die Schlange ist fertig. Wenn sich in einem Tagebuch neben viel anderem der Satz Die Schlange ist fertig für sich isoliert findet, mag man sich einiges denken. Würde mit Schlange etwas schiffriert, verschlüsselt, handelt es sich harmlos um irgendein Gericht oder um etwas Gebackenes wie den Zopf, irgendeinen dem Leser, der Leserin nicht gebräuchlichen Begriff. Könnte der Schreiber an einem chinesischen Flugdrachen gebastelt haben, eine Papiergelande für den Fasching? Er ist zu viel, scheint festzustehen, mit etwas fertig geworden. Oder zu viel schon gesagt, etwas ist fertig geworden. Es hat eine gewisse Zeit benötigt, um fertig zu werden. Ist es in der dafür normalerweise vorgesehenen Zeit fertig geworden oder hat es in seinem Fall viel länger gebraucht? Ist es ein Geheimnis wie zwischen zwei Verliebten, die etwas Schlange genannt haben, das nur sie für sich ausgemacht haben, so auf ihre intimsprachlich scherzende Weise zu nennen. Oder wenn ein Kriminalist an die Papiere gerät, mag er denken, dass es sich bei Schlange etwa um einen Sprengkörper oder eine Waffe handeln könnte. Man denke an die im Mittelalter gebräuchlichen, merkwürdigen Namen für gewisse Kriegsgeräte, wie man sie in Burgmuseen besichtigen kann, darunter auch die sogenannte Feldschlange, die ein Kanonentyp an der Wende zur frühen Neuzeit war. Sie ist ebenfalls unter dem Namen Kolubrine, von Lateinisch Kolubrinus, schlangenartig bekannt. Oder würde es sich um eine sich gebildet habende Kette von Mittätern handeln können? Wer weiß. Besagter Satz ist für sich allein nicht oder noch nicht ausgedeutet. Also würde man in dem Tagebuch weitersuchen, sich fragen, was genau dieser Schreiber damit gemeint haben könnte. Und da stoßen wir vielleicht auf eine andere Stelle, wo er ein Kindheitserlebnis festhält. Wie mehrere Familienmitglieder mit dem Nachbarn zusammen Mühe hatten, mit einer riesigen schwarzen Kreuzotter fertig zu werden, die sie in dessen Garten aufgestöbert hatten. Sie widersetzte sich heftig, sie kämpfte. Am Ende wurde ihr der Kopf abgehackt. Auch das gelang keineswegs auf den ersten Hieb. Das Tier schien wie Rasputin mehrere Leben zu haben. Das Kind sah zum ersten Mal ein Wesen, das sich nachhaltig widersetzt. Einen Eigensinn, der nicht in den sonstigen Bravheits- und Befriedungskosmos passte. Etwas von außen kommend Fremdes, wie jenes 2017 entdeckte interstellare zigarrenförmige Objekt namens Oumuamua. Das Kind war von jener Widersetzlichkeit zutiefst beeindruckt. Ihm wurde die Gefahr, die von jener schwarzen Schlange ausginge, aufs Schauerlichste ausgemalt. Als sie endlich bezwungen war, war der nachgebliebene Gefühlseindruck im Kind gespalten wie die Zunge einer Schlange selbst. Zum einen war der sich windende und dabei tückische Drache getötet, zum anderen aber auch Traurigkeit, dass das atemberaubende Schauspiel einer anders gearteten Lebensform und Lebensmanifestation unter Qualen zu Ende gegangen war. Das Kind fühlte mit beiden Seiten, fieberte, zumal ob seiner Kleinheit dem Todeskampf der Schlange viel näher, mit beiden Seiten mit. Die tote Schlange fand ihr Grab auf dem Misthaufen unter dem Gras, das der Nachbar mit der Sense gemäht hatte. Käme von dieser Begebenheit Licht in unsere Sache? von dieser Begebenheit Licht in unsere Sache? Die Schlange ist fertig. Ist nun fertig gemacht, Tod erledigt? Oder, da dem Kind erstmals in Gestalt der schwarzen Kreuzotter, die bis zum Kampf auf Leben und Tod bereite Widersetzlichkeit begegnet war, als Entität, Symbol und Enigma, als Wesenheit, in dem Fall als eine gifttragende Qualitas für sich, möchte sich zum Beschluss nun jene Deutung vor uns verneigen, welche besagt, der Diarist sei nun seiner eigenen Schlangenkraft inne geworden, in ihm sei nun endlich die Schlange, er selbst sei als solche fertig. hoher Stock, nicht hoher Stocker, sondern hoher Stock. Großartige, moderne Architektur, diesmal im Traum. So etwas in der Wirklichkeit noch nie gesehen. Zugleich eine Gesellschaft von unendlich sensibilisierten Umgangsformen, die funktionierte. Einerseits das Großteilige, in diesem aber das funktionell Kleinteilige, durchdesignt, in allem einladend, niemals einschüchternd, im Fernblick erhaben, an die Berge anschließend dazwischen sehen. An Tenochtitlan erinnernd, aber in oskaniemeierscher Formensprache. Keine Autos mehr, Hochgeschwindigkeitszüge. Doch gab es auch Zweifelhaftes. Riesige, stadienhaft geschwungene Treppenanlagen ohne jedes Geländer, durch die Jugendliche nach Schulschluss zu Hunderten gleichzeitig hinunterstürmten. Sicherheitsbedenken meinerseits. Die Kontakte der Menschen untereinander gleitend, alles kann, nichts muss. Wenn ich dazu sage erotisch, stehen wir vor dem Problem, dass jeder unter Erotik anderes versteht. Ich würde trotzdem dieses ganze urbane Lebensgefüge als ein erotisch designtes bezeichnen, was hier aber nichts mit Orgie zu tun hat. Widersprüche wurden doch gelegentlich sichtbar, als zum Beispiel auf einer der Schnellbahnstrecken ein Japaner mit einer einzelnen, rostigen, mit rotem Lack übersprühten, ausrangierten Diesellok uns entgegenkam. Ich fragte ihn, woher des Weges. Er habe länger als Obdachloser in Tschechien gelebt, aber sich allmählich zum Lokbesitzer emporgearbeitet. Er klappte vor meinen Augen, als wäre ich vom Zoll, einige im Lokinneren montierte Blechbehältnisse auf, in denen sich Flaschen mit Spirituosen befanden. Er handle mit diesen Getränken, sagte dieser Selfmade-Man nicht ohne Stolz. Weiter ging aber nun unsere Fahrt. Eine ungemein imposante Bergkette überschneit, wenn nicht übergletschert, tat sich am Horizont vor uns auf. Selbst wie Architektur wirkend, davor eine fantastische Großstadt, die selbst an diesen Fels- oder Eisformen sich zu orientieren schien, immer wieder dazwischen durch Seen und Teiche aufgelockert. Aber wie wir, in der Stadt schließlich angekommen, den Hauptberg betrachten, beginnt er in einiger Höhe sich zu verformen, einen Erker auszutreiben, dann noch einen. Es geschieht übrigens alles vollkommen geräuschlos. Durch besagte Erkerbildungen wurde der Berg noch architektonischer. Er ist andererseits weit genug entfernt, als dass wir von einem Felssturz betroffen werden können, dachten wir, uns in Anbetracht dieses Naturschauspiels wieder beschwichtigend. Denn was würde das? Der Berg war in Bewegung geraten, wie bei einem kolossalen Eisabbruch in der Antarktis stürzten nun die weißen Massen herunter. Oder auch wie bei einer Lawine, wo die Touristen unterhalb noch glauben, der Vorgang würde sie ganz sicher nicht erreichen. Sprünge in Pflaster taten sich auf, auch Fassaden stürzten ein. Beim Davon-Wegrennen dachte ich noch, wie schön hier die Freiluftmöbel gestaltet waren, in einer so eminenten Weise einladende öffentliche Räume, sogar immer wieder Schließfächer für Rucksack-Touristen, interessant wie Pakete aus Beton gestaltet, interessant wie Pakete aus Beton gestaltet, Andreaskreuzartig verschnürt, in unterschiedlichen Größen. Man wollte in diesen Städten neuen Typs bewusst, den vagierenden und flanierenden Gast, der auf eigene Faust ungeführt sich den urbanen Raum erschließt, ohne Schranken, irgendeiner Exklusivität. Die Stadt ein einziges riesiges Sensorium, nichts als die Erweiterung unserer Körper und Sinne, kein Prokustesbett, in das wir gezwängt wären, kein hier verboten, dort verboten, alles nach Belieben erkundbar frei. Doch wir mussten laufen, zunehmend um unser Leben, die Sprünge im Boden rannten uns gleichsam nach, beziehungsweise wir ihnen davon, immer wieder bröckelten wie bei einem Erdbeben die Fassaden vielen Trümmer herunter. Zuletzt aber erklomm ich die erste Stufe zum hohen Stock, das nenne ich für mich so. Dort oben war das eigentlich recht klein dimensionierte, direkt schon dann spinnstubenhafte Königsgemach. Die Königin selbst sah ich zierlich rothaariger Zopf, sommersprossig auch ihren Mann. Sie waren unkompliziert wie junge Studenten. Die Königin reichte mir von oben die Hand, damit ich die nächste Stufe erklimmen konnte. Hier oben wären wir sicher, das meinte sie. Von dem Erker dort oben könnten wir, ohne selbst Schaden zu nehmen, zusehen, wie nach und nach die Stadt zusammensinke. Aber mir war klar, wie illusionär der Gedanke war, sich auf diese Weise sich gerettet zu weinen. Denn die Sprünge würden schließlich ihr letztes Ziel finden, die Basilea, den hohen Stock mit uns darin. Und jetzt noch ein ganz kleiner Text zum Abschluss, der heißt Zuversicht. Die Zeit ist um. Wie? Die Zeit ist um? Wir haben elf Minuten. Elf Minuten haben wir gehabt. Oh, dann muss ich mich wirklich sehr entschuldigen. Dann bin ich... Wir haben gerade ausgemacht, dass ich das vorletzte Wort haben darf. Ich freue mich, dass es so gut ausgegangen ist, auch zeitmäßig, dank einiger sparsamer Kolleginnen und Kollegen. Ich freue mich aufs nächste Mal wieder und bitte manche Kollegen, den Text vorher zu stoppen. Dankeschön für den Abend. Vielleicht gehen wir noch ein Bier trinken oder so. Ist das Café noch offen? Ja, da kann man eh noch ein bisschen trotschen. Wir haben ja eine Viertelstunde, glaube ich, hereingelesen. Und deswegen können wir uns noch ein bisschen im Haus aufhalten. Wann müssen wir wirklich raus? Okay, also bis 23 Uhr können wir auf alle Fälle da bleiben. Wir können dann unser Bierchen trinken und ein bisschen tratschen, wer will. Die Bücher gibt es noch immer draußen zu kaufen. Es gibt sicher einige Situationen, wo man Bücher verschenken kann. Danke für den Abend. Danke den Kolleginnen und Kollegen. Danke euch und Ihnen fürs Dasein. Danke. Danke. Und Ihnen fürs Dasein. Danke. Danke, Kurt. Ja, auch im Namen des Stifterhauses möchte ich mich herzlich bedanken bei der Grazer Autoren-Autorinnen-Versammlung Oberösterreich für diesen gelungenen Abend und die gelungene Lange Nacht der Literatur. Herzlichen Dank auch an Kurt Mitterndorfer und alle Lesende. Das Stifterhaus freut sich auch, Sie kommenden Montag wieder zu besuchen. Dann haben wir Katrin Rögler zu Gast, die aus die Alarmbereiten lesen wird. Die Moderation übernimmt Klaus Kasberger, das Referat hält Josef Vogel. Ich hoffe, Sie haben den Abend genossen und möchte Sie auch noch darauf hinweisen, dass gerade die Ausschreibungen für unsere Literaturzeitschrift die Rampe am Laufen sind. Also schauen Sie gerne auf der Homepage vorbei oder auch am schwarzen Brett und informieren Sie sich über die Möglichkeit zur Texteinreichung. Genau, das mit dem Literaturcafé wurde schon erwähnt. Das hat noch bis 23.30 Uhr offen. Nutzen Sie gerne die Gelegenheit und lassen Sie den Abend ausklingen bei einem Getränk. Ich bedanke mich nochmal herzlich, wünsche Ihnen eine gute Heimreise und freue mich darauf, Sie bald wieder hier im Stiefthaus begrüßen zu dürfen. Auf Wiedersehen.