Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Literaturinteressierte, herzlich willkommen im Stifterhaus. Mein Name ist Sarah Pühringer und ich freue mich sehr, Sie heute zu dieser Veranstaltung des Oberösterreichischen Pen-Clubs begrüßen zu dürfen. Der Abend steht unter einem hochaktuellen und wichtigen Thema, Heimat ein missbrauchter Begriff. Der Pen-Club Oberösterreich lädt dazu ein, gemeinsam ins Gespräch zu kommen und verschiedene Perspektiven zu beleuchten. Einer der heutigen Gäste ist Christian Teisel, den ich herzlich willkommen heiße. Schön, dass Sie hier sind. Herr Teisel wird uns mit einem Impulsreferat einen Einblick in das Thema bieten. Er ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch Vorsitzender des österreichischen SchriftstellerInnenverbandes sowie Korrespondent der Historischen Landeskommission für Steiermark im Bereich Literaturgeschichte. Ich freue mich außerdem, Ihnen die beiden AutorInnen des heutigen Abends vorstellen zu dürfen. Claudia Thaller und Thomas Schlager-Weidinger, beide werden Texte zum Thema Heimat ein missbrauchter Begriff präsentieren. Lassen Sie mich Ihnen unsere Gäste kurz vorstellen. Claudia Thaller, geboren in Linz, ist freie Schriftstellerin und Radiomacherin. Nach ihrem Studium in Salzburg und Wien arbeitete sie viele Jahre als Psychologin im Bereich Jugendwohlfahrt, unter anderem als Kinder- und Jugendanwältin. Seit 2012 hat sie mehrere Werke veröffentlicht, darunter zuletzt Der Tod geht mit 2023. Darüber hinaus ist sie Vizepräsidentin des PEN-Clubs Oberösterreich. Herzlich willkommen, Claudia Thaller. Thomas Schlager-Weidinger ist Lyriker und Sachbuchautor. Er hat seit 2012 sieben theopoetische Lyrikbände veröffentlicht. Zu seinen jüngsten Werken zählt Heiteres Flüstern, das 2024 erschienen ist. Neben seiner literarischen Tätigkeit ist er als Hochschullehrer aktiv und Mitglied des PEN-Clubs Oberösterreich. Wir freuen uns auf seine Lesung. Herzlich willkommen Thomas Schlager-Weidinger. Und nicht zuletzt möchte ich unseren Moderator des Abends, Thomas Duschelbauer, vorstellen. Er ist Präsident des oberösterreichischen Pen-Clubs sowie ein vielseitiger Autor und Essayist, der an verschiedenen Hochschulen lehrt. Zuletzt veröffentlichte er 2021 Pflegewege. Thomas Duschelbauer wird uns durch den Abend führen. Schön, dass Sie hier sind. Herzlich willkommen. Applaus durch den Abend führen. Schön, dass Sie hier sind. Herzlich willkommen. Ein herzlicher Dank geht an dieser Stelle an alle, die diesen Abend möglich gemacht haben, insbesondere an den Veranstalter, den PEN-Club Oberösterreich. Ich darf nun das Wort an Thomas Duschlbauer übergeben. Herzlichen Dank. Dankeschön, Frau Püringer. Danke auch für die Gastfreundschaft des Stifterhauses, dass wir diese Reihe, dieses Format, kann man eigentlich sagen, immer beibehalten können über die Jahre hinweg. Danke auch für die Vorstellung der Gäste heute, die lesen werden. Danke auch für die Vorstellung der Gäste heute, die lesen werden. Und mir bleibt jetzt sozusagen die Aufgabe, diesen Begriff, der ja sehr weitgehend ist, irgendwie in einen Rahmen zu fassen, wobei diese Beziehung zwischen Heim und Literatur, sondern Literatur konstituiert auch Heimat, es gibt in der Heimat überall diese Spuren der Literatur. Und aus dem Dekonstruktivismus wissen wir, dass Spuren etwas sehr Flüchtiges sind. Spuren sind eigentlich nichts anderes als Zeichen von Abwesenheit, von Nichtpräsenz. eigentlich genau das Gegenteil dieses Konzepts der Heimattümerlei, die darin ja eigentlich die Verortung, die Identität sieht. Und genau das Gegenteil ist es eigentlich in dieser Beziehung. Und es ist auch kein Wunder, wenn wir diesen Heimatbegriff immer mehr übersteigern bis hin zum Größenwahn, Make America Great Again beispielsweise, dass es letztlich auch in Fluchtbewegungen mündet und ein Land, das über viele Jahrzehnte oder über ein Jahrhundert hinweg als Auswanderungsland gegolten hat, mittlerweile dort sichtbar wird, dass Menschen dieses Land auch jetzt verlassen wollen, aufgrund dieses übersteigerten Heimatgefühls, das dort quasi wie eine Seuche fast ausgebrochen ist. Und beschäftigt hat sich auch mit diesem Heimatbegriff der Kollege Thomas Schlager-Weidinger, der uns jetzt diese literarische Kostprobe, die letztendlich aus diesen Überlegungen, aus dieser Auseinandersetzung mit Heimat entstanden ist. Bitte. Ja, einen schönen guten Abend. Ich werde einen Teil einer Kurzgeschichte eines Essays vorlesen aus meinem neuesten Buch. Sie haben ja gehört, ich bin eigentlich Lyriker und Sachbuchautor und habe mich jetzt auch an das Essayistische gewagt. Das Buch, aus dem ich vorlesen werde, heißt Erwachen bzw. Erwachsen. Das unauffällig auffällige Leben des Tom Seidenglanz. Das sind 15 autobiografische, autofiktionale Essays mit drinnen. Den Essay habe ich inzwischen lieb gewonnen als Schreibstil. Das ist im Grunde genommen die Möglichkeit, ein Thema zu umrunden, zu erkunden, mit dem spazieren zu gehen, ohne dass man es wissenschaftlich richtig permanent zitieren und belegen muss. Also eine sehr angenehme Form, sich mit Themen, mit Thematiken, mit Fragen auseinanderzusetzen. Der Protagonist dieser Geschichten, Tom Seidenglanz, kommt nur mit dem Wort R vor. Also von daher auch das Wortspiel er wachen, er wachsen. Wer ist jetzt dieser er? Vielleicht einmal so eine ganz kurze Biografie. Er ist 58 Jahre alt. Er ist mehr als drei Jahrzehnte mit seiner Frau verheiratet. Er hat drei erwachsene Kinder und ein viel zu großes Haus. Er ist ein linker Historiker und ein kirchenferner Theologe. Er war gerne Lehrer. Er ist Schriftsteller und Bildhauer. Er liebt und macht Kunst. Er ist züchtig nach Rilke, Poesie und Tabellen. Er reist sehr gerne. Er kennt sich mit Whisky und Rosen aus. Er hat drei Therapien hinter sich. Er ist gerne mit selbstbewussten Frauen zusammen. Er hat sonst wenige Freunde. Er dreht sich gerne um sich selbst. Er schreibt in regelmäßigen Abständen biografische Essays. Er erwacht hin und wieder aus der Scheinwelt. Er entwickelt eine Ahnung von sich. Er wird erwachsen. Er ist Tom Seidenglanz. Der Geschichte, die ich vorlese, trägt den Titel Heimatlos. Viel zu spät bemerkte er, dass sein ältester Sohn migrierte. Zunächst innerlich, indem dieser sukzessive den Kontakt mit seiner Herkunftsfamilie abgebrochen hatte. Emil antwortete nicht auf Kurznachrichten und Telefonate. In den letzten beiden Jahren manifestierte sich das auch äußerlich. Selbst zu Weihnachten und Ostern besuchte er seine Eltern nicht mehr und auch die Geschwister wurden gemieden. Sie schrieben dieses Verhalten zunächst seiner nachgeholten Pubertät zu. Als kleiner Junge glich Emil einer Figur, die einem Disney-Film zu entspringen schien, nett und pflegeleicht und mit fast 30 gab es einiges nachzuholen. Das würden sie als Eltern ja verstehen und nachvollziehen können. Aber ein Totalabbruch? Beruflich hat er sich viel mit Migration auseinandergesetzt. Diese stellte für ihn keine Ausnahmeerscheinung dar, sondern den Normalfall. Migrationsbewegungen sind konstitutiv für die Menschheitsgeschichte. Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart sind die Ursachen für Migrationsprozesse in einem Zusammenwirken vielschichtiger Faktoren zu suchen. Früher hatte auch er daran geglaubt, mittels Push- und Pull-Faktoren einfache Antworten und Lösungen auf die Frage nach den Migrationsursachen zu erhalten. Der Deutungsversuch ist so eingängig, dass er in vielen Ländern quer durch die politischen Lager zur Anwendung kommt. Über die Einwanderungspolitik beraten geht es zumeist darum, inwieweit Sozialleistungen für Geflüchtete einen sogenannten Pull-Faktor darstellen. So werten zahlreiche Politiker eine ordentliche Sozialpolitik, die für alle Menschen gleichermaßen gilt, als unerwünschten Anreiz für eine Einreise von Geflüchteten. Dabei ist die Betrachtung von Push- und Pull-Faktoren, also Kräften, die Menschen aus ihrer Heimat wegdrücken und solchen, die sie anziehen, zum Verständnis von Migrationsbewegungen wenig geeignet. Diese Modelle gilt in der Migrationsvorstellung als leere Hüllen, die mit beliebigen Beispielen gefüllt werden können. als derer Hüllen, die mit beliebigen Beispielen gefüllt werden können. Das Modell soll den Anschein erwecken, dass mit simplen Stellschrauben Fluchtbewegungen effektiv gesteuert werden können. Hier eine Geldkarte statt Bargeldzahlungen und 14 Prozent weniger Andrang an der Grenze. Dort 100.000 Euro für die Seenotrettungsorganisation gestrichen und schon nehmen weniger Leute die tödliche Passage über das Mittelmeer auf Sicht. Das gesamte Mittelmeer ist jedoch 2,5 Millionen Quadratkilometer groß. Derzeit wird es von etwa 16 privaten Rettungsschiffen durchkreuzt. Da wird wohl kaum jemand ernsthaft damit rechnen, im Notfall aus den Wellen gezogen zu werden. Und auch die 40 Euro Taschengeld in Österreich, mit dem jemand für sich und seine zurückgelassenen Angehörigen sorgen will, sind ebenfalls nicht ausschlaggebend. Es geht um reine Symbolik, um den Gedanken, dass mit einfachen Parametern Migration effektiv gesteuert werden kann. Die quasi theoretische Untermauerung mit der Eliminierung von Pull-Faktoren ist dafür essentiell. Auch für die Migration seines Sohnes gibt es keine einfachen Erklärungen. Vielleicht will und muss sich Emil selbst kennenlernen und seinen Weg gehen. Da kann es sein, dass die Trennung für ihn überlebenswichtig war. Er weiß, dass er stark ist, abstoßend stark vielleicht oder zumindest so wirkt. Und er wollte und will auch stark sein. Die Geschichte mit seinem Vater, den er durch dessen Krankheit als schwach und hilfreich erlebt hatte, war ein zentraler Baustein dafür, dass er stark sein wollte. Auch für seine Kinder. Ihm war diese Eigenschaft schon früh bewusst und bereits als junger Vater versuchte er, so gut es ging, dem entgegenzusteuern. Er wollte keinen Schatten werfen, in dem die Kinder verkümmern und aus dem sie nicht treten konnten. Aber er warf diesen Schatten. Selbst wenn er versucht hatte, seinen Kindern genügend Rampenlicht zukommen zu lassen. Er ging beinahe auf jedes Konzert, zu jeder Schultheateraufführung und fand danach selbstverständlich lobende Worte. Gerade auf seinen ältesten Sohn war er besonders stolz. Emil spielte ausgezeichnet Fußball. Natürlich ging er zu den meisten Spielen und feuerte ihn an. Mit etwa 16 Jahren aber bat dieser ihn, nicht mehr mitzukommen. Diesem Wunsch kam er nach. Aber sonst deutete nichts auf diesen Totalabbruch hin. Im Gegenteil, selbst als Emil nach Wien gezogen war, trafen sie sich dort regelmäßig. Sein Sohn zeigte ihm seine Lieblingsbar und seine Stammcafés. Sie telefonierten und immer wieder suchte er auch seinen Rat. Auch seine erste Freundin präsentierte er ihm stolz. Dieses gute Miteinander war kein Verstellen oder Täuschen. Dazu kannte er seinen Sohn zu gut. Und dann setzte kaum merklich eine Veränderung ein. Vielleicht hatte es mit Emils besonderer Freundin zu tun. Zahnärztin aus wohlhabendem Haus, Segeljacht, Villen, Kurztrip nach New York, Boston oder Hawaii, Essen in den explosivsten Lokalen. Eine konträre Welt, die auf den ersten Blick einen besonderen Reiz ausstrahlte. Er erhielt es für möglich, dass dies bei ihm eine Irritation auszulösen vermochte. Sein Sohn war intensiv auf der Suche nach sich selbst und wusste nicht genau, was er eigentlich wollte. Wechselte seine Studienfächer, entwickelte den einen oder anderen Kleidungs- und Einrichtungsstil, war skeptisch jenen gegenüber, die erfolgreich ihren Reichtum zur Schau stellten und war dann plötzlich mittendrin. Verließ sich Emil früher auf die Weinempfehlung seines Vaters, so zählte jetzt das Preisetikett. Das hatte zur Folge, dass es zu keinem Kurzanrufen mehr kam, kein Hallo mehr, ich stehe im Supermarkt und suche einen Wein für heute Abend, welchen soll ich nehmen? War sein Sohn also ein Migrant, der seine bisherige Heimat verließ, um sich woanders, entweder vorübergehend oder für immer, ein Leben aufzubauen und zu arbeiten. Gründe für die Migration gibt es viele. Mangel an basalen Erfordernissen, inadäquate Unterkunft beziehungsweise unsichere Lebensbedingungen. Meistens sind mehrere Motive verantwortlich für die Entscheidung, die Heimat zu verlassen. War es das? Oder ging es um Asyl? Wollte Emil nicht nur, sondern musste Suchte er Schutz? Vor wem? Und wo? Das konnte und wollte er nicht glauben. War also Wien sein Zufluchtsort oder sein Sehnsuchtsort? Oder beides? Zumindest war er sich sicher, dass dieser Ort kein Exil war, in das Emil von ihm geschickt worden war. Suchte er seinen Sohn und diese Frage hatte es in sich eine neue Heimat. Seit er vor einigen Jahren vom Landesrat für Integration in eine Arbeitsgruppe einberufen worden war, die sich mit diesem Begriff auseinandergesetzt hatte, nahm auch er wieder das Wort Heimat in den Mund. Dieser sollte nicht den Rechten überlassen werden. Der Terminus ist jedoch emotional belegt Ein Ort, ein Gefühl, eine Haltung, ein Geschmack, ein Geruch oder ein ideologischer Begriff. Wenn er Heimat einem bestimmten Ort zuweisen müsste, dann ist es das Haus mit Garten, welches er mit seiner Frau seit 25 Jahren bewohnt. Seinen Wohnort schloss er kategorisch aus, da sie selbst nach einem Vierteljahrhundert kein Teil der Dorfgemeinschaft geworden waren. Sie blieben Fremde. Eine Erfahrung, die auch ihre Kinder verspürten und schnell den Ort ihrer Kindheit verließen. und schnell den Ort ihrer Kindheit verließen. Sein Herkunftsbundesland, das man laut Landeshymne devot lieben sollte wie ein Hunderl sein Herrn, empfand er ebenfalls nicht als Heimat. Er lebte gerne hier, aber das konnte und könnte er woanders auch. Als Österreicher fühlte er sich nur im Ausland und und auch nur, wenn man sich zu deklarieren hatte. Wenn er allerdings in den ehemaligen Kronländern der K&K-Monarchie unterwegs war, verspürte er so etwas wie Zugehörigkeit. Nicht, weil er Monarchist oder sentimental war, sondern weil dieser grenzüberschreitende Kulturraum eine Weite im Denken und Gestalten ermöglicht hatte. Die Monarchie, das alte Österreich, kann als ein Beispiel der Multikulturalität angesehen werden, wo in Gebieten wie der Bukowina verschiedene Volksgruppen in Parität nebeneinander gelebt hatten. Die Habsburger Monarchie nahm die EU ein Stück weit vorweg. Mit allen Vorteilen und Herausforderungen, vielleicht lag ihm Europa deswegen am Herzen. Ihr Motto? Einheit in Vielfalt sprach ihn an. Ebenso wie auch die geistige Grundlage, die mit Seele Europas umschrieben wird. Hierzu zitierte er gern Theodor Heuss, den ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, der anlässlich einer Schuleinweihungsfeier 1950 in Heilbronn gesagt hatte, es gibt drei Hügel, von denen das Abendland seinen Ausgang genommen hat. Golgotha, die Akropolis in Athen, das Kapitol in Rom. Aus allen ist das Abendland geistig gewirkt und man darf alle drei, man muss sie als Einheit sehen. Als vierten Hügel fügte er regelmäßig den Sapica in Granada dahin zu, auf dem die Alhambra erbaut worden war. Alle vier waren für ihn symbolische Liebeserklärungen. Die Akropolis steht für die Liebe der Europäer zum Denken, das Kapitol für die Liebe zum Recht, der Europäer zum Denken, das Kapitol für die Liebe zum Recht, Golgotha für die Liebe zum Schwachen und der Sapika für das Miteinander über Nationen, Religionen und sonstige Hindernisse hinweg. Dass nun mal Europa diese Seele an ihren Grenzen zu verlieren droht, stimmte ihm nachdenklich, bremste seine Euphorie. Was ist letztendlich aus diesen edlen Werten geworden, wenn Flüchtende hilflose Mittel mehr ertrinken und zur Normalität geworden ist? Trotzdem sah er in der EU ein Friedensprojekt. Seit nunmehr rund 70 Jahren garantiert sie Frieden. Hoffentlich auch weiter. Er erachtete auch die Relativierung nationaler Grenzen für einen großen Fortschritt. Vor Schengen musste er als junger Mensch an zu vielen Grenzen zu viel Zeit verbringen. Wenn Heimat also ein Ort sein sollte, dann war es Europa. Das allerdings widersprach seiner Erfahrung, dass Heimat an sich etwas Kleines und Überschaubares sein muss. Dann erst kann sie positive Emotionen hervorrufen und mit diesen verbunden werden, mit dem sich wohlfühlen, heimisch und sicher fühlen, an einen Ort kommen, wo man alles kennt, wo man gekannt wird und sich nicht erklären muss. Auch eine zeitliche Dimension steckt in diesem Begriff. Wenn ein bestimmter Geruch in die Nase steigt oder ein bisschen besonders schmeckt, dann kann das Erinnerungen wachrufen, die ein unmittelbares Heimatgefühl entstehen lassen. Heimat als Wohlfühlort. Oder wie der römische Dichter Marcus Pacuvius es ausgedrückt hat, Ubi bene, ibi patria, wo es dir gut geht, dort ist Heimat. Und die braucht nicht erjodelt oder von Meldeämtern verwaltet zu werden. Wo es dir gut geht, dort ist Heimat. Und die braucht nicht erjodelt oder von Meldeämtern verwaltet zu werden. Einen Wohlfühlort wollten sie auch ihren Kindern vermitteln. Aber bei ihrem älteren Sohn scheinen sie damit gescheitert zu sein. Danke. Ja, ich darf nun, danke Thomas, den Herrn Christian Teißl um seinen Impulsvortrag bitten zum Thema Heimat. Ja, zunächst einmal möchte ich mich bedanken für die Einladung, hier bei Ihnen sprechen zu dürfen und mich hier einbringen zu können in diesen Abend. Ich bin dem Thomas Schlager Weidinger sehr dankbar dafür, dass er so viele Fragen auch aufgeworfen hat, was Heimat alles sein könnte. Das Wort Heimat wird ja sehr oft gedacht mit einem imaginären Rufzeichen. Nicht Heimatrufzeichen, oder wurde zumindest sehr oft eigentlich so verwendet. Man muss es aber doch als Frage immer wieder stellen, immer wieder neu aufwerfen. Und ich bin Ihnen auch sehr dankbar, dass Sie eben das Migrantische, das Thema der Migration hier eingebracht haben, denn auch das ist mit dem Thema Heimat untrennbar verbunden. Heimat, Heimatverlust, Heimatsuche, Heimkehr, verhinderte Heimkehr, verzögerte Heimkehr. Gerade die österreichische Literatur ist ja voll davon im 20. Jahrhundert. Heimkehr, verhinderte Heimkehr, verzögerte Heimkehr. Gerade die österreichische Literatur ist ja voll davon im 20. Jahrhundert. Wir haben ja auch ein berühmtes Beispiel, das Weggehen, das Zurückkommen, die Heimat, die verloren geht und der man sich dann doch wieder annähert. Also das sind ja sozusagen lebenslängliche Prozesse. Sie haben, wenn ich das richtig mitgehört habe, gesagt, in einer Passage Heimat, ist das nicht etwas Kleines, Überschaubares, ein Ort, wo man gekannt wird und sich nicht erklären muss. Nicht, dass so war die Formulierung, das hat mich natürlich aufhorchen lassen. Und leitet direkt über zum ersten Zitat, das ich Ihnen mitgebracht habe. Das ist ein ganz kurzes Gedicht eines Autors, der heuer 100 Jahre alt wäre, eines Autors, der heuer 100 Jahre alt wäre, Ende Mai, am 31. Mai, der aus derselben Stadt kommt wie ich, nämlich aus Graz. Ich weiß nicht, ob der Name so bekannt ist, Alois Hergut. In Österreich ist es immer interessant, wie sehr der Föderalismus auch unsere Literaturszene prägt. Es gibt so Persönlichkeiten, die kennt man in ihrem Bundesland und die sind in ihrem Bundesland Klassiker, aber nicht in den anderen. Klassiker, aber nicht in den anderen. Und Hergut ist, denke ich, auch so ein Fall, der ja von seiner, auch einen migrantischen, wenn man so will, binnenmigrantischen Hintergrund hat, denn seine Eltern waren Slowenen aus der ehemaligen Untersteiermark. Also er ist das deutschsprachig aufgewachsene, jüngste Kind einer slowenischen Arbeiterfamilie. Und von ihm gibt es das Gedicht, das ich Ihnen jetzt vorlese. Es ist ganz kurz und schlicht. Daheim, das ist überall, wo etwas wartet. Ein Ort, ein Name, der Antwort gibt, etwas, das lebt und Liebe, der dunkle Glanz in den Augen. Jetzt lassen Sie mich ein bisschen bei dem Text verweilen und ein bisschen genauer hinschauen, ohne das jetzt zerreden zu wollen. Als erstes fällt einmal auf, Stichwort etwas Kleines, Überschaubares, was Sie gebracht haben, Herr Schlager-Weidinger, dass das Wort, mit dem er einsteigt, nicht das Wort Heimat ist, sondern Daheim. Wenn Sie hier Daheim ersetzen durch Heimat, ist das Gedicht ruiniert. Heimat, das ist überall, wo etwas wartet. Daheim, das ist überall, wo etwas wartet. Daheim, wenn man sagt, ich bin daheim, wo immer das sein mag, in welchem Moment, in welcher Lebenssituation, an welchem Ort, ob das überhaupt topografisch lokalisierbar ist oder nicht, wenn man sagt, ich bin daheim, dann ist es etwas viel Konkreteres, etwas viel Emotionaleres, als wenn ich sage, meine Heimat ist. Ist halt jedenfalls meine Sicht der Dinge. Und das ist hier ganz entscheidend. Daheim, das ist überall, wo etwas wartet. Auch interessant. Nicht, wo ich erwartet werde unbedingt, aber wo etwas wartet, was auch immer es sei. Und dann kann das natürlich, fächert es sich auf, kann das verschiedenerlei Gestalt haben oder annehmen. Das kann ein Ort sein, das kann ein Name sein, eines Menschen zum Beispiel, der Antwort gibt. Also etwas, das sozusagen Resonanz gibt. Man kommt wohin und stößt auf Resonanz, in welcher Form auch immer. Wird angesprochen, das haben Sie ja auch in Ihrem Text gehabt. Man wird angesprochen durch wen oder durch was auch immer. Angesprochen und angenommen und es gibt eine Ankunft. und es gibt eine Ankunft. Und dann das entscheidende Schlusswort in dem Gedicht oder das entscheidende Resümee. Daheim ist etwas, das lebt. Also nicht etwas, das statisch da ist, das gegeben ist, sondern etwas, das lebt. Und wie wir alle wissen, ist alles, was lebt, immer in Verwandlung, immer gefährdet, kann verloren gehen, kann zerbrechen, kann beschädigt werden, kann verwundet werden, ist ausgesetzt. Aber es lebt, es ist nicht tot. Und ist natürlich immer dann zusammenzudenken mit dem Entscheidenden, nämlich der Liebe. Und damit schließt sich das Gedicht mit diesem Bild der dunklen Glanz in den Augen. Also wieder Begegnung. Etwas gibt Antwort, jemand oder etwas und man wird empfangen, man wird auch angeschaut. Und liebevoll aufgenommen, wie auch immer das sein mag und wie auch immer das aussehen mag im Einzelnen. Also das ist eben von einem Autor, der den Zweiten Weltkrieg noch miterlebt hat, als Jugendlicher, der noch an der Front war mit 18, 19 Jahren und der eben zu der Generation gehört, die dann 1945 begonnen hat und sich eine neue Sprache suchen musste. Und natürlich vor der Situation war, dass viele Begriffe kontaminiert waren und belastet waren. Und die natürlich dann misstrauisch waren, allen diesen großen Abstrakter gegenüber und allen diesen großen Leit- und Fahnenworten wie Ruhm, Ehre, Treue, Vaterland etc. Nicht von ungefähr hat ja eine Generationskollegin, eine gleichaltrige, wesentlich bekanntere Autorin von Alois Hergut, Ilse Eichinger, gleich nach dem Krieg einen programmatischen Text veröffentlicht in Wien in der Zeitschrift Plan, Aufruf zum Misstrauen. Also wo sie dann sagt, wir müssen vor allem auch uns selber misstrauen. Das ist die Lehre, die sie gezogen hat aus dieser Jugend im Dritten Reich. Und nach all dem Missbrauch, der getrieben wurde mit den Werten und mit den Worten, wie eben auch Heimat eines ist. Ich will mich aber nicht um dieses Wort drücken, weil sozusagen, weil ich jetzt ja hier nur ein Beispiel gebracht habe, ein Textbeispiel, wo es gar nicht vorkommt, sondern schon, wie ich es ja versprochen hatte, auf den Begriff Heimat selber eingehen. Was ist das eigentlich für ein Begriff Heimat? Heimat selber eingehen. Was ist das eigentlich für ein Begriff, Heimat? Es ist auf jeden Fall ein Begriff, der immer einen Kontrast braucht, der also eigentlich immer einen Gegenbegriff heraufbeschwört und mit ihm einhergeht. Heimat verlangt immer auch sozusagen das Gegenteil, die Fremde. Wir dürfen nicht vergessen, dass im Mittelhochdeutschen ein Synonym für Fremde das Elend ist. In einem Kreuzfahrerlied heißt es, ich lirg in dem Elende, Gott mir den Kumba wende und mich z'Lande sende. Also der ist in der Fremde und sehnt sich nach Haus. Also der ist in der Fremde und sehnt sich nach Haus. Also eine bemerkenswerte Wortgeschichte, Begriffsgeschichte. Elend als Synonym für Fremde. Es ist noch ein weiterer Kontrast, der, Österreich immer mitschwingt, wenn wir von Heimat reden, nämlich der Kontrast von Stadt und Land. die Rede ist, so in der Populärkultur vor allem auch, immer ländliche Szenerien entworfen werden. Auch der Heimatfilm, der ja in Österreich einmal ganz groß war und prägend war in den 50er Jahren, spielt ja nicht in Wien, sondern der spielt, bitte? Zum Beispiel, der spielt immer draußen, der spielt immer auf dem Land. Also das ist natürlich jetzt auch bezeichnet für Österreich, die österreichische Situation, dass Heimat, wie immer das jetzt auch verwendet wird, instrumentalistnaiv oder eben ideologisiert, immer sehr stark mit der Vorstellung vom Land einhergeht und immer eigentlich auch ein bisschen mitschwingt diese Opposition Wien und die Bundesländer. Die Heimat ist draußen in den Bundesländern. Also jetzt ich vereinfache, ich pointiere, und nicht unbedingt in Wien. In dem Zusammenhang gibt es ein interessantes Beispiel aus der österreichischen Musik und Literatur, nämlich, ich habe Ihnen das auch mitgebracht, also in einer sehr bewegten Zeit, in einer sehr schwierigen Zeit von Grabenkämpfen und von Verwerfungen gekennzeichneten Zeit. und von Verwerfungen gekennzeichneten Zeit. Und ein Zyklus übrigens, der immer wieder noch gern aufgeführt wird, zu dem Krennig selber den Text geschrieben hat. Und die Ausgangsposition ist ja die, ein Wiener, also er selber, fährt hinaus in die Sommerfrische auf der Suche nach seiner Heimat. Im Jahre 1929 in einem Staat, von dem man nicht recht weiß, was der eigentlich sein soll, dieses Österreich. Mir fällt immer wieder dazu ein, ein Wort von Richard von Schaukal, der damals genau zur selben Zeit im Vorwort zu einer Lyrik-Anthologie, also einer Anthologie junger österreichischer Lyrik, 1930 geschrieben hat, es ist doch schön zu sehen, dass es so viel Talent gibt in unserem verstümmelten Vaterland. Originalton Richard von Schaukall. Und das muss man ein bisschen im Hinterkopf haben und als Hintergrund sehen zu diesem Zyklus, von dem wir jetzt bitte, wenn Sie so lieb sind, den Anfang, das Auftaktlied hören, wo alles drin ist. Ich reise aus, meine Heimat zu entdecken. Ich reise aus, meine Heimat zu entdecken. aus meiner Heimat zu entdecken. So ist mit uns Unglaube gegen uns selbst, ist zutiefst in uns verwurzelt, was an deinem Selbstverständlich ist uns Problem, ob wir daheim sind, wo wir geboren. Zusammengebraut aus verschiedenstem Blut, mit vielem begabt, doch mit Zweifel zumeist, irren wir hin und her, suchen uns selbst und die Heimat, und kennen am Ende fast alles, nur nicht das Land, dem wir gehören. So reise ich aus der Stadt in die Berge, die in mein Fenster schauen und den Horizont unserer Tage freundlich und schließend, neugierig, ob ich's finde. Danke. Der Komponist galt ja damals als Skandal, als junger Skandalkomponist, weil der hat ja zwei Jahre zuvor Aufsehen erregt mit seiner Jazzoper Johnny spielt auf, was ein Riesenskandal war in Wien. Und da ist das ja ganz anders. Da geht auch er einen ganz anderen Weg. Und das ist schon ein sehr bemerkenswerter Versuch in der Zeit, in einer auch sichtlich von Karl Kraus, er war ja Krausianer, geprägten Lyrik, zu reflektieren. Wo ist jetzt in diesem jungen Staat, wo ist die Heimat? Wo ist jetzt in diesem jungen Staat, wo ist die Heimat? Und wenn man sich das dann anschaut, es hat auch sehr humoristische Sequenzen, wo er dann schildert, das Geschehen im Alpenhotel und den Wirbel, den es dort gibt in der Sommerfrische. Es sind so richtige Episoden aus einem Sommer. Und er kehrt dann zurück in die Stadt am Schluss. Es gibt dann zwischendurch einmal so ein retardierendes Moment, eine Zwischenbilanz. Werde ich es wohl finden? Und im Grunde genommen bleibt die Frage offen, wo ist die Heimat und es bleibt die Hoffnung. Wie wir jetzt dann aus dem Schlusslied, das würde ich Ihnen auch gerne vorspielen, das ist der Track, das ist der 19er, es gibt da noch ein Epilog, da kann man das dann, da schließt sich sozusagen der Kreis in dem, was Sie jetzt hören und es bleibt eigentlich eine offene Frage. So trecht der schnelle Zug mich wieder einwärts, die Reise ist zu Ende. Die schnellen Felder fliegen uns vor Leim, Wald, Städtchen, Burg und Kapelle und von Neuem empfinde ich den Schmerz, die Vergänglichkeit. Bald wird es klar, jedes Ziel ist ein neuer Anfang. Und so will ich wieder rehre. Möchtest du, unser schönes Land, mir Heimat sein. Liebes Vaterland. Im Text steht am Schluss ein Fragezeichen an der Stelle. Liebes Vaterland, Fragezeichen. Also wie man auch an dem Hörbeispiel erkennen kann, das ist schon sehr verhalten. Das ist keine, wenn man bedenkt, was zeitgleich dann die Hymne wurde in Österreich, nämlich die Kernstockhymne Sei gesegnet ohne Ende, Heimat Erde Wunder hold. Die hat diese kurzlebige Renner-Kinzel-Hymne, Deutsch Österreich, du herrliches Land, die niemand mehr kennt heute, abgelöst. Und wenn man dagegen hält den Krennig, sieht man eigentlich auch die große Skepsis. Und wenn man die weitere Geschichte betrachtet, weiß man natürlich, dass Krennic dann emigrieren musste und den Rest seines Lebens in Amerika gelebt hat und nur noch besuchsweise nach Österreich gekommen ist. oft, aber die Heimat wurde nicht, wenn man das autobiografisch liest, wurde nicht gefunden, Und nach 1945 hat dann ein Generationskollege von Ernst Krennig, Wilhelm Sabo, der im Waldviertel Lehrer war und mit einer jüdischen Frau verheiratet, weshalb er zu der gestanden ist, hat den Lehrerposten sofort verloren und sich dann in Stiefzwettl durchgebracht, als Organist und als Holzfäller und hat dort überwintert und konnte in den Lehrberuf zurückkehren und wurde einer der wichtigen Lyriker der Zweiten Republik, Wilhelm Sabo. Und von ihm stammt dieses Gedicht mit dem Titel Heimat, zum Begriff Heimat. Nehmt es hundert Jahre nicht in den Mund, dies Wort, das eure Lippen verfälschten in einen Namen des Hasses, lasst es ausruhen vom Missbrauch, auf das es verliere den schuldhaften Klang und nicht Ausschließendes mehr benenne, nicht Hinterwald, feindliche Enge, nur Lande noch, aufgetan allen, im Häusermeer bergend, in Weilern ein brüderliches Geschlecht. geschlecht also gab eine mahnung die sich heute glaube ich manche manche durchaus zu herzen nehmen kann von einem dichter der und das ist eben auch wieder sehr bezeichnend an seiner gegend sein leben Sein Leben lang sehr gehangen hat und auch das Waldviertel besungen hat mit allen Schattenseiten. Das ist eben das, was dann sozusagen auch Heimatdichtung wirklich zur Dichtung macht, nämlich, dass sie Ambivalenzen kennt und nicht ein Postkartenidyll zeichnet, sondern das gibt es eigentlich in allen Generationen, da muss man eben in den 70er-Jahren wirklich so quasi den Blick radikal auf die Heimat als einen Ort zeigt der Unterdrückung und der gebrochenen und zerbrochenen Leben. Aber man muss gar nicht so weit gehen, auch in der mancher scheinbar affirmativen, scheinbar traditionalistischen oder traditionell angelegten Literatur, die sich ihrer Region widmet und sich an der Heimat abarbeitet, und die Heimat an ihre Menschen schildert, gibt es immer wieder die Meister, die es eben verstehen, auch die Schattenseiten ins Bild zu setzen, ohne deshalb alles zu verdammen in Bausch und Bogen. diese Ambivalenz eben spürbar ist zwischen lebenslänglicher Verbundenheit und gleichzeitig aber auch lebenslänglichem Leiden an der Heimat. Beides, das geht Hand in Hand. Ich glaube, die Zeit ist schon ziemlich erschöpft. Ich glaube, die Zeit ist schon ziemlich erschöpft. Ich möchte schließen, weil ich mit Alois Hergut begonnen habe, dem aus Graz stammenden Dichter mit slowenischem Familienhintergrund. Von ihm gibt es, das ist der Heimgedicht, das Sie schon gehört haben, von ihm gibt es aber auch ein Gedicht, das den Titel Heimat trägt. Und das möchte ich Ihnen abschließend noch vorlesen. Ich hätte auch noch eine Hörprobe, rein musikalischer, instrumenteller Natur, die vielleicht überleitet ganz gut zu dir. Aber vorher das Wort und dann der Klang. Alois Hergut, Heimat. Sprich diesen Namen leise aus. Lass ruhen die Fahnen und die Trommeln. Es ist genug, wenn du nur fühlst, wie es in dir daheim ist, so von Anfang her vertraut, so bergend und geborgen wie du in ihm. Nenn es so einfach, wie du Mutter sagst und Brot, wie du den Freund, den Bruder, die Geliebte segnest. Auch wenn du abseits stehst und schweigst, wird noch ein guter Klang in deiner Seele sein. Denn was man liebt, was sich so innig, so zutiefst ergibt, braucht man nicht zu beschwören. Man tötet nur, was man zu laut bedrängt. So rein wie hier blüht Licht auch in den fremden Gärten. Von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, auf allen Meeren, über alle Grenzen hin, führt eine Spur, sind Menschen, Mütter, Kinder, Väter, sind Schwestern, Brüder, so wie du und du. Nur dass du weißt, dass dies dein nächstes ist, dein Ort, dein Erbteil, dieses Land, dass du es liebst, es ist genug. Und es führt zu einem Stück von Felix Mitterer, zu dem Ende der 80er Jahre, zu dem Werner Pirchner, der Tiroler Komponist, den vielleicht manche von Ihnen, von euch kennen, der heuer erst 85 wäre, Jahrgang 1940, 2001 schon gestorben. Und der hat zu einem Schauspiel von Felix Mitterer ein Stück geschrieben, das hieß ursprünglich Shalom, ein Solosonate für Violine. Das Stück erzählt die Geschichte eines Menschen, der sich 1938 nicht aus seiner Heimat vertreiben lassen wollte. 1942 wurde er in einem Konzentrationslager ermordet. wurde er in einem Konzentrationslager ermordet. Vielleicht ist diese Musik, sagt Werner Pirchner, so freundlich, weil dieser Mensch freundlich war. Und er hat es dann, diese Bühnenmusik, das ist das Stück Kein schöner Land von Mitterer, weiter bearbeitet zu einem Trio. Und dieses Trio trägt als Titel das Thema des Abends, nämlich Heimat. Heimat? Und da möchte ich, habe ich mitgebracht, euch mit zu hören, das habe ich vergessen zu erwähnen, beim Krenig. I Terima kasih telah menonton ¶¶ ¶¶ Thank you. © transcript Emily Beynon ¶¶ © B Emily Beynon Thank you. Terima kasih telah menonton Thank you.Zither Harp Thank you. © transcript Emily Beynon Thank you. Musik Also Heimat? Werner Pirchner und da sei noch als Postscriptum dazu angemerkt, dass es schon auch sehr bemerkenswert ist und exemplarisch auch für das Verhältnis österreichischer Kunstschaffender, sei es jetzt Komponisten, Autoren, Autorinnen, Maler, zu diesem Land. Denn Werner Pirchner galt ja als Nestbeschmutzer in Tirol in seinen jungen Jahren. Und sein Debütalbum, das gab es dann auch als Film, der Untergang des Alpenlandes, hatte Sendeverbot im ORF und die Musik war dann am Ende seines Lebens, wurde er dann eingeladen für die Salzburger Festspiele zu komponieren. Eine Bühnenmusik für den Jedermann, die dann auch viele Jahre lang verwendet wurde und aus derselben Zeit stammt eben dieses Stück. Also auch da sieht man das sehr wandelbare und sehr ambivalente und schwierige und komplexe Verhältnis der Künstler von uns zu unserer Heimat, weil man, Birchner ist ja ohne Tirol nicht zu denken, hat aber immer auch angeeckt. Und vice versa, dieses Landes und dieses Staates zu seinen Künstlern. Also das nur so als Nachtrag. Ich hoffe, ich habe ein paar Dinge anreißen können und danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit und für Ihre Geduld. Ja, danke für die sehr umfangreiche und trotzdem sehr in die Scholle sozusagen, das da thematisiert wird. Bitte. Einen schönen guten Abend auch von meiner Seite. Ich lese einen noch unveröffentlichten Text. Die Protagonistin des Textes ist eine Frau, eine alte Frau, eine Bäuerin. Das heißt, Sie sehen, wir sind am Land. Das heißt, Sie sehen, wir sind am Land. Es gibt hier diese Verbindung zur Erde, zur Heimaterde, zur Scholle, die Segen bringt und Leben bringt, die aber auch Fluch sein kann und sogar tödlich sein kann. Und dort auf dem Land gibt es viele gebrochene Leben. Nach der Schuld das Vergeben. Ich muss ihm vergeben. Ich muss es tun. Gebt Gott mir die Kraft, es zu tun. Sie spricht leise vor sich hin, die alte Bäuerin. Mein Gott, sie ist gerade 70 geworden. Ist das alt? Er kann sich nicht selbst vergeben. Sie sieht es ja, er zerfällt. Gerade 30 ist er. Es war doch richtig, wie es war. Der Alte geht hinterher, der Junge fährt nach vorn. Der, der hinterher geht mit dem Rechen, weiß, der Traktor fährt nach vorn. Doch dann fährt er zurück. Warum? Wieso jetzt zurück? So dachte vielleicht der Alte. Dachte er zu lang? Er dachte nur. So denkt sich das die Bäuerin jetzt. Er bewegte sich nicht. Nicht auf und davon, nicht zur Seite. Hat er etwas falsch gemacht? Kann ein Opfer etwas falsch gemacht haben? Und wenn er schon zurück musste, Junge, was weiß ich warum, so muss er doch wissen, dass der Alte hinter ihm hergeht, mit dem Heurächen hinterher geht. Er musste es wissen. Wie konnte er das vergessen? Er sagt, er weiß es nicht. Er sagt, er musste zurücksetzen, um um die Kurve zu kommen. Da war nur die Kurve und er wusste, er muss den Traktor zurücksetzen. Und das hat er gemacht. Gedacht hat er nicht. Dafür denkt er jetzt Tag und Nacht, sagt er zur Bäuerin. Er hat einen Menschen und der Mensch war ihr Mann umgebracht. Die Bäuerin nickt. Dem jungen Steffelbauern muss man helfen, hat mein Mann gesagt, der 80-Jährige. Dem Steffelbauer hat das Schicksal so schon mitgespielt, dem muss man helfen, sagte der Mann zu mir. Und er hat den Rechen genommen, wie schon seinen Lebtag lang, und ist hinterhergegangen. Und jetzt denkt und denkt die Altbäuerin an den jungen Steffelbauern. Ihren ganzen Lebtag lang hat sie nicht so viel gedacht. Müsste nicht Gott ihm vergeben? Wer bin denn ich, ihm zu vergeben? Aber wie weiß er, denkt sie, dass Gott ihm vergeben hat? Ich kann es ihm direkt sagen, wenn ich es könnte. Und dann gibt es ja noch den Richter. Aber der Steffel, der braucht keinen Richter. Der richtet sich selbst täglich, stündlich. Der braucht jemand, der ihn hält. Er zerfällt ja vor deinen Augen, denkt die alte Bäuerin. Und sie denkt an die junge Steffelbäuerin und warum die ihn nicht hält. Und da fällt es ihr ein. Wegen des Kindes. Wegen des gestorbenen Kindes. Da hat sie alle Kraft verbraucht, die junge Bäuerin. Das erste Kind und gleich tot. Und natürlich gibt man ihr die Schuld oder sie gibt sich selbst die Schuld. Da ist jetzt zu viel Schuld in der Familie. Und die alte Bäuerin geht in Gedanken von Schuld zu Schuld und da fällt es ihr ein. An das tote Kind wird er gedacht haben, der Steffelbauer. Das ist gerade drei Monate her. Er ist am Traktor gesessen und hat an das tote Kind gedacht und nicht an den Mann hinter ihm, der zufällig ihr Mann war. Nein, nicht zufällig, er hat sich er selbst angeboten. Und jetzt sitzen im Kopf vom jungen Steffelbauer zwei Tote. Die lassen seinen Kopf zu Boden hängen und so geht er durch das Dorf, hängenden Kopfes, wenn er sich überhaupt durchs Dorf traut. Man sieht ihn kaum. Einmal hat sie es gehört, die alte Bäuerin. Mörder, hat ihm jemand hinterher gesagt. Nicht laut, aber sie hat es gehört. Und deshalb muss sie die Frau des Ermordeten Vergebung aufsprechen. Nur von ihr. Der Frau des Toten kann das ein Gewicht sein. Ein Gewicht gegen die Verurteilung des Dorfes als Mörder. Gewicht gegen die Verurteilung des Dorfes als Mörder. Aber wie und wo kann sie es ihm sagen? Soll sie in seine Stube treten und sagen, grüß dich Gott, Steffelbauer, ich, die Frau des Toten, bin gekommen, um dir zu vergeben. Ich vergebe dir. Und wenn die Frau in der Stube steht und der alte Stiefelbauer, ob sie sich dann trauen täte, einem Mörder vergeben? Eine Anmaßung? Für wen hält sie sich? Aber eine Schuld drückt dich nieder ein Leben lang. Der Altbäuerin weiß mehr davon, als auch nur einer im Dorf denkt. Sie war damals jünger als der junge Steffelbauer jetzt. Viel jünger. Sie hatte den Eimer mit der Milch umgestoßen. Sie hatte ihn nicht dorthin gestellt, wohin er nicht gehörte. Aber sie hatte ihn umgestoßen und war weggelaufen. Sie war 16 und erst einige Tage am Hof. Sie war 16 und erst einige Tage am Hof. Und in der weißen Lache ist der Jüngste vom Bauern ausgerutscht und gefallen und war tot. Schuld war der, der gemolken hatte. Der musste den Eimer auch umgestoßen haben. Und sie, sie hat nichts gesagt und dieses nichts gesagt haben lastet auf der altbäuerin seit 54 jahren lastet es und sie kann es niemandem sagen und jetzt nicht einmal am Sterbebett ihrem Mann. Und der hat auch nichts mehr sagen können, wenn er denn etwas hätte sagen wollen, weil da war kein Bett weit und breit. Er muss ihn auf sich zukommen gesehen haben. Und was kannst du da noch sagen? Und zu wem? Zum Begräbnis sind sie gekommen, alle von den Alten, einige von den Jungen. Der junge Steffelbauer, der Täter, der Schuldige, hat sich nicht hergetraut. Die Alten lästerten. Sie, die trauernde Altbäuerin, hat es ihm verziehen. Insgeheim. Eine Zeit nach dem Begräbnis drehte sich das Reden. Er, der nunmehr Tote, müsse doch gesehen haben, dass der Traktor im Rückwärtsgang auf ihn zugekommen sei. Er kann auf dem Feld nicht schnell gefahren sein. Warum eigentlich ist der Alte nicht ausgewichen? War er etwa dement mit seinen 80 Jahren? Der eine oder andere glaubt sich erinnern zu können, dass er ihn da und dort ein wenig konfus erlebt hat. Die Altbäuerin zögerte in Gedanken. Wenn sie dem Stäffelbauern jetzt vergab, war das ein Schuldeingeständnis? Sie, die Frau des Altbauern, musste Kreuz gut gewusst haben, wie es um seine geistige Beschaffenheit bestellt war. Und jetzt den Jungen als Mörder hinzustellen, wo er erst vor drei Monaten einen solchen Schicksalsschlag erlitten hat? Dieselben, die zuvor Mörder gerufen hatten, befanden nun genau dies als ungerecht, ja, als lebenszerstörend. Und der Alte hätte immerhin 80 Jahre gelebt. Und mein Gott, so eine lange Ehe, so beglückend wird die auch nicht mehr gewesen sein. Wer weiß, vielleicht ist sie, die Altbäuerin, nicht noch einmal schweigen. Sie könnte zu ihm aufs Feld gehen. Er arbeitet jetzt dort allein. Sie müsste von vorne auf den Traktor zugehen, dass er sie sieht. Und sie müsste die Arme schwenken, dass er sie wirklich gut sieht. dass er sie wirklich gut sieht. Und alle vom Dorf könnten sie sehen und würden sich denken. Was tut sie dort? Will sie sich auch noch überfahren lassen? Das Denken strengt sie an, die Altbäuerin. Sie würde gerne heraustreten aus dem Denken ins Reden. Mit wem könnte sie darüber reden? Ihre Mutter fällt ihr ein, mit ihr hätte sie reden können. Sie hätte noch leben können, sie selbst mit 70, die Mutter mit 99 oder auch 95. Aber sie lebt eben nicht mehr. Und eine Tochter hat sie nicht, nur einen Sohn. Der wohnt im Nachbardorf. Dort hat er mit der Schwiegertochter gleich auch den Hof des Schwiegervaters übernommen. Der Hof ist größer, als der Ehrige gewesen war. Und wenn der Sohn erführe, dass sie zur Witwe gemacht, dem Mörder seines Vaters vergeben habe, dann, dann, nein, der Sohn darf es nicht erfahren, wenn sie es denn tut. Der Altbäuerin wird zusehends unsicher. Und dann steht er in ihrer Stube, der Steffelbauer, der Junge. Ohne Grüß Gott zu sagen, sagt er, der Pfarrer schickt mich. Die Bäuerin denkt, der Himmel schickt dich. Ich soll um Vergebung bitten. Der Steffelbauer schiebt es heraus, wie es ihm der Pfarrer vorgesagt hat. Und da schickt dich der Pfarrer zu mir und nicht zum Herrgott? Da war ich schon, jetzt bin ich da. Der Steffelbauer hat keinen Text mehr vom Herrn Pfarrer. Nein, sagt die Bäuerin, und schon erschreckt der junge Bauer, dich schickt nicht der Pfarrer, dich schickt der Himmelfahrer. Fast hätte die trauernde Witwe den Überfahrer ihres Mannes umarmt Und sie schiebt heraus, was ihr niemand vorgesagt hat Was sie selbst vorgedacht hat Steffelbauer, ich vergebe dir Und schon drängt sie ihn aus der Stube hinaus. Und nur, dass du es weißt, du warst dass Sie hier waren. Und ich freue mich, wenn wir uns dann vielleicht im Nachhinein, im Nachklang der Lesung noch ein bisschen unterhalten, auch über den Begriff vielleicht. habe ich Sie auch unterhalten, auch über den Begriff vielleicht. Und es gibt Bücher und ich darf darauf verweisen, dass es einen Gedichtband auch geben wird. Jetzt habe ich mir das extra, diesen Folder geben lassen. Wie heißt er denn? Süd. Süd habe ich mir gemerkt. Das Hügelland ist da irgendwie bei mir da im inneren Hügelland irgendwo im Kopf verschwunden. Ja, der kommt demnächst heraus. Und wie gesagt, es gibt hinten einen Büchertisch der Autoren, Autorinnen. Herzlichen Dank. Schönen Abend. Ja, auch von Seiten des Stifterhauses einen herzlichen Dank an Christian Teisel, Claudia Taller, Thomas Schlager-Weidinger und Thomas Duschelbauer. Auf dem Büchertisch ist schon hingewiesen worden. Ich möchte Sie auch herzlich einladen, uns kommenden Dienstag zu besuchen, wenn wir Elisabeth Reichert und Sophia Lundra Schnack hier zu Gast haben, die aus ihren Büchern vorlesen werden und den Otto-Müller-Verlag präsentieren werden. Ich hoffe, Sie haben noch einen schönen Abend, wünsche Ihnen eine gute Heimreise und freue mich darauf, Sie bald wieder hier begrüßen zu dürfen. Auf Wiedersehen.