Die letzte X-Blatt-Ausschreibung, das X-Blatt ist das Heftchen von der Gafo bei Österreich. Hat geheißen Himmelblaue Lyrik. Ich habe gedacht, das geht jetzt Richtung Kitsch. Ich habe trotzdem zwei eingereicht. Eins lese ich euch vor. Himmelblau. Ich mag sie, die Farbe Himmelblau, wie sie die Weite spiegelt, Wartewolken, aufgefädelt, Leichtigkeit, gefüllt in Träumekissen. Erfrischend lässt sie Gedanken kreisen, frei und friedlich meine Welt in Himmelblau. Eines Tages erscheinen Wörter auf himmelblauen Wänden, dem Einzelnen nicht weiter bedenklich, doch im Verhältnis zueinander gefährlich braun erscheinen. Ohne Worte, ohne Farce auf den Mond geschossen, diese braun gefärbten, dort können sie blau-braune Träume spucken und ich habe mein unbeflecktes Himmelblau zurück. Fünf vor acht. Es ist fünf vor acht. Um acht wird in den Nachrichten berichtet. Entweder er redet jetzt mit ihr oder sie erfährt es von anderen. Seine Frau hört nie Nachrichten. Wenn Nadine etwas wüsste, hätte er es gemerkt. Sie ist eine schlechte Schauspielerin. Er muss mit ihr reden. Jetzt. Er will nicht als Weigling dastehen, wenn ihn schon andere als Verbrecher hinstellen, vor Nadine gerade stehen. Nadine, wie sie die Vorhänge zurückzieht, die Espressomaschine bedient, wie sie das Töchterchenherz und auf einen Stuhl setzt. Sie weiß, dass Au-pair-Mädchen zurecht, das nun die Küche verlässt. Sie weiß, dass Au-pair-Mädchen zurecht, das nun die Küche verlässt. Nadine macht ihrem Ärger Luft, doch er hört nicht, was sie sagt, weil sein Herz laut gegen die Rippen bocht und in den Ohren dieser Summen ist, seit Tagen schon, ununterbrochen. Er sieht ihr zu, bis sie den Tisch fertig deckt. Der seidene Morgenmantel zeigt ihre langen, sonnengebäuden Beine. Als er sich zum Tisch setzt, rutscht der Mantel seitlich der Knie zurück. Seine Hände zwischen ihre Schenkel schieben. Der Gedanke lenkt ab, erregt ihn. Er hätte sie heute früh ficken sollen. Hätte wahrscheinlich keinen hochbekommen, schon länger nicht mehr. Kein Auge zugemacht in den letzten Nächten. Vielleicht treibt es längst mit einem anderen. Das Töchterchen sitzt zwischen ihnen und plappert. Es ist putzig gekleidet, wie immer. Viel rosa. Nadine kauft Kinderkleidung nur in italienischen Boutiquen. Die Kleine plappert, während die Welt untergeht. Seine Welt. Die Welt von Frau und Kind wird ab heute eine andere sein. Nadine wird in keine Kamera mehr lächeln. Sie wird von der Bildfläche verschwinden. Sie hat gut von seinem Geld und seinem Image gelebt, hat nur eine Identität als Frau von. Hauptsache Luxus, gesehen werden, fliegt zum Einkaufen nach Paris, Berlin, Mailand, regelt sich gerne in der Sonne auf der Yacht am Gardasee, während er seit Monaten Geld aufzutreiben versucht. Sie hätte doch etwas merken müssen. Warum setzt du dich nicht zu uns? Frühstückst du nicht? Er weicht ihren Blick aus, sieht auf die Uhr. Eine Minute nach acht, die Nachrichten laufen. Sie werden wenig Gutes über ihn sagen. Das Kind plappert, es soll weiter plappern, während er redet. Sie werden wenig G den Nachrichten sagen. Er wird das Eingeständnis des Niedergangs zum ersten Mal in den Mund nehmen, aus dem eigenen Mund hören, dass sein Imperium zusammenstürzt. Ohne Hoffnung. Gehofft hat er bis gestern, dass dieser Investor aus Dubai einsteigen würde. Dann wäre er wieder glaubwürdig gewesen, hätte die Investoren beruhigt, indem er ihnen saftige Dividenden ausschüttet. Er, Trendman des Jahres, als Schulabbrecher über sich hinausgewachsen, seit Jahren als einer der erfolgreichsten und vermögendsten in aller Munde. Wie ein Kartenhaus stürzt nun. Das Imperium hätte weiter wachsen können, wenn. Aber das Haus hier, das hat er gerettet. Nadine braucht nicht besorgt sein. Für sie und das Kind ist gesorgt. Sie werden ihr Haus, ihr Zuhause nicht verlieren. Die Kleine hat aufgehört zu plappern. Soll sie doch weiterreden. Er richtet sich auf, geht auf den gedeckten Tisch zu. Die Blumen in der Vase verbreiten einen starken Duft. Blumenduft als Anker des Niedergangs. Vielleicht wird seine Frau ihn in den Arm nehmen. Das könnte er jetzt brauchen. Luft heulen. Luft holen, räuspern. Nadine es so die Stimme gibt. Das Kind quengelt, es will einen anderen Saft. Nadine lehrt ihn in die Spüle und schenkt einen neuen ein, während er sich auf den Stuhl niederlässt, so als könnte der Stuhl unter ihm zusammenbrechen. Nadine reicht dem Kind das Glas und setzt sich wieder, schildert zu ihrem Mann, während sie sich einen Trost streicht. Die Morgensonne scheint durchs Fenster und bringt Nadines Gesicht zum Schimmern. Es zerfließt mit den Sonnenstrahlen. Erscheint ihm das nur, weil sich in seinen Augen Wasser sammelt? Oder ist er es, der sich auflöst, ins Nichts verschwindet? Er wünscht, es wäre so. Aber seine Stimme ist noch da. Er hört sich reden. Nadine, es ist so. In den Nachrichten berichten sie gerade das. Danke.