Ich werde fünf kurze Gedichte lesen und das erste Gedicht heißt Irgendwo in Berlin. Irgendwo in Berlin fragt die Edeka-Kassiererin Brauchen Sie den Bon? Der Ösi-Tourist antwortet mit erregtem Ton Unbedingt! Ich habe ja extra Bonbons gekauft und den Verrechnungstel schon Bonbonbon getauft. So viel dreifaltige Verbalharmonie ist so gut wie nie zu bekommen. Ohne diesen Zettel wäre mein Bonbonbon-Traum unerfüllt, in Schatten gehüllt und auf ewig zerronnen. Da nickt die gute Frau verständnisvoll und reicht den Wunderzettel rüber. Er aber, das gute Stück kaum in Händen, sinkt nieder, toll vor Glück und küsst den Filialboden wieder und wieder. Der gute Millionär Aus Belichtung hinterm Wald kam es zur Sichtung einer Gnuart, die als ausgestorben galt. Torben Schubart, dem Wildhüter, der das Revier hegte, war sogar eine Gnuartenfotografie gelungen, was die Gemüter der Gnu-Arten-Kommission ungeheuer erregte. Alle zwölf Mitglieder waren hoch in die Luft gesprungen, hatten ein Willkommenslied gesungen und waren schließlich voller Eifer tief in den Wald vorgedrungen. Dort sind alle zwischen den Buchen verschollen. Jetzt wollen viele sie suchen, unter anderem ein Millionär namens Stuart. Er will mit einer Expedition in den Wald marschieren, weil er meint, er hätte nichts zu verlieren. Vielleicht findet er die Kommission oder zumindest die Gnu-Art. Das nächste Gedicht ist für Dietmar Ehrenreich in Memoriam. Und die Überschrift lautet Erfüllte Sehnsucht. Irgendwann einmal möchte ich durch den Zug gehen, erklärte mir Dietmar vor Zeiten, und jemand Anonymen sehen, der die Welt rundherum vergisst, weil er in einem Buch meines Verlages liest. seinen Leisten. Wie Verleger genießen auch sie ihre Produkte dann am meisten, wenn diese möglichst weit streuen und die Umwelt befruchten, egal ob Eizellschluchten oder Eilzugfluchten. Später, beim Linzer Fußballderby, habe ich Dietmar unter den Besuchern entdeckt. Er hat seine Hand weit aus dem Schädelmeer gereckt, um einem anderen Fan jovial zu winken. Er kannte die halbe Stadt vom gute Weine trinken. Dann fing er an zu sinken, auf sein extra ins Stadion mitgebrachtes weinrotes Kissen, dem Attribut echter Experten, die unbedingt weicher sitzen müssen, damit sich ihr Gewissen ungestört und betört von seiner eigenen Überfülle in die Kanülle des komplexen Geschehens versenken kann. Dann, kurz nach dem seligen Ausflug ins Ballspielland, hatte Dietmar einen Herzstillstand. Im Nachruf stand zu lesen, er sei rührig gewesen, als Verleger und Querpassgeber beim Seniorenkick. Jetzt sitzt er mit seinem Fachmännerblick in himmlischer Höhe und schaut hinunter auf seinen Verlag und sein letztes Cordon Bleu. Die Engel, die ihn nun umkreisen, lesen seine Textprodukte und geben sich fasziniert von dem, was er druckte, zu frisch aus dem Rohr und weitestgehend ohne Lektor. Auf diesem allzu teuren Sektor war er rigide und selbst der Mann, der redigieren kann. Darum danke für alles, Dietmar und Friede. Ein weiter Weg. Der Leiter, der Hofreitschulbereiter, ritt ohne Begleiter weiter als erlaubt, worauf man in Krude beurlaubt hat. Notgedrungen verließ er Wien statt mit Gertrude, seiner Frau. Wohin, wissen informierte Zungen genauer. Etwas vor Ecuador, links drüben. Dort zieht er auf seinem Felde Melde und Rübenpflänzchen und organisiert Tänzchen für den äquatorischen Seniorenbund. Alles in allem sieht er wie der Flieder und keinen Grund zur Trauer. Er und Gertrude haben sogar manchmal einen euphorischen und wundern sich immer seltener über die Amplitude zwischen bereiter Leiter und Rübenbauer. Und das letzte Gedicht ist wieder einem unserer Kollegen, gewidmet in Memoriam, Bodo Hell. Hell? Heller! Kugelblitz! Drei Stufen, die dein großer Geist vereinte. Du hattest Bodenständigkeit und Witz und Weltvertrauen, das nichts und niemanden verneinte. In deine Hütte kamen viele, die schwer an ihrer Hektik kauten. Du saßt mit einem Blick die Sehnsucht und die Ziele, die unerreichbar fern und dennoch alt vertrauten. Du tröstetest im Kummer sie mit Gesten, Blicken, Worten. Du warst ein Feuerwortgenie, der Hüter vieler Pforten. Durch eine davon bist du jetzt gegangen in Dankbarkeit und großer Stille. Wir haben darauf Schmerz empfangen und dennoch bleibt, es war dein Wille. Herzlichen Dank. you