Ein paar Blätter aus dem Manuskript der Tod und sein Gedächtnisverlust. Blätter aus dem Manuskript der Tod und sein Gedächtnisverlust. Es ist Hochsommer und vom Himmel rieselt leise gelber Schnee. Es tut weh, hörst du die Stille? Tötet den Atem so wie das Messer das Schweigen und der Jäger das Reh. Der Schuss fällt mit einem lauten Knall durch die Luft und das Reh liegt tot im schwarzen Gras. Das Unglück geschah in der Schwüle eines Julitages und die blau geschmückten Sirenen schwellen mit einem lauten Heulen durch den Wind. Ich liege auf der Straße und rieche den Teer mit diesem faulen Geruch in meiner Mundhöhle. Im Augenblick eines Sekundentodes spritzt dir der Arzt das Adrenalin durch die Adern und wir laufen mit dem purpuroten Klatschwohn auf unserer Schlangenhaut um das nackte Leben. Wir rennen dreimal um die ganze Welt und zweimal zurück. Glaubst du, dass es jemals noch sowas wie eine Rettung für uns gibt? Die Schiffe liegen wie verlassene Sargzillen mit ihren aufgeblähten Wasserleichen in einem Winterhafen tief unter Wasser. in einem Winterhafen tief unter Wasser. Du hast mir damals die Sprache verschlagen und ich finde keine Worte mehr. Das Blattgold des Schweigens auf meiner Zunge ist ein tödliches Gift. In der Dunkelheit der Nacht schlafen wir mit dem toten Reh im schwarzen Gras und lieben uns wie wilde Tiere. Das Heulen der Wölfe im Mond geht durch Mark und Bein. Wann bist du eigentlich zum ersten Mal aus dem Koma erwacht? Das Piepsen der Apparate im Spital erinnert mich an laut kreischende Seemöwen am Meer. Es sind gellende Schreie unter der Glasklockeke eine Luftblase im Nebel. Meine Erinnerung ist ein Löschblatt mit einer blassblauen Handschrift auf deiner Haut. Die schwarze Kreuzspinne unter deiner Zunge verschlingt die Sprache Satz für Satz und Wort für Wort. Ich weiß nichts mehr. Wie bitte? Du weißt nichts mehr. Ja, ich weiß nichts mehr. Nichts. Ja, nichts. Ich greife nach deiner Hand und führe dich zwischen meine Beine. Wir liegen nackt im Schnee und wecken uns das feurige Salz aus dem Fell. Mein Pelz brennt lichterloh und wir verglühen wie zwei einsam verlorene Sternschnuppen im All. Es gibt für uns keine Rettung mehr. Ein Kind sitzt am Strand im Sand und baut mit dem Sand in der Hand eine Wasserburg. Die Sonne scheint auf das tiefblaue Meer und die Wellen umspülen die Fesseln meiner Füße. Deine Augenwimpern räkeln sich im Licht und glitzern vor Glück. Licht und Glitzern vor Glück. In der Schicksasträchtigkeit eines Augenblicks überschwemmt die Flut den Strand mit dem Land und das Kind ertrinkt im Wasser. Mit den Leuchtquallen um deinen schwerelosen Körper schwebst du in vollkommener Finsternis in einer versunkenen Spiegelstadt ohne Träume. Die Riesenmurenen verstecken sich in ihren Häusern und öffnen nicht einmal den Toten die Tür. Niemand öffnet dir die Tür. Du schwimmst gemeinsam mit deiner Wasserleiche über den Acheron in ein Jenseits dieser Welt. in ein Jenseits dieser Welt. Wir erwachen, so wie Reisende im Nichts, diese geheimnisvolle Nacht in der Milchstraße des Universums. Tausend Sterne leuchten lichterloh. Wir tanzten mit splitterfasernackten Füßen über die brennende Kohle der Gestirne von Mond zu Mond und ertrinken wie zwei gläsende Seepferdchen in der Lava unseres Bernsteins. Unter meinem Wehmutskissen im Schlafzimmer liegt ein silberweißes Messer. Wenn der dunkelgelbe Mond mit einem schweren Seufzer vom Himmel in den Teich im Wintergarten fällt und um Mitternacht alle Schlafwandler hellwach erwachen und dich mit einem Traumgebilde der blaue Traum erfasst, dann greife ich zu diesem silberweißen Messer unter meinem Wehmutskissen und schneide dir damit die Sprache mit all ihren Sätzen und Worten aus meiner taubstummen Zunge. Im Spinnennetz meiner Geschichte tropfen von diesem scharlachroten Faden drei Bluttropfen über deine schneeweißen Wangen. Es tut weh. Dankeschön.