Man ist nicht mehr Herrin im eigenen Haus. Unbegrenzt ist meine Vorstellungskraft nur, wenn es um neue Sorgen geht. Derzeit male ich mir lebhaft aus, was passierte, würde ich sterben und im eigenen Haus spuken. Geistig lebe ich ja jetzt schon hier, immerhin bin ich staatlich geprüfte Geisteswissenschaftlerin. Und lebt man überhaupt, weiß man's? Vielleicht stelle ich mich nur lebend, bin aber innerlich tot. Wie ein inverses Opossum, ein hochfunktionaler Zombie, ein Golem von Rabbi Stelzer erschaffen, um jetzt im Stifterhaus zu lesen. Tatsächlich leiden Menschen unter dem Kotar-Syndrom. Sie sind der quälenden Überzeugung, tot zu sein, aber niemand nimmt sie ernst. Und weil es immer auch das Gegenteil gibt, also Materie versus Antimaterie, Aboe versus ÖAMTC, Gaff versus Penn, muss es umgekehrt Menschen mit der Zwangsvorstellung geben, in Wahrheit noch zu leben, obwohl sie sich zum Beispiel an einem zu hastig geschluckten Butterbrotbissen verkutzt haben oder vom großen Pril gefallen sind. Das führt alles freilich auf dünnes Eis. Aber erstens bleibt die Todesgrenze ein Mysterium und zweitens wählen die Leute ja Kickl oder Trump. Sie sind immer noch auf Ex und mögen After Eight. Man kann sie wirklich mit dem blödersten Umfug behelligen. rahm, weil ich ihre Reisebildbände entsorgt habe. Wir Schwestern zanken um das beste Zimmer, aber nur aus Gewohnheit, wir können ja durch Wände gehen, Privatsphäre muss ganz neu gedacht werden im Geisterhaus. Die Nachbarn sehen bei Neumond ihr Lichter, die Kinder gruseln sich schön mit Taschenlampe unterm Kinn vor, mein Gott, ich hab da weniger Grog gesehen, ein Bier trinken. Aber eines Tages stehen neue Leute im Haus mit Bommelslippen. Sie sagen, ui, so viel dunkles Holz. Der Zeitstempel ist deutlich zu sehen, aber die Bausubstanz ist gut. Die Maklerin sagt, die arme Familie sei leider früh verstorben, eh nicht hier im Haus und die letzte, die sei im toten Gebirge gestorben. Soll ich darüber einen Familienroman schreiben, in dem wir hilflos versuchen, die Neuen zu vergraulen? Das Mitleid des Publikums spiegelt sich in Tränen, nassen Wangen, wenn ich als Geist dabei zusehen muss, wie die Eindringlinge meine gesammelten Texte diesen hier auch in die Restmülltonne werfen und dabei ächzen. Oh Gott, so ein Scheiß. Das ließe sich dramaturgisch zuspitzen, wenn sich etwa Wohlstandsverwahrloste, Windkraftkritiker und Volkskanzlerfans einnisten, die sich ärgern, weil ihr Land Rover nicht in die Garage passt und der Garten zu klein ist für die Premium-Saunalandschaft samt Heizpilzgarten. Sie verfallen ständig in ekelhafte Mansplänereien über Jahrgangswein, NATO-Erweiterung als Kriegsauslöser und Elon-Masks disruptive Hands-on-Mentality. Wir lernen, dass auch Geister speiben können. So entsteht übrigens Geisterscheiße. Oder man lässt gleich fiktional Kickl einziehen, dann geht's in Richtung Horror-Splatter-Movie. Mir wäre aber recht, mein geliebtes Zuhause nicht mit Blut besudeln zu müssen. Sagen wir lieber, die Invasoren sind nett. Sie spüren das Unheimliche im Heim und rufen zuerst den Diözesanzuständigen für Exorzismus, der die Bude mit Weihrauch füllt als wärs Antidemodrenengas und dabei so schlechtes Harry Potter Latein kauderwelscht, dass meinem Geistervater die Ohren bluten und bei Expelliarmus lässt er ihm einen Stohwasser aufs Hirn fallen. Panisch rennt der Scharlatan weg. Und dann kommt eine übergriffige Homöopathie-Schamanin, die will aber nur Geld. Wir Geister kippen der Esotante Katzenpisse ins Genick und so weiter und so weiter. Bis zur friedlichen Koexistenz. Die Neuen im Haus sehen ein, dass wir auch ein Daseinsrecht haben. Wir finden eine Zwei-Staaten-Lösung. Der Schrödinger Status. Wanted, dead and alive. Wir werden als Hausgeister verehrt, denen die Lebenden am Abend ein Freistädter Ratsherrn in den Herrgottwinkl stellen. Tagsüber liegen wir Geister wie dicke alte Katzen herum und sorgen für gutes Karma. Die lebendige Jungfamilie geht seelisch gestärkt in die Schürche-Welt hinaus. Eines der von uns guten Geistern niemals verl verlassenen Kinder, wird später Matriarchin in der vom Rechtsextremismus befreiten Welt, in der Elon Musk mit keinem Wort erwähnt wird, weil es ihn und seinesgleichen nie gegeben hat, ein Hoch auf die Kraft der Literatur. Und wenn Verlagsvertreterinnen im Publikum sind, bitte gerne nach der langen Nacht bei mir melden. Und mein Schlussapplaus ist der Einstiegsapplaus von meinem lieben Kollegen Andreas Weber.