Guten Abend im Stifterhaus, meine sehr geehrten Damen und Herren. Mein Name ist Stefan Kögelberger. Vielleicht war der ein oder andere von Ihnen vorige Woche bei einer der Veranstaltungen oder beim Symposium hier im Haus zu Gast und weiß, dass sich die letzte Woche alles um Heimrat Becker gedreht hat, dessen Geburtsjahr sich heuer zum 100. Mal jährt. Und wenn man von bzw. über Heimrat Becker spricht, dann spricht man bekanntermaßen immer von zweierlei, einerseits von avantgardistischer Literatur, andererseits aber auch über Beckers Lebensthema, den Holocaust. Da wir uns noch immer in unmittelbarer Nähe zum 80-jährigen Jubiläum des Kriegsendes und damit des Endes der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich befinden, Stichwort Kapitulationserklärung am 8. Mai 1945, bleiben wir auch heute Abend noch bei diesem die österreichische Zeitgeschichte maßgeblich prägenden Thema. Die Bestialität und Erbarmungslosigkeit des Holocaust sind unbestritten das Schockierendste, das die jüngere Geschichte vorzuweisen hat. Die Entmenschlichung von ethnischen Gruppen, von Gläubigen anderer Religionen, generell von Andersdenkenden, ja vom Anderen an sich. Und der Versuch, eben diese Anderen gänzlich zu ermorden und sie vollständig auszulöschen, ist auch heute, 80 Jahre danach, nur als barbarischer Akt zu bezeichnen, als ein Akt, durch denjenigen, die die Entmenschlichung anderer betreiben, das eigene Menschsein verloren gegangen ist. Ob dieser Akt letzten Endes wirklich vollständig begreifbar ist oder nicht, das vermag ich nicht zu beurteilen. Zu den grausamsten und verstandesmäßig am schwierigsten zu fassenden Aspekten des Holocausts zählt nach meinem Dafürhalten, was Hannah Arendt in ihrer Auseinandersetzung mit Günter Eichmann als die Banalität des Bösen bezeichnet hat, nämlich die Tatsache, dass der Holocaust auch und sogar in sehr wesentlichen Teilen ein von Bürokratie geprägter Akt war. Dass auf den ersten Blick ganz gewöhnliche Menschen oder, wie Hannah Arendt schreibt, mittelmäßige und gedankenlose Listen führten, logistische Planungen für das Fortschreiten des Genozids unternahmen, dass also Menschen in Vernichtungslagern einer nach ihrem Empfinden normalen Arbeit nachgingen und abends mit ihren Kindern aßen, bevor sie sie mit einem Gute-Nacht-Kuss ins Bett brachten. Diese gleichzeitig auftretende Gegensätzlichkeit von Barbarei und Zivilisation, von Sadismus und Empathie, sie ist eine der erschreckendsten Erkenntnisse dieser Zeit und muss als Mahnung dienen, dass eine Wiederholung solcher Ereignisse eben nicht unmöglich ist, sondern dass ich unter bestimmten Umständen potenziell wieder ereignen könnte, was ich nie mehr ereignen darf. Ich darf nun unsere heutigen Gäste begrüßen. Sie werden uns jeder in seinem Schaffensfeld einen Einblick geben, wie dem Thema beizukommen ist, einmal literarisch, wofür ich Bruno Schernhammer ganz herzlich begrüßen darf. Herzlich willkommen im Stifterhaus, Bruno. Bruno Schernhammer wird aus seinem 2024 im Verlag der Theodor-Kramer-Gesellschaft erschienen Roman Am weißen Fluss die Kinder des Almtals lesen. Die historische Annäherung an das Thema wird durch Walter Manuschek erfolgen, den ich ebenfalls ganz herzlich begrüßen darf. Schön, dass Sie hier sind, Herr Manuschek. Herzlich willkommen. Walter Manuschek wird uns sein Ende 2023 im Cin-Verlag erschienenes Buch Vernichtet – Österreichische Juden und Jüdinnen in den Ghettos des Generalgouvernements 1941-1942 vorstellen. Zu guter Letzt darf ich unseren Moderator willkommen heißen, als Gaminist und Historiker und zudem als wirklich enger Freund des leider im Jänner diesen Jahres verstorbenen Martin Pollack, ist er sozusagen in beiden Feldern mit diesem schwierigen Stoff, dessen wir uns heute Abend annehmen möchten, vertraut. Schön, dass du wieder bei uns bist und herzlich willkommen, Gerhard Zeilinger. Das war es von meiner Seite. Ich darf Gerhard Zeilinger und Bruno Schernhammer auf die Bühne bitten. Von meiner Seite her einen schönen guten Abend. Wir erleben derzeit Wochen des Erinnerns und Gedenkens undaltung im Bundeskanzleramt an die Opfer des NS-Regimes erinnert, nämlich an die über 65.000 ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden, an Roma und Sinti, politisch verfolgte Menschen mit Beeinträchtigungen, Homosexuelle und so weiter. Und er hat dabei auch die hunderttausenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Erinnerung gerufen, die unter unmenschlichen Bedingungen bei uns ausgebeutet wurden. wichtigen Opfergruppen beschäftigen. Zum einen mit Opfern des Holocaust, jenen Jüdinnen und Juden, die 1941, 1942 von Wien aus in polnische Ghettos deportiert wurden. Das waren noch nicht Vernichtungslager, aber in der Folge wurden sie zu Zwischenstationen auf dem Weg in die Vernichtung. wie zu Zwischenstationen auf dem Weg in die Vernichtung. Und zum anderen geht es um Zwangsarbeiterinnen. Ich betone bewusst die weibliche Form, Zwangsarbeiterinnen in der Landwirtschaft. Das ist eine Opfergruppe, die eigentlich nie sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt bekommen hat. Und deshalb finde ich es sehr wichtig, dass am 8. Mai der Blick auch auf sie gerichtet wurde. Neben mir sitzt Bruno Schernhammer und mit seinem Buch Am Weißen Fluss wollen wir beginnen. Ein Roman, ein Doku-Roman, der im Untertitel Die Kinder des Almtals heißt und der, wie zu erwarten, auch im Almtal spielt, beziehungsweise in der Gegend um den Traunsee, Forchdorf, das ist auch der Heimatort von Bruno Schernhammer. Mit seinem ersten Roman und Alle winkten im Schatten der Autobahn, erschienen 2018, ebenfalls im Verlag der Theodor-Kramer-Gesellschaft, war bereits hier zu Gast im Stifterhaus. Dennoch kurz zu seiner Person. Bruno Schernhammer, geboren 1957, hat in der Stahlindustrie als Rechnungsprüfer gearbeitet. Er war Betriebsrat, hat dann Philosophie und Soziologie studiert und war bis 2021 als Arbeitsmarktexperte tätig. und war bis 2021 als Arbeitsmarktexperte tätig. Auch in seinem ersten Roman geht es um die Rolle der Zwangsarbeiter, und zwar jener, die beim Autobahnbau in Oberösterreich eingesetzt waren, konkret beim Bau jener Autobahnbrücke, an der Bruno Schernhammer aufgewachsen ist. Meine erste Frage, jetzt bildet Forchdorf wieder den örtlichen Hintergrund Ihres Romanes. Wie wichtig ist für Ihr Schreiben der eigene Erfahrungshorizont, das bekannte Umfeld? wo ich aufgewachsen bin, gibt es einfach viele Stellen und Plätze, die sind mit Gefühlen besetzt. Und ich glaube, dass man zum Schreiben, oder ich brauche zum Schreiben Gefühle. Und es ist dort dieser Widerspruch, der häufig in Österreich ist, aber gerade in Gegenden wie dem Almtal. Es ist schönste Landschaft, schönste Flusslandschaft. Es ladet ein zu gehen und man glaubt, hier ist Natur, hier ist unberührte Landschaft und zumgleich ist es ein Ort oder ist dieses Tal ein Tal der Verdrängung? Also das Land, die typische Landgemeinde, verdrängt bis heute ihre Geschichte. Und, also konkret an Forchtorf, es gibt drei Heimatbücher, dicke Heimatbücher, in denen zwei, viel über den Nationalsozialismus geredet wird und den Zweiten Weltkrieg, aber nichts über Zwangsarbeit und nichts über Opfer. Umso wichtiger daher Bücher wie dieses, das wir heute vorstellen wollen. Und ich wollte mit meiner Frage ja auch ansprechen, was deinen Roman für mich nämlich so auszeichnet, diese wirklich authentische Milieubeschreibung, wie du hier den Kriegsalltag an der Heimatfront beschreibst, das wird wirklich alles sehr überzeugend dargestellt in einem ganz sachlichen, direkten Ton. Das werden wir dann gleich hören. Zuvor aber kurz zum Inhalt. Der Roman schildert ziemlich parallel das Schicksal zweier junger Frauen. Die sind beide gleich alt, beide werden ungewollt schwanger und stehen vor einem Problem. Vor allem als unverheiratete Frau auf dem Land hat das eine Stigmatisierung bedeutet. Der große Unterschied aber, die eine der beiden Frauen, Rosa, ist Oberösterreicherin, Unterschied aber, die eine der beiden Frauen, Rosa, ist Oberösterreicherin, die andere, Maria, eine polnische Zwangsarbeiterin und die hat natürlich dann mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Aber hören wir zunächst einen ersten Ausschnitt zu Rosa, das ist in einem Moment, wo die Welt gerade noch in Ordnung ist. wo die Welt gerade noch in Ordnung ist. Dieser Sommer soll nie enden. An Samstagabenden treffen sie sich in Wirtshäusern, in denen aufgespielt wird. Egal, ob Musiker die Tasten ihrer Akkorde uns drücken oder an Gitarrenseiten zupfen. Am begehrtesten sind die Abende mit der militärischen Tanzkapelle. Rosa wünscht sich den Schlager, wenn ein junger Mann kommt. Sobald die ersten Töne erklingen, drängt sie Gustav auf die Tanzfläche. Langsam führt sie beim Foxtrott. Schließlich möchte jede Frau, dass einer käme, der sie ohne Zögern in die Arme nehme. Im Zentral sitzen sie in der siebten Reihe und lachen über Heinz Rühmann in Quacks, der Bruchpilot. Als Otto riskiert dieser eine ziemlich große Lippe, als er in der Fliegerschule auftaucht. Die kostenlose Ausbildung zum Piloten hat er bei einem Preisausschreiben gewonnen. Gustav streichelt die Hand von Rosa. An Sonntagen spazieren sie hinaus in die Traueraugen. An heißen Tagen halten sie an den Schotterbänken Ausschau nach schattigen Plätzen unter Weidenästen. Nur mit der Unterhose begleitet stürzen die Männer in den Fluss, versuchen gegen die Strömung zu schwimmen, spritzen die Frauen an, die nur knietief ins Wasser steigen. die Frauen an, die nur knietief ins Wasser steigen. Rosa ist nicht Schwimmerin. Gustav versucht sie in tieferes Wasser zu locken. Er werde ihr das Schwimmen beibringen. Sie bleibt vorsichtig, fürchtet die starke Strömung der Trauung. An anderen Tagen peilen sie Lichtungen weit ab vom Fluss an, legen ihre Decken auf, tischen die mitgebrachten Speisen, dürre Würste und Hartkäse auf. Die Männer spötteln über die ostmerkischen Ausdrücke. Braunschweiger sei eine streichbare Mettwurst und keine feste Geräucherte. Von Zeit zu Zeit verschwindet ein Paar im Gebüsch. Gustav streicht r Rosa über ein Busen. Hier unter Eschen und Erlen genießt sie es, wenn er ihren Körper berührt und sie wild küsst. Beim nächsten Treffen fehlt Resis Freund. Er sei nach Osten versetzt worden. Postadresse Fliegerhorst, also Viervor, teilt Resi mit geröteten Augen mit. Dem LSV Adlerhorst wieder auch fehlend röstet Gustav vor allem seine Kopfballstärke. Er selbst werde für vier Wochen nach Regensburg in die Messerschmittwerke wechseln, um auf den Sturmvogel eingeschult zu werden. Die Freude ist Gustav anzumerken. Die Männer lassen sich begeistert über die neue Technik aus. Strahltriebwerk, Rückstoßantrieb. Im Spätherbst sollen die ersten ME 262 in Wels eintreffen. Rosa reagiert gekränkt. Auf dem Nachhauseweg verweigert sie ihm einen Kuss. Nach Hauseweg verweigert sie ihm einen Kuss. Nächste Szene. Ihr Herz klopft wie verrückt. Eingehüllt in Wehrmachtsmäntel und Decken kauert sie mit feuchten Händen unter dem Abteilsitz und lauscht den Stimmen. Die Männer unterhalten sich über Kometen und Schwalben, strahlgetriebene Jagdbomber. Ein Schaffner verlangt nach Fahrkarten und Ausweisen. Rosa hält die Luft an. Der Zug werde mit 20 Minuten Verspätung in Nürnberg eintreffen, kündet der Schaffner an, wünscht eine gute Reise. Ihr Atem beruhigt sich. Es kommt ihr wie eine Ewigkeit vor, bis die Mäntel und Decken weggezogen werden und sie wieder Licht sieht. Gustav hilft Rosa aus ihrem Versteck, wie ich dir versprochen habe. Soldaten werden nicht genau kontrolliert. Sie streicht sich ihre Bluse glatt und setzt sich ans Fenster. In Kürze überqueren wir den Inn, erklärt Gustav. Ihm sind zehn Tage Heimaturlaub genehmigt worden. Wir könnten ein paar Tage in Nürnberg verbringen. In der Wohnung eines Freundes übernachten, hatte er zur Wiedergutmachung vorgeschlagen. Es erscheint ihr wie eine Szene aus einem Spielfilm. Stundenlang eingehängt am Gustavs Arm entlang der Pegnitz spazieren, sie überqueren den gemächlich dahinfließenden Fluss über eine alte, überdachte Holzbrücke, schlendern weiter zu einer Kettenbrücke. Unter ihren Füßen beginnt die Brücke zu schaukeln. Rosa hält sich an Gustav fest. Früher sei der Henker über diese Brücke gegangen, grinst Gustav. Rosa wird unheimlich zumute. Gott sei Dank ist das finstere Mittelalter vorbei. Alte Fachwerkhäuser stehen an den Uferrändern. Rosa bestaunt die Balkone und die steilen Dächer. Am nächsten Morgen spazieren sie auf der Stadtmauer bis zum Germanischen Nationalmuseum. Eine Seite des Bauwerks ist eingebrochen, vom Dachstuhl sind nur mehr verkollte Reste übrig. 600 britische Flieger haben Anfang August die Stadt angegriffen, erklärt Gustav. Abends kehren sie in einer Weinstube ein, trinken Müller-Turgau und Silvana. Gäste erkennen Gustav aufgrund seiner Aussprache als Einheimischen, stoßen an der Bar mit ihnen an, laden sie an ihren Tisch ein. Der Wirt drängt Rosa ein Rotbier auf. Das Bier schmecke malzig und süß, sei leichter als das bayerische. Oberdonau sei doch bayerisch. Beschwipst wandelt Rosa mitternachts mit Gustav in ihr Quartier. Heute müsse er aufpassen, waren sie die gefährlichen Tage kommen. Die letzten Nächte hat sie genossen, den Körper eines Mannes neben sich spüren, seine Brusthaare streicheln, am Morgen ausschlafen. Ja, soviel ist einmal zu Rosa. Es würde uns natürlich interessieren, wie geht ihr Schicksal weiter, aber vielleicht könntest du einmal auch zunächst schildern, aus welchen Verhältnissen sie stammt, weil das spielt natürlich auch eine große Rolle. Diese Rosa ist tatsächlich an dem Fluss aufgewachsen, als Tochter eines Maurers, eines Hilfsarbeiters, in sehr einfachen Verhältnissen. Und sie hat sich mit 14 gewünscht, dass sie Verkäuferin wird. Der Vater hat sie aber entgegen ihres Willens auf einen Bauernhof im Innviertel gegeben, weil es dort eine Verwandte, die kinderlos ist, gibt. Und dort ist 1938 eine Chance für sie, eine Chance für viele Frauen in diesem Land, nämlich aus der Landarbeit zu fliehen. Und sie nützt diese Chance und bricht in die Stadt auf und hat kurzfristig ein schönes Leben oder träumt zumindest vom schönen Leben. Das ist jetzt die eine Geschichte in deinem Buch. Die andere Frau taucht in diesem ersten Abschnitt nur am Rande auf, anonym. Da wird einmal erwähnt, dass Rosa eine junge Frau sieht, beziehungsweise ihr mehr oder weniger nur im Vorbeigehen einen flüchtigen Blick zuwirft. Und im Kontext, im Nachhinein, weiß man aber, da haben sie hier kurz die Wege von Rosa und dieser Polin Maria gekreuzt. kurz die Wege von Rosa und dieser Polin Maria gekreuzt. Diese Maria aus Polen, die hat sich unter völlig falschen Vorstellungen, muss man sagen, zum Arbeitsdienst im Deutschen Reich gemeldet. Zum einen, weil ihr Bruder schon arbeitstätig hier war in Gmunden oder in der Nähe von Gmunden und sie natürlich hofft, ihn hier wiederzusehen. Und das andere natürlich, ihr wurde versprochen, dass sie da einigermaßen ganz gut verdienen kann. Beides ist leider nicht der Fall. Also sie kommt dann zu einem Bauern in Pettenbach und von dem versprochenen Lohn bleibt aufgrund mehrerer Abzüge, von denen vorher eigentlich nicht die Rede war, kaum etwas übrig. Es ist mehr oder weniger, kann man sagen, Sklavenarbeit, die sie hier leisten muss. Sie wird auch menschlich alles andere als ordentlich behandelt. Und natürlich leidet sie, wie alle Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, unter Heimweh. Und natürlich leidet sie, wie alle Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, unter Heimweh. Und dann kommt die Schwangerschaft. Der Kindesvater ist ein Bauernsohn aus der Nachbarschaft, der natürlich dann, wie zu erwarten, das Weite sucht und sich seiner Verantwortung nicht stellt. Und hören wir auch da jetzt bitte hinein. Dieser Winter spürt sich anders als die vorigen an. Niemand wärmt ihre kalten Füße. Die Katze war zur selben Zeit wie Hans verschwunden. Die Kinder hatten tagelang nach ihr gesucht. Hatte sie ein Marder erwischt oder ein Hund, war sie von Hitlerjungen als Zielscheibe benutzt worden. Ihr wachsender Bauch ist nicht zu sehen, er behindert zunehmend beim Hocken am Schemel, wenn sie die Kühe melkt oder beim Einschlafen. Sie schämt sich beim 14-tägigen Kirchgang, die Kleider werden ihr eng, am Abend näht sie bei diffusem Licht Stoffreste in ihre Brocke und Blusen ein. Beim Ausmisten bleibt ihr die Luft weg. Maria muss sich am Stiel der Gabel festhalten und rasten. Hinsetzen wird nicht toleriert. Keine Rücksicht. Das Fetteste des fettigen Fleisches landet auf ihrem Teller. Allein beim Anschauen fängt ihr Magen zu brennen an. Sophia erhält Hofverbot. Die Ukrainerin übe einen schlechten Einfluss auf die Polin aus, zürnt der Bauer. Manchmal schleicht Maria zum Nachbarn oder Sophia klopft ans Fenster. Wenn der Bauer die Spuren bemerkt, schimpft er, droht mit Schreibverbot, droht mit dem Arbeitserziehungslager. Bald werden die Märzenbecher austreiben und zu blühen beginnen. Der letzte Schnee schmelzen, tröstet sie Sophia. Nach den gelben Blumen werden die blauen, die violetten und die weißen Blüten sprießen. Gemeinsam mit Sophia setzt Maria den Brief auf, in dem sie ihrer Cousine Rosalia von der Schwangerschaft berichtet, von ihrer Sehnsucht nach zu Hause. Die Antwort der Mutter treibt ihr Tränen ins Gesicht. Wieso sie es über die Nichte erfahre, Maria sei mit dem Kind willkommen, je früher, desto besser, wie wohl es wenig zu essen gebe. wiewohl es wenig zu essen gebe. Der Frühling setzte früh ein. Maria schuftet hochschwanger im Garten, sticht die Beete um, sät die Samen von roten Rüben, setzt Kohlrabi-Pflanzen in die gelockerte Erde, reinigt danach Haue, Rechen und Schaufel. Plötzlich setzt ein Stechen im Unterleib ein, sie hält die Luft an, greift sich an den Bauch. Zwei Frauen, die auf den Hof zugehen, halten inne und fragen, ob sie ihr helfen können. Der Bauer stürzt herbei und zehrt Maria weg. Maria wirft einen Blick zurück zu den zwei Frauen, die jüngere der beiden lächelt sie an. 20 Tage später, am 3. April 1943, gebärden Maria in einer Baracke in der Gauhauptstadt einen Sohn, Antoni. Die Stelle des Vaters bleibt im Geburtenbuch leer. Er werde in ein Heim gebracht, sagt man ihr. Auf dem Formblatt liest sie fremdvölkisches Säuglingsheim Lindenhof. Die Kosten werden vom Lohn einbehalten. Acht Tage nach der Geburt kehrt Maria auf den Hof in Bettenbach zurück. Ihre Brüste schmerzen. Eine Woche hat sie ihn gesäugt, ihn gehalten, seine feinen Finger mit den langen Fingernägeln betrachtet. Seit einer Woche schweigt sie. betrachtet. Seit einer Woche schweigt sie. Ja, also die Schwangerschaft, die Geburt bedeutet natürlich, dass Maria aus der Sicht des Arbeitsgebers natürlich als Arbeitskraft wertlos wird. Wie hat sich das jetzt, du hast schon angesprochen, es wurde gedroht mit dem Arbeitserziehungslager und das Kind wurde erweckgenommen. Wie geht die Geschichte dann weiter? Also die Geschichte geht so weiter, dass die dann auf einen anderen Bauernhof kommt. Und was ich hier beschreibe, ist, ich glaube, es hat in der Landwirtschaft beide Faktoren gegeben. Also die Bauern, die die Menschen sehr schlecht behandelt haben, und aufrechte, ich sage mal, Katholiken. Und sie kommt im zweiten Teil auf einen Bauernhof, wo sie entgegen des Verbotes, dass Polen am Tisch sitzen dürfen, am Tisch sitzt, wo sie mit denen Karten spielt, also wo sie menschlich behandelt wird. Und sie lernt dann einen polnischen Zwangsarbeiter vom Nachbarhof kennen und wird den auch nach dem Krieg, Auch nach dem Krieg, also die Polinnen dürfen ja de facto nicht heiraten im Nationalsozialismus. Und drei Tage nach dem Krieg, das Ende, heiratet sie. Und geht mit ihm weg, aber ohne den Sohn zu holen. Also von dem bleibt sie leider Gottes getrennt. Aber du hast gesagt, sie wird bei diesem zweiten Bauern menschlich behandelt, sie darf dort am Tisch sitzen, das ist etwas, was aber im Programm der NS-Verwaltung nicht vorgesehen war, sogar als Verbot deklariert war. Abschnitt, der von der Perspektive der Frau wegführt hin zu dem Mann, der wesentlich für die schlimme Situation der Zwangsarbeiterinnen verantwortlich war, nämlich der Gauleiter von Obertonau, August Eigeruber, der wirklich eine der übelsten Nazikreaturen bei uns war und der auch einen besonderen Ehrgeiz entwickelte, hatte, den Zwangsarbeiterinnen das Leben noch schwerer zu machen. Du hast die Rolle dieses Eigerobers sehr genau recherchiert, ich nehme an, weil du hier auch die Täterperspektive einbringen wolltest. Ich fange ein Stück vorher an. Die beiden Frauen sind ja sehr jung, sie sind 17 Jahre, wie der Roman beginnt, und die beiden Frauen wissen ja in jung, sie sind 17 Jahre, wie der Roman beginnt. Und die beiden Frauen wissen ja in ihren Lebenssituationen nicht, was ihnen passiert. Ihre Handlungsfreiheit ist ja ganz gering. Und jetzt komme ich eigentlich von der Soziologie her oder von der Philosophie her und da frage ich immer, und da wollte ich diese dritte Ebene oder die andere Ebene, die Makroebene, wenn man so will, einführen und habe mir überlegt, wie tue ich das. Und die erste Idee war eine Frau, damit es ein Frauenroman wird unter Anführungszeichen, aber es gab keine Frau, die eine bedeutende Position hatte. Also die höchsteu war die hebammenführerin die mutter vom vom gesundheits minister also und da und da ist kommt kam mir der gruber in die quere kann man nicht sagen sondern und der gruber ist das ist ja eine sage ich mal doch eine, ich denke mich immerhin eine faszinierende Persönlichkeit. In welchen? Weil er sich mit diesem Thema in seiner Art, in seiner rassistischen Art auseinandergesetzt hat. Also er schreibt, dass der Hintergrund des Romans ist, und ich zitiere ja manchmal, Stellen, weil die sind, besser kann man es nicht ausdrücken, als es Eickhuber oder Himmler tut. Er schreibt nach Berlin zu Himmler, also dem Reichsführer der SS, und sagt, ich habe da ein Problem. Ich habe Frauen, die kriegen Kinder, was tue ich mit denen? Wenn ich die zurückschicke, verliere ich sie als Arbeitskraft. Und er ist dann ganz stolz darauf, dass er die Idee hat, man könnte die Kinder ja in Heime geben und sie dort mit Mindesternährung aufziehen. Aber wirklich Mindesternährung? Ja, ja. Das Leben war für die alles andere als angenehm und da sind auch viele gestorben aufgrund der schlechten Ernährung. Ich sehe da hinten den Martin Kranzl, von dem habe ich ja die Geschichte, die Maria, also der hat mir die faktisch halbfertig gegeben, wenn ich so sagen darf, und von denen, was bis jetzt aufgearbeitet ist, 50% sind gestorben, innerhalb von zwei Jahren. Das sagt eigentlich jeder. von denen, was bis jetzt aufgearbeitet ist, 50 Prozent sind gestorben, diese Kinder, innerhalb von zwei Jahren. Das sagt eigentlich jeder. Ja. Du wolltest aus diesem Abschnitt dann noch etwas lesen, was Eickhuber betrifft. Ja. Vielleicht einen Satz vorher. Gerne. Also einerseits zitiere ich beim Eickhuber wirklich Originalquellen, die vorliegen und die im Landesarchiv zum Beispiel liegen. Und das zweite ist, es geht mir da weniger ums Schreiben, als wenn ich mich in den Leser hineinversetze oder in die Leserin. Dann sind diese Handlungen der Nationalsozialisten schwerst aushaltbar. Und ich habe auch immer wieder Reflexionen mit Leuten, die meine oder andere Romane legen, die sagen, sie legen das weg oder Sachbücher, sie legen das weg, weil sie das nicht aushalten. Und ich versuche, das an den Leser zu locken, dass er im Buch bleibt, indem ich manche Stellen ironisiere. Ob es gelingt, ist eine andere Frage, aber jetzt lese ich so eine ironische Stelle vor. Aufzuchtsraum für Bastarde stand anfangs auf internen Papieren. Dieser Begriff soll in Zukunft auf Anweisung des Reichsführers SS unterlassen werden. Begriff soll in Zukunft auf Anweisung des Reichsführers SS unterlassen werden, stattdessen sei eine hochtrabende Bezeichnung für die Kindersammelstätten einzuführen. Der Leiter der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt Obertonau rief seine Beamten zu einem Wettbewerb auf. Die beste Idee wird prämiert, der Ideengeber erhält eine Woche kostenfreien Aufenthalt im Ausseerland. Hunderte Zettel finden sich in den Vorschlagskästen. Eine Auswahlkommission tritt zusammen. Polacken-Pfraß der Fütterungshütte. Einige in der Runde lachen. Nicht schlecht, aber nicht geeignet. Sammelstätte für zukünftige Hilfsarbeiter. Ist besser, aber ruft keine Begeisterungsstürme hervor. Heloten Bildungsanstalt HBA ist auf den nächsten Zettel gekritzelt. H in hellblau, B in zartrosa und das A in lila. Die Vorsitzende der Kommission schmunzelt. Der erste geistreiche Vorschlag. Ein Beamter schlägt vor, diesen Terminus zu erweitern. HBLA, Heloten Bildungslehranstalt oder HTL, Heloten Trimanstalt. Der Begriff Helot sei inhaltlich zutreffend, meint die Vorsitzende, klingt jedoch zu intellektuell. Einen ganzen Nachmittag dauert das Auswahlverfahren. Zuletzt wird mit rotem Schaumwein angestoßen. Der Sekt sei aus Matrassatrauben gekältert, erklärt ein Weinliebhaber. Er weise ein angenehm fruchtig mildes Aroma auf. Es gehe nichts über Grimmsekt. Die besten Vorschläge werden dem NSV-Leiter und dem GAU-Leiter vorgelegt. Auf dem Protokoll finden sich nach Anfangsbuchstaben gereiht AHS, Ausländerkinderheimstätte, HAK, Heim für Ausländerkinder, Kindernest, Ostische Kinderstube. Der Ausdruck Kindernest gefällt dem Gauleiter am besten. Schon morgen wird er es nach Berlin melden. Am nächsten Morgen überfliegt er die Liste der ersten Transporte in den Lindenhof. Sieben Transporte im April 1943, 40 Einweisungen bereits im ersten Monat. Die meisten sind in Linz geboren wie Anthony R., 3. April 1943. Anna S., geboren 14. April in Sattlett. Bei Sattlett fallen ihm die vielen Baracken an der stillgelegten Autobahntrasse ein. Da müssten doch einige als Kindernester geeignet sein. Enzdorf, Alhamming, Vierrund ums Atlet, das Lager Almtal, Lager an der Traun, am Attersee, am Mondsee, abseits der Städte, abgeschieden an Waldrändern, ideal für das Aufwachsen von Kindern. Die Baracken gehören der Reichsautobahngesellschaft, darauf hat er leider keinen Zugriff. Kindersammelstätten ließen sich nahezu in jedem Dorf errichten, hat der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz Saukel verfügt. Der Gauleiter schmunzelt bei den Gedanken, jedem Dörferl sein Kindernesterl. Das ist natürlich erstaunlich, worüber sich hohe NS-Führer mitten im Krieg den Kopf zerbrochen haben. Und so wurde mit den Kindern von Zwangsarbeiterinnen umgegangen. Du hast jetzt schon gesagt, du hast Quellen hier eingearbeitet. Meine Frage, gibt es dazu wirklich schon einschlägige Forschungen? Gibt es Statistiken, wie viele Schwangerschaften, Geburten es bei Zwangsarbeiterinnen gegeben hat? Oder dann auch weiterführende Recherchen, was aus den Kindern geworden ist? Ich mache jetzt einmal Werbung für ein Buch, das in Kürze erscheinen wird. Ich glaube, 14 Autoren, du berichtigst mich, Martin, wenn es stimmt, also Martin Gantl-Kreinecker und Florian Schlanginger werden im Herbst ein Buch herausgeben über Kinderheime in Obertonau, an dem auch ich einen kleinen Beitrag über Forchdorf geschrieben habe. Also ich habe dort die reale Geschichte im Hintergrund zu Forchdorf, nur zu einem Ort im Almtal, recherchiert und geschrieben. Ich würde so sagen, wenn es in Österreich aufgearbeitet ist, ist es am besten hier aufgearbeitet, in Oberösterreich. Im restlichen Österreich gibt es sehr wenig dazu und es gibt mehr im, also es ist glaube ich kein Zufall, sondern es ist häufig so in Norddeutschland, also in Hamburg, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen. Ist dort die Quellenlage eine viel bessere oder das Interesse der Historikerinnen und Historiker größer? und Historiker größer? Ich bin da nicht der große Experte, aber ich habe mal zwei Vermutungen. Das eine ist, generell zu Nationalsozialismus, ist in Westdeutschland das besser aufgehalten als in Österreich und noch viel besser als in der DDR. Die DDR hat ja anders geschwiegen oder hat ihre Erzählungen gebracht. Und das Zweite ist, es braucht immer Aktivisten und dort hat eine, ich vergesse den Namen, eine Historikerin hat in den 90er Jahren dort in Braunschweig das erste... Vogel. Vögel, Entschuldigung. Bernhild Vögel. Das ist die erste Historikerin, die das aufgearbeitet hat und sozusagen den Blick dahin gerichtet hat. Es geht ja auch immer darum, einen Blick dorthin zu richten, wo nicht so viel darüber geredet wird. Also so wie lange Zeit ja ist ja noch heute so, über die Asozialen ist ja bis vor 20 Jahren geschwiegen worden. Also die Linken haben die so auf die Seite geschoben. Gut, also da hinken wir noch ziemlich nach. Ich meine, das wirklich Tragische an der Geschichte ist, und so viel kann man ja verraten, die Frau wird von dem Kind getrennt und beide haben später nie mehr zusammengefunden, obwohl der Sohn intensiv das versucht hat. intensiv das versucht hat. Es ist wirklich keine erfundene Geschichte, die du da erzählst, das ist wirklich authentisch, diese Maria hat es gegeben, es hat auch die Rosa gegeben. Willst du da, und da gibt es auch einen ganz engen Bezug zu dir, willst du das hier an dieser Stelle verraten? Na kurz, ich habe mir bei dem Roman überlegt, ich bin so vorgegangen, die Geschichte, die mir Martin Kranzl-Kreiniger, ich tue dich noch einmal vorstellen, herangetragen hat, und zwar, dass der Sohn die Mutter sucht und die Spur dieser Frau hat in Forchtorf geendet. dass der Sohn die Mutter sucht und die Spur dieser Frau hat in Forchdorf geendet. Und mir ist es relativ einfach, also ich erzähle es vorher, der Martin hat mich einmal in Benbach angerufen, in Forchdorf angerufen, ob sie ihm da helfen können. Und ich bin dann nach Forchdorf gefahren, nicht einmal hingefahren, ich habe hingeschrieben und gesagt, könnt ihr mal nachschauen. Und für mich haben sie es gemacht und damit war die Spur der Mutter klar. Der Sohn hat sie nicht gefunden. damit war die Spur der Mutter klar, der Sohn hat sie nicht gefunden. Und ich habe dann gesucht, oder wie sagen, das war sehr schnell da, meine Mutter ist die Rosa, die war zur selben Zeit gleich alt wie die Maria und war gleich alt, wie sie schwanger geworden ist. war gleich alt, wie sie schwanger geworden ist. Und mit ihr habe ich sozusagen, auch diese, gibt es ja heute den Begriff der Parallelgesellschaft, der so negativ verwendet wird. Damals, das war eine Parallelgesellschaft. Die durften ja nicht miteinander reden. Und die habe ich hergenommen, auch von dem her, weil es in den Erzählungen ja immer heißt, oder wie sagen, selbst viele, sage ich mal, Linksliberale oder Linke, sagen mir, das war ja eine schwere Zeit für die Arbeiter, das war eine Unterdrückung der Arbeiter. Tatsächlich war es für viele junge Frauen eine Chance, 1938 aus diesen engen Strukturen des katholischen Faschismus in Österreich auszubrechen. Und Frauen hatten die Chancen, in Positionen zu kommen, in die sie erst in den 70er Jahren wiedergekommen sind. Straßenbahnfahrerinnen, also in den 60er Jahren hat es keine Straßenbahnfahrerinnen gegeben in Linz. Die hat es während dem Krieg gegeben, notgedrungen, aber das war für die Frauen ein Aufstieg. Okay. Gut, jetzt gibt es noch einen vierten Teil oder für mich liest sich der wie ein Nachwort und da wird dann deutlich, wie wichtig diese Geschichte für dich persönlich ist und da willst du, glaube ich, noch einen Ausschnitt lesen. Ja, okay. Nach dem Friedhofsbesuch zieht es mich ins Tal. Unten am Fluss steige ich über Granitsteine des Uferdammes abwärts, bis ich unterhalb der Kraftwerksmauer angelange. Wie sehr sich der Fluss und das Tal verändert haben, alleine in den 60 Jahren, an die ich mich erinnere. In den 1960er Jahren rauschte und toste es hier. Weißer Schaum schwamm auf dem Wehrwasser, weißes Wasser strömte über vier Stufen, die die ganze Breite des Flusses einnahmen. Heute rinnt kein Wasser mehr darüber. Ein kalter Betonbau überragt von einer etwa 30 Meter langen Betondecke, darunter zwischen Pfeilern dreistufige Betonwände. Selbst der Stauraum ist von einer Betonmauer begrenzt. Der Lärm der Generatoren und des auf die Turbinen andrückenden Wassers übertönt alle anderen Geräusche. Das Rauschen des fallenden, spritzenden weißen Wassers, wie sehne ich mich nach den Bildern meiner Kindheit. Martin hat mir eine E-Mail gesandt. Antoni R. ist am 3. April 1943 in der Frauenklinik Linz geboren. Seine Mutter Maria war zu diesem Zeitpunkt in Bettenbach eingesetzt. Ende Oktober 1943 wird sie auf einen Hof nach Forchdorf zugewiesen. 1946 kam der dreijährige Antony über Ebensee mit einem Kindertransport nach Katowice, wo er von einer polnischen Familie adoptiert wurde. Als Jugendlicher begann er nachzufragen. Rudolf hat mir ein Gestionsprotokoll aus den 1940er Jahren überlassen. Die Priester vermerken darin ihre zu erledigenden Aufgaben, Geburtsurkunden, Brautprüfungsprotokolle. Dort findet sich der Eintrag, 17. Mai 1945, Maria R., der Deus L. Ab dem 22. Mai trug Maria den Familiennamen L., damit lässt sich ihre Spur weiter verfolgen. Am nächsten Tag suche ich eine Schotterbank weiter südlich auf. Auf der Fahrt lege ich eine CD ein. That night we went down to the river and into the river we dive, oh down to the river we ride, singt Bruce Springsteen. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, jenseits des Flusses ein mit Erlen und Eschen bewachsener Steilhang. Hinter der Schotterbank, auf der ich mich niedersetze, säumen großblättrige Pestwurzen das Flussufer, gehen über in einen dichten Auwald. Nur das Rauschen des Wassers ist zu vernehmen, kein Haus, kein Mensch zu sehen. Ich schlage die Mappe auf, die mir Rudolf übergeben hat. Kopien aus Sterbeakten des Standesamtes und dem Totenbuch der Pfarre 1941 bis 45. Die Mappe hat es in sich. Paulina Satka ist die erste in einer Reihe von fremdvölkischen Säuglingen, die am Friedhof begraben wurden. Allein im Zeitraum April 1944 bis Mai 1945 starben in dieser kleinen Landgemeinde zwölf fremdvölkische Kinder, keines älter als 15 Monate. Anna Leokadia starb an Lebensschwäche, keine 80 Tage alt. Ihre Mutter Leokadia Golubiewska war bei Annas Geburt gerade mal 17. Leokadia, die griechisch leuchtende, die helle, die weiße. Wie alt war sie, als sie von ihren Bauern am Bahnhof in Forchdorf abgeholt wurde? Hat sie jemals hier am Weißen Fluss gesessen? Mehr als die Hälfte der Kinder sind in Linz bzw. in Bad Hall geboren, wo sich ab Februar 1944 die Gebärbaracke für Fremdvölkische befand. Einer von ihnen ist Alexej Kaschko. Seine Mutter arbeitete auf einem Hof oben am Hochplateau, keine 300 Meter Luftlinie zu einer Biegung des Almflusses. Die Todesdaten verdichten sich im September 1944. Innerhalb von 20 Tagen wurden drei Säuglinge am Friedhof begraben. Alexej, Anastasia und Maria Wadiswaba. Ich brauche eine Abkühlung. Das Wasser beißt an den Fesseln. Vorsichtig und zaghaft trete ich weiter. Meine Sohlen und Zehen beginnen zu schmerzen. Es fühlt sich an, als stechen hunderte Nadeln auf sie ein. Der Name Alm leitet sich von Albus her, was im Lateinischen Weiß bedeutet. Ein glanzloses Weiß, bleich. Ich tauche ein in einen bleichweißen Fluss. Jeder Stein am Flussgrund ist zu erkennen. Sonnenstrahlen hellen sie an vielen Stellen auf. Der Fluss will nichts verheimlichen. Leuchten da hellgrüne Augen hinter manchen Steinen hervor? Die Kälte des Wassers reißt meine Augen auf, drängt mich fort, zwingt mich, das Grauen in dieser schönsten Flusslandschaft zu schauen. nämlich das Grauen in dieser schönsten Flusslandschaft zu schauen. Vielen Dank für diese wirklich berührende Geschichte und ich leite schon auf das zweite Buch über. In diesem Buch ist wie gesagt die sogenannte Heimatfront der Schauplatz, aber zumindest einmal dringt hier auch durch, was weit weg im Osten geschieht. Da ist von Kriegsverbrechen die Rede. Da zitiert nämlich eine Tante dieser Rosa aus einem Feldpostbrief, wenn uns die Russen nur halb so viel antun wie wir ihnen, dann Gnade uns Gott. Und weiter heißt es, und da zitiert Bruno Schernhammer aus einem veröffentlichten Brief des Soldaten Ferdinand Humer aus einem 2007, ich glaube in einem Linzer Verlage, schien ein Buch, da sind Briefe dieses Soldaten Humer, die zwischen 1942 und 1944 geschrieben wurden vom Kriegsschauplatz in Weißrussland. Und da heißt es einmal, Zitat, es waren zu zwei Drittel Juden in dieser Stadt und die sind doch weggemacht worden. Ich werde dir, wenn ich nach Hause komme, alles erzählen, denn wir sahen es. Der Soldat ist aber nicht mehr nach Hause gekommen. Und jetzt bitte ich Walter Manuschek zu uns. Und um gleich an dieses Zitat anzuschließen, Walter Manuschek war in den 1990er Jahren einer von vier Wissenschaftlern, die die wirklich aufsehenerregende sogenannte Wehrmachtsausstellung erarbeitet haben, im Auftrag des Hamburger Instituts für Sozialforschung. Der offizielle Titel war Vernichtungskrieg, die Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944. Die Ausstellung wurde im März 1995 in Hamburg eröffnet und wurde dann bis 1999 in 34 Städten in Deutschland und Österreich gezeigt, unter anderem auch hier in Linz. Die öffentliche Reaktion, Sie werden sich vielleicht erinnern, war gewaltig, auch bei uns in Österreich. Da gab es wirklich heftigste Proteste, weil in der Ausstellung einfach mit dem Mythos der sauberen Wehrmacht aufgeräumt wurde. Und natürlich war das in der Erinnerungskultur ein ganz, ganz wichtiger Meilenstein, so wie auch das Einbekenntnis der österreichischen Mittäterschaft am Holocaust durch den damaligen Bundeskanzler Franitzki im Jahr 1991. Beides kam spät, nicht nur bei uns, das gilt auch für Deutschland. Ich erinnere mich, ich habe die zweite erweiterte Ausstellung 2001 in Berlin gesehen und da habe ich dann irgendwo aufgeschnappt, dass es bis dorthin deutschen Bundeswehrsoldaten verboten war, diese Ausstellung in Uniform zu besuchen. Also nicht nur Österreich hatte da lange Zeit ein Problem, offenbar. Es hat wirklich lange gedauert, anzuerkennen, dass der Holocaust nicht allein eine Sache der SS war, da war wirklich auch die Wehrmacht oder Teile der Wehrmacht waren hier involviert. Und involviert waren auch Polizei und Gendarmerie und zwar auch österreichische Gendarmerie- und Polizeieinheiten. Und auch das zeigt Walter Manuscheks Buch, über das wir nun sprechen wollen. Es trägt den Titel Vernichtet und behandelt, wie gesagt, das Schicksal der österreichischen Jüdinnen und Juden, die in polnische Ghettos deportiert wurden. Zur Person Walter Manuschek sei noch hinzugefügt, er ist Politikwissenschaftler, war von 1992 bis 2022 am Institut für Staats- und Politikwissenschaft der Universität Wien tätig, seit 2001 als Universitätsprofessor. Seine Forschungsschwerpunkte sind natürlich der Holocaust, Kriegsverbrechen, aber auch die Rolle der Militärjustiz im Zweiten Weltkrieg, der Schicksal der Deserteure, also ein ebenso lange Zeit tabuisiertes Thema. Ich erwähne nur ein paar Buchtitel. Serbien ist judenfrei, militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien, Serbien ist judenfrei, militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien, die Wehrmacht im Rassenkrieg, der Fall Rechnitz. Und ein weiteres Buch widmet sich ebenfalls einem Massaker im Burgenland, Dann bin ich ja ein Mörder, Adolf Storms und das Massaker an Juden in Deutsch-Schützen, erschienen im Wallstein Verlag Göttingen 2015 und zul zuletzt 2023 im Janin Verlag das Buch vernichtet. Ich möchte eines noch vorausschicken. Mit dem Holocaust assoziiert man in erster Linie ja immer Auschwitz und andere Vernichtungslager wie Treblinka, Sobibor oder Belzec. Was weniger bekannt ist, die Deportationen beginnen ja nicht erst mit den Zügen in die Vernichtungslager. Es gab schon vorher Aussiedlungsaktionen in polnische Ghettos. Das beginnt in Österreich im Frühjahr 1941. Der Gauleiter von Wien, Baldur von Schirach, hatte den Ehrgeiz, Wien judenfrei zu machen. Das hat aber noch nicht die physische Vernichtung bedeutet und genau genommen, wenn wir noch weiter zurückgehen, gibt es schon 1939 zwei Transporte nach Nisko, das war damals genau an der Demarkationslinie zwischen dem deutsch besetzten Polen und dem sowjetisch besetzten Polen. Bevor wir da einsteigen, Herr Professor Manuschek, warum haben Sie sich gerade auf die Frühphase des Holocaust konzentriert? Was hat da den Ausschlag für die Forschung und dieses Buch gegeben? Vorab möchte ich mich entschuldigen, ich habe ein bisschen verkühlt, möglicherweise huste ich hin und wieder. Eine ganz eigenartige Antwort, ich habe keine Ahnung. Ich bin in Yad Vashem in Jerusalem gesessen und habe zu einem ganz anderen Projekt gearbeitet. Plötzlich fällt mir das ein und ich weiß nicht, wie ich dazu gekommen bin. Es ist kein Kokettieren, das war so. Wenn ich schon in Yad Vashem sitze, dann sage ich, schauen wir mal, das ist ein großes Archiv, schauen wir mal, was es am Material dort gibt. Es gab herzlich wenig, eigentlich gar nichts. Sechs Ghettos habe ich angenommen, ich werde im Material ersticken. Das war aber nichts. Ganz im Gegenteil, ich habe nichts gefunden. Also ich war einschlägig in den polnischen Archiven, ich war im Washington Holocaust Museum, nicht einmal Bruchstück in sechs Lager, sechs Ghettos, nichts. Und wenn sich die Besatzung, die Verwaltung beschäftigt, das sind genau dieselben Dinge, wie sie hier in Linz verwaltet werden. Rechnungshof, haben wir gesprochen, Preisentwicklung, blablabla. Juden kommen schlichtweg nicht vor. Das heißt, ich war sehr überrascht, weil natürlich auch andere Leute zu Ghettos gearbeitet haben, aber eben nicht zu diesen Ghettos im Ostpolen, Generalgouvernement, und zu diesen kleinen Ghettos. Kleinen Ghettos heißt bis zu 10.000 Menschen in einer Stadt, in einem Dorf, einem größeren, also gemischt, Juden, Nichtjuden. Das einzige größere Ghetto, das ich untersuche, ist Kielce, da sind ca. 70.000 Einwohner gehabt, alles andere waren viel, viel kleinere Dörfer. Und es weiß wahrscheinlich kaum jemand, allein im Generalgouvernement hat es über 300 Ghettos gegeben. Und die Frage auch über Ghettos, waren die abgesperrt, nicht abgesperrt, das ist dem jeweiligen Verantwortlichen dieses Ghetto überlassen worden, ob er das getan hat oder nicht, warum. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand flüchtet aus dem Ghetto, war sehr gering. Wohin? Wohin? Sprache? Wohin soll ich flüchten? Keine Papiere? Also, was bleibt? Nichts. Es ist erst 1943, wie dann die sowjetischen Partisanen gekommen sind, aber die hatten ein anderes Problem. Die sowjetischen Partisanen haben gesagt, tut uns leid, aber ihr habt keine Waffe, wir sind nicht die Caritas, wir können mit euch leider nichts anfangen. Da haben sie Glück gehabt. Wenn sie in die Hand der polnischen Armee, der Heimatsarmee gefallen sind, sind sie ermordet worden. Also auch keine rosigen Aussichten. Okay, also das nur so ein kurzes Szenario. Aber vielleicht noch zur Größenordnung, das kann man sich nicht vorstellen. Wie viele Lager, Ghettos, Arbeitslager, diverser Art, glauben Sie, haben im Nationalsozialismus existiert? So wie man meine Studierenden fragt. Also, Holocaust Museum in Washington, jetzt sind sie fertig, haben begonnen vor sieben oder acht Jahren, sind davon ausgegangen, so 10.000. In Wirklichkeit waren es 40.000. Das heißt, ganz Europa, von Nazi besetzt Europa war eine einzige Lagergesetze. Wer dann erzählt, der hätte dem Lager zu tun hatten. Lager zu tun hatten, einen großen Lager aus Schwitzen, das ist eine viel größere Zahl, wenn 10.000 weg sind, rechnen Sie das einmal hoch, 40.000 mal 100, das sind 4 Millionen. 4 Millionen plus minus von erwachsenen Männern sind mit solchen Lagern konfrontiert gewesen, diesen Lagern gewesen. Nachher in ihren Erzählungen taucht es nicht mehr auf. Okay. Also wie gesagt, ich habe nichts gefunden und wie ein Archäologe habe ich dann begonnen, Basselstein und Basselstein zusammen zu glauben. ja, und dann zum Schluss, also es war relativ mühsame Arbeit aus Briefen, die erhalten geblieben sind, also Briefe, die von Ghettoinsassen nach Wien geschickt worden sind, die sind erhalten geblieben, warum weiß ich nicht, in die andere Richtung nicht, das ist klarer. Wie die dann in die diversen Archive gekommen sind, keine Ahnung. Meistens hat das Dokumentation auch nur Kopien, aber von wo die hergekommen sind, das ist leider gerade nicht immer festgehalten worden. Das ist halt am TÜV in den 60er, 70er Jahren haben sie das nicht so behandelt, wie man wissenschaftlich es behandeln sollte. Aber auch im Holocaust Museum sind viele gewesen. Das zweite waren Nachkriegsprozesse gegen Zeta. Das war eigentlich das zweite Material, das ich hatte. Das waren eigentlich die beiden Grundquellen, die mir zur Verfügung standen. Und ja, komme ich zu diesen sechs Ghettos, die ich hier untersucht habe im Osten von Polen. Im Februar und März 1941 wurde beschlossen, alle Wiener Juden und Jüdinnen, das waren damals über 60.000, die in Wien gelebt haben, die zum Teil von Mannhaus gekommen sind, aber gesammelt waren in Wien, innerhalb von drei Monaten nach Ostpolen zu deportieren. Wie die meisten anderen Sachen, die die Nazis begonnen haben, sie hatten auch keinen Masterplan und es hat nicht funktioniert. Also sie sind immer einen Schritt vorgegangen und haben geschaut, funktioniert das, wenn es nicht funktioniert, sind sie wieder zurückgegangen, sind einen anderen Weg gegangen. es, wenn es nicht funktioniert, sind sie wieder zurückgegangen, sind sie einen anderen Weg gegangen. Das ist alles nicht so, wie man sich das mal vorstellt. Sie haben den Masterplan 1933 oder 1939, haben die schon gewusst, was sie genau machen, dass sie die Juden umbringen wollen? Nein. Nein. Die Wernseekonferenz 1942 im Jänner war die definitive Festlegung, alle Juden und Jüdinnen werden ermordet. Das hat eine Zeit gedauert. Warum? Also es sind dann im Februar, März 1941 vier Transporte mit ca. 4000 Personen nach Ostpolen gegangen und dann meistens ältere Personen, über 60. Und die sind aus den Sammellagern in Wien deportiert worden, Richtung Osten. Und ich lese so eine kurze Passage vor. Eines dieser Sammellager war die Kasteletzgasse im zweiten Bezirk, die kleine Sperlgasse war ein zweites. Paula Rosenberg, die im Februar 1941 in die Kasselitzgasse gezwungen wurde, beschrieb das Leben im Sammellager. Zitat, die Zustände sind ärger, als man es sich vorstellen kann. In jedem Schulzimmer bis 75 Personen, ich bin glücklicherweise in einem Kabinett mit 14 Personen. bin ich nicht mit 14 Personen. Die Wasserspülung in den Klos funktioniert fast nicht. Im Keller Waschgelegenheiten unter Wasser, Abläufe verstopft, alle Gänge voll mit Menschen, auch Schwerkranken. Unsere Matratzen hat man uns gleich weggenommen. Ich bin froh, mit vier Leuten zwei Strohsäcke zu haben. Wie man mir helfen könnte, weiß ich nicht. Ich bin nicht der Mensch, der sich nicht in alles findet. Aber diese Zustände kann man sich nicht denken. Ungeziefer habe ich persönlich von der Wand genommen. Es wird nicht das Einzige gewesen sein. Ein Gummisackerl für Seife könnte ich gut brauchen. Unser ganzes Gepäck hat man uns sofort weggenommen, sodass ich auch Nadel und etwas Zwirn, aber nur wenig brauchen könnte. Angeblich kann man hier beim Tor abgeben oder sogar zum Sprechen geholt werden. Wir sind im Zimmer Nummer 6. Warum ist das vor? Es gibt zum einen die Situation in diesen Sammellagern wieder und auf der anderen Seite, was wir als nächstes hören werden, wurden diese Menschen dann deportiert nach Osten in die Ghettos. Jetzt kann man erahnen, was das bedeutet hat, ins Sammellager zu kommen, aber der eigentliche Kulturschock hat ja damals stattgefunden bei der Ankunft in diesen polnischen Ghettos. Also sie wussten nicht, wo sie sind. Irgendwo Richtung Osten, das hat sich herumgesprochen, irgendwo Richtung Osten. Aber wohin, keine Ahnung, wohin. Und wie Sie richtig erwähnt haben, Sie kommen dort an, das lese ich vielleicht auch vor, und haben einen totalen Kulturschock. Manche Leute glauben auch immer, das jüdische Ghetto, also das jüdische Städtchen ist sowas von romantisch. Das ist Mittelalter, tiefstes Mittelalter. Da lese ich auch eine Passage vor. In Opule, eines dieser Lager, angekommen, erlitten sie einen Kulturschock. Auf die arm unteransässigen jüdischen Bevölkerung waren die Neuankömmlinge nicht vorbereitet. Angesichts der vorgefundenen Situation sah Fritz Spielmann, einer der Deportierten, keinen Hoffnungsschimmer. Zitat, ihr könnt euch vorstellen, wie unsere Zukunftsaussichten sind. Verdienstmöglichkeiten überhaupt keine. Ich kann euch nur sagen, es wäre besser gewesen, man hätte uns alle in Wien an die Wand gestellt und erschossen. Es wäre ein schöner Tod gewesen. Wir müssen hier elender sterben. Ich kann euch sagen, dass mir, als ich ankam, fast der Verstand stehen blieb. Ich kann auch bis heute nicht denken. Ich weiß nicht, wie das weitergehen wird und wie das enden soll. Es ist auch alles furchtbar teuer und wir haben nichts. Mit dem Geld, das wir haben, können wir höchstens eine Woche leben und dann können wir glatt verhungern. Wenn man hier anlangt, dann sieht man erst, wie gut es uns früher gegangen ist. Gerade hören wir jetzt, dass wir bis morgen alle Binden mit dem Zieh und Stern tragen müssen. Wir sind in einer solch verzweifelten Lage, dass wir überhaupt nicht wissen, was zu tun und aufs tiefste Bedauern diesem Leben nicht schon zu Hause ein Ende bereitet zu haben. Also das ist sozusagen der erste Eindruck in diesen Ghettos. Wie schaut es in diesen Ghettos aus? Die Quartiere bestanden oftmals nur aus einem Raum und starken Verschmutz. Zitat, die Häuser, eigentlich nur baufällige Holzhütten, haben vielfach nur einen Raum, in dem gekocht, geschlafen und gewaschen wird. Die Betten aus rohen Brettern zusammengezimmert. Kästen gibt es fast nicht, nur Verschläge und Schmutz, Schmutz und wieder Schmutz. Das Wasser hier darf so nicht genossen werden, nur gekocht als Tee. Dann wird eine Teeessenz bereitet, bestehend aus ein bisschen gesponnenem Zucker. Überessen später. Manche haben es besser getroffen, einer beim Apotheker, andere bei etwas besser situierten Leuten, aber das sind ganz wenige. Also ich glaube, der beschreibt es sehr gut, wie diese Zustände in diesen polnischen Ghettos gewesen sind. Können wir vielleicht jetzt auch noch auf die Rolle der Judenräte zu sprechen kommen? Also diese Ghettos halten zumindest am Papier eine Selbstverwaltung. Da hat es die Judenräte gegeben, da hat es die Judenpolizei gegeben. Sie schreiben, das war eine Instanz zwischen Macht und Ohnmacht. Da hat es natürlich auch Korruption, Kollaboration gegeben und auf der anderen Seite die Ghettobewohner, die in Hungerkrankheiten gelebt haben und Entmenschlichung erfahren mussten. Ja, also ich habe eigentlich immer gesagt, ich setze mich mit diesem Thema nicht auseinander. Aber hier musste ich mich damit auseinandersetzen, weil es eben diesen Ghettos natürlich, die von Ihnen erwähnten Judenräte und Judenpolizei gegeben hat. Die Situation war natürlich, das haben die Nazis perfekt eingeführt. perfekt eingefädelt. Die haben dort einen Judenrat, nicht einmal oft selbstbestimmt, sondern von den Juden, Jüdinnen in dem Ort, Dorf, und gesagt, wie schlägt es ihr vor? Dann haben die ein paar vorgeschlagen, nein, Entschuldigung, alles retour, die nach ins Ghetto gekommen sind, das waren nicht nur österreichische, sondern auch tschechische Juden und Jüdinnen, da hat man mal gefragt, wer ist ein Arzt, ein Intellektueller, und die haben halt ein paar Leute vorgeschlagen und dann hat die Nazi gesagt, okay, so und so viele Judenräte, es ist immer von Größe des Ghettos abhängig gewesen, zwischen sechs und zwanzig in den Größeren. Und die Judenpolizei hat also die, okay, bleiben wir nur beim Judenrat. Der Judenrat hat nur das, die einzige Funktion, die er hatte, ist das umzusetzen, was die Nazis wollten. Die haben den Auftrag gegeben, das oder jenes, die müssen die Häuser geputzt werden. Dann hat der Judenrat die Leute bestimmt zum Häuserputzen. Und die Jugendpolizei hat meistens einen Schlagstock gehabt, um irgendwelche Widerstände zu brechen. gehabt, um irgendwelche Widerstände zu brechen. Beide Instanzen waren nicht beliebt, zumindest in den Ghettos, mit denen ich gearbeitet habe. Und Instanzen der Macht, ja, natürlich gegenüber den Ghetto-Insassinnen und der Ohnmacht gegenüber den Nazis. Also eine wirklich schwierige Situation, das wussten die Nazis natürlich. Man kann es nur verlieren. Korruption ist ein ganz wesentlicher Punkt, Judenrat und Korruption. Also in dem großen Kietze, 70.000, 80.000 Einwohner hat der Judenrat in Saus und Braus gelebt. Die haben 2000 Verwaltungsleute genommen aus dem Ghetto und haben halt gelebt wie Gott in Frankreich. Das war nicht in jedem Ghetto so. Darum kann man überhaupt nicht pauschalieren. In einem Ghetto war es so, in einem anderen Ghetto war es so. Das sind Menschen. Wie Menschen sagen, die einen sind so und die anderen sind so. Auch in Extremsituationen. Die einen versuchen, sich zu richten und die anderen sagen, ich bin verantwortlich für die Leute. Und das ist eine Sache des Individuums. Und darum ist es sehr interessant, das zu lesen, wie die sich ganz unterschiedlich verhalten. Ja, wollen Sie noch? Sie haben die Quellentage angesprochen, dass es eben da wenig Dokumente gibt. Und mir ist auch nichts bekannt, dass es in der Literatur eine so umfassende Darstellung gibt. Darum finde ich dieses Buch wahnsinnig wichtig und wertvoll. Auch wie später damit umgegangen wurde. Und da bin ich auf eine wirklich bezeichnende Stelle in Ihrem Buch gestoßen, nämlich das einzige Mal, wo Sie aus der Position des neutralen Historikers ausschwenken, wo auf einmal die Ich-Form vorkommt und Sie erzählen hier in wenigen Zeilen, dass Sie 25 Jahre lang, ohne es zu wissen, in einer arresierten Wohnung gelebt haben in Wien im 15. Bezirk. Nein, ich wusste sehr rasch, dass es ein arresiertes Haus war. Aber Sie haben nicht gewusst, dass das die arresierte Wohnung ist, in der ich wohne, weil das war die Belle Etage. Da haben sicher die Besitzer dort gewohnt. Aber Sie haben nicht gewusst, dass die Vorbesitzer, denen das 1938 weggenommen wurde, dass die dann auch in ein Ghetto gekommen sind? Genau das wollte ich nicht wissen. Und Sie haben auch nicht gewusst, und das finde ich ja noch bezeichnender, dass der Hausbesitzer, also Ihr Vermieter, immer noch der Ariseur von damals war. Und Sie haben sogar nichtsahnend mit ihm ein Glas Wein getrunken und auf gutes Vernehmen angestoßen. So wie es ist gehört. mit ihm ein Glas Wein getrunken und auf gutes Vernehmen angestoßen. So wie es ist gehört. Eine typische Erfahrung, die man auch Jahrzehnte später noch in Österreich machen konnte, offenbar. Ja, natürlich. Aber nur, wie gesagt, ich hatte sehr schnell gewusst, dass dieses Haus der Familie Braun gehört hat. Und da war hinten eine Tanzschule, die haben sie geführt, und dass ich halt auch noch dazu in dieser Wohnung, wo sie gelebt haben. Und meine Entscheidung war, mehr möchte ich nicht wissen, weil sonst weiß ich nicht, was ich tun soll. Bleibe ich in dieser Wohnung, die so kontaminiert ist, oder gehe ich? Und diese Entscheidung wollte ich nicht treffen. Also habe ich die Augen zugemacht und gesagt, okay, das ist ausschleifend. Mehr will ich gar nicht wissen. Und so habe ich es dann ausgehalten, dass ich das erste und einzige Mal diese Stelle verwenden musste, weil diese Familie Braun 1942 in ein Lager gekommen ist. Es waren damals 1942 schon Durchgangslager. Im April, Mai 1942, wenn damals schon bei der Wannsee-Konferenz beschlossen war, dass alle Juden vernichtet werden. Also die sind nur mehr kurzfristig dort gewesen, es war schon entschieden, dass Treblinker so wie Pellschätz deportiert werden, die waren in Porto, wo das war, die Wochen dort, und dann ab in die Vergasungsanlagen. Und die beiden Brauns, Sidonie und Alfons, sind also auch gemeinsam in Izbitza gelandet und dann auch gemeinsam deportiert worden und vergast worden. Und ich weiß nicht, in Linz ist es ein bisschen anders, aber natürlich in Wien fangen sie da ein bisschen an zu kratzen, der ganze braune Dreck da. Sie sprechen von Deportationspolitik und dass es da mehrere Phasen gegeben hat. Ich habe schon erwähnt, 1939 beginnt es mit Nisko, bis im Februar 1941 dann diese fünf Transporte von Wien aus in die Ghettos. diese fünf Transporte von Wien aus in die Ghettos. Irgendwo heißt es bei Ihnen dann auch, wo habe ich das jetzt, es gab Zielvorgaben, aber kein ausgefeiltes Konzept, wie diese zu erreichen wären. Die Nazis haben ja am Anfang danach getrachtet, die Juden zur Ausreise zu zwingen, sie einfach wegzuschicken. Wie das dann immer schwieriger wurde, war dann die nächste Stufe, man schiebt sie einfach in denchicken. Wie das dann immer schwieriger wurde, war dann die nächste Stufe, man schiebt sie einfach in den Osten ab, wo auch noch nicht ganz klar war, was dann mit ihnen geschehen soll, dass sie dort an Hunger, an Krankheiten langsam zugrunde gehen, an Zwangsarbeit, das ist klar. Aber irgendwann, und das beginnt ja nicht erst mit der Wannsee-Konferenz 1942, sondern das ist im Herbst 1941 schon, gibt es da eine Weisung, dass die Juden in den Ghettos vernichtet werden sollen. Wann ist das wirklich so gekippt und was war Ihrer Meinung nach der Ausschlaggebend, dass man sich auf einmal beschlossen hat, so und die bringen wir jetzt um? Das ist ein Prozess. Also die, die in den Ghettos gelebt haben, die österreichischen Juden, die in diesen Ghettos gelebt haben, die sind wie gesagt im Frühjahr 1941 angekommen, nicht wie geplant 9000, weil da ist blöderweise der Krieg gegen die Sowjetunion dazwischengekommen. Also hat man keine Möglichkeit gehabt, sie zu deportieren. Aber bereits ab dem ersten Tag des Überfalls auf die Sowjetunion hat das Mord entgegangen. Das waren die Einsatzgruppen, die Wesentlichen, also Spezialeinheiten mit mehr als 3000 Mann, Gestapo, Kripo, Gendarmerie, alles. Die waren nur dafür zuständig, alle Juden zu ermorden. Die haben eine Zeit lang gebraucht, bis sie das verstanden haben. Anfangs haben sie geglaubt, natürlich alle erwachsenen Männer zu ermorden. Es hat eine Zeit gedauert, bis alle Juden und Jüdinnen, vom Säugling bis zum Kreis. Also es war auch für diese Menschen eigentlich schon ein Sprung. Es ist ein Unterschied, nur erwachsene Männer umzubringen, weil das könnte einmal kompatent sein, so blöd es ist. Aber Kinder und Kreise umzubringen, da ist es nun mal etwas anderes. Aber sie haben es locker geschafft, nebenbei. Hat niemand verweigert. Niemand. Ich erinnere mich, ich habe einmal diese Tischgespräche aus dem Führerhauptquartier gelesen. Ich weiß nicht, wie seriös diese Quelle ist schon. Und da war ich verwundert, dass Mitte 1942, also wo die Lager der Aktion Rhein hat, also die reinen Vernichtungslager schon in Vollbetrieb waren, da hat der Hitler eines Tages noch immer vom Madagaskar-Plan gesprochen. Jetzt könnte ein Neonazi hergehen und sagen, naja, das ist doch der Beweis, dass er gar nichts davon gewusst hat oder dass das gar nicht stattgefunden hat. Mir ist das nicht in Erinnerung, aber wenn Sie das sagen, würde ich sagen, oh, das ist irgendwie eigen. Also die Neonazis sind nicht drauf hingewiesen. Nein, wollen wir es nicht groß an die Glocke. Ja, ich blicke auf die Uhr. Ich will jetzt zum Schluss noch ein bisschen ins Allgemeine kommen und vielleicht, Bruno, kannst du noch einmal auf... Darf ich noch einmal kurz was abschließen? Von den über 9000 Männern und Frauen und Kindern, die also von Österreich, von Wien deportiert worden sind, haben gerade mal ein Prozent Überlegung. Also das ist die höchste Todesrate, die wir überhaupt haben. Das ist die traurige Bilanz, wobei wir nicht wissen, wie viele sind vorher schon an den schweren Bedingungen in den Ghettos zugrunde gegangen und wie viele wurden dann effektiv ermordet. Da fehlen uns einfach die Quellen. Was mich jetzt noch interessieren würde, und das ist gerichtet jetzt an beide Autoren, was jetzt den Umgang mit belasteter Vergangenheit betrifft. Wir haben jetzt 80 Jahre Kriegsende, uns daran erinnert. Wie wird Ihrer Meinung nach das Gedenken in 20 Jahren aussehen? Wird das immer noch so intensiv sein? Es wird ja dann keine Zeitzeugen mehr geben, da haben wir jetzt schon große Probleme. Soll ich anfangen? Also in der Wissenschaft, Kulturwissenschaften geht man davon aus, dass innerhalb von 100 Jahren das kommunikative Gedächtnis, also das, was wir kommunizieren können als Zeitzeugen, nach etwa 100 Jahren, nach drei Generationen, hat man früher gesagt, können, dann kommt das kulturelle Gedächtnis dran, was dann sozusagen aufgezeichnet ist und was vorhanden ist, mit den Leuten kann man nicht mehr reden. Und wie das dann gestaltet wird, also ich habe das großartig gefunden von der Spielberg Foundation in Los Angeles. Spielberg hat Mitte der 90er Jahre, kapiert, man muss die alle interviewen. Alle. Das sind, wie viel, ich glaube 60.000 Interviews, die er gemacht hat. Das ist ein Fundus, da können viele lang dran nachdenken. Es ist großartig. Mittlerweile kann man das von überall, von den Unis, einsehen. Früher war das etwas schwierig. Und das ist Material, mit dem kann man 20 Jahre, 50 Jahre arbeiten. Das sind Interviews, die authentisch gemacht worden sind. Von der ganzen Welt. Von der Ukraine über Usbekistan nach Chile, wo es halt überlebend noch lebende Juden und Jüdinnen gegeben hat. Das Ganze ist uns interessant, natürlich in Amerika, das hat einen Spielberg null gekostet. Solche Dinge werden immer Private Funding gemacht. Man sucht sich Leute, die genügend Geld haben, das finanzieren, oder wenn sie damals die Kassetten auf der ganzen Welt herum geschickt haben, dann sind sie zur Post gegangen, damit sie das umsonst machen, Ihr Computer hat Philips oder irgendwer anderes zur Verfügung gestellt. Also da sind Sie auch absolut super. Das Bibliothek ist ein weißer Kino, aber das ist eine andere Kultur. Also die Dokumentation hat stattgefunden, die Dokumente sind da, die können nicht verschwinden. So gesehen ist es beruhigend. Wie siehst du es in 20 Jahren? Ich sehe schon die Gefahr, dass, ich sage, wenn Geschichte zu Geschichte wird, dann ist sie natürlich viel harmloser. Weil wer redet heute über die Verbrechen in der französischen Revolution. Das ist sehr weit weg. Aber ich sehe auch in den nächsten 20 Jahren sozusagen eine Chance, oder wie sagen, es gibt die Notwendigkeit, erstens die Blicke wohin zu wenden, wo noch nicht beleuchtet ist. Ich habe zuerst diese Frage gestellt mit den Asozialen. Also diese Menschen, die einfach ein bisschen anders waren, die umgebracht wurden und über die, ich weiß nicht, seit zwei Jahren sind sie offiziell. Als eine Opfergruppe. ich weiß nicht, seit zwei Jahren sind sie offiziell. Als eine Opfergruppe. Eine Opfergruppe, die ist erst seit zwei Jahren anerkannt, aber es gibt ganz wenige Geschichten darüber. Und ich glaube, man muss die auch an die Leid zurück spiegeln. Weil das ist, ich sage das von mir her, ich bin ja weder Historiker noch war ich ursprünglich Autor, sondern erst über die Autobahn bin ich dort hingekommen. Und als ich dann nach Entfurchtung anfing, kam ich mit einer da gibt es ein Heimatbuch, oder es gibt Heimatbücher, da steht wörtlich drin, es ist niemand aus dem Dorf in ein KZ gekommen. Das kann man fast nicht glauben. Ich habe dann jemanden Prominenten, politischen konfrontiert und habe gesagt, ich habe fünf gefunden. Und der sagt dann drauf, aber das waren keine Gurden. Also ich habe auch mir gewünscht, ich hätte jemanden gefunden, so wie ich war früher. Gurden. Keine guten. Ich hätte lieber jemanden gefunden, die so links und politisch und radikal und Kommunisten oder was auch immer, zumindest Sozialdemokraten waren, die fand ich nicht, sondern ich fand Berufsverbrecher und Asoziale. Also ich glaube, da sollten wir die Blicke hinwenden. Genauso ist das ein anderer, also ich sage, das andere ist, es gibt jetzt, ich tue das jetzt so auf die Spitze bringen, es gibt in Österreich eigentlich viele martialisch und potent dastehende Denkmäler. Das sind die Reichsautobahnteiler. Das ist eindeutig nationalsozialistische Kunst. Und wenn man die Eberstallzeller Brücke anschaut, das ist die schönste, die beste, dann ist das wirklich ein wunderbares Bauwerk. Das ist von den Rechten besetzt. Das ist eher ein Mythos bis zu dem, der Landeshauptmann Gleisner hat bei der Eröffnung dieses Teilstücks gesagt, das zeigt unseren österreichischen Fleiß und unser österreichisches Können. Und ich glaube, wir sollten mit diesen Taschen, wir sollten die umbesetzen. Wenn jede Autobahnbrücke in Oberösterreich sozusagen, das war eine Reaktion auf meinen Roman, dass mir Leute gesagt haben, seitdem ich das gelesen habe, fahre ich anders über diese Brücke. Ich kann nicht mehr ohne Gefühl drüber fahren. Also wir haben noch sehr viel spannende Dinge zu tun und da bin ich auch dafür, dass ein Teil, du stoppst mich, ich war nicht zu langweilig, ich finde, dass das institutionalisierte Gedenken bald zu viel wird. Ich bin dafür, das wilder zu machen. Wilder zu machen, das heißt, aufs Land zu gehen, dort, wo nicht aufgearbeitet ist und dort einfach Plätze zu erinnern und wenn es nur für ein paar Monate ist, damit das aufbricht. Darf ich etwas ergänzen? Das passt, glaube ich, sehr gut dazu. Stolpersteine, man kann über St viele Opfer namentlich es gegeben hat. Mit dem Datum der Ermordung, das wissen wir alle, ist alles kein Problem. In Wien gibt es, glaube ich, ich habe vor drei oder vier Tagen auch schon, 836 Stolpersteine. Jetzt rechnen wir mal, 63.000 sind von Wien deportiert worden. Sagen wir, in einer Wohnung waren drei drinnen. Na ja, wie viel ist das dann? 60.000 durch drei, 20.000 Stolpersteine. Das habe ich dem Kulturschattrat, das ist in Meilert-Bockern, dem Wiener Kulturschattrat, da habe ich das mal irgendwieatrat, das ist Meilert-Bockern im Wiener Kulturstaatrat, jedes Mal irgendwie drüber geschmiert, sagt, ihr macht doch was, ihr müsst es doch in einer Legislaturperiode schaffen. Und die Stolpersteine, die jetzt liegen, sind alle privat finanziert, bitte. Das wollte ich gerade sagen, ja. Und in Linz dürfen sie nicht gesetzt werden. Also ich habe irgendeine Tafel gesehen, ich habe irgendwo eine Tafel gesehen, Also ich habe irgendeine Tafel gesehen, was ja noch alles einfällt, was man alles verbieten kann. Und stellen Sie sich vor, 20.000 Stolpersteine in Wien, da fällt ja jeder drüber. Wer hat mehr Wurst, was sagen die Touristen dazu? Jetzt gibt es also auf der einen Seite noch viel aufzuholen und bewusst zu machen. Du hast aber gesagt, es ist ja auch die Gefahr, dass zu viel an Gedenkkultur, zu viel an inszenierter Gedenkkultur stattfindet. Und vielleicht können wir jetzt noch ganz zum Schluss noch, wie hat man da jetzt notiert, Zum Schluss noch, wie man da jetzt notiert, die Gedenkkultur hängt ja auch vom jeweiligen politischen System ab. Und wenn man sich jetzt ansieht, jetzt haben wir einen Nationalratspräsidenten und haben auf einmal ein Problem. Wie soll man öffentlich gedenken, ohne dass man jetzt da in politische Turbulenzen kommt. Es hat im Parlament eine Veranstaltung stattgefunden, er ist eigentlich der Hausherr, der hat aber irgendwie nur bei den Besucherrängen Platz nehmen dürfen und sich nicht zu Wort melden dürfen. Die Kultusgemeinde ist erst gar nicht hingegangen und auch das Mauthausen-Komitee hat das verweigert. Wenn man jetzt denkt, jetzt haben wir in Deutschland und in Österreich jeweils eine rechtsextreme Partei, die beide auf dem Vormarsch sind, beängstigend auf dem Vormarsch sind. Wenn die einmal die Mehrheit haben, habe ich so die Befürchtung, die drehen dann vieles von dieser Gedenkkultur ab. Alles. Alles. Da sind wir ganz pessimistisch. Beziehungsweise, ich sehe auch die Gefahr, dass, wenn sich das wirklich etablieren sollte, mit einer immer größeren Mehrheit, dass dann auch irgendwann die Geschichte umgeschrieben wird. Ich denke, jetzt lernen Sie sehr viel vom Traum, was man alles machen kann. Das Zweite ist, man muss sich das vorstellen, Van der Bellen ist mit, ich weiß nicht, ein paar tausend Stimmen zum Bundespräsidenten gewählt worden. Das war sehr knapp. Das war sehr knapp. Bundeskanzler ist nicht der Kickl geworden, weil er ein Trautl ist. Und jetzt haben wir einen ersten Nationalratspräsidenten, den FPÖ-Mann. Da stellen Sie sich vor, die obersten Organe, wir haben alles FPÖ, es sind ein paar tausend Stimmen, um die es geht. Und dann wundert man sich, warum die 27% kriegen. Ja, nun auch nicht. In den Landesparlamenten sitzen sie drinnen, was ist nichts Besonderes ist. Irgendwann werden sie dann mehr Stimmen haben und der Kickl oder der andere wird nicht so blöd sein und diese Chance verpassen. Gibt es einen Einwand? Siehst du das auch so pessimistisch? Siehst du das auch so pessimistisch? Nein, ich wehre mich dagegen, dass ich es so pessimistisch sehe. Ich glaube einfach daran, dass es viele Chancen gibt. Das ist eine jugendliche Bewegung, die sich wieder umdreht. Auf das hoffe ich. Ich weiß es. jugendliche Bewegung, die es wieder umdraht, auf das hoffe ich. Ja, ja, ich weiß, ich weiß. Aber ich war vor ein paar Tagen, es hat in Linz eine Tagung gegeben, Wildes Gedenken. Und da waren junge Studenten und die haben mir einfach gefallen, was die fernab von Institutionalisierung machen. Das hat mir gefallen, das ist ein Begriff, dieses Einkaufszentrum, was da bauen wollen in Niederösterreich. Da war ein Zwangsarbeiterlager und das sollte ein Einkaufspark werden. Die sind da hingefahren und haben mit Kalk nachgezeichnet, wo die Baracken waren, ohne Erlaubnis. Also es gibt schon den Widerstand und ich glaube, das Zweite ist, was mich auch positiv prägt, sind meine Erfahrungen in Furcht auf Furcht auf, war ein extrem, sage ich einmal, vergessener Ort. Die haben ihre Geschichte vergessen. Aber seitdem dieser erste Roman erschienen ist, gibt es dort Leute, die in verschiedenen Fac Galerist und ich setzen uns dafür ein, dass dieses Fresco erhalten bleibt. Und beschreiben diese Geschichten und wir haben dort eine große Mehrheit von Leuten unter uns. Was sieht man auf diesem Fresco? diesen Fresco? Ich muss ganz kurz sagen, das Fresco ist nie besprochen worden. Es ist in der Schule, in der Aula der Schule, nie besprochen worden, obwohl tausende Schüler vorbei gegangen sind. Und der Galerist hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass man das Fresco nicht abpressen sollte, weil es stammt von Erwin Lang. Hat mir nichts gesagt. Ich habe es recherchiert, Erwin Lang war Halbjude und ein Halbjude bekommt 1943 den Auftrag, das zu malen. Das ist fantastisch. Und sozusagen an dieser Geschichte kann man schreiben, kann man den Leuten nachvollziehbar machen, was hier passiert ist, der hatte an sich ein Berufsverbot. Und dieses Bild, wir setzen dort an, an dem Gefühl, also es ist wirklich so, dass die Forchterfer zu uns kommen und sagen, super, dass ihr euch einsetzt, weil das ist mein Bild. Ich bin da ein Tschü-Ganger. Die wollen das aus einem bestimmten Grund erhalten. Und wir erzählen ihnen die Geschichte und da kann man erzählen, was es geheißen hat, dass der 1938 auf einmal nimmer malen darf. Also hoffentlich hört das jetzt nicht der Herr Rosenkranz, weil der würde sich bestätigt fühlen, dass er dieses Eisenmenger-Wandbild... Nein, es ist nicht Eisenmenger. Er würde das sofort umbiegen und sagen, nein, schaut her, was ist so schlimm da? Ja, ich hätte jetzt gerne einen beruhigenderen Schluss gehabt, aber ich glaube, wir bleiben zu keinem wie realistisch. Wir müssen weiter wachsam bleiben und gut aufpassen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, ich danke den beiden Autoren. Ich glaube, das war ein ganz, ganz wichtiger Abend. Applaus Ja, auch von meiner Seite ein Dank an Gerhard Zeilinger, Walter Manuschek und Bruno Scherhammer. Was ich noch dazu sagen wollte, also in 20 Jahren, es gibt schon ein Medium, das nie vergisst und das immer erinnert und das ist die Literatur und die Auseinandersetzung von Künstlern und Künstlerinnen im Speziellen mit Ereignissen der Geschichte. Ich denke, das kann uns Hoffnung geben. Heute war ein inhaltlich natürlich schwerer Abend oder sagen wir mal so ein harter Abend gewissermaßen. Am Donnerstag wird es rein literarisch. Besuchen Sie uns. Es gibt wieder die Reihe Neue Stimmen literarische Debüts, zwei vielbeachtete Debüts von Amira Ben-Saoud und Paola Lopez. Der Abend wird betreut von Christine Scheucher. Bleiben Sie noch hier, tauschen Sie sich aus, nutzen Sie die Gelegenheit, mit Professor Manuschek ins Gespräch zu kommen. Das Literaturcafé ist offen und hinten gibt es den Büchertisch, wo Sie unbedingt diese beiden Werke erwerben sollten. Ich danke Ihnen fürs Kommen und hoffe auf baldiges Wiedersehen. Vielen Dank.