Wer wird das für uns tun, wer für uns sprechen, wenn wir es eines Tages auch nicht mehr können? Dankeschön. Ja, herzlich willkommen meine Damen und Herren. Ganz ganz viele bekannte Gesichter sind heute hier. Wenn man jedes Jahr hierher kommt, trifft man immer wieder Angehörige, Betroffene, AktivistInnen, die sich einsetzen für ME-CFS-Betroffene. Das ist der internationale ME-CFS-Tag heute und das ist die Protestaktion der österreichischen Gesellschaft für ME-CFS, die sich seit Jahren einsetzt, eine PatientInnen-Organisation für die Rechte der Betroffenen, die Informationen weitergibt, die sich darum kümmert, dass Angehörige informiert werden, die sich darum kümmert, dass die Rechte der Betroffenen wahrgenommen werden, die sich darum kümmert, dass die Politik endlich zuhört. Das alles ist die österreichische Gesellschaft für ME-CFS, die auch den heutigen Tag wie immer in monatelange Vorarbeit organisiert hat. Und ein herzliches Dankeschön einmal an euch alle, dass ihr das alles so toll gemacht habt. Ich glaube, da kann man auch einen Applaus machen für alle Kämpfer und Kanzlerinnen. Die Astrid Heinzel sitzt gerade bei mir. Das ist die stellvertretende Obfrau der österreichischen Gesellschaft für ME-CFS. Die wird heute sprechen, gemeinsam in den nächsten 40 Minuten mit anderen, die sich zu dem Thema äußern wollen, weil sie davon betroffen sind, weil sie sich dafür engagieren. Also es gibt einige Redebeiträge, dann hören wir noch einmal ein Stück von dem Bläser-Ensemble, das sich übrigens wirklich zusammengefunden hat und Aktionen macht, Auftritte macht, um zu sammeln, Spenden zu sammeln und das Bewusstsein für diese Krankheit zu erhöhen. Jetzt fangen wir an mit den Reden. Als erstes spricht die Astrid Heinzel. Bitte. Herzlich willkommen zur Protestaktion anlässlich des internationalen MCFS-Tags. Im Namen der österreichischen Gesellschaft für MEZFS darf ich Sie alle herzlich begrüßen. Vielen Dank, dass Sie heute da sind. Aus ganz unterschiedlichen Bereichen, Betroffene, Angehörige, Medienvertreterinnen, Politik. Danke, dass Sie heute alle da sind und mit uns ein Zeichen für ME-CFS setzen. Wieder ist ein Jahr vergangen, ein Jahr, in dem für die Betroffenen und ihre Angehörigen, ihre Familien, keine spürbaren Veränderungen im Alltag eingetreten sind. Ein Jahr, in dem wir wieder Menschen an ME-CFS verloren haben. in dem wir wieder Menschen an ME-CFS verloren haben. Vor allem deswegen, weil es für die am allerschwersten Erkrankten überhaupt keine medizinische Versorgung gibt. Für sie haben wir heute die Grenze hingelegt. Sie sind nicht vergessen. ME-CFS-Betroffene leben in österreichischen Zuständen, die man sich eigentlich nicht vorstellen kann. Die man eigentlich auch gar nicht so genau wissen will, wo man vielleicht gar nicht hinschauen will. Wo finde ich für meine bettlägerige Frau eine Zahnärztin, die ME-CFS berücksichtigt und nach Hause kommt? Wohin kann sich die Familie wenden? Das Jugendamt glaubt nicht an MECFS. Es ist dringend. Mein Antrag auf Berufsunfähigkeitspension wurde wieder abgelehnt. Ich bin so verzweifelt, ich weiß nicht mehr weiter. Wir schaffen die Pflege unserer erwachsenen Tochter nicht mehr, was sollen wir tun? Das sind Anfragen, mit denen wir als Verein aus Selbstbetroffenen und Angehörigen täglich konfrontiert sind, weil MECFS in Österreich durch alle Netze fällt. von APA, ORF und Dossier hat sichtbar gemacht, womit wir seit Jahren immer und immer wieder bei den Verantwortlichen in der Verwaltung und Politik anklopfen. ME-CFS fällt systematisch durchs System. Ihre Krankheit verschwindet vom Gutachten, wird umgedichtet bis hin zu ganz offenen Erklärungen, dass Betroffene einfach übertreiben. Schwerkrank und unversorgt, das ist Leben mit MCFS in Österreich. Das kann nicht sein, das darf nicht sein. Schluss mit Ausreden, Schluss mit Abbiegeln, Schluss mit Ablenkung. Seit Jahren sind die Probleme bekannt. Arbeitsgruppen, Unterarbeitsgruppen, Präsentationen, Veranstaltungen, alle haben dasselbe Ergebnis. Es braucht Absicherung und Versorgung für MCFS. Es braucht Absicherung und Versorgung für ME-CFS. Der nationale Aktionsplan und mit ihm Maßnahmen für alle Ebenen liegt auf dem Tisch. Keine Ausreden mehr, keine Ablenkung. Es geht jetzt ums Umsetzen. Es geht darum, dass endlich spürbare und sinnvolle Hilfe bei den Betroffenen ankommt. Keine Argumentation mehr, dass ME-CFS nicht genug erforscht ist und auch noch nicht heilbar ist und deswegen kann man halt auch nicht versorgen und absichern. Wer solche Aussagen tätigt, hat sich entweder noch nicht mit der Situation der Betroffenen beschäftigt, er hat sie nicht verstanden oder ist einfach zynisch. Oder ist es für irgendeine andere schwere Erkrankung in Österreich, die noch nicht heilbar ist, und davon gibt es viele, denkbar, dass wir sagen, oh, sie haben Demenz, das ist leider noch nicht heilbar, wir wünschen Ihnen viel Glück, aber bis dahin sind wir nicht für Sie zuständig. Das ist ganz zu Recht undenkbar. Und besonders undenkbar ist so eine Argumentation, wenn gleichzeitig nicht in Forschung investiert wird. Das darf auch für MEZFS nicht anders sein. in Forschung investiert wird. Das darf auch für ME-CFS nicht anders sein. Und für alle, denen Argumentationen der Menschlichkeit und des guten gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht nah sind oder nicht ausreichend sind, die einen Business Case benötigen, die laden wir ein zu einem Blick nach Deutschland. Vorgestern wurde dort eine ganz neue Studie präsentiert. 60 Milliarden Euro kosten ME-CFS und Lung-Covid jährlich. Auf Österreich heruntergerechnet 6,5 Milliarden. Ignorieren ist teuer, ebenso wie falsche oder schnelle Lösungen. oder schnelle Lösungen. Unser Appell als PatientInnenorganisation an die Verantwortlichen im Gesundheits- und Sozialsystem ist heute ein ganz, ganz klarer und dringlicher. Es ist Zeit zum Umsetzen. Sinnvolle Schritte für die Betroffenen. Lassen Sie uns nicht länger im Stich. Aufklärung, Versorgung, Forschung, jetzt. Abschließend möchte ich mich bedanken. So ein Tag ist für uns als Team eine enorme Herausforderung. Danke euch allen, das was ihr die letzten Wochen geleistet habt, ist fantastisch. Herzlichen Dank. Im Namen des Teams möchte ich mich auch bei allen Helferinnen bedanken. Die kommen meistens aus dem Feld der Angehörigen. Ohne euch wäre das alles nicht möglich. Technik, Musik, Anlieferung, Feldbetten, Fotos. Herzlichen Dank. Aufbau, Abbau. Danke. Danke auch an all unsere Partnerinnen, Partnerorganisationen, Initiativen. Ich habe heute schon einige gesehen. Vielen, vielen Dank fürs Kommen. Danke für die gute Zusammenarbeit vor Ort. Möchte ich besonders erwähnen, Music and E. Dankeschön und Strack. Namentlich noch einen ganz kurzen Dank an Barbara Kaufmann. Danke für die Moderation. Wir haben fantastische Videoclips zum Leben mit ME-CFS gemacht. Bitte gerne teilen. Herzlichen Dank, liebe Barbara. Vielen, vielen Dank. Auch an die Rednerinnen, die jetzt folgen. Ich freue mich auf eure Beiträge. Danke. Danke, Astrid. Ja, ich habe mich gar nicht vorgestellt in der Aufbildung. Ich heiße Barbara Kaufmann, das macht man eigentlich schon, ist ja auch ein Professor. Und bin Filmemacherin und Journalistin und habe keine Angehörigen, aber mein Blick auf MECFS ist ganz stark geprägt von der Freundschaft zu Astrid, die mir vor ein paar Jahren ein Mail geschrieben hat und ich war damals noch als Journalistin tätig und konnte mir das überhaupt nicht vorstellen, dass es wirklich sowas gibt in Österreich, dass man Menschen so im Stich lässt. Und so bin ich dazu gestoßen. Eine Überleitung zur nächsten Rednerin. Es ist nämlich gar nicht einfach, können Sie mir glauben, in Redaktionsstuben ein Thema wie ME-CFS unterzubringen, weil, betrifft zu wenige, weil ist da gerade was Aktuelles, sonst können wir nichts machen etc. Aber es gibt dennoch, Gott sei Dank, ein paar Journalistinnen, die sich dieses Themas wirklich immer wieder annehmen und die nicht locker lassen. Und eine davon ist die Ea Capella, Journalistin bei Dossier, die auch bei dieser Recherche, die die Astrid erwähnt hat, beteiligt war und die wirklich eine unerschrockene Kämpferin ist, wenn es um Betroffene geht. Ea, bitte kommen. Ja, hallo. Ich bin Journalistin bei der Rechercheplattform Bossier und ich arbeite seit circa 4 Jahren zu MFCFS. Und ich habe in dieser Zeit Menschen kennengelernt, deren Lebensrealitäten ich mir vorher nicht einmal im Ansatz hätte vorstellen können. Eine junge Frau etwa, die an Tagen, an deren die Symptome so stark sind, so wenig trinkt wie möglich, nicht weil sie keinen Durst hat, sondern weil sie es einfach nicht schaffen würde, mehrmals auf die Toilette zu gehen. Oder Eltern, deren Kinder eigentlich mitten im Leben stehen sollten und heute Pflegefälle sind. Sie liegen in abgedunkelten Zimmern, abgeschirmt von der Außenwelt, rund um die Ohr versorgt, nicht von Profis, sondern von den eigenen Eltern. Welt, rund um die Ohr versorgt, nicht von Profis, sondern von den eigenen Eltern. Oder etwa eine Frau, die noch keine 50 Jahre alt ist und ihre Tage aber auf einer Palliativstation verbringt, versorgt mit Schmerzmitteln und darauf wartet zu sterben. Und ich habe viele Namen gehört von Menschen, die bereits wegen dieser Krankheit gestorben sind. Mich hat die Grausamkeit dieser Krankheit erschockiert. Sie hat meine Vorstellungskraft gesprengt in ihrer Härte, in ihrer Brutalität und in den Möglichkeiten, die sie stiehlt. Noch mehr erschüttert hat mich aber, wie wir als Gesellschaft mit den Erkrankten umgehen. So habe ich gelernt, dass MFCFS seit Jahrzehnten eigentlich anerkannt wird von der WHO, es aber trotzdem keine Medikamente und keine Behandlung für sie gibt. Dass in unserem Gesundheitssystem, das zu einem der besten weltweit zählt, es keine einzige spezialisierte Ambulanz, keine offiziellen Anlaufstellen, kaum Ärztinnen gibt und für die 80.000 Betroffenen in Österreich bedeutet das kein Zugang zu medizinischer Versorgung. Schwerkrankte können keinen Notruf wählen. Das Licht und der Lärm einer Notfallambulanz wäre für sie zu gefährlich. Trotzdem gibt es kein einziges Spital in Österreich, das auf diese schwerkranken Menschen ausgerichtet ist. Es gibt keine Pflegeeinrichtungen, keine Betreuungsangebote und so liegen Schwerkranke in dunklen Räumen, allein ohne medizinische Versorgung, begleitet von Angehörigen an der Grenze zur Belastung. Und ich habe gesehen, wie Institutionen, die eigentlich helfen sollten, nicht nur versagen, sondern aktiv schaden. Sozialversicherungsträger und Gesundheitskassen drängen Betroffene zu Reha-Maßnahmen, die sie noch kränker machen. Wer da nicht mitmacht, dem wird das Reha-Geld gestrichen. Wer MFCFS hat, steht deshalb vor einer schweren Entscheidung. Die Gesundheit oder die finanzielle Existenz. In vielen Fällen erhalten Patientinnen gar keine Sozialleistungen. Kein Pflegegeld, keine Berufsunfähigkeitspension, kein Rehageld. Dazu habe ich mit meinen Kolleginnen vom ORF und der APA recherchiert. Wir haben uns gute Achten angeschaut, die darüber entscheiden, ob Menschen genau diese Leistungen bekommen. Und das Ergebnis war schockierend. MFCFS wurde nicht berücksichtigt. Stattdessen stellten Gutachterinnen psychische Diagnosen oder sie unterstellten den Antragstellerinnen zu simulieren, zu übertreiben. Die Anträge wurden zum Großteil abgelehnt bei Menschen, die so schwer krank sind, dass sie das Haus nicht mehr verlassen können, kaum auf dem Bett ausstehen können. Und ich habe zu Beginn meiner Recherchen oft gehört, das Problem sei MFCFS, das ist so eine rätselhafte Erkrankung, über die wir so wenig wissen. Beides stimmt nicht. Wir wissen, dass es mehr Forschung braucht, um ein Medikament, eine Behandlung zu finden, die MFCFS heilen kann. Wir wissen, dass es mehr Forschung braucht, um ein Medikament, eine Behandlung zu finden, die MFCFS heilen kann. Wir wissen genug, um Erkrankten schon jetzt zu helfen, sie zumindest vor Verschlechterungen zu bewahren. Und wir wissen, welche medizinische Versorgung, welche Betreuung, welche Unterstützungsangebote nötig wären. Wir wissen auch genug Bescheid über das Unrecht, das Patientinnen in Medizin, Verwaltung und Bürokratie widerfährt. Wir müssen jetzt nur noch handeln. Danke, Ea, für den sehr schönen Text. Und weil du auch erwähnt hast, die Kooperation dossiert mit dem ORF, die Constanze Erdl ist heute auch da. Ich sehe sie gerade nicht. Das ist auch eine Journalistenkollegin, da ist sie, die wirklich wahnsinnig engagiert ist und sehr, sehr viel macht über NECFS. Danke noch einmal im Namen von uns allen. Jetzt kommen wir zum dritten Redner. Der Redner ist der Matthias Mollner. Matthias ist ein künstlerischer und er ist Angehöriger oder er war Angehöriger. Matthias ist eine Lebensgefährtin, die Künstlerin und Wissenschaftlerin Ludwig Schoßberg ist letztes Jahr an MCFS verstorben. Wissenschaftlerin Ludwig Schoßberg ist letztes Jahr an ME-CFS verstorben. Und der Matthias ist jemand, der sich wirklich ununterbrochen einsetzt für die Krankheit, für das Thema, für Betroffene und das weiterhin tut. Und ganz herzlich willkommen, Matthias. Schön, dass du da bist. Danke. Ich freue mich sehr, dass heute so viele Menschen gekommen sind, um sich hier am Heldenplatz für Sichtbarkeit aufklären und eine nachhaltige Verbesserung der Situation von ME-CFS-Betroffenen einzusetzen und den Kampf gegen Ignoranz und Desinteresse zu unterstützen. Mein Name ist Matthias Mollner. Desinteresse zu unterstützen. Mein Name ist Matthias Mollner. Ich bin bildender Künstler und habe 2021 zusammen mit meiner Partnerin Judith Schoßböck das Kunstkollektiv Blackfork Studio gegründet. Die schwere Erkrankung meiner Lebensgefährtin und die brutale Lebensrealität der vielen Menschen, die mit ME-CFS, Mastzellaktivierungssyndrom, POTS, Small Fiber Neuropathie und weiteren Krankheiten leben, war für uns Grund, genau hinzuschauen und die Schattenseiten dieses Lebens ebenso zu zeigen, wie die Stärken die Menschen in Extremsituationen entwickeln. Für mich ist klar, Betroffene von ME-CFS gehören zu den stärksten Menschen, die ich kenne. MECFS gehören zu den stärksten Menschen, die ich kenne. Nach dreieinhalb Jahren Bettlägerigkeit und einem progressiven Verlauf ihrer, wie sie sagte, besonders heimtückischen Kombination verschiedener Krankheiten, starb meine Partnerin Judith im Dezember 2024. Bis zuletzt nahm sie aktiv über Social Media am Leben teil und setzte sich künstlerisch und aktivistisch für die Anliegen der vielen Betroffenen in der Community der chronisch Kranken ein. Mit ihrer Kunst und ihren Worten schenkte sie Menschen Hoffnung. Hoffnung, die angesichts der Situation, in der sich viele Betroffene befinden, ganz besonders wertvoll ist. Mit ihrer Kraft in unseren Herzen machen wir weiter und kämpfen für eine Welt, in der Menschen nicht mehr aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, weil sie das Pech hatten, eine Krankheit wie ME-CFS zu bekommen. Um es ganz klar zu sagen, ME-CFS kann jede und jeden treffen. Man kann sie nicht durch gesundes Essen oder Sport vorbeugen, aber man kann das Leben mit einfachen Maßnahmen sicherer gestalten, indem man sich und andere beispielsweise vor Infektionen schützt. So bekommen auch Betroffene wieder mehr Möglichkeiten, am sozialen Leben teilzunehmen. Eine Gesellschaft, die auf ihre vulnerablen Mitglieder achtgibt und sie teilhaben lässt, ist eine sozial entwickeltere Gesellschaft als eine, in der alle nur auf sich selbst schauen. Im Kontext medizinischer und sozialer Versorgung von Betroffenen mit ME-CFS in Österreich stehen wir immer noch auf einer sehr niedrigen Entwicklungsstufe, die sich erst langsam, viel zu langsam zu ändern beginnt. Die Ignoranz etlicher Personen und Institutionen im österreichischen Sozial-, Gesundheits- und Medizinsystem ist sagenhaft schrecklich. Hier werden wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und geleugnet. Stattdessen wird betont, dass man selbst immer auf dem neuesten Stand der Wissenschaft sei. Gleichzeitig werden diagnostische Begriffe häufig aus dem Psychiatrie-Spektrum herangezogen, die teils völlig veraltet und nicht mehr gebräuchlich sind und die mit ME-CFS als körperliche Erkrankung schon mal nichts zu tun haben. Es darf nicht sein, dass einzelne Personen, ich spreche hier von GutachterInnen oder ChefärztInnen, derart viel Macht bekommen und unangreifbar werden, sodass sie vorhandene Diagnosen einfach wegwischen und durch ihre eigenen Diagnosen ersetzen können, die dann häufig im Spektrum der psychischen Erkrankungen fallen. Nur wenn Applaus und die nicht durch ideologische Scheuklappen oder politische Kopf-in-den-Sand-Steckspiele weggehen wird. Im Gegenteil, es kommen stetig neue Betroffene dazu. Der Kampf um soziale und medizinische Versorgung ist ein groteskes und perverses Spiel, das vielen Menschen, Betroffenen wie Angehörigen, wichtige Energien und Lebenszeit raubt. Energie, die die Betroffenen nicht haben und die jeden Tag damit kämpfen, die ihnen zur Verfügung stehende Menge so aufzuteilen, dass es nicht zu noch schlimmeren Zuständen in Form von Crashs oder einer generellen Verschlechterung ihrer Krankheiten kommt. Macht- und Hierarchiedenken sind ganz üble Begleiterinnen, wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen. Den Ärztinnen, Gutachterinnen, Beamtinnen und all jenen, die mit Betroffenen und Angehörigen in Kontakt kommen, kann ich als Pater einer verstorbenen Schwerstbetroffenen einen Ratschlag geben. Seid demütig und dient den Menschen. Wenn Betroffene mit so schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben, dann darf man ihnen nicht noch mehr Steine vor die Füße werfen und sie nicht noch weiter hinausträngen aus der Gesellschaft. Hier braucht es Personen, die die Fähigkeiten haben, sich auf die Probleme der Menschen einzustellen, die sich kontinuierlich weiterbilden und die dem Leben und seinen manchmal extremen Herausforderungen gegenüber neugierig und offen sind. Dann ist es möglich, den Betroffenen den ein oder anderen Stein aus dem Weg zu räumen, anstatt ihnen noch mehr Hürden aufzubauen. ME-CFS und seine schweren Begleiterkrankungen sind multisystemische Giftcocktails, die so häufig auftreten, dass es völlig unverständlich ist, warum noch immer so wenige darüber Bescheid wissen. Bei anderen bedrohlichen Körperzuständen, wie zum Beispiel bei Krebserkrankungen, schreien die meisten intuitiv vor Schreck auf, wenn Angehörige oder man selbst daran erkrankt. Es wird verständlicherweise als schwerer Schicksalsschlag empfunden und gleichzeitig gibt es hier ein Gesundheitssystem, das den Betroffenen wirklich zu helfen versucht. Menschen mit Krebs bekommen umfassende medizinische Versorgung und Unterstützung. Menschen mit ME-CFS bekommen was? Wer hört die Hilferufe der Betroffenen und Angehörigen bei einer Krankheit wie ME-CFS? Hilferufe der Betroffenen und Angehörigen bei einer Krankheit wie ME-CFS. Wer handelt, wenn Menschen mit schweren Körpersymptomen in dunklen Räumen liegen und es unmöglich ist, sie in die Notaufnahme eines Krankenhauses zu fahren, weil es ihre Symptome noch weiter verschlimmert? Wer handelt, wenn es Menschen so schlecht geht und sie davon berichten, wie viele Nahtoderfahrungen sie im letzten Monat bereits durchgemacht haben, aber es immer noch schlimmer geht. Die Hölle MEZFS ist tief. Sie ist viel tiefer, als man es sich vorstellen kann und möchte. Ich übertreibe hier nicht in meinem Bericht, sondern erzähle aus eigener Erfahrung von der beinharten Realität, mit der MEZFS-Betroffene und ihre Angehörigen konfrontiert sind. Wie ich bereits vor einem Jahr bei meiner Rede am Heldenplatz gesagt habe, ME-CFS ist ein mit zwei Türen verschlossenes Gefängnis. Eine Tür ist die Krankheit, die andere ist eine Gesellschaft und Politik, in der die Menschen nicht ernst genommen werden. Wir benötigen sowohl einen raschen Fortschritt in Forschung und Medizin, als auch ein Update unseres gesellschaftlichen Umgangs mit chronisch kranken Menschen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Betroffenen Hilfe verwehrt wird, dass ihre Krankheiten lächerlich gemacht oder ignoriert werden, dass sie in einen Zustand des körperlichen und sozialen Prekariats rutschen und dort bis zu ihrem Lebensende gefangen bleiben. Wenn jemand Schmerzen hat, dann lässt man sie oder ihn nicht einfach liegen oder sagt, du bildest dir das bloß ein. Dann hilft man. Das ist die Basis unseres Zusammenlebens als menschliche Spezies. Danke. Danke, Matthias. Ganz toll. Jetzt kommt eine Rednerin von der Evangelischen Kirche in Mödling. Die Heidrun Janach hat ein paar Gedanken zur MEZFS, die sie gerne mit uns teilen möchte. Bitte, Frau Janach. Dankeschön, mein Name ist Heidrun Janach. Ich gehöre zur MEZFS-Aktionsgruppe der Evangelischen Diakonie in Mödling. Seit zwei Jahren arbeiten wir und tun wir mit unseren Waffenkräften, was wir können. Ich habe da einen kleinen Text geschrieben. Für alle mit ME-CFS. geschrieben, für alle mit MECFS. Weil du schweigen musst, müssen wir reden. Weil du leiden musst in deiner Schwachheit, wir laut und klar sein in der Welt. Weil du nichts sehen kannst durch die Maske, die dich schützt vor den Schmerzen, die das Licht verursacht, müssen und wollen wir sichtbar machen, wovor viele schon so lange wegblicken. Weil du nicht hinausgehen kannst, um zu sagen, da war ich auch einmal mitten im Leben. Deshalb gehen und reden wir für dich. Danke. Dankeschön. Danke, Frau Janne. Und jetzt werde ich einen Text lesen von mir, den ich vor zwei Jahren im Kurier geschrieben habe für den NECFS-Tag. Wer wir sein wollen, heißt der Text. Wer sind wir? Wer wollen wir sein? Was macht uns aus als Einzelne, als Gesellschaft, wenn nicht, wofür wir bereit sind einzustehen? Und nicht nur wofür, sondern vor allem für wen? Millionen werden vermisst. Unter diesem Motto steht der Protest am internationalen ME-CFS-Tag weltweit. Er findet in vielen Städten statt, in denen Erkrankte mitten aus dem Leben gerissen wurden. Ohne Vorwarnung, ohne Vorahnung. ME-CFS ist eine Krankheit, die unerwartet kommt. Es ist eine Krankheit, die unerwartet kommt. Es ist eine Krankheit, die junge Menschen zu Pflegefällen macht und Eltern zu Pflegekräften. Es ist eine Krankheit, die Zukunftsträume zerstört und Vertrauen vernichtet. Es ist eine Krankheit, die auslaugt, die schwächt, die lähmt. Als wären Gewichte an Armen und Beinen und Augenlidern montiert, die nach unten ziehen, die selbst im Liegen die Glieder schwer machen. Es ist eine Krankheit, die jedes Geräusch zu Lärm und Lärm zur Qual macht. Schritte auf der Treppe, die Lüftung im Badezimmer, ein Staubsauger im Stockwerk darüber. Es ist eine Krankheit, die aus alltäglichen Handgriffen olympische Disziplinen macht. Zähne putzen, zur Toilette gehen, aufrecht stehen. Es ist eine Krankheit, die Erkrankte ihrem Umfeld entzieht, ihren Familien, ihren Kolleginnen, ihren Freundinnen, weil Nähe zum Kraftakt wird. Ein Telefonat, ein kurzes Gespräch, ein gemeinsames Essen, kaum bewältigbar. Es ist eine Krankheit, die Erkrankte auf sich selbst zurückwirft, die einsam macht, die isoliert. Betroffene müssen sich damit abfinden, dass ihr Leben nie mehr dasselbe sein wird, dass vieles, woran sie geglaubt haben, worauf sie sich verlassen haben, nicht mehr gilt. Sie müssen sich aber auch mit letzter Kraft zu Ämtern schleppen, müssen sich verteidigen, müssen ihre Schmerzen beweisen, müssen immer wieder über ihre Grenzen gehen, Zusammenbrüche riskieren, um in einem System gehört zu werden, in dem nur noch gehört wird, wer laut genug schreit. Und zur Seite geschoben, übergangen, ignoriert, wem die Stimme fehlt. Sie müssen sich gefallen lassen, dass ihre Wahrnehmung in Frage gestellt wird, ihre Symptome nicht geglaubt, ihre Beschwerden als Einbildung abgetan werden. Sie müssen ertragen, dass man ihnen unterstellt, zu übertreiben, zu betrügen, zu lügen. Millionen werden vermisst. Vermisst, verschwunden, verdächtigt. Krankheiten können uns alle treffen. Ganz gleich, wer man ist und wo man war, bevor die Krankheit ins Leben getreten ist und es für immer verändert hat.