Crossing Europe. Das internationale Filmfestival in Linz war auch dieses Jahr ein Ort der Begegnung für Filmkünstler und Filmkünstlerinnen. Fünf Artists waren live zu Gast bei Radio Froh für die Sondersendung Kino für die Ohren im Kultur- und Bildungskanal. An Tag vier führte Michael Diesenreiter ein Interview mit Regisseur und Umweltaktivist Edgar Honetschläger über seinen Film Midas Arndt. Und jetzt ist es soweit. Ich begrüße meinen Live-Gast hier bei Kino für die Ohren bei Radio Froh in unserem schönen Studio. Edgar Honetschläger, hallo, ich grüße dich. Hallo. Hallo, ich grüße dich. Hallo. Ja, Edgar, du bist Local Artist Special in dieser 2025 neu geschaffenen Kategorie beim Crossing World Film Festival. Wie geht es dir denn mit dieser Kategorisierung? Also sagen wir mal so, es ehrt mich und ich freue mich, dass man meiner Arbeit hier Raum gibt, wie auch im Nordico Stadtmuseum. Allerdings ist natürlich die Bezeichnung Local Artist sehr gut gemeint, weil ich diese Stadt vor 40 Jahren verlassen habe und seitdem vor Beginn im Ausland lebe. Also ich habe sehr, sehr lange gelebt in den Staaten, noch viel länger in Japan, in Brasilien und jetzt lebe ich schon sehr lange in Italien. Händle nach Wien, aber bin hier geboren. Und du hast mir erzählt, wie du angekommen bist. Du kennst die Stadtwerkstatt noch von früher. Ja, das ist richtig. Also ich gehörte nicht zu jenen, die die Stadtwerkstatt gründeten, aber ich bin natürlich als Junger regelmäßig dort bei Veranstaltungen gewesen. Das alte Gebäude gab mit diesen wunderschönen Fresken außen oder Art Fresken, gekratzt war das alles. Und ja, also ich habe einfach das Land Graf groß und all diese Dinge. Und ich war sogar als Teenager bei der ersten Ars Electronica dabei, was ganz, ganz aufregend war. Oh, 1979 müsste das dann gewesen sein. Ja, genau. Hui. Und wann warst du zuletzt in der Stadtwerkstatt? Kannst du dich da erinnern? Wird schon einige Jahre her sein, aber ich kann es nicht festmachen. Wie kam es dazu, dass du so rund um den Globus sozusagen mal dort, mal da gewohnt hast? Warum Japan, warum Italien jetzt zum Beispiel? Warum Japan, warum Italien jetzt zum Beispiel? Ich denke, was sich dazu beigetragen hat, war, dass ich hier in Linz in einem englischen Kindergarten war, der mich vorbereitet hat auf die angloamerikanische Welt. Aber auch, weil meine Mutter in einem oder zwei Kinos arbeitete und ich dadurch aufgewachsen bin im Kino. Und das hat sicher dazu beigetragen, dass ich hinaus wollte. Und zuerst einmal habe ich klein angefangen, bin nach Graz gegangen, dann nach Wien und dann von Wien nach New York gezogen. Und von dort aus dann nach Tokio. Und ich habe mir einfach, ich weiß nicht, ich bin irgendwann mal zu einem Blatt im Wind geworden. Also Schicksal hat mir immer wohin geweht und das habe ich immer gerne angenommen und eigentlich ist es bis heute so. Jetzt bist du in Italien und bleibst dort oder zieht es dich wieder woanders hin? Ich glaube, solange ich bei Sinnen bin, werde ich diesen Lebensstil nicht verändern, weil ich mich ja nie als Besucher fühle, sondern ja immer so lange bleibe, dass ich, soweit man kann, Teil werde einer anderen Kultur. Und einstweilen gefällt es mir immer noch sehr, sehr gut. Also wäre Fukushima nicht passiert, würde ich wahrscheinlich immer noch in Tokio sein. Aber Italien ist ein mehr als guter Ersatz für Japan. Okay, warum würdest du oder warum gerade wegen Fukushima? Naja, Fukushima hat mich und meine kleine Familie dort vertrieben, weil meine Lebensgefährtin einfach Angst hatte um das Kind, weil die Radioaktivität in Tokio war sehr hoch. Und sie meinte dann, wir sollten zurück nach Europa gehen. Und ich habe in Wien eine Wohnung und dann sind wir da zurückgegangen. Und dann war aber schnell klar, Wien allein wird nicht genügen. Und dann habe ich ein Haus gemietet in Italien am Land. Also ich bin umgezogen von der größten Stadt der Welt, 39 Millionen Menschen, in eine Stadt mit 16.000 Menschen. Okay, große Umstellung quasi. Ja, der Natur näher, das war gut. Genau, das Stichwort von deinen Filmen auch, da ist man der Natur auch sehr nahe. Midas Arns, Le Formiche de Mida, die Mida, jetzt verstehe ich auch, warum der auf Italienisch ist, mit englischen Untertiteln, der läuft morgen, also morgen Samstag um 16.30 Uhr im MUFI 2. Worum geht es bei diesem Film? Le Formiche de Mida heißt, Le Formique des Midas heißt die Ameisen des Midas, also die Ameisen des König Midas. Jeder, oder fast jeder, kennt die Geschichte vom König Midas, der sich an einem bestimmten Punkt wünschte, dass alles, was er berührt, zu Gold werde, was letztendlich dazu führt, dass er seine eigene Tochter in Gold verwandelt und dann kommt er erst darauf, welchen Fluch er sich da gewünscht hat. Das ist Mythologie. Aber die dem zugrunde liegende Mythologie ist, dass dieser König Midas als Baby von seinen Eltern ausgesetzt wurde und ihn Ameisen genährt haben. und ihn Ameisen genährt haben. Ameisen haben ihm Essen zum Mund geführt und haben ihn so überleben lassen. Und so gesehen ist die Grundfrage des Filmes, wie kann ein Mensch, der der Natur sein Leben verdankt, später im Leben sich nichts mehr als Gold wünschen. Und das mit sehr naturreichen Bildern? Ja, das ist in der Covid-Zeit gedreht. Wir konnten nicht weit. Und dort, wo ich lebe, in Italien, dort sind vorwiegend Bauern. Und ich habe mit den Bauern und mit den Mechanikern und mit den Leuten vor Ort, die mir mittlerweile sehr vertraut sind, über dieses Thema einen Film gemacht. Ursprünglich wollte ich einen Film machen über die Natur, das ist es auch geworden, aber ich wollte zuerst den Menschen aus diesem Film ausschließen, aber es hat sich sehr schnell herausgestellt, dass um eine Geschichte zu erzählen und nicht beim Universum zu landen, du trotzdem den Menschen als Vermittler brauchst. Wobei erzählt wird die Geschichte von einem Esel, wenn ich das so verraten darf. Das ist richtig, es ist ein Esel, ein philosophischer Esel, der eigentlich der Hauptdarsteller des Filmes ist. Für den habe ich sogar ein Esel-Casting gemacht, 32 Esel habe ich mir angeschaut. Und ich wollte, weil der berühmteste Esel in der Filmgeschichte ist sicher der von Bresson, die Balthasar. Und diese Geschichte setzt sich in der Filmgeschichte insofern fort, als der Esel immer dargestellt wird als unglaublich, dass er die Menschen in seiner Denke nicht übertrumpft, aber er lacht über das Tun der Menschen. Irgendwie eine absurde Szene, wo quasi jemand mit einem Gewehr auf Ameisen schießt. Und es geht so um die Frage quasi, was wäre, sondern wenn sie von uns geschaffen worden wäre. Das finde ich einen wahnsinnig reizvollen Gedanken. Und wenn du jetzt auf diese Figur referiert hast, das ist ein 84-jähriger Freund von mir, der auf die Ameisen schießt. Eigentlich ist er Jäger, aber ich lasse ihn im Film einen Priester spielen, der alles, was er nicht versteht, erschießt. Und dazu gehören eben auch die Ameisen, weil wir in meinen Filmen nicht zum ersten Mal auch Tiere reden. Ja, nicht wirklich reden, aber wir hören ihre Gedanken. Also das ist eine schwierige Sache, weil die können ja nicht unsere Sprache, aber trotzdem. Und ich möchte sozusagen ihnen Anima geben, ihnen zusprechen, dass sie auf jeden Fall mit uns gegründet habe, dass wir die demokratischen Prinzipien auf alle Lebewesen ausdehnen. Wieso ist dieses Prinzip Demokratie nur auf Menschen zu denken? Wieso ist es nicht auf alles, was existiert in dieser Welt zu denken? Auch Pflanzen? Natürlich. Auch Pflanzen und jede Ameise. Wie meine Mutter immer sagte, auch der kleinste Wurm hat dieselbe Berechtigung, in dieser Welt zu sein, wie du als Mensch. deswegen quasi mit lokalen Menschen zusammengearbeitet, mit Freunden etc. Wie kommt das dann an, wenn du als Filmemacher dann, ich sag mal, jetzt in deinem lokalen Umfeld da so einen Film machst? Ja, natürlich. Von der technischen Seite her waren das alles Professionisten, die da mitgearbeitet haben. Was die Menschen betrifft, die mir geholfen haben, die Darsteller, die Laiendarstellerinnen, war das anfänglich nicht leicht, weil die Angst hatten vor der Kamera, weil die Berufe ausüben, die nichts mit dem zu tun haben. Aber es ist mir schon gelungen, ihnen die Angst zu nehmen, weil ich habe ja niemanden im Sinne von Sozialpornografie irgendetwas aufsagen lassen, sondern das sind sie. Aber ich habe schon ein Drehbuch geschrieben, aber nehmen wir mal den Mechaniker her, der hat natürlich ganz, ganz klare politische Vorstellungen. Und wenn ich, ich kann das jetzt sozusagen auf ein Level bringen, wo ich sage, okay, und er führt eine Diskussion über die Renaissance und was ihm an der Renaissance nicht gepasst, dann widerspricht es nicht seinen wirklichen Gedanken, ich habe es nur übersetzt. Und diese Übersetzung, die war natürlich am Anfang schwer für ihn, im Sinne von, nicht, dass er es nicht verstehen könnte, sondern, dass er die dann vor einer Kamera rüberbringt. Aber die haben dann alle einen irrsinnigen Ehrgeiz entwickelt und wollten das natürlich machen und waren stolz darauf, dass sie in einem Film sind. Okay, also war es dann nicht schwierig, sozusagen die Leute zu finden oder zu überreden, da dann auch mitzumachen? Nein, am schwierigsten war der Esel, trotz Casting. Weil wenn man einmal einen Esel hat am Set, dann ist der Esel der Regisseur, weil du hast eigentlich nicht mehr viel auszurichten, der macht, was er will. Magst du den Schnitt dann auch selber? Ich habe bei dem Filmschnitt gemacht, ich mache bei jedem Filmschnitt, aber nie alleine. Ich habe immer wenigstens einen Professionisten dabei, also jemand, der wirklich gut schneiden kann. Ich habe ziemlich klare Vorstellungen, wie beim Dreh schon, was ich haben will und vieles davon könnte ich technisch gar nicht. Darüber hinaus ist es immer gut, Film ist eben gemeinsam und es ist total gut. Du musst eigentlich von Anfang bis zum Ende des Films Leute hinzuziehen, die viele Dinge besser wissen als du als Regisseur. Das ist ja das Schöne am Filmemachen. Und es ist gut, immer Beratung zu haben und Menschen, denen man vertrauen kann. Okay, das heißt, du lässt dir dann durchaus auch in deinen Film reinreden oder was sagen. Es ist keine, du bist als Filmemacher keine One-Man-Show sozusagen. Letztendlich mein erster Spielfilm, den ich gedreht habe in New York und in Tokio, der kam 1997 heraus. Da wollte ich wirklich demokratisch einen Film machen. Da habe ich sehr schnell lernen müssen, dass es einfach immer wen braucht, der letzten Endes den Ton angibt, weil sonst fällt alles vollkommen auseinander. Also du brauchst leider eine Art von Hierarchie. Gleichzeitig ist aber das Filmmachen für mich sehr, sehr demokratisch, weil wenn der Assistent vom Assistenten nicht funktioniert, dann kann ich in den Höhen des Regieführens überhaupt nichts machen. Du bist von allen abhängig. Und deswegen ist es auch gescheit, weil man die Leute gut behandelt, weil man sie einfach braucht, schon auch beim Mitdenken. Jetzt ganz konkret bei dem Film, wo du mit Laien oder machst du das immer, dass du mit Laien, Schauspielern und Schauspielerinnen zusammenarbeitest? Das ist so divers in meinem Filmschaffen. Es gibt auch Filme, wo nur Schauspieler sind. Und dann wird es auch wieder gemischt. In dem Fall waren es halt alles Laien. Genau. Und was bleibt dann von so einem Drehbuch letzten Endes übrig? Was ändert sich? Oder hast du schon beim Schreiben die ganz konkrete Vorstellung, wie das am Ende dann ausschauen soll? Es bleibt bemerkenswert viel übrig, würde ich mal sagen, vor allem was die Dialoge betrifft. Die Reihenfolge ändert sich meistens dramatisch. Also es kann was ziemlich weit hinten sein, das dann ganz nach vor rückt, weil es dann einfach den Film besser, also das, was man zu sagen hat, zum Ausdruck bringt. Und natürlich passieren spontane Dinge. Also ich finde schon beim Film, dass Vorbereitung sehr viel bringt, weil das dir dann letzten Endes die Möglichkeit der Improvisation gibt. Weil du willst ja auch, wir haben zuerst gesprochen über das Talent oder die Talente, mit denen man zusammenarbeitet. Und dazu gehören ja maßgeblich die Schauspieler und Schauspielerinnen und durchaus auch Laien. Und jede von denen bringt etwas ein, das nicht unbedingt im Drehbuch steht, was man dann später gut verwenden kann. Es gibt auch noch einen zweiten Langfilm von dir. Der läuft am Sonntag, mittags schon, um 12.15 Uhr, na blödsinn, um 11 Uhr schon, genau, sonntags um 11 Uhr in Movie 2. Das ist On, The Beginning and the End of All Things. Der ist allerdings schon etwas älter, habe ich gesehen. habe ich gesehen. Den hast du noch gedreht, als du noch in Japan gelebt hast. Vermutlich. Ja, das ist richtig. Weil er in Japan quasi produziert wurde und auch in japanisch und portugiesisch quasi in den Sprachen gezeigt wird. Worum geht es da? Also Aoun... Ah, so spricht man es aus. Aoun ist ein japanisches Wort. Vor jedem Shinto-Schrein gibt es zwei Tempelwächter, A-gyo und Un-gyo. Die bewachen den Tempel und die stehen für das Ein- und Ausatmen. Das erste Einatmen nach der Geburt und das Ausatmen beim Tod. nach der Geburt und das Ausatmen beim Tod. Und in dem Film geht es darum, um das Faustsche Thema. Es geht um einen Wissenschaftler, der sich einbildet. Er könne einen Motor erfinden, der Wasser verbrennt. der mit Wasser zu, der Wasser verbrennt und in letzter Konsequenz führt das alles irgendwie, wie so oft, das gut Gewollte führt genau zum Gegenteil. Also Aoun ist auch ein Film, der sich dann letztendlich sehr mit dem animistischen, shintoistischen Prinzip beschäftigt. Wieder das Thema, dass alles, was lebt, eine Seele hat und das geht es eigentlich in dem Film. Als Umweltaktivist überholen dich dann oft deine eigenen Filme? Einfach von dem, was passiert auf der Welt und wie sich so die Klimakatastrophe voranschreitet? in mir steckt bis zur Gründung der NGO GoBucksGo wahnsinnig viel Verzweiflung über das, wie es in der Welt ausschaut und Hoffnungslosigkeit im Sinne von wo soll das alles hinführen und es ist umso tragischer, wenn man vieles davon sieht, voraussieht, ich habe Arbeiten gemacht vor 25 Jahren, wo die Leute jetzt sagen, das ist total aktuell, jetzt, ein Vierteljahrhundert später. Wieso hat damals niemand zugehört? Also hätte ich nichts geändert in Wirklichkeit. Mein Prinzip ist das, dass sobald ich aktiv werde, geht es mir besser, den anderen besser und auch der Umwelt besser. Also nur Motschkern und nur sagen, es ist schlecht, es wird immer schlechter und es regnet nimmer und es wird immer heißer. Okay, dann mach was. Dann fühlst du dich ja besser. Also ich habe immer eine Institution gegründet, die Ländereien kauft mit den Mitteln von Mitgliedern und wir erklären die zu Non-Human-Sons. Da darf kein Mensch mehr hinein. Das ist eine künstliche Maximalforderung. Und du kannst dir gar nicht vorstellen, was da für Widerstand gibt. Die Leute haben total Angst davor, dass der Mensch auf einmal über ein Stück Land nicht die Hand hat. Aber seitdem ich das mache und mittlerweile sind wir um die 1500 Leute, ist es so, dass alle so eine Freude haben damit. Natürlich ist es nur ein Tropfen auf den heißen Stellen, wenn überhaupt. Aber man wird aktiv und das gibt einem persönlich Hoffnung. Es ist genauso dramatisch, wenn du im Sommer liest, dass die Wälder brennen in Sibirien und in Griechenland und meinetwegen in Kalifornien oder so. Aber trotzdem hast du das Gefühl und du tust dir auch konkret was. Ich schenke dem seit sieben Jahren große Teile meines Lebens und viele andere auch. Alle machen das pro bono und das regt wieder andere ein und das bringt dich vor allem. Und das ist das Schöne. Es gibt so viel Zerstörung und so viel widerlichste Politik, aber es gibt auch so viele wunderbare Menschen da draußen, die einfach sich bemühen und echt was tun. Also ich bin ja nicht der Einzige. Es gibt unglaublich viele tolle Institutionen. Und wenn man sich mit diesen Leuten vernetzt, dann geht es einem viel besser, weil es geht um Gemeinschaft. Nur gemeinsam können wir es schaffen, dass wir die Kurve kratzen.