Guten Abend im Stifterhaus, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es freut mich, dass Sie heute Abend den Weg zu uns gefunden haben, zu einer Veranstaltung unserer Reihe Denken, Leben, Schreiben, Positionen und Welthaltungen österreichischer Autorinnen. Die letzte Veranstaltung dieser Reihe, manche wissen es vielleicht, war geplant für den 29. April. Zu Gast wäre Elia Trojanow gewesen. Die Veranstaltung musste leider kurzfristig aufgrund eines Todesfalles in der Familie des Autors abgesagt werden. Wir werden die Veranstaltung aller Voraussichten auch im Herbst nachholen. Jetzt aber zum heutigen Abend. Jetzt aber zum heutigen Abend. Bestimmt haben Sie, wie auch mich, die Ereignisse des heutigen Tages am BRG Dreierschützengasse in Graz sehr bestürzt. Immer wenn so etwas geschieht, was in Österreich glücklicherweise sehr, sehr selten der Fall ist, kommt mir ein Satz von Albert Camus in den Sinn, formuliert im Mythos des Sisyphus. Zitat Camus, es gibt viele Sachen, für die Menschen bereit sind zu sterben, aber nur wenige, für die sie bereit sind zu leben. Zitat Ende. Und ich frage mich stets, ist das so? Und wenn ja, warum? Warum verwendet ein Mensch so viele Kapazitäten auf etwas Destruktives, etwas Zerstörerisches, darauf anderen Menschen Leid zuzufügen. Viel zu nah ist das heute Geschehene, als dass man irgendwelche Schlüsse ziehen könnte und Vermutungen sind Schall und Rauch und tragen selten etwas Positives bei. Und nichtsdestotrotz stellen wir alle insgeheim solche Vermutungen an. Was man jedoch mit Recht fragen kann, weil es die Zeit hergibt, in der wir uns befinden, wie ist es ganz grundsätzlich dazu gekommen, dass wir uns zumindest scheinbar, oder ich nehme es an, zunehmend in einer gesellschaftlichen Umbruchphase befinden, in einem Negativstrudel, in dem eine teils unverhohlen offen vorgetragene Abkehr von Humanismus, Demokratie, der von Gemeinschaft insgesamt vorherrscht und eine Zunahme an Entsolidarisierung, an Radikalität und ein Aufstreben totalitärer Denkmuster beobachtet werden kann. Vielleicht wäre es unser heutiger Gast Gast ein paar Antworten auf Fragen, die diese und andere gesellschaftliche Entwicklungen betreffen, denn bei gesellschaftlichen Zuständen und Entwicklungen, insbesondere im politischen Feld, ist er zweifellos in seinem Metier. Ich darf ihn jetzt ganz herzlich im Stifterhaus begrüßen. Guten Abend, Doron Rabinovitsch, danke fürs Kommen. Doron Rabinovitsch wurde 1961 in Tel Aviv geboren. Als er drei Jahre alt war, übersiedelte die Familie nach Wien, wo er später Geschichte, Ethnologie, Medizin und Psychologie studierte und im Jahr 2000 im historischen Fach mit einer Arbeit promovierte, die folgenden Titel trug, Instanzen der Ohnmacht, die wiener jüdische Gemeindeleitung 1938 bis 1945 und ihre Reaktion auf die nationalsozialistische Verfolgung und Vernichtung. Wie schon angedeutet, sind Themen, die den nach wie vor in Wien lebenden Schriftsteller, Historiker und Esaisten Doron Rabinovic schon sein ganzes Leben lang umtreiben, Antisemitismus, Rassismus und Faschismus auf der einen, Pluralität, Demokratie und eine offene Gesellschaft auf der anderen Seite. Thorin Rabinovitsch, von dem zuletzt, nämlich 2022, der viel beachtete Roman Die Einstellung im Surkamp Verlag erschienen ist, er hat diesen Roman auch hier auf der Bühne präsentiert, wurde für sein Schaffen vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Jean-Amery-Preis für Esaristik 2002, dem Anton-Wildgs-Preis 2010, dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz im Denken und Handeln 2015 oder zuletzt 2022 mit dem österreichischen Ehrenzeichen und dem österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. Letztere Ehre teilt er sich sozusagen mit dem Gesamtmoderator der Reihe Denken, Leben, Schreiben, dem 2013 nicht das gleiche, aber das goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich verliehen worden ist und den ich auch ganz herzlich im Stifterhaus begrüßen darf. Herzlich willkommen Michael Kerbler. Schön, dass du wieder da bist, Michael. Neben seiner fast 40-jährigen beruflichen Karriere beim ORF, wo er zwischen 2003 und 2013 die Leitung der Ö1-Senderei im Gespräch inne hatte, engagierte sich Michael Kerbler auch viele Jahre lang bei Amnesty International und in der NGO Menschen für Menschen. Das war es von meiner Seite und ich darf die beiden Herren auf die Bühne bringen. Vielen Dank. Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Nachdem Doron und ich uns schon ziemlich lange kennen, wäre es irgendwie seltsam, wenn wir in das Sie wechseln würden. Dann wird das Gespräch auch nicht so gut. Und nur zur Aufklärung, dass es diesmal ein Du auf der Bühne gibt. Ja, wie anfangen an einem Tag wie diesem? 25. Juni. 25. Juni. Du warst selber mal, ich glaube, vor 30 Jahren in Klagenfurt. Ingeborg Bachmann Wettbewerb. Und das war der zweite Roman, die Suche nach M. Da hast du eine... Das zweite Buch. Das zweite Buch, ja, das zweite Buch. Eine Episode daraus vorgelesen. Und was mir aufgefallen ist, natürlich wie vielen von Ihnen mit Sicherheit, die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Das ist der zentrale Satz in Ihrer Dankesrede, als sie den Preis der Kriegsblinden für das Hörspiel damals bekommen hat. Ich habe mir dann gedacht, ich habe diese Rede zur Hand genommen und habe mir dann gedacht ich habe das zur Hand genommen diese Rede und habe mir gedacht, eigentlich der Schlüsselsatz steht davor dieses Zitat merkt man sich leicht aber der Schlüsselsatz davor heißt wie der Schriftsteller die anderen zur Wahrheit zu ermutigen versucht durch Darstellung so ermutigen ihn die anderen wenn Wahrheit zu ermutigen versucht durch Darstellung, so ermutigen ihn die anderen, wenn sie ihm durch Lob und Tadel zu verstehen geben, dass sie die Wahrheit von ihm fordern und in den Stand kommen wollen, wo ihnen die Augen aufgehen. Die Wahrheit nämlich ist dem Menschen zumutbar. Mit dem Robert Menasse, der mich vor langer Zeit darüber geredet hat, hat er gesagt, Schreiben heißt Wahrheitssuche. Und die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar und die Literatur ist ein probates Mittel, Leben als Ob zu simulieren und uns ins Nachdenken zu bringen. Und meine Frage am Anfang ist, erstens, ob du das auch so siehst, als Aufgabe, das Schreiben, sagt der Leser Literatur, sagt der Autor Wirklichkeit, sagt der Leser Wirklichkeit, sagt der Autor Literatur. Also Literatur, Wirklichkeitkeit und was willst du damit erreichen? Mein Schreiben ist auch ein Festhalten und mein Schreiben ist auch der Versuch zu sagen, wie es gewesen sein könnte. Mein historisches Arbeiten wurde erwähnt, Instanzen der Ohrmacht. Als Historiker erzähle ich ja den Leuten vorgeblich, die Historiker und Historikerinnen glauben nicht mehr so ganz daran, es war einmal. Und das macht dann die Erwachsenen zu Kindern, weil ein Historiker spricht. Aber das Interessante an der Literatur ist das auch, was Adorno gesagt hat, als er meinte, Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein. Und das bedeutet nicht, dass man lügt, sondern im Gegenteil, dass man das Etikettenschwindel bleiben lässt. Das heißt, ich kann versuchen zu erzählen, wie es gewesen sein könnte. Und das bedeutet mehrfaches. Das bedeutet einerseits, wie es für eine Person gewesen sein könnte. Andererseits, wie es gewesen sein wird. Ich glaube, das ist sogar die bessere Form, es auszudrücken. Nicht wie es war, sondern wie es gewesen sein wird. Wie es gewesen sein wird, bedeutet nämlich auch eine Fortschreibung. Und das ist, glaube ich, etwas, was dem Schreiben auch nahe kommt. Dass man nicht ein Prophet sein möchte, so wird es sein, sondern eher ein Geschichtenschreiber, aber der Zukunft. Also ich weiche von meinem Manuskript ab und vergesse es. Wie heißt denn das, wenn du ein Märchen erzählst in Hebräisch? Ich frage das deshalb, weil ich hatte eine Zeit lang das Vergnügen, in der arabischen Welt unterwegs zu sein für den ORF. Bei uns heißt es, es war einmal. Im Englischen beginnt das Märchen schon mit Once upon a time. Im Arabischen heißt es ganz ehrlich, es wird gesagt. Da behauptet niemand, es war so. Wie heißt es im Hebräischen? Es heißt Hayohayabam. Ich schaue den Iraner an, weil wir beide haben das so gehört als Kinder. Hayohayabam. Ich schaue den Iran an, weil wir beide haben das so gehört als Kinder. Ayo Hayapan. Ja, es war einmal. Und das Märchen aber, das ist ja ganz interessant, das ist der Febräisch, die Haggadah ist gleichzeitig die Legende, die wir am Pessach-Tisch einander vorlesen. Und das beginnt damit in diesem Fest, dass den Auszug aus Ägypten, also eigentlich wirklich das Paradigmatische der jüdischen Geschichte feiert, nämlich Fremde seid ihr in Ägypten. Und dieses Vorlesen beginnt mit den vier Fragen des Kindes. Der Jüngste am Tisch hat die Fragen zu stellen. Und der Vater hat Antworten zu geben. Heutzutage ist es nicht unbedingt der Vater, aber so ist es eigentlich traditionell. Der Vater hat dann die Antworten zu geben. Antworten zu geben. Und diese Geschichte ist sehr heftig, weil es ist nämlich der Dümme ist und der, der Böse ist. Und dem Bösen soll er sagen, dich hätte Gott nicht befreit. Natürlich ist es so, dass am Tisch keine so bösen Kinder sitzen. Aber es werden alle vier Antworten vorgelesen. Und das, was der Unterschied ist zu früher, seit der Shoah, ist, dass die Antwort, wenn du dabei gewesen wärst, wärst du nicht befreit worden. Im Grunde genommen die Antwort ist, dass alle Kinder, zumindest unsere Generation, bekommen haben. Wenn du dabei gewesen wärst, wärst du nicht befreit worden, weil die meisten sind nicht befreit worden. Die meisten sind ermordet worden. Du wärst nicht erlöst worden und diese dieses märchen ist das eine was mir einfällt mir fällt noch eine sache das ist sicherlich etwas was was sozusagen mein schreiben beschäftigt also das erzählen dieser geschichte die wir am Tisch nicht erzählt bekommen haben, aber wir haben sie gehört. Ich weiß nicht, ob das andere hier in diesem Raum kennen. Man spielt als Kind am Boden und die Erwachsenen reden und tun so, als wären wir nicht da. Die gehen davon aus, wir hören nicht zu. Und tatsächlich, wir spielen ja, aber wir hören ja. Und es kommen unglaubliche Geschichten. Und es kamen auch unglaubliche Geschichten. Aber ich möchte noch etwas anderes sagen, und das ist, es kommt auch das mit der Agatha und dem Märchen vor, im jüdischen Zusammenhang mit jemandem, der aus Wien stammt. Und das ist Theodor Herzl. Der hat nämlich gesagt, wenn ihr wollt, ist es kein Märchen. Und dieses, wenn ihr wollt, ist es kein Märchen, ist glaube ich gerade in Zeiten, in denen sehr vieles dunkel ist momentan, ein wichtiges, und auch fürs Schreiben wichtig. Denn auch wenn es dunkel ist, also solange es hell ist, ist es wirklich interessant, finde ich, Geschichten zu erzählen, dass man sich nicht so sicher fühlen soll, weil es kann schief gehen. Aber in einer Zeit, wo alle um einen herum das Gefühl haben, mein Gott, es gibt überhaupt keinen Lichtblick, finde ich, ist es nicht falsch zu sagen, wenn ihr wollt, ist es kein Märchen. spontan ein Stefan Zweig, die letzte Seite aus seinem, ja, wie soll ich sagen, es sollte in jeder Bibliothek stehen, die Welt von gestern, wo er sagt oder wo er schreibt, der Schatten, der über uns fällt vom Krieg, vom ersten Krieg sozusagen, der Schatten, der über mich, über mir hängt, dieser Schatten ist deshalb so lang, weil das Licht scheint. Ein so mächtiger Schatten heißt, es gibt Hoffnung. Was der beste Übergang zur nächsten Frage ist, übers Schreiben in dunklen Zeiten. Hast du nach dem 7. Oktober Literarisches geschrieben? Ich frage deshalb, weil ich gelesen habe, die Schriftstellerin, die Seruja Shalev, hat gesagt, ich habe monatelang nichts schreiben können. Ich war paralysiert sozusagen. Wie ist es denn dir gegangen? Ich war paralysiert sozusagen. Wie ist es denn dir gegangen? Ich hatte mich hingesetzt in Lenzburg. Da war ich Literaturresident. Ah ja, für zwei, drei Monate. und ich war dort im Herbst. Ein Zaubergarten mit lauter so interessanten Blumen und Pflanzen, deren Namen ich nicht kenne, weil ich bin eigentlich nicht ein Autor, der über Blumen zu schreiben weiß. Mir genügt normalerweise an Grün das Schnittlauch am Butterbrot im Kaffeehaus, muss ich zugeben. Aber ich war wirklich bezaubert, es war wunderschön und ich suchte nach dem richtigen Ton und ich dachte, ich hätte ihn gefunden und wachte auf am 7. Oktober, einem Samstag, einen Samstag und wollte weiter an diesen Roman schreiben. Ein Roman ganz anders als das, was ich bis jetzt geschrieben habe, nämlich ein Roman über meine Kindheitsfamilie, über meine Eltern, aber auch über meinen Bruder und meine Großmutter. Und bevor ich aber aufstehe, schicken einander Nicole und ich Nachrichten. Also deine Frau. Genau. Und da war aber an diesem Morgen einiges anderes. einiges anderes. Da waren schon die ersten Nachrichten in den WhatsApp-Gruppen jüdischer Bekannter, israelischer Leute, dann die Videos, dann bin ich zum Tisch und sah alle möglichen Videos und schickte in die WhatsApp-Gruppen, du musst mich bremsen, und schickte in die WhatsApp-Gruppen gleich auch die Anweisung an alle, sich auf keinen Fall das anzuschauen, was ich aber nicht sofort der ganze Zeit gemacht habe, ohne Unterbrechung gemacht habe, bei mir, weil ich davon überzeugt war, ich muss das machen, weil ich ja darüber schreiben werde. Und das war der Tag, an dem ich insistiert habe, den Roman zu schreiben und hoffe, dass ich bald wieder zu ihm zurückkehre. Ich schreibe jetzt gerade eine Rede und möchte eigentlich danach wieder da zurückkehren. Und begonnen habe zu schreiben, über was geschieht. Am selben Tag wurde ich bereits interviewt. wurde ich bereits interviewt. Am selben Tag sagte Nicole, dass in Wien und durch die Matzesinsel, die Leopoldstadt, Leute demonstrieren vor Freude, dass Juden in Israel umgebracht werden und fremde Männer mit merkwürdigen Bärten, den Vollbärten, aber ausrasierter Oberlippe, gingen durch Häuser und fotografierten Türen mit Mesusot, also den Gebetskapseln. Auch unsere Tür ziert eine solche Gebetskapsel, obwohl ich, der Gott, an den ich nicht glaube, ist ein jüdischer. der Gott, an den ich nicht glaube, ist ein jüdischer, aber ich habe so eine Gebetskapsel. Und ja, ich war mittendrin. Und am selben Tag sagte ich einem übrigens rechten Freund, einem rechten jüdischen Freund, sagte ich, das ist etwas, was es so seit 1948 nicht gegeben hat. Und ja, das hat auch gestimmt. Und das bestimmte mein weiteres Schreiben. Ich fuhr dann auch nach Israel und wollte eigentlich dorthin gefahren sein, das war eigentlich der Grund, warum wir gebrucht hatten, um für den Roman zu recherchieren. Und stattdessen sagte Nicole, wir könnten doch dorthin fahren an die Tatorte, und ich sagte, was soll ich dort? Das ist ja obszön. Bin ich der Elon Musk oder der Jared und Kushner, der gemeinsam mit Benjamin Netanyahu durch die Art und Art geht. Und sie sagt, na gut, aber du möchtest ja die Überlebenden treffen. Ich war schon in Kontakt mit den Familien der Geiseln und frage mal die, was die dazu sagen. Ja, und dann war ich sozusagen bereits involviert. Der Dr. Mishani hat in einem Interview, das unlängst in der Zeit veröffentlicht worden ist, gesagt, der den Josef Roth zitiert, was das Schreiben angeht, jetzt handelt es sich nicht darum zu dichten, das Wichtigste ist das Beobachtete. Du bist jetzt nicht Schreibender, sondern Beobachter? Naja, es war so, ich sagte dem Burgtheater, zu dem ich ein Nahverhältnis aufgebaut hatte, auch durch die letzten Zeugen. Und hinten sehe ich jetzt Andreas Erdmann, der der Dramaturg der letzten Zeugen war und die haben das damals gemeinsam gemacht und Eran übrigens, das ist die nächste Sache, Eran hat das Testimony Ahedut gemacht, eine, was soll ich das richtig sagen, eine Collage aus auch Erinnerungen dieser Überlebenden in Akko. Und jetzt diesen von mir. Und ich sagte also dort, es wäre gut, wenn man die Gesichter der Geisen, wir reden über den November, die Gesichter der Geisen, wir reden über den November, die Gesichter im Loop. Also November 23 oder 24? 23. Und dann wurde mir beschieden am Telefon, dass das nicht geht. Es wurde gesagt, das geht nicht aus Baudenkmalschutzgründen. Und ich habe gesagt, na gut, okay. Also da habe ich gesagt, gut, in Ordnung, verstehe ich natürlich. Dann könnte man es ja auf den Vorhang vor der drinnen. Natürlich wusste ich, dass wir miteinander hier Ping-Pong spielen. Es ging natürlich nicht. Aber es war ein großes Interesse da, dass irgendwas gemacht wird. Und ich hatte kein Interesse an einem Abend der Collage, verschiedene Autoren, Autorinnen, dichten etwas dazu oder schreiben eine Rede. Das fand ich, sondern die Überlebenden dieses Massakers sollen ihre Geschichte erzählen. Gleichzeitig wollte ich aber nicht, dass es anknüpft an die letzten Zeugen, das ist was anderes, das war mir von Anfang an klar, es ist was anderes. Aber es ist halt eine andere Art der Zeugenaussage, aber der Zweck ist ja in Wahrheit das Gleiche. dichterische Arbeit gewesen, aber wichtig ist, wir hatten bei den letzten Zeugen Menschen, die ihr Leben wieder im Griff hatten und für die es wichtig war, auf die Bühne zu kommen. Und bei den Massaker hatten wir Leute, die noch lange nicht aus dem Trauma draußen waren und niemand konnte auf eine Bühne kommen. Und es ging darum, an die Geiseln zu erinnern und zu sagen, wir wollen, dass die befreit werden. Du hast jetzt so oft diese mit Matthias Hartmann gemeinsam realisierte, auch deine Mutter war ja eine der Zeuginnen, ich habe das natürlich gesehen im Burgtheater, so oft darüber geredet, dass es mir leicht ist, dich zu bitten, in dein Manuskript zu blicken, weil es einfach dazugehört, das Stück Literatur, das du uns jetzt vorliest. Der Letzte. Er war der Letzte. Er war aufgefordert worden, rechtzeitig im Schulgebäude zu erscheinen. Er hatte nur das Notwendigste mitzunehmen. Seinen Ausweis durfte er keinesfalls vergessen. Er zog sich an, um sich transportfertig zu machen. Er wusste Bescheid. Sie würden ihn zum Bahnhof bringen, wo der Zug zu besteigen war. Er war der Letzte. Es war die Fahrt, die seine Eltern, der Onkel und die Tante, aber ebenso seine Schwester unternommen hatten. Keiner von ihnen war zurückgekehrt. Der Brief hatte ihn erst erreicht, als sie bereits tot waren. Davon sollte er später hören. Da war er ihnen längst nachgefolgt. versunken in seiner ecke erkannte die strecke genauso still war damals in einer nische gesessen um ihn die stimmen der kleinen das quietschen der bremsklötze der lärm bei der ankunft sie holten ihn sie holten ihn immer wieder sie holten ihn immer wieder ein das gedränge die atemnot das gefühl die luft werde zu dünn beim aussteigen sei sich fallen es war als stürze er in zeitlupe und er hörte noch den schrei der schülerin die vor ihm stand er sank auf sie hin und kaum l er auf dem Boden, kam er wieder zu sich. Ein Pädagoge gab Befehle aus. Eine Lehrerin redete auf ihn ein. Sie fragte ihn, ob er wisse, wie er heiße, ob er sich erinnere, wo er sei. Er kenne seinen Namen und selbst die Nummer, antwortete er, und er werde diesen Ort nicht vergessen. Da brauchten sie keine Angst zu haben. Er werde gleich aufstehen, nur eine kleine Schwäche. Sie wollten einen Arzt holen. Es gebe hier medizinische Versorgung. Er müsse sich schonen, er sei doch der Letzte. Aber er schrie, er benötige keine Hilfe, er sei einsatzfähig. Sie ließen ihn aufstehen, sie hießen ihn, bis zum Tor zu gehen. die Füße schmerzten, schwer hielt er sich nur auf den Beinen, die Sonne drückte ihn nieder, der Schweiß rann an ihm herunter, er führte sie durch die Stationen, er antwortete auf alle Fragen und gab allen Namen preis. Sein Blick wurde löchrig. Um ihn funkelte das Licht. Die Lungen taten ihm weh, als trage er wieder Steine. Er hörte sein Herz. Er versuchte nicht darauf zu achten und sprach laut, um es zu übertönen. Doch er spürte jeden Schlag und es peitschte ihn voran. Er wusste nicht mehr, ob er überlebt hatte oder bloß noch nicht fertig gemacht worden war. Hunderte Male wiederholte er seine Geschichten und ihm war, als sei ihm nur nicht vergönnt gewesen, mit den anderen umgebracht worden zu sein. Am nächsten Tag kehrte er in seine Stadt heim und beschloss, diese Fahrt nie wieder mitzumachen. Er wurde zu Feiern geladen, zu Kundgebungen bestellt, auf Podien gebeten, zu Studiogesprächen gerufen, von Schulen angeschrieben, von Historikern aufgesucht. Ja, ihm wurde auch Geld für seine Auftritte und Referate angeboten, da er schließlich der eine Letzte sei, der allerletzte. Aber er sagte alles ab. Er wolle nicht mehr das Gespenst vergangener Zeiten sein. Er stehe als Schaustück ihrer Erinnerung nicht mehr zur Verfügung. Nun gehe er in Pension. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten brach er in den Urlaub auf. Er fuhr ans Mittelmeer und dachte an die vielen Sommer, in denen seine Frau und er nicht in die Ferien gereist waren, um ihre Toten zu beehren. Dann tauchten die Zedernwälder auf, von denen er seit seiner Jugend träumte. Er erkannte die roten Ziegeldächer wieder, er roch das Salz der See, er wollte die Küste sehen und als er aus dem Fenster schaute, hörte er das Quietschen der Bremsklötze, das Geschrei und er beim Aussteigen hinfiel, wusste er sich wieder angekommen in der Endstation. Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Schaffst du es, wenn ich deine Essays und auch Interviews lese, zwischen dem Schriftsteller und dem politischen Menschen, was jetzt deine Stellungnahmen angeht, sauber zu trennen. Ich möchte, weil ich es für wichtig halte, erlaube ich mir, Daron Rabinovich zu zitieren. Wer die Gräuel der Hamas benennt, heißt deshalb nicht die Pogrome der Siedler gegen die palästinensische Bevölkerung gut. Nichts rechtfertigt die Hetze rechter Minister, die alle zu Verrätern stempeln, die auf eine Rettung hoffen für die Entführten und einen Ausweg suchen für die Menschen in Gaza. Es muss möglich bleiben, sowohl für die Menschen jenseits der Grenze Sorge zu tragen, als auch für die Sicherheit israelischer Städte. Es ist kein Widerspruch um die israelischen Opfer und zugleich um die Abertausenden unschuldigen Toten in Gaza zu trauern. Ich frage das deshalb, weil ich mich erinnert habe, wie ich das gelesen habe, an Diskussionen mit dem Daniel Kellmann und dem Michael Köllmeier. Köllmeier war damals ganz absolut, die Literatur hat sich in keiner Weise einem politischen, ich sage jetzt mal Propaganda, anzudienen. Es muss getrennt sein. Kellmann hat gesagt, meine Pflicht ist es sozusagen, meine Zielvorstellung ist, gute Romane zu schreiben, aber nicht Pamphlete. Wie schwer ist es, in Zeiten wie diesen das auseinanderzuhalten? Gelingt dir das? Rückblickend? Das weiß ich nicht, ob ich das entscheiden soll, aber es ist ein anderes Arbeiten. Es ist aber dieselbe Person. Also es ist aber ein anderes Arbeiten, weil wenn ich einen Kommentar schreibe oder auch eine Essay oder eben Fiktion, stelle ich andere, ist es jemand, ist es ein anderes, ein anderer Teil von mir ich der, der Fragen stellt. Bei einer Studie übrigens, bei einer wissenschaftlichen, da versuche ich eine Antwort zu bekommen, bei einem Essay muss es nicht unbedingt die Antwort geben. Bei einem Kommentar geht es darum, dass ich das Selbstverständliche auf den Punkt bringe. Aber bei einem Roman oder bei so einer Geschichte, die natürlich was anderes ist als ein Roman, aber sie ist trotzdem, da muss jedes Wort für mich stimmen. Je kürzer, umso mehr muss jedes Wort stimmen. je kürzer umso mehr muss das Wort, jedes Wort stimmen. Bei einer solchen Fiktion geht es eigentlich darum, die Frage zu finden. Die Frage zu finden. Da habe ich gar nicht vor, die Antwort zu finden. Das mache ich in einem anderen Bereich und deswegen konnte ich, muss ich sagen, den Roman am 7. und 8. Oktober nicht weiterschreiben, weil da hatte ich ein paar Selbstverständlichkeiten zu formulieren. Natürlich kann das die ganze Zeit immer wieder passieren und das ist sehr anstrengend, muss ich schon zugeben. Das bedeutet, wenn ich dann in einem Roman sitze, muss ich auch mich zurückhalten und weggehen von dem. Doch, soweit es geht. Gibt es ein Ritual, ins Schreiben zu kommen? Gibt es ein Ritual, ins Schreiben zu kommen, in solchen Fällen sich zum Beispiel keine WhatsApp anzuschauen, keine Nachrichten, um wieder zu sich und dem Roman zu kommen? Keine sozialen Medien. Beim WhatsApp ist es wirklich schwierig, weil es könnte ja meine Tochter sein oder meine Frau und es ist auch schwierig jetzt, das muss ich wirklich zugeben heute glaube ich das wieder, also ich habe jetzt nicht drauf geschaut, weil wir geredet haben aber ich glaube heute ist schon wieder ein Alarm irgendwo gewesen in Israel. Und dann kommt auf meinem Handy eine Nachricht. Einige Zeit war es sogar so, dass in Israel der Ton ausgeschaltet war und hier in der Nacht er angegangen ist. Aber prinzipiell ist das schon, man lebt in mehreren Orten auf einmal. Also wie ich dort zum Beispiel auf der Demo war gegen die Regierung und gegen den Krieg im Jänner, habe ich dann plötzlich erfahren, dass hier unter Umständen Kiki, die Koalition macht. Da habe ich gewusst, nächste Woche habe ich noch einmal eine Demonstration. Wir haben am Anfang über die Wahrheitssuche geredet. Wahrheitssuche geredet. Ich weiß, du schätzt Bert Brecht und das, was er geschrieben hat. Und ich bin durch Zufall, muss ich sagen, das habe ich dir zu verdanken, über diese Fünf-Seiten-Abhandlung von Brecht gestolpert, fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit. Also wie viel Mut braucht es denn, die Wahrheit sozusagen, nämlich jetzt in das Literarische, nicht ins Essay hineinzuschreiben, wie viel Klugheit, wie viel Kunst, weil er das verlangt, wie groß ist der Aufwand, diese Wahrheiten sozusagen in den Text zu bringen. Du wirst uns dann gleich ein Stück aus dem Roman vorlesen. Wie viel landet im Reißwolf oder ist zurück und alt und ist gelöscht? Die meiste Arbeit ist tatsächlich das Wiederlöschen und das Weggeben. Aber ich glaube, wenn du nach Mut fragst, dann geht es ja weniger bei der Fiktion um einen Mut gegenüber denen, die sozusagen einem etwas Böses wollen, sondern Mut gegenüber denen, die man eigentlich liebt, und Mut gegenüber einem selbst. Das, glaube ich, ist vorhanden, wenn man was schreiben kann. Das sollte sein. Ja. Und die Frage des Schreibens ist eine Auseinandersetzung in der Sprache. Es ist auch eine andere Form, mit der Sprache umzugehen, als beim anderen Schreiben. Es ist nicht mit der Sprache, es ist in der Sprache. Sprache. Deutsch ist nicht eine Erstsprache, sondern Hebräisch. Du hast dich aber dann sozusagen für das Deutsche entschieden, für die deutsche Sprache. Wie soll ich denn Gesichtsausdruck? Ja, es war eigentlich kaum, also ich war ein Kind und zuerst bin ich hier herumgegangen, an der Hand meiner Mutter und habe die Leute angeschrien. Chamor, du Esel. zuerst bin ich hier herum gegangen an der Hand meiner Mutter und habe die Leute angeschrien. Chamor, du Esel, ich bin so klein und kann schon sprechen, du bist so groß und verstehst mich nicht. Dann habe ich sehr schnell verstanden, ich muss Deutsch sprechen und besser als die Kinder die anderen. Und dann hatte ich auch tatsächlich, ich weiß nicht warum, keine Kinderbücher, vielleicht weil meine Eltern nicht so viele Kinderbücher kannten aus der deutschen Literatur, sondern ich ging sofort, ohne zu verstehen was eigentlich gemeint ist, aber fasziniert vom Sprachrhythmus zu Precht. Es ist wirklich komisch, aber ich war mit acht Jahren ein Precht-Leser, was dazu geführt hat, dass ich nicht verstanden habe, dass ich laut gelesen habe. Und es war faszinierend, weil es gab nämlich, es gibt von Brecht ein Buch, das heißt Bertolt Brecht, ein Kinderbuch. Und da sind Gedichte drinnen. Und dieses Buch hatten wir zu Hause, weil mein Vater Geschäftsmann war und herumgefahren ist, auch im Osten Europas und da hat er auch Sachen mitgebracht aus der DDR. Bertolt Brecht, ein Kinderbuch, das stand da und ich nahm es raus, weil ich dachte, das ist ein Kinderbuch. Dann war ich fasziniert. Gedichte. Das ist eine eigene Stunde. Ich muss auf den Stefan, ich merke, ich spüre schon, ich soll auf die Uhr schauen. eine Stunde. Ich muss auf den Stefan, ich merke, ich spüre schon, ich soll auf die Uhr schauen. Aber das erste Gedicht, hast du auf Hebräisch geschrieben oder auf Deutsch? Nein, ich habe nur auf Deutsch geschrieben. Ich habe nie auf Hebräisch geschrieben, nie. Also literar, gar nichts. Und es ist so, dass es sehr gut war, dass ich damit aufgehört habe. Es kann sein, dass ich irgendwann einmal wieder beginne, aber ich habe große Achtung vor Lyrik, aber nicht vor der, die ich geschrieben habe, aber ich habe damit begonnen. Es war wichtig für mich. Darf ich dich daran erinnern, dass Robert Schindl gesagt hat, schreib weiter, als er das gelesen hat? Ja, ja. Also ich habe Gedichte geschrieben und habe sie gezeigt. Autoren, Autorinnen. Und bekam auch keine... Also ich wurde nicht nach Hause geschickt mit nassen Fetzen, sagen wir es mal so. Und er sagte, schreib weiter. Ich habe weitergeschrieben, sehr gerne. Und es war wichtig für mich, um den Wörtern auf den Grund zu gehen und sie abzuklopfen. Und diese Arbeit mit der Sprache zu erlernen. Aber als ich die erste Kurzgeschichte geschrieben habe, Papiernick, da brachte ich sie Robert Schindl und da sagte er, naja, schauen wir mal, wo wir die hinbekommen. Und das war tatsächlich, da habe ich gemerkt, da ist was anderes los. Und ja, das Nächste war, soll ich weitererzählen? Nein, wir machen jetzt dann eine Pause, aber die, also nicht eine Pause, aber wir haben ja noch was anderes zu lesen, aber das war das war doch so surreal, sage ich jetzt als Leser, war nichts, was nachher kam, nach dem Papier nicht. Die Ironie, die Sprachspielerei, die, okay, ich sage jetzt mal, wir sagen um Gottes Willen und Doron Rabinovic sagt dann um Gettos Willen. Aber das muss man mal verkraften, wenn man das das erste Mal liest. Und dann, was will er mir? Also da warst du, Entschuldigung, das war irgendwie, ja, ich habe das grandios gefunden. Und es ist mir im Gedächtnis geblieben. Also diese Art zu schreiben, die Wortspielerei, wo ich mir gedacht habe, das kann nur jemand, der nicht in der Erstsprache aufgewachsen ist, so unverschämt mit dem Vokabular umgehen. Also es ist interessant, weil nämlich, ich glaube tatsächlich, dass es stimmt, Ich glaube tatsächlich, dass es stimmt, dass Deutsch als Adoptivsprache zu haben, bedeutet, unverwandt auf die Sprache zu schauen, auf mein Deutsch zu schauen. Und da gab es eine spielerische Einstellung, die aber auch eine Neigung hatte zum Karlauer Haften. Und ich gebe zu, dass ich irgendwann gedacht habe, dass ich mir das nicht so leicht machen möchte. Also sozusagen, das war auch ein bewusstes Zurücknehmen. Aber ich mache das natürlich, wenn ich nicht so ernsthaft bin, mache ich das auch so und blödel damit herum. Aber das war ein, natürlich bei Papiernick war das auch wirklich wichtig. Aber das war ein, natürlich bei Papiernick war das auch wirklich wichtig. Und dann muss ich dazu sagen, in Klagenfurt, Mulle-Mann, die Geschichte, das Lustige ist ja in der ganzen Geschichte, das war der Ausgangspunkt für einen Roman aus lauter Geschichten. Die Wahrheit ist, ich hatte gar keine Ahnung. Ich sagte das nur, das wird ein Roman. Ich hatte die Geschichte für den Roman noch nicht. Ich hatte nur eine Geschichte und habe danach rumrum. Und was aber noch erstaunlich war, war, die Leute haben das gelesen, haben gesagt, das ist jüdisch. das gelesen haben, gesagt, das ist jüdisch. Und ich habe das damals geschrieben, ohne es so zu sehen. Also ich war ganz erstaunt über die Lesart der Leute, weil ich habe einfach nur geschrieben meine Fantasien. Heute weiß ich natürlich, die haben schon irgendwie recht gehabt. Die Christa Wolf hat mal gesagt, dass die Aufgabe der Literatur ist, die blinden Flecken der Vergangenheit zu erkunden. Du weitest jetzt für uns oder veränderst dieses Diktum. Die Aufgabe der Literatur ist auch die Erkundung der blinden Flecken der Gegenwart. Darf ich dich? Also es geht um die Szene. Ja. Das ist aus dem Roman Die Einstellung. die Einstellung und es geht um einen Fotografen, der einen Populisten, also einen rassistischen, autoritären Politiker fotografiert und das ist bereits eine sehr späte Szene in dem Buch. Plötzlich wurden Kundgebungen für ihn abgehalten, die von den Nachrichtensendern übertragen wurden, während die laufenden Koalitionsverhandlungen kaum noch jemanden zu interessieren schienen. Von Pop hingegen berichteten die Reporter auch dann, wenn nichts zu sehen war, außer eine Menge Menschen vor einer leeren Bühne. Wenn er erschien, wurde er gefeiert wie ein Märtyrer, wie ein Held, der allen Hindernissen zum Trotz seinen Auftrag doch noch erledigt hatte. Er ist wieder da, sagte eine Moderatorin in die Kamera. Und dieser Satz wurde zur Schlagzeile in allen Medien. Er ist wieder da. Und Bob nützte die Bühne. Er sei, so sagte er, von den Eliten um seinen Sieg betrogen worden. Das Wahlergebnis und damit der Wille des Volkes werde ignoriert. Im Netz kursierten Videos, in denen zum Aufstand aufgerufen und Angriffe auf Moscheen und Synagogen beklatscht wurden. Aber es gingen nicht nur die Rechtsextremen für Pop auf die Straße, sondern auch viele, die sich aus unterschiedlichen Gründen von der etablierten Politik nicht vertreten fühlten und den liberalen Medien misstrauten. Wehrsportgruppen, Männerbünde und Burschenschaften standen ebenso für ihn ein wie verschiedene religiöse Gruppierungen. Auf den Kundgebungen wählten gelegentlich auch Regenbogenfahnen und für besonderen Aufruhr in den sozialen Medien sorgte ein Banner mit dem Spruch, Linke für Pops Rechte. Andere marschierten in Lederjacken und Springerstiefeln und sangen, Uli, Uli, Uli, Uli, Uli, Uli, Uli, Uli, Uli, Pop. Faschisten, entfuhr es Bruno, als er die Videos der Kundgebungen und Protestmärsche sah und dann, das sind Nazis. Nein, widersprach Selma, die Faschisten waren in Verbänden organisiert und trugen Uniformen. Die Nazis haben Veranstaltungen gesprengt und ihre Kritiker ermordet. Sie hatten eine klare Ideologie. Pops-Programm ist er selbst. Führerkult war gestern. Heute geht es um Follower. Pops-Fan muss kein Mitglied sein, er ist Wutbürger. Das ist Faschismus in Eigenverantwortung. Seine Anhänger haben eigentlich nur eines gemeinsam. Sie alle vertreiben die Marke Pop auf eigene Faust. Das ist politisches Franchising. Alle luden Pop ein, auch jene, die gegen ihn waren. Und er kam nur allzu gerne und stand Rede und Antwort in jeder Redaktion und in jedem Studio. Das Forum blieb lange dem Vorsatz treu, dem Populismus nicht auch noch die Bühne zu bereiten. Aber nach ein paar Wochen meinte Bruno, der Chefredakteur, das fällt. Also der Markt dürfe nicht den unkritischen Medien überlassen werden. Und außerdem wäre eine Konfrontation zwischen Pop und Selma der Knüller, nachdem nun alle gieren würden. Diese Gelegenheit dürften sie sich nicht entgehen lassen. So saß Pop, der tatsächlich zu einem Interview bereit war, dann eben doch an einem Montag vor dem Chefredakteur des Forum und vor der profiliertesten Journalistin des Blattes, Selma Kaltak, und sagte, es gibt diese Spekulanten, die mit allen Mitteln jene bekämpfen, die für das Volk sprechen und für ihre Rechte einstehen. Als Selmer nachfragte, wen er damit meine, wer genau diese Spekulanten seien, protestierte er auf Schärfste gegen die Unterstellung, etwas gegen Juden zu haben. Das sei ungeheuerlich. Und letztlich seien jene, die so einen Verdacht äußerten, für die Verbreitung des Antisemitismus verantwortlich. Er hingegen schrecke nicht davor zurück, den muslimischen Antisemitismus immer wieder beim Namen zu nennen. Bob schien sich wohlzufühlen in dem Gespräch. Er setzte ein schiefes Grinsen auf, als meine er seine Worte nicht wirklich ernst. Als wüssten alle, dass er bloß die Rolle des Schlawiners spiele, der sich der Verbissenheit der Politiker Korrektness nicht unterwarf. Wie so oft war August auch an diesem Montag spät dran. Als er das Sitzungszimmer betrat, war das Interview schon zu Ende und Pop war bereits zum Aufbruch bereit. Wieso er erst jetzt daherkomme, fuhr ihn der Chefredakteur an. August murmelte eine Entschuldigung. Sein Mutterroller, das sei ja nicht schlimm, meinte Pop. Er habe noch Zeit für ein paar Aufnahmen. Er und Herr Becker seien ja alte Bekannte. Es geht um das Gespräch, um die Situation, erklärte Selma. Alle drei setzten sich noch einmal an den Tisch und Bruno fragte, ob Pop vorhabe, nach all den Skandalen den Parteivorsitz abzugeben. Das sei es wohl, was ich das Forum wünsche, parierte Pop. August schoss derweil einige Bilder und dann bat ihn Bruno, Drehfotos von Pop zu machen. Als Emma und Bruno den Raum verlassen hatten, ging August ganz nah an Pop heran und er abdrückte, fragte er, ist es Ihnen unangenehm, ausgerechnet von mir fotografiert zu werden? es Ihnen unangenehm, ausgerechnet von mir fotografiert zu werden? Popfer zog spöttisch die Mundwinkel. Aber woher denn? Meine Fotos brachten Ihnen letztlich doch einiges an Ärger ein, oder? Okay, bald interessiert diese Geschichte niemanden mehr. Gut, August Becker hat mir in die Suppe gespuckt. Auf lange Sicht hält uns das nicht auf. Im Gegenteil, es macht uns sogar stärker. In der Zwischenzeit werde ich zu einer Diskussion nach der anderen eingeladen, trete in jeder Talkshow auf, werde von allen Zeitungen interviewt, sogar von Forum. Und wer nimmt mich gerade wieder in den Fokus? Unser August, der Starfotograf. Und warum auch nicht? Ich gehe überall hin. Ständig wollt ihr mich demaskieren und merkt nicht, dass ich die Maske, die ihr mir vom Gesicht reißen wollt, schon längst selbst abgenommen habe. Weil die Leute, die mich wählen, vor dem, was ich bin, gar nicht zurückschrecken. Im Gegenteil. Genau deshalb geben sie mir ihre Stimme. Der Teufel, den ihr Liberalen in mir seht, wird sich wegen eurer linken Zauberformeln und Enthüllungsgeschichten nicht in Rauch und Schwefel auflösen. Deshalb bleibe ich der Gewinner. So gut die Gegenseite auch auftreten mag, ich muss dafür nicht siegen. Es genügt, am nächsten Tag wieder eingeladen zu werden. Das ist mein Triumph. Ich komme als Aussätziger in die Arena und verlasse sie als Mitspieler. Ich brauche gar nicht die Mehrheit in einer Gesprächsrunde auf meine Seite zu bringen, sondern nur bei der Mehrheit der Gespräche eine Minderheit von mir zu überzeugen. Verstehst du, August? Nein, August? Nein, August, bitte mehr von links, das ist meine Schokoladenseite. Verstehst du, ihr seid die Verlierer. Selbst wenn es für mich irgendwann vorbei sein sollte, ihr werdet uns nicht mehr los. Unser Erfolg ist ja nicht nur mein Verdienst. Ich bin doch nur einer von vielen. Überall werden solche wie ich gewählt. Ihr werft uns vor, die Regeln nicht einzuhalten. Aber was, wenn der Verstoß gegen eure Normen das neue Spiel ist? Was, wenn ihr wie ein Tanzprofi in einem Boxring steht? Meister des Tango und Quickstep. Bloß im falschen Wettkampf gelandet. Richtig blöd. Könnte ein Film von Buster Keaton sein. Ihr macht eine schöne Figur nach der anderen und wundert euch über jede neue Rechte, die euch ausknockt. Was bringt euch eure gute Haltung noch? Nichts. Das, was war, gilt nicht mehr. Menschenrecht für alle klingt gut, solange der eigene Wohlstand nicht gefährdet ist. Asyl ist fein, wenn es für wenige weiße Helden gilt. Aber wenn es um Millionen von anderen Kontinenten geht, hat sich der Wind schnell gedreht. Den Menschen hier ist der Islam fremd. Sie fürchten sich davor. Sie haben das Gefühl, in einem kleinen schaukelnden Boot zu sitzen, hoher Wellengang und rundum lauter Fremde im Wasser, die gerettet werden wollen. Und ihr ruft, wir können sie doch nicht alle ertrinken lassen. dass sie nicht nur die ins Meer zurückstoßen, die ins Boot hinein wollen. Nein, sie sind längst schon bereit, auch euch und alle eure Prinzipien über Bord zu werfen. Pop hielt einen Moment inne, dann redete er weiter. Das Fotografieren nimmt ja heute gar kein Ende. Wie schön. Er lachte zufrieden. Und alles nur, um mich auszuhorchen, oder? Warum auch nicht? Ich schätze deine Bilder, August Becker, das weißt du ja. Sie sprechen für sich. Doch sie bleiben stumm. Ich rede hier ganz frei von der Leber weg. Dann versteinerte sein Gesicht von einem Moment auf den anderen. Er beugte sich vor und während er fortfuhr, flüsternd, schaute er direkt in die Kamera. Die wirkliche Demokratie beruht darauf, dass nicht nur Gleiches gleich, sondern dass das Nichtgleiche nichtgleich behandelt wird. Zur Demokratie gehört also erstens der Einklang und zweitens die Ausscheidung des Unvereinbaren. Demokratie ist nicht nur ein Verfahren, sondern ein Willensakt, der Gemeinschaft voraussetzt. Eintracht und ein Einvernehmen über das, was Heimat, was Familie, was Mann und Frau sein bedeutet, wo dieses Einvernehmen fehlt, wie sie zum Scheitern verurteilt. Bob richtete sich auf, als warte er auf Widerspruch. Doch August schwieg und fotografierte immer weiter. Wovon ich rede, kommt mit mir oder ohne mich. Im Grunde ist das auch vielen klar, die gegen uns sind. Die schweigen pikiert und schauen vorne im Weg, aber die Tendenz ist eindeutig. Die liberale Demokratie geht unter. August ging einen Schritt zurück, die Kamera weiter auf Pop gerichtet und fragte, dafür wird es wohl unabdingbar sein, kritische Medien wie das Forum aus dem Weg zu räumen. Oder? Bob lächelte. Aber nein. Das wird gar nicht nötig sein. So wichtig seid ihr nicht. Die Leute werden euch ohnehin kaum mehr lesen. Sie nennen euch die Lügenpresse. Und als Antwort darauf wollt ihr ihnen erklären, was die Wahrheit ist. Als ob es darum ginge. Wir geben den Leuten, was sie hören wollen. Das ist vielleicht nicht ehrlich, aber redlich ist es doch. Denn es ist unsere und ihre ureigene Wahrheit. Und diese Wahrheit lautet, wir sind dran. Die Menschen stoßen auf uns, weil sie hier die Antworten finden, nach denen sie suchen, sobald sie uns folgen. Nennt ihr nach denen sie suchen. Sobald sie uns folgen, nennt ihr sie Extremisten. Doch sobald wir etwas zu sagen haben, werden wir bestimmen, wer extremistisch ist. Viele in der Exekutive warten nur darauf. Nicht wir, sondern ihr werdet dann die Hetzer und Volksfeinde sein. Das reicht, sagte August. Er senkte die Kamera und griff nach seiner Tasche. Mehr brauche ich nicht. Pops Miene entspannte sich. Fein, mein Lieber, mit dir macht es immer Spaß. Ich habe nur noch eine kleine Bitte. Es dauert nicht lange. Er trat an den Konferenztisch, auf dem eine Mappe lag, öffnete sie und zog einen großen Bogen hervor. Es war das Foto von ihm mit dem Hammer vor dem Fass. auf dem eine Mappe lag, öffnete sie und zog einen großen Bogen hervor. Es war das Foto von ihm mit dem Hammer vor dem Fass. Mir würde es wirklich sehr viel bedeuten. Ich habe das Bild doch. Ich würde mich über eine Widmung sehr freuen. Wie bitte? Auf der Rückseite. August sah Pop still an, aber der redete weiter. Immerhin habe ich das Geld überwiesen, es war eine stolze Summe, also bitte ein launiger Satz vielleicht, es könnte auch ironisch sein. August drehte sich weg, um zu gehen. Dann eben nur eine Unterschrift, August, das ist doch das Mindeste, eine Signatur des Meisters August Becker. Pop hielt ihm einen Stift entgegen. August machte noch einmal kehrt und ging ein paar Schritte zurück, bis er ganz nah vor Pop stand, dann sagte er, Scheiß Nazi. Pop zuckte ein wenig zusammen und knurrte, ganz ruhig du. Aber August sagte, ein scheiß Nazi bist du. Bob hatte sich schnell wieder gefangen, ja, das ist das Einzige, was ihr könnt. Alle, die nicht eurer Meinung sind, Rassisten, Faschisten und Neonazis schimpfen. Nein, ein Neonazi bist du nicht. Auch kein Nationalsozialist. Ein scheiß Nazi bist du. Und dann noch einmal, durch und durch ein scheiß Nazi. Das bist du. Für einen kurzen Augenblick standen beide aneinander schweigend gegenüber. Dann setzte August fort, mag schon sein, dass du noch die Nummer 1 bist. Kann sein, dass ihr die nächsten Wahlen gewinnt. Möglich, dass die freie Presse an Bedeutung verliert, aber schweigen werden wir dazu nicht. Im Gegenteil, wir werden eure Lügen aufschreiben und dokumentieren, wir werden einfach sagen, was ist. Das ist es, wofür wir da sind. Poppt er nun wieder selbstsichert rein, schaut er, nickt er. Schön, ich freue mich drauf. Diese Gesellschaft ist vielfältiger, widersprüchlicher und aufmüpfiger, als sie es je war, sagt der August. Die Demokratie mag in der Krise sein, aber lassen wir die Kirche im Dorf und die Moschee. Die steht nämlich auch längst schon da, ob es dir passt oder nicht. Euer Vaterland wird nie mehr so ruhig sein, wie ihr es wollt. Eure Heimat wird nicht mehr auferstehen. Ich nenne das mal literarische Analyse. Wenn das die Diagnose ist, was ist die Therapie? Wenn das die Diagnose ist, was ist die Therapie? Hast du manchmal in der Dunkelheit der Nacht das Gefühl, oder stellst du dir die Frage, ich habe zwar Erfolg, aber keine Wirkung? Ich glaube, ehrlich gesagt, mein Bruder ist Arzt. Gut. Er ist ein wirklich guter Arzt. Und wenn die Leute eine Heilung wollen, gehen sie zu ihm. Bei mir ist es nicht so, dass sie bei mir geheilt werden. Ich glaube, dass Literatur, die heilen möchte, einen Fehler begeht. Literatur kann nicht die Wunde heilen, sondern den Schrei lösen. Nicht den Schmerz lindern, sondern den Schrei lösen. Tschechow, freut mich, danke für das Stichwort, Kunst ist der Schmerz und nicht der Arzt. Ja. Und wenn das... Ist ja auch nicht wenig, oder? Ist nicht wenig, nein. Die Frage ist nur, in welcher Dosis oder wie sollte man deine Bücher über der Stadt aus dem Hubschrauber abwerfen, damit mehr Leute zum Beispiel dieses Kapitel lesen. Also was ist zu tun? Mir hat es, muss ich sagen, jetzt bevor ich das beantworte, mir hat, muss ich zugeben, diese Gestalt zu beschreiben, in diesem Roman am besten, am meisten Lust bereitet. Ich hatte das Gefühl, dass... Du wählst das Wort ganz bewusst. Du sagst nicht Spaß, du sagst Lust. Ja. Und zwar, ich hatte ja vorher mit Florian Klenk die Idee gehabt beim Blödeln, dass man die verschiedenen Reden von solchen rassistischen, autoritären Staatsleuten von solchen rassistischen autoritären Staatsleuten vorlesen lässt von großartigen Schauspielern des Burgtheaters und hatte sie sehr oft gelesen, sehr oft gelesen. Und da kam ich drauf, wie unterschiedlich die Charaktere sind, aber ich habe mich hineingearbeitet. Und ja, also wie könnte man dagegen vorgehen? Ich glaube, zunächst einmal wäre es wichtig, also das ist aber nicht die Arbeit des Romans. Nein, du musst nicht einschränken. Was ist zu tun? Meine bürgerliche, Staatsbürger, als Sitter hier, zunächst einmal geht es darum, klar zu machen sich, es geht ein Graben zwischen Demokratie und Faschismus oder autoritäre Gesellschaft. Und es ist ein Graben auf Leben und Tod, das sagt uns die Geschichte. Und deswegen ist es wichtig, in den Staaten, die demokratisch sind, mit diesen Kräften nicht zu kooperieren. Also es ist natürlich in Österreich eine nette Sache, das zu sagen. In anderen Staaten wird das ja teilweise wirklich gelebt. Aber ich bin hier in Linz. Also ich weiß schon, wo ich bin. Und das ist einmal das eine. Das zweite ist, ich bin davon überzeugt, und das sagt übrigens der Pop selber. Und er hat recht damit. Die Leute haben eine Angst. Die haben eine Angst, nicht vor den Fremden. Die Fremden müssten vor den Leuten, vor diesen Leuten Angst haben. Sondern sie haben ganz real und zu Recht Angst, dass wenn in unserer Welt die Unterschiede so auseinandergerissen werden und einige neben einem immens in den Himmel aufsteigen und andere uns nachkommen aus anderen Ländern, die jetzt sich anstrengen, dass sie auch hier einen Erfolg haben, dann wird ein Teil der Leute Angst haben, abzusinken. Und zwar womit? Mit Recht. Und deswegen ist die Antwort eine politische, eine sozialpolitische, aber auch eine, die sicherlich auf Unterschiede aufmerksam macht und sie einhält. Das Schreiben als Schriftsteller setzt eine Widerstandshaltung in Zeiten wie diesen voraus? Nein, ich glaube, das ist wirklich eine Frage des Temperaments. Also ich würde jetzt nicht für die anderen sprechen wollen. Bei mir ist es eine ganz klare Geschichte. Man soll sich auch keine Illusion machen. Wenn die Autoritären in mehreren Ländern an die Macht, bei ihnen ist es nicht ins Amt, an die Macht kommen, dann sind das Leute, die nicht Halt machen dabei, dass es autoritärer wird ist kein zufall dass diese leute dann darüber nachdenken ob ihnen irgendein land vielleicht gehören könnte oder andere sogar einfallen das ist kein zufall das gehört in die logik hinein und ist auch kein zufall muss ich sagen ich habe ja ich habe ja nach dem 7. Oktober, und ich stehe dazu, gefunden, dass man sich wehren muss und bin auch der Meinung, dass es mit der Hamas keinen Frieden geben kann. Aber einen Krieg sozusagen ohne Ende zu führen, eine Hungerblockade, all das ist im Bereich der Logik dieser Leute. Und das hätte auch meine Mutter gesagt. Das hat sie auch gesagt, bevor zum Glück, das 7. Oktober hat sie den nicht erlebt. Bei aller Trauer muss ich das sagen, zum Glück. Und ich denke mir, sehr viele, auch in der Literatur, sehr viele auch in der Kunst, sehr viele auch unter den Intellektuellen, die leben ja davon, dass sie sagen, wie die Welt ausschaut. Und weil die Welt sich nicht an ihre Ratschläge hält, ist die Versuchung, nicht die Welt zu verändern, sondern die Meinung sehr groß. Ich glaube nicht, dass das bei mir möglich sein wird. Aufgrund meines Temperaments, ich kann mir das nicht vorstellen, ich suche mein Leben lang, bis jetzt zumindest, bis jetzt suche ich dann, bin ich im Dissens mit solchen Entwicklungen. Du hast ja nicht einmal, ich weiß nicht wie oft, aber du hast den großen Diktator, ich weiß nicht wie oft, aber du hast den großen Diktator du hast dir die Chaplin Filme, gerade den großen Diktator angeschaut immer wieder und ich glaube dich auch ein bisschen inspirieren lassen von dem Film auch wie man im Literarischen damit umgeht, dass einem der Schrecken durchs Lachen im Hals stecken bleibt, sag ich jetzt mal. Wie gerade in unserer Situation jetzt, kommt dir der Humor noch manchmal zur Hilfe? Oder ist er geschrumpft in letzter Zeit? Oder ist das etwas, was dich motiviert? Nein, der Humor ist wichtig. Es ist auch wichtig, dass man in solchen Zeiten sehr wohl auch sich Residuen findet. Aber es ist abgesehen davon der Humor auch wichtig, weil er nämlich nicht der blöde Humor, sondern der, der einen klüger sein lässt, der etwas aufbricht. Ich habe jetzt momentan eben einen Lieblingswitz. Und der ist, was ist der Unterschied zwischen einem jüdischen Pessimisten und einem jüdischen Optimisten? Der jüdische Pessimist sagt, es kann gar nicht mehr schlimmer werden. Und der jüdische Optimist sagt, doch, doch. Du darfst aber nur du erzählen. Weiß ich nicht, aber ich erzähle ihn jedenfalls sehr gerne. Und wir haben zu Hause, wir erfinden auch Witze im Laufe der Jahre. Und das ist sicherlich wichtig. Das ist sicherlich wichtig. Es ist auch eine Frage, ich würde auch sagen, schreiben, erinnern und Widerstand haben, was miteinander zu tun. Jetzt möchte ich das nicht hochhängen. Ich habe tatsächlich das Glück gehabt, echte Widerstandskämpfer noch kennenzulernen. Aber Kofner zu sehen, Heike Grossmann zu sehen, die im Wilna-Ghetto waren. Nein, das meine ich jetzt nicht. Ich meine, die waren die Ersten, die zum Beispiel Gedenkstätten gemacht haben. Weil sie haben ja damals Widerstand geleistet, nicht um zu siegen. Die haben ja geglaubt, sie werden umgebracht, sondern für uns, für die Nachwelt. Die haben teilweise Leute, Ringeblumen, die haben zum Beispiel Archive gemacht. Aber auch meine eigene Mutter hat im Lager geschrieben, wenn man das gefunden hätte, wäre sie des Todes gewesen. Das heißt, Erinnern und Widerstand haben immer eine Verbindung. Man muss ja nur nachgehen dieser Verbindung. Wir haben noch einen Text im Talon, den wir aber nicht lesen werden. Okay. Nein, ich denke mir, das war schon ein sehr gutes Schlusswort. Wobei ich in der Vorbereitung, wie gesagt, diese Bachmann-Rede mir durchgelesen habe. Und es soll ja auch sozusagen ein Stück positiver Geist, Optimismus hier den Abend ausklingen lassen. Und deshalb möchte ich Ihnen diese zehn Sätze vorlesen, die Ingeborg Bachmann damals in ihrer Rede gesprochen hat. Wie der Schriftsteller die anderen zur Wahrheit zu ermutigen versucht durch Darstellung, so ermutigen ihn die anderen, wenn sie ihm durch Lob und Tadel zu verstehen geben, dass sie die Wahrheit von ihm fordern und in den Stand kommen wollen, wo ihnen die Augen aufgehen. Die Wahrheit nämlich ist dem Menschen zumutbar. Wer, wenn nicht diejenigen unter Ihnen, die ein schweres Los getroffen hat, können besser bezeugen, dass unsere Kraft weiterreicht als unser Unglück, dass man um vieles beraubt, sich zu erheben weiß, dass man enttäuscht und das heißt ohne Täuschung zu leben vermag. Ich glaube, dass dem Menschen eine Art des Stolzes erlaubt ist, der Stolz dessen, der in der Dunkelhaft der Welt nicht aufgibt und nicht aufhört, nach dem Rechten zu sehen. Ich danke Ihnen für Ihr Interesse. Danke fürs Kommen. Applaus Ja, auch von, ist das laut? Sehr laut. Auch von meiner Seite großes Dankeschön an Doran Rabinovic und Michael Kerbler für ein sehr aufschlussreiches und interessantes Gespräch. Ich habe mir auch notiert, Doran Rabinovic nicht einladen zu einer Veranstaltung über Nature Writing. Es geht um Schnittloch. Noch ein paar Hinweise von meiner Seite. Hinten gibt es einen Büchertisch, bereitgestellt von der Buchhandlung Fürstlberger mit Werken von Doron Rabinovic bestückt. Wir würden uns freuen, wenn wir Sie am Donnerstag wieder begrüßen dürfen. Da ist Marlene Stwerowitz zu Gast mit ihrem neuen Roman Auflösungen. Dann moderieren wird Manfred Mittermeier und zu guter Letzt Buchclub des Stifterhauses. Wenn Sie noch nicht dabei sind, gibt es solche Kärtchen draußen, da finden Sie alle Informationen, wenn Sie mit anderen Menschen über aktuelle Bücher ins Gespräch kommen möchten. Ich bedanke mich ganz herzlich und freue mich, wie gesagt, wenn wir uns am Donnerstag wiedersehen. Danke. Vielen Dank.