Im Blickpunkt Soziales und Bildung. Mein Name ist Roland Steidl und ich freue mich, dass ich heute einen ganz besonderen Gast, ich würde sagen einen ganz bekannten Gast hier im Studio habe, nämlich Richard Wall, Schriftsteller seines Zeichens. Ich werde dann schon noch ein bisschen was zu dir sagen, Richard. Ich freue mich, dass du da bist und Und wir haben eigentlich ein Thema ausgewählt. Aber ich muss vorher noch kurz erzählen, wie wir zu dieser Sendung eigentlich gekommen sind. Wir haben uns nämlich vor einiger Zeit im Kaffeehaus getroffen. Richtig. Und kamen in ein Gespräch, ja, der Kurt Czerwenka war auch dabei. Und irgendwie wurde das Gespräch immer interessant zu speziellen Themen. Und dann habe ich gesagt, das wäre doch super, wenn wir darüber eine Radiosendung, eine Radio-Fernsehsendung machen könnten. Und das haben wir jetzt tatsächlich getan. Also wir sitzen hier und wollen reden über, wir haben es einmal genannt, ländliche Verluste. Ich weiß nicht, ob das gut ist, der Titel. Du hast dazu gesagt, ländliche Verluste literarisch reflektiert, nicht? Weil du bist eben Schriftsteller und hast über diese Dinge geschrieben und wir werden im Laufe der Sendung, werden wir auch Zitate aus deinen Büchern, aus deinem neuesten Buch hier vorlesen, an die wir dann weitere Reflexionen knüpfen können. Vielleicht zunächst noch ein paar Dinge zu deiner Person. Du bist 1953 in Engerwitzdorf geboren. Also du bist eigentlich ein echter Mühlviertler, aber im Grunde genommen ein Weitgereister. Das werden wir auch noch merken, hoffe ich. Du hast Kunstpädagogik und Malerei studiert und darin deinen universitären Abschluss gemacht an der heutigen Kunstuni Linz und bist vieles, vieles, vieles, vieles, vieles. Es gibt eine ganze Liste, was du alles bist und was du veröffentlicht hast und so. Das würde wahrscheinlich schon die Sendung so ziemlich füllen. Deswegen sage ich nur, du bist Mitglied der Grazer Autorenversammlung. Das ist ja eine bekannte literarische Vereinigung. Die größte in Österreich, wurde 1973 in Graz gegründet, deswegen auch der Name. Und du bist seit wann Mitglied, Dade? Seit 1988, glaube ich, oder 89. Bin eines der ältesten Mitglieder in Oberösterreich. Ja, ich will vielleicht zunächst dich noch einmal fragen, du bist Schriftsteller, aber du bist auch Künstler auf anderen Ebenen und Gebieten. Wie bist du eigentlich zur Schriftstellerei gekommen? Das wird man ja nicht einfach durch Zauberhand. Ja, und vor allem auch nicht ohne Ausbildung in dem Sinn. Naja, das ist so gewesen. In etwa versuche ich das zu skizzieren. Ich galt eigentlich schon in meiner Volksschulzeit als guter Zeichner. Und das hat sich auch fortgesetzt in der Hauptschule. Und ich hatte da einen Freund, mit dem traf ich mich dann immer wieder nach der Schule bei mir zu Hause in der Küche und wir haben gezeichnet. Also auf allen möglichen Papieren, also meistens auf einer Seite bedruckt, Kartondeckel und so weiter. Und was war das Thema? Ja, uns hat beschäftigt der Wilde Westen, uns hat beschäftigt die Seefahrerei, also die Seeräuber, Malterei auf der Ponte und dann in einer Phase auch Rittergeschichten. Wann war das ungefähr oder wie alt warst du? Das war, glaube ich, zweite, dritte Klasse Hauptschule. und Karl-May-Lektüre war natürlich parallel, beziehungsweise ich glaube, mein erstes Karl-May-Buch durfte ich mir zu Weihnachten in der vierten Klasse Volksschule bei der Weihnachtsausstellung in der Volksschule oder im Pfarramt Katzdorf bestellen, wenn nicht nur eins. Gut, und eines Tages begann ich, weiß nicht mehr aus welchem Grund, ein Schulheft herzunehmen, das nicht ausgeschrieben war aus der Klasse zuvor, School Exercise oder so. und begann ich auch so eine Indianer-Geschichte zu schreiben, also mit Cowboys, Indianern, und habe den Atlas hergenommen, aufgeschlagen, USA, und habe versucht festzustellen, wie lange war so ein Tagesritt von Fort Laramie zu diesem Fluss oder zu diesem Berg, also was natürlich obskur war, weil ja das, wie gesagt, da waren auf zwei Seiten, da waren da ganze USA abgebildet. Aber es ging mir sozusagen um eine Entschätzung, damit das authentisch wäre. Aber im Grunde genommen hast du es ähnlich gemacht wie Karl May. Der war ja auch nicht dort, wo du über ihr geschrieben hast. Ja, genau. Und alles andere musste man dann mit Fantasie ausschmücken. Aber das waren nur so ein, ich glaube, das waren ein, zwei so Geschichten. Dann hat das wieder geruht und eigentlich nichts mehr geschrieben, außer dem, was man in der Schule schreiben musste. Das war eigentlich für mich irgendwie ein Ärgernis, weil ich nicht einsehen konnte, wieso muss man jetzt zu einem bestimmten Thema, das jemand vorgibt, etwas schreibt. Das hat mich nie sehr motiviert, bis auf einige Ausnahmen vielleicht. Naja, aber jetzt noch weiter. was schreibt, das hat mich nie sehr motiviert, bis auf einige Ausnahmen vielleicht. Naja, aber jetzt noch weiter. Also ich habe mich vor allem dann mit bildender Kunst beschäftigt, Malerei, Zeichnung, dann auch Druckgrafik. Und dann war es aber so, dass ich immer wieder das Gefühl hatte, es gibt noch einen Teil meiner Ausdrucksfähigkeit oder meines Ausdruckswollens, das ich mit dem Bereich des Bildnerischen nicht abdecken konnte. Ich war nicht zufrieden damit und ich begann dann immer wieder auch Notizen zu machen, was einen so beschäftigt. Gedanken. Und Gedanken sind ja noch keine Sätze. Das heißt, ich begann dann, oder ich habe herausgefunden, wenn man etwas niederzuschreiben beginnt, eine Gedanken, aufgrund der Grammatik muss dann so ein Gedanke fertiggestellt werden, zu Ende geführt werden. Aus dem ergibt sich das Nächste und so weiter. Also es begann mehr oder weniger mit Tagebuchaufzeichnungen, mit politischen, philosophischen Dingen, die mich beschäftigt haben. Und dann natürlich auch kam das Bedürfnis, ein Gedicht zu schreiben, mit der Sprache zu spielen. Und so entwickelte sich das weiter. Und aufgrund diverser Lektüre-Eindrücke habe ich dann auch begonnen, in Prosa zu schreiben. Einmal so eine Zeit lang Stream-of-Constance-Technik, so wie die Surrealisten es gemacht haben. Einfach mal drauf losschreiben, ohne vordergründige Sinnhaftigkeit. Vielleicht, dass mich dann einerseits das Inhaltliche, andererseits der Rhythmus oder der Klang der Sprache weitergeführt haben. Ja, und so standen Texte und da hatte ich auch dann bald einmal Erfolge. Das war dann so Ende der 70er Jahre. Da warst du gut Mitte 20 oder so. Und über den Linzer Schriftsteller Franz Kain, den ich damals kennengelernt habe, der hat mir dann angeboten, schick doch mal drei Texte ein. den ich damals kennengelernt habe, der hat mir dann angeboten, schick doch mal drei Texte ein. Ich bin Redakteur bei den Facetten, das ist das literarische Jahrbuch der Stadt Linz. Und vielleicht kann ich was veröffentlichen von dir. Und da wurde dann in der Ausgabe 1980 der erste Text von mir veröffentlicht. Zuvor gab es schon einige Veröffentlichungen in kleineren Zeitschriften. Und dann kamen dann weitere und so hat das begonnen. Aber du hast sozusagen nicht von der Schriftstellerei gleich gelebt, sondern du hattest auch einen, wie man sagt, Brotberuf, nicht? Als Lehrer und... Ja, als Kunstlerzieher. Beziehungsweise ich habe vorher relativ lange studiert und habe verschiedene Jobs gehabt. Also ich war Briefträger, ich habe restauriert, ich habe am Bau gearbeitet. Also ich war Skilehrer. Also eine breite Basis, weil das war auch so ein Impetus, dass ich eigentlich das Leben und die Arbeitswelt kennenlernen wollte. Und diese Welten haben dann auch bis zum gewissen Grad mein Schreiben natürlich auch beeinflusst. Weil ich war nie ein Schriftsteller, der sozusagen nur von irgendwelchen erfundenen Sachen ausgegangen ist, außer halt bei der Lyrik vielleicht, wo man auf, also sogenannte Gedankenlyrik, wo man Gedanken spinnt oder eben mit der Sprache spielt. Aber sonst war mir der sinnliche Eindruck, das Erlebnis immer auch sehr wichtig. Wir wollen uns heute mit einer Publikation vor allem beschäftigen. Vielleicht kommen wir noch zu einer zweiten. Das ist dein letztes Buch jetzt. Also nicht dein letztes, es wird noch einiges kommen, vermute ich. Aber das vorerst letzte. Das ist zumindest ein Markstein, würde ich sagen, weil ich in diesem Buch schon versucht habe, Texte hineinzugeben, die für mich einfach über die Jahre auch gereift sind. Manche gehen ja zurück, sind 20 Jahre alt, Verzweiflung des Wirklichen. Und ich möchte jetzt dann im weiteren Verlauf zwei oder drei Texte auch vorlesen davon. Denn das Interessante ist, dass du ja, ich würde sagen, ein kritischer und skeptischer Beobachter der Entwicklung über Jahrzehnte im ländlichen Raum bist. Vor allem einmal, sage ich, im Mühlviertel und Umgebung, aber das ist vielleicht der Fokus, den wir heute im Gespräch machen möchten. Deswegen fange ich mal locker an, einen Text von dir zu lesen. Natürlich ist es auch philosophisch. Du bist ja im Grunde genommen neben der Literatur, neben der literarischen Begabung auch Philosoph und ich fange mal mit einem Text an, der in diese Richtung geht und den wir dann miteinander ein bisschen besprechen können. Du schreibst unter dem Titel Denken und Poesie in diesem Buch Die wahrhafte Verzweiflung des Wirklichen die Wahrheit über das Wesen des Menschen, über die Quintessenz der von Menschen und deren politischen wie religiösen Machtorganisationen begangenen Ungeheuerlichkeiten im 20. Jahrhundert sollte bekannt sein. Der Selbstbetrug betrifft sein gewissenloses Verhalten nicht nur gegenüber seinesgleichen, sondern auch gegenüber den evolutionären Zwischenergebnissen auf dieser Erde. Unsere kulturelle Verlogenheit respektive unsere verlogenen Kulturen täuschen über das Wesentliche hinweg. Eine Kunst, die sofort in den Strom des assimilierenden Kunstmarktes mündet, büßt ihre Zuständigkeit ein für jene Fragen, die uns unter den Nägeln brennen. Menschen, Individuen wie ganz Gesellschaften und Kulturen weigern sich, die Konsequenzen ihrer Taten zu sehen und zu begreifen. Da kann man ja an verschiedenen Ecken einhaken und kann sagen, was steckt da jetzt an Wahrnehmung von dir dahinter? Naja, das ist gleich eine Herausforderung. Also ich versuche jetzt einmal einen Aspekt zu beleuchten, also das mit der Kunst beziehungsweise auch mit der Literatur. Es ist ja so, dass für mich heutzutage die meiste Literatur eigentlich Unterhaltungsliteratur ist. Und meine Literatur verweigert sich ja diese eigentlich. Also meine Bücher sind daher auch keine Bestseller, sondern Worstseller. Und es ist auch so, dass auch in der bildenden Kunst habe ich den Eindruck, dass sehr viel in den Eventbereich geht. Das heißt, man reduziert eigentlich nicht die Mittel freiwillig, sondern versucht mit großem Aufwand eine Aussage zu erzielen, die, wo ich mir denke, mit einfacheren Mitteln auch vielleicht erzielt werden könnte oder erreicht werden könnte. Also ich habe zu Hause einen Zeitungsausschnitt hängen, ein Fahrrad mit einem, weiß nicht mehr, vietnamesischen Mann oder einer vietnamesischen Person. Dieses Fahrrad ist also vollkommen aufgepackelt mit Kisten und so weiter, dass man eigentlich die Person dahinter gar nicht sieht und der transportiert mit dem Fahrrad diese ungeheuren Mengen. Das heißt also, für mich ist das eigentlich ein Idealzustand, mit wenigen Mitteln viel transportieren. Nicht umgekehrt. Und das wäre mal das eine. Das andere ist jetzt, was diese verlogenen Gesellschaften und Kulturen betrifft, ist, dass man sich eigentlich, so wie ich jetzt wieder gehört habe heute, dass man einen unglaublichen Energieaufwand schon für die nächsten zehn Jahre, also das Fünf-, Achtfache und so weiter, voraussieht. Also man glaubt wirklich, dass man mit diesem ganzen Green Deal und so weiter, also mit den Elektroautos und weiß was ich alles, also wirklich eine Trendwende erzeugen könnte. Das heißt, es geht ja darin, oder dahin, dass man trotzdem immer wieder mehr Energie verbraucht. Für mich wäre eine entscheidende Wende, dass man versucht, aus einer Selbstbeschränkung heraus oder wie auch immer, weniger Energie zu verbrauchen, zum Beispiel, weniger Land zu verbrauchen. Also es geht ja eigentlich alles weiter wie bisher. weniger Land zu verbrauchen. Also es geht ja eigentlich alles weiter wie bisher. Und für mich ist vieles eigentlich in dieser Richtung, wo man meint, aha, okay, da wird jetzt eh was getan, dass sich das ändert, eher so ein Placebo. Es werden ja auch nach wie vor Gesetze so gemacht, dass eigentlich die Geschäfte weitergehen. Und das ist für mich ein gewisser Selbstbedruck, der da läuft. Ja, das werden jetzt einmal einige Antworten. Ich weiß nicht, ob du jetzt noch andere Fragen hast. Das ist eben, finde ich, sehr spannend. Du sagst, es geht weiter wie bisher. Ich würde sogar sagen, es geht beschleunigt und verschärft weiter wie bisher. Es geht ja praktisch, jetzt war wieder irgendwie eine Geschichte von diesem Herrn, wie heißt er? Trump. Dass er so glücklich war, dass er irgendwie mit den Indonesiern glaube ich, hat er ein Geschäft gemacht, die sehr viel Kupfer haben. Und was wir brauchen zurzeit sind seltene Erden für unsere Elektromobilität, für die Computer, für die Digitalisierung und, und, und oder. Und gleichzeitig wissen wir, dass genau diese Dinge halt im Grunde genommen die Erde ruinieren. für mich ist ja der Mensch nicht sozusagen der König der Tiere, also das oberste Geschöpf, sondern der Mensch ist eigentlich Teil dieser Evolution. Und ich sehe also wirklich nicht ein, wieso wir uns das Recht herausnehmen, derartig auf der Welt zu wüten. Und es ist ja auch so, dass jahrtausendelang der Mensch eigentlich anders gelebt hat. Ein Beispiel möchte ich jetzt doch anbringen, was die Globalisierung oder, weil es jetzt um diese Zölle geht und mit Transport und dem Hin und Her verschieben von Waren geht. Kann sein, dass diese Gedanken nicht ganz hundertprozentig dicht sind, aber ich glaube, dass bis vor vielleicht zwei Jahrhunderten Dinge ausgetauscht wurden oder man Dinge insgetauscht wurden, oder man Dinge ins Land geholt hat, die man selber nicht hatte. Also die das Land oder eine Region nicht selber erzeugen konnte. Daher habe ich mir das, da hat sich die Herrschaften, also die Obrigkeit oder eben der Händler, hat sich diese Nahrungsmittel oder was auch immer besorgt. Das heißt also, anderes Land, andere Region wiederum hat importiert, was dieses Land nicht gehabt hat. Und irgendwann hat sich das so entwickelt, dass man einfach Dinge hin und her schiebt. Wir verkaufen wahrscheinlich irgendwo Kartoffeln, wo man eh Kartoffeln hat. Oder wir haben irische Butter, wo wir eh selber Butter haben. Also nur als Beispiel. Das heißt, man versucht, über Förderungen den Preis zu unterbieten und so weiter, nur um eigentlich jetzt irgendwelche Waren aufgrund von Überproduktion, die natürlich wieder zu tun hat, dass wir unglaublich viel Energie, Kunstding und so weiter einsetzen, losbekommen. Und das ist der Unsinn eigentlich der Globalisierung. Und ich denke, dass er also möglicherweise hat Trantis bezüglich Recht, dass man wieder schaut, okay, was kann ich in dem eigenen Land produzieren? Und das hat sich ja jetzt dort gezeigt bei Corona, dass wir auf einmal festgestellt haben, ja, gewisse Dinge haben wir gar nicht, haben wir gar nicht zur Verfügung, weil wir brauchen doch keine dazu. Und eigentlich wäre es wahrscheinlich möglich, gewisse Dinge, die dort und da produziert werden, auch bei uns zu produzieren. Also das ist nur noch ein Gedanke. Das wäre halt dann wahrscheinlich nicht so billig. Das heißt, wenn wir unter unseren Bedingungen Löhne und alles Dinge selber produzieren würden, wären sie teurer, als wenn wir sie in Asien produzieren lassen. Und das ist vielleicht das Dilemma, würde ich mal sagen, unserer Wirtschaftsform. Dass wir möglichst billig, möglichst viele Dinge haben wollen. Und dafür im Grunde genommen zahlen wir einen hohen Preis, nämlich den Preis der Abhängigkeit von anderen. Und das Nächste ist natürlich, wieso sind die Dinge so billig? Weil der Transport billig ist, weil die Leute dort ausgebeutet werden usw. Das heißt also, es gäbe da schon eine Möglichkeit, wenn da eine, man sagt ja glaube ich, Preiswahrheit und so weiter oder Produktionswahrheit dahinter stünde, dass das anders wäre, sage ich jetzt einmal. Es ist sicher einiges naiv in diesen Überlegungen, aber im Prinzip glaube ich schon, dass es da eine andere Entwicklung gegeben hätte. Ich komme noch mal zurück jetzt an dieser Stelle auf den Titel deines neuen Buches. Das ist ja ein spannungsreicher, kreativer Titel. Die narrhafte Verzweiflung des Wirklichen. Noch einmal, die narrhafte Verzweiflung des Wirklichen. Ja, wer wird genährt? Und wo ist die Verzweiflung? ein Titel, der irritieren soll einmal. Also man muss ja nicht unbedingt ein Gedicht oder einen Titel erklären. Aber vielleicht steckt dies dahinter, also es war zumindest auch ein Gedanke von mir, dass ja die Wirklichkeit verzweifeln muss aufgrund der Tatsache, dass es so viel sekundäre Wirklichkeit mittlerweile gibt. Das heißt also, viele Menschen oder vielleicht sogar die Masse der Menschen sind ja nicht mehr mit einer unmittelbaren Wirklichkeit, mit der ersten Wirklichkeit konfrontiert, sondern mit Sekundärwirklichkeiten, mit den Medien, mit Bildern aus dem Internet, mit Texten aus dem Internet, also alles, was generiert wurde, natürlich auch um zu manipulieren, um die Gedanken in gewisse Richtungen zu leiten oder überhaupt um Gedanken auszuschalten oder das Denken auszuschalten. Das heißt also, die Wirklichkeit verzweifelt an dem, dass sie so wenig wahrgenommen wird. Ja, so könnte man das in etwa auch sehen. Und vielleicht auch etwas zu diesen Sekundärwelten, zu diesen Algorithmen, zu diesen ganzen binären Codes und so weiter. Das ist ja auch ein, da steckt ja eigentlich nichts anderes wie Propaganda dahinter, bei vielen Dingen. Und da gibt es einen Amerikaner, der eigentlich kaum irgendwo aufscheint, beziehungsweise vergessen ist. Und zwar Edward Bernis, hieß der ein Neffe von Sigmund Freud, und der hat bereits 1924 ein Buch geschrieben, das heißt Propaganda. Und der hat schon erkannt, dass die Massen leicht zu manipulieren sind, wenn man nicht Fakten anwendet, sondern wenn man sie bei der Emotion packt. Und ihnen irgendwelche Geschichten erzählt. Er hat zum Beispiel auch mit seiner Propaganda mitgeholfen, dass in den 60er Jahren, wenn ich mich nicht irre, die USA für United Fruit Company in Guatemala einen Militärputsch unterstützt hat. Und weil Propaganda natürlich dann irgendwann einmal nicht sehr gut geklungen hat, Propaganda war ja eher was die Diktaturen, also die Kommunistischen verwendet haben, hat er dann den Begriff PR entwickelt. Auflage dieses Buches hieß dann eben, ja, also das wäre dann die Public Relations, also so ist das. Und man sieht auch, und das ist ja heute total aktuell, dass man Massen manipuliert, indem man nicht Fakten verwendet, sondern eben sie mit Emotionen versorgt. Und mit Fake News. Und vielen anderen Dingen, ja, und mit Hate Speech, ja, und so weiter und so weiter Und mit Fake News. Und vielen anderen Dingen. Und mit Hate Speech. Und so weiter und so weiter. Die Fake News heißt es ja, werden sechsmal so schnell verteilen, wie wahre Mitteilungen. Aber verstehst du, ich habe ja viele Jahre lang gesagt, ich verweigere diese digitalen Wirklichkeitenere dieser digitalen Welt den Anspruch wirklich zu sein. Die ist nicht wirklich. Es ist pure Illusion. Nur mittlerweile bin ich so weit, dass ich mich wundere, wie wirklich sie doch für viele Menschen geworden ist. Aber es fällt mir ein, eine lustige Geschichte, die ich im Radio gehört habe, vorgestern auf Bayern 1, wurde die Geschichte erzählt, eine Frau in Irland, das bringt uns nach Irland, die hat tatsächlich, weil sie in einer Gruppe arbeitet, die den Strand sauber halten, hat sie eine Flaschenpost gefunden. Eine Flasche, die hat sie aufgemacht, hat hineingeschaut und fand dort die Schilderung eines wunderschönen Abends, wo ein Pärchen gesagt hat, wir haben ganz, ganz toll gegessen und es geht uns gut und wir verschicken jetzt diese Flaschenpost. Das ist in Neufundland gewesen und 13 Jahre später ist diese Flaschenpost am irischen Strand angekommen. Das lässt sich durch die Strömung erklären. Das ist, man könnte sagen, analoge Realität, die lange Zeit braucht. Jetzt ist diese Frau hergegangen und hat folgendes gemacht, hat die Flasche und den Zettel fotografiert und hat das Ganze ins Internet gestellt. Und die Frage gestellt, wenn jemand weiß, wer das war oder der Betreffende selbst, soll er sich melden. Eine Stunde später hat die Frau sich gemeldet, die an diesem Paar beteiligt war. Und hat gesagt, es geht uns gut. Wir haben geheiratet und mittlerweile drei Kinder. Naja, das sind natürlich, es gibt sicher auch positive Beispiele, na klar, wieso nicht, aber wie gesagt, also Nein, das rechtfertigt es nicht. Ich sage nur, es ist dann immer wieder überraschend, dass man denkt, das ist schon berührend, was dabei auch Positives herauskommen kann. Wobei natürlich, okay, man weiß jetzt das, dass die noch gibt und so weiter, aber es müsste ja nicht sein unbedingt, sozusagen. Entscheidend ist für mich die Flaschenpost. Ja, genau. Und dass die in Irland angekommen ist. Naja, das lässt sich mit diesen Meereströmungen, ja, und diesen Meereströmungen, ja, und diesen Meerströmungen. Ja, wir haben ja zum Beispiel mal in Connemara eine Kokosnuss auch gefunden, die angeschwemmt wurde. Also aus der Karibik wahrscheinlich, oder? In dem Fall wahrscheinlich nicht aus Neufundland. Nein, das bringt uns jetzt auf ein anderes Thema natürlich auch nicht. Ich habe Irland ja bewusst erwähnt, weil du ja ein Freund von Irland bist. Du magst Irland ja sehr und hast das auch häufig bereist. und beschreibst, wir kommen darauf zurück, was das Mühlviertel zum Beispiel anlangt, ist es ja im Grunde genommen, es hätte ich fast gesagt, der Verfall einer Lebensform. Verfall ist zu viel, aber vielleicht doch eine permanente Veränderung ins Problematische hinein. Du kennst die Natur, du bist im Mühlviertel geboren, du bist hier aufgewachsen, du bist 71, 72 Jahre alt mittlerweile. Also du hast vieles erlebt, was ist hier passiert. Und du sagst, in Irland ist das eigentlich auch nicht viel anders. Manche Leute kennen Heinrich Böll, irisches Tagebuch und andere Schriften. Das kann man mittlerweile vergessen. Kann man vergessen. Naja, gut, spanne ich den Bogen zwischen Münchviertel und Irland und Konnemara. Das sind ja beide, was uns verbindet. Das Granit, auch Konnemara, Südkonnemara, besteht geologisch aus Granit. Naja, das ist es. Ich bin hier geboren, in einem Engelwitz-Dorf und habe das Leben, das Land noch ganz anders erlebt Ich will jetzt nicht nostalgisch sein das war alles mit Arbeit verbunden mit harter Arbeit verbunden aber ich denke, dass die Menschen auch zufriedener waren hatten auch doch Zeit und eine eindeutige Zäsur, Feierabend, Sonntag, dass man nicht gearbeitet hat. Also das waren schon auch bedeutende und glaube ich für die Psyche der Menschen gute Dinge, die der damals gegeben hat. Und was ich als besonders einschneidend erlebt habe, diese landschaftlichen Umwälzungen, als die Autobahn gebaut wurde, von Linz rauf, also nach Unterweiterstorf, wenn man also gesehen hat, welche Einschnitte das waren, welche Erdverschiebungen und so weiter. Ich habe das auch fotografisch dokumentiert. Heute ist das ja alles zugewachsen und verbaut und schaut eigentlich schon wieder natürlich aus. Und ich habe auch eine Zeit lang mich gewehrt, die Autobahn zu verwenden, sondern bin auf der Puntestraße in Ackwilfe hinuntergefahren und so weiter. Ja, und ich war dann auch eine Zeit lang weg und in Linz. Und wenn man dann zurückkehrt, dann sieht man umso stärker eigentlich diese Veränderungen. Und das waren natürlich vor allem jene, die zuerst einmal als bauliche Veränderungen sichtbar waren. Also dass ganze fruchtbare Felder, Wiesen verbaut wurden, dass an den Dorfrändern die Streuobstwiesen weggekommen sind, dass die Gärten aufgelassen wurden und so weiter. Und dass diese Veränderungen natürlich auch einen soziologischen Hintergrund hatten. Das heißt, das Leben der Menschen, die Berufswelt hat sich verändert. Es gab dann diese vielen Pendler und so weiter und die mussten schnell in die Stadt kommen, wieder zurück. In den letzten Jahren ist mir vor allem aufgefallen, dass viele Leute, die aufs Land ziehen, Häuser bauen, eigentlich im Endeffekt mit der Natur nichts anfangen können. Die schottern ihre Vorgärten zu, legen Plastik darunter. Einige Alibi-Grünpflanzen schauen heraus. Das sind eigentlich nur Schlafstellen. Nehmen auch nicht teil am öffentlichen Leben, am Gemeinschaftsleben. Das ist eigentlich absurd. Und da frage ich mich, warum wollen die am Land leben? Wieso haben die nicht eine Wohnung an der Peripherie oder in der Stadt sowieso? Also das sind ein paar so Gedanken, die ich immer wieder hege. Und ich habe darüber auch einen Text geschrieben, der jetzt in der Rampe veröffentlicht wird, in der oberösterreichischen Literaturzeitschrift, weil die auch 50 Jahre alt ist. Und da habe ich mich hingesetzt und habe darüber geschrieben, was 1975 für mich eine Bedeutung hatte. Und der Text ist auch angenommen worden und da freue ich mich sehr. Das ist ungefähr ein zehntelanger Text, der eben meine Irlandreise versucht zu schildern und die Konsequenzen daraus, dass ich eben immer wieder dort hingefahren bin und Kontakte hatte und ich habe dann irische Schriftsteller eingeladen nach Österreich und so weiter. hat dann irische Schriftsteller eingeladen nach Österreich und so weiter. Ja, und Irland, du hast schon Böll erwähnt, dieses Böll-Irland, das gibt es nicht mehr. Aber es ist trotzdem noch zumindest am Land anders. Insofern, weil es natürlich ein Abwanderungsgebiet ist und die Massen sich jetzt wirklich in Dublin und Umgebung konzentrieren, wo es auch diese großen amerikanischen Firmen sind. Und der Sohn unseres Freundes zum Beispiel, der arbeitet rund um die Uhr. Also das ist auch eine Sklaven-Situation, in die es sich mittlerweile gegeben hat. Also ich kann mich noch erinnern, wie ich da drüben war die ersten Jahre. Da hatten die Menschen Zeit für Gespräche, endlos. Also die waren neugierig, man hat sich ausgetauscht. Und es war wirklich eine entspannte Atmosphäre. Aber was mich dann eigentlich zunehmend interessiert an Irland, Und eine entspannte Atmosphäre. Aber was mich dann eigentlich zunehmend interessiert an Irland, das war natürlich die Geschichte auch, diese Kolonialisierung durch die Engländer und dass sie mit ihrer Sprache auch, also das hat mich als Schriftsteller interessiert, dass sie den ursprünglich irischen Begriffen und Landschaftsbezeichnungen, die Englischen drübergestülpt haben. Eigentlich in Form einer Bastardisierung. Das heißt, die haben ein Wort gehört, eine Bezeichnung für einen Berg, für einen See und haben das niedergeschrieben, wie sie damals diese Karten angelegt haben, also rein phonetisch, zum Beispiel. Also Kloch Naron heißt Fels der Seehunde. Und sie haben daraus Ronstone gemacht. Also der runde Stein, Ronstone. Also Kloch hat vielleicht noch irgendwie wie Rond oder was geklungen, also eigentlich unsinnig. Oder eine Bucht, Kurnabertsribui, die Bucht der gelben Austernbänke, heißt das auf Irisch. Und sie haben daraus gemacht, Bertrachboy Bay. Also ergibt keinen Sinn. Und so ist das vielfach passiert. ist das vielfach passiert. Und das hat mich auch interessiert, weil ja natürlich diese irischen Bezeichnungen eine Geschichte transportieren, eine Wahrnehmung, eine eindeutige oder ein historisches Ereignis oder was auch immer. Und gerade in Connemara dort, in der Geldtacht, wo noch irisch gesprochen wird, hat sich dann für mich ein neuer Raum eröffnet. Ein Raum, der nicht nur ein geografischer war, sondern auch ein sprachlicher. Und dank meines Freundes Ray McManus, der Irischlehrer ist, hat sich da eben, ich habe versucht auch ein bisschen Irisch zu lernen, hat sich da eben eine Welt aufgetan, die mir sehr wichtig geworden ist und in einer Weise eine zweite Heimat geworden ist, wobei ich Heimat eher versuche zu vermeiden. Den Begriff Heimat. Weil damit so viel Schindler getrieben wurde und noch immer wird, wird es ja vor allem von den politischen Rechten wieder verinnahmt. Ja. Kehren wir trotz allem wieder zurück zu deinen Schriften. Und ich lese wieder eine vor. Bitte. Welch ein Aufwand, heißt sie und ist auf Seite 125 in deinem Buch. Launen der Natur, sagen manche in Anbetracht von Murenabgängen, Hochwasserlawinen, Kältetagen im Sommer und Hitzewellen im Winter. Zu sagen, launender Politik, zu Verbrechen wie der Mensch und Natur, zu Eitelkeiten, Gier und Machthunger, zumeist männlich, unhaltsam, weil euphemistisch. Unaufhaltsam der Fluss des Kapitals, wie der Flug der Wolken. So viel Bewegung im Geheimen, Tricksereien, befördert durch gekaufte Medien, die faule Eier legen, analog, digital. Welch ein Aufwand an Energie, um andere übers Ohr zu hauen, um Millionen dieser und jener Länder ans Hungertuch zu bringen. Fingernägel an Brot und Erdkrusten, denn in wachsenden Wüsten fehlt Nahrung dem Pflug. Nicht Worte der Liebe, des Austauschs, der Poesie, sondern Worte, um zu fanatisieren, in Abhängigkeit zu halten, kalte Systemsprache der Macht und des Marktes, welch eine Freiheit im Gebrauch der Worte, der Sprache. Wir bleiben ein bisschen mit diesem Text in dem Feld, das du jetzt ja eh schon sehr deutlich betreten hast, nämlich die Bedeutung der Sprache. Ja, ich denke, die Menschwerdung vollzog sich ja durch die Sprache. Im Anfang war das Wort. Und ich denke, die Sprache hätte ja so viele Möglichkeiten, um uns so auszudrücken, dass wir versuchen, zumindest versuchen wollen, uns zu verstehen. Wobei natürlich auch Blicke, Gäste und so weiter wichtig sind. Also das kommt auch aus Zeiten vor der Sprache. Und wenn man sich zum Beispiel nicht verständigen kann aufgrundier verschiedener Sprachsysteme, dann ist es doch immer wichtig, dass man die Hände hat und die Mimik hat. Und Alexis Sorbas sagte, wenn er sich nicht verständigen konnte, dann hat er dem Mann dann etwas vorgetanzt. Das ist auch eine Möglichkeit. Aber natürlich die Sprache in ihrer Möglichkeit, sich differenziert auszudrücken, das wäre schon eine Chance für uns. Und wenn man jetzt diesen unsäglichen Typen, den du schon genannt hast, in Amerika hernimmt, der also eine verkürzte Sprache hernimmt und damit anscheinend das Auslangen findet, dann ist das für mich wirklich ein Verlust. Also man muss ja nicht unbedingt Staatsmänner von früher verherrlichen, aber wenn man da ihre Reden noch hernimmt, also die hatten schon noch eine andere Sprache und es wurde ja auch in den Parlamenten noch anders diskutiert wie heute. Und die Literatursprache, ja vor 200, 300 Jahren, das war eine noch ganz, man hätte germanistisch nämlich die elaborierte Sprache. Das heißt also, eine Sprache, die etwas transportiert, das nicht unbedingt dem Zweck verbunden ist oder unterworfen ist. Das heißt also, der Großteil der Sprache hat eine Zweckfunktion, um unseren Alltag zu bewältigen, um Geschäfte zu betreiben und so weiter. Darüber hinaus gibt es ja auch noch die Sprache der Poesie, des Liedes auch. Und das ist ein Aspekt, der meines Erachtens ja, ich glaube, schon noch geschrieben wird. Es gibt sehr viele Leute, die Gedichte schreiben, aber ich glaube, es gibt mehr Leute, die Gedichte schreiben, als dass jemand Gedichte liest, sage ich jetzt nur als Beispiel. Das heißt also, diese Feinheit, oder wie ich eben versuche, in meiner Literatur, in diesen Texten auch präzise zu sein, das geht meines Erachtens verloren. Natürlich ist die gesprochene Sprache eine andere als die beschriebene, aber trotzdem sollte man sich bemühen, dass auch in der gesprochenen Sprache man exakt ist und möglichst frei ist von Missverständnissen. Und das ist vor allem, finde ich, heute so, dass ja in unsere normale gesprochene Sprache eine Menge Anglizismen hineinkommen, die vor allem aus der Computerwelt stammen jetzt. Wir googeln dies und wir machen dies. Also das ist so selbstverständlich geworden, dass die Technosprache sich in unsere Alltagssprache hinein mischt und die Natursprache nicht. Also Vögel zu kennen oder Pflanzen zu kennen, das verschwindet. Und hinzu kommt, das ist mir jetzt auch eingefallen, vor einigen Jahren gab es bei der Wiener Buchmesse, gab es eine Podiumsdiskussion. Ich habe sie im Radio gehört und da ging es um die Frage, die dann nämlich auch Schriftsteller artikuliert haben. Wir hören immer, wir sollen bei dem, was wir schreiben, in einfacher Sprache schreiben. Ja, nicht zu kompliziert. Nicht, wenn man Thomas Mann liest zum Beispiel oder den alten Goethe oder andere. Das ist eine hochkomplexe Sprache mit langen Sätzen, verschachtelt und alles Mögliche. Das würde heute kein Mensch mehr lesen können und verstehen. Nicht, weil ja tatsächlich sowieso 30 Prozent der Österreicher bereits Analphabeten sind. Das ist ja Wahnsinn eigentlich, nicht? Also insofern denke ich, hat die Sprache als Medium, das auf Wirklichkeit hinweist, eine ganz, ganz wichtige Funktion. Ja, so ist es. Und diese Forderung, einfach zu sein, also keine Barrieren einzubauen, das ist, glaube ich, also ich bin der Meinung, dass das der falsche Weg ist. Also man soll ja dem Menschen etwas geben, sage ich jetzt einmal, damit er sich auch daran reiben kann. Es gibt ja ohnehin so viele Dinge, die leicht konsumierbar sind, sage ich jetzt einmal. Und wieso sollte es jetzt nicht Bereiche geben, in der Sprache oder in der Kunst oder sonst wo, oder in der Musik, die eine Herausforderung sein können. Ich meine, die Leute lösen ja auch Kreuzworträtsel oder spielen Schach und wählen andere Herausforderungen, die in einem Text stecken, auch in einem philosophischen Text, dass die nicht mehr so wahrgenommen werden, auch in der Schule nicht mehr. Wenn ich höre, wie leicht heute ein deutscher Matura ablaufen kann und so weiter, dann denke ich, das ist eine Entwicklung, die ich nicht mittragen kann, die ich ablehne, genau genommen. Ja, es ist interessant, wir sind in unserem Gespräch, sind wir eigentlich doch verstärkt auf das Thema Sprache gekommen. Ist ja auch kein Wunder, wenn man einen Schriftsteller vor sich hat und so. Aber ich möchte jetzt doch nochmal zurück. Ich habe ja ursprünglich gedacht, der Anlass jetzt, also der inhaltliche Anlass, worüber reden wir, der ist in einer Nachbemerkung zu finden in dem Buch. Und das möchte doch noch zwei, drei Sätze vorlesen, damit wir sozusagen über die Sprache auch wieder zu unserer konkreten Realität zurückfinden, nicht? Und zwar schreibst du da, der sogenannte Klimawandel, dem massive Veränderungen in der Landwirtschaft, im Energieverbrauch, im Konsumverhalten der Menschen vorausgegangen sind, wurde für mich schon offensichtlich und erkennbar, als dieser noch kein mediales und globales Thema war. Seit der Geburt mit einer bestimmten Region vertraut, also dem Mühlviertel, weiß ich auch um den soziologischen und ökologischen Wandel, konstatiere ich das Verschwinden von schönen Dingen und Formen und, im Gegenzug, das hässliche Konglomerat, das sich über die Hügel und Täler stülpt. Ja, so ist es. Also ich empfinde das so. Ich habe schon einige Aspekte erwähnt vorher. Also diese Bauwut zum Beispiel. die Häuser, jeder will ein individuelles Haus bauen und im Endeffekt sind sie eh alle ähnlich. Jeder kann sich austoben mit Farbe und Form. Und natürlich diese Begleitmaßnahmen, diese Versiegelungen und diese ganzen Baumärkte und Supermärkte und weiß der Teufel, was es noch alles gibt. Also diese ganze Flächenfraß, der da mit einhergeht. Also das finde ich einfach wirklich in dieser Region, in Engebitzdorf, das ist ja mittlerweile der Speckgürtel von Linz. Und das habe ich eben beobachten können im Laufe der Jahrzehnte, wie sich das verändert hat. Und das ist wirklich eine traurige Sache. Und vielleicht kommen noch einmal Zeiten, wo Leute mit den Fingernägeln den Asphalt wegkratzen, damit sie noch irgendwelche Erden finden dahinter, damit sie wieder einmal Karotten anbauen können. Das sage ich jetzt einmal übertrieben. finden dahinter, damit sie wieder einmal Karotten anbauen können. Sage ich jetzt einmal übertrieben. Aber man weiß ja mittlerweile, gibt es ja schon Statistiken, dass wir uns in Zukunft gar nicht mehr selber versuchen können. Dass wir schon Kartoffeln importieren müssen etc. etc. Also die besten Baugründe, also landwirtschaftlichen Gründe, Anbaugründe, wurden versiegelt zum Beispiel. Und zwar konkret, weil sich ein Bauer oder Unternehmer verschuldet hat und dann saß er selber im Gemeinderat, war vielleicht sogar selber im Ausschuss, was diese Umwidmungen betrifft in der Gemeinde. Und dann wurden locker wieder ganze Felder und so weiter umgewidmet. betrifft eine Gemeinde, nicht? Und dann wurden locker also dann wieder ganze Felder und so weiter umgewidmet. Also da ist einfach wirklich vieles leicht von sich gegangen, wo man nicht genau hingesehen hat und weil er da bei der richtigen Partei war und dann ist das also ja, man hat dann einfach irgendwo hineingebaut und heute ist es natürlich dann so, dass dann diese ganze Infrastruktur teurer wird. Muss man dauernd erhöhen, die Kanäle, Strom, Wasserzufuhr und so weiter. Und dann kommt noch dazu, dass jetzt bei jedem zweiten Gewitter dann aus den Kanaldeckeln und weiß der Teufel, wo ist er, dann das Wasser rauskommt. Weil ja das ist nicht schnell so, aufgrund der Versiegelung, in diese Kanalsysteme läuft und dann irgendwo steht es dann an und fordert dann überschwemmte Keller und so weiter. Also das sind alles Dinge, die man zu wenig bedacht hat. Also überhaupt dieses vorausschauende Denken fehlt mir in vielen Maßnahmen, die Menschen treffen bei ihren Entscheidungen. Die indigenen Völker sagen ja, wenn wir etwas tun, dann muss es für die nächsten sieben Generationen halten. Das ist immer weit davon entfernt. Also, das ist immer weit davon entfernt, nicht? Aber was ich noch betonen wollte, Richard, du hast es jetzt so angerissen oder es kam in dem Text auch schon vor. Wir reden eigentlich viel zu wenig über Ästhetik. Ja, das Schöne. Was macht die Welt schön? Und wo wird wirklich eben die Welt hässlich, einfach unbedacht. Ich denke jetzt beispielsweise auch baulich. Ich habe das bemerkt bei uns im Mühlviertel. Es war irgendwie plötzlich in diese Null-Energie-Klötzchen überall in die Welt hineinzustellen. Ja, Lato, so viereckige Klumpen, die irgendwo neben noch halbwegs schönen älteren Häusern mit gewöhnlichen Dächern stehen. Natürlich kann man sagen, das ist funktional gut und spart Strom und alles andere. Aber schön ist es wirklich nicht mehr. Also welche Rolle kann so ein Kriterium wie Schönheit noch spielen? Ist das schon vorbei oder lernen wir das wieder oder werden wir irgendwie verzweifeln am Verlust der Schönheit? Ja, es ist ein wichtiges Thema und ich denke schon, dass das Gefühl für Schönheit weitgehend verloren gegangen ist, nämlich gerade aufgrund dieser vielen Reize. Natürlich ist das, was einer für schön empfindet, subjektiv bis zu einem gewissen Grad. Oder es wird heute so gesagt, dass es subjektiv ist. Also man sagt, mir gefällt es. Ist ja wurscht, was der andere dazu sagt. Mir gefällt es oder mir muss es gefallen. Das heißt schon mal, die Redewendung ist ja schon ein bisschen die Redewendung ist ja schon ein bisschen entblößend, dass man sagt, mir muss gefallen. Das heißt also, was der andere dazu sagt, ist eigentlich wurscht. Und ich denke, dass, also ich gehe es wieder von meiner Kindheit aus, ist natürlich vielleicht ein bisschen unzulässig, aber da hatten die Häuser Proportionen, die Vierkanthöfe, der Dreisetthof, der Streckhof, das war alles so fix. In einem Bauernhof? Nein, nein, nein. Oder dass eben diese Streckhöfe einen Schopfwald nachgegeben haben. Also es waren relativ wiederholte Symbole bzw. Kennzeichen, die im Bau eingesetzt wurden. Die Proportionen waren ungefähr gleich und so weiter. Und das war irgendwie selbstverständlich. Also die Bauernhöfe, die früher gebaut wurden, die wurden ja auch nicht willkürlich gebaut, sondern es gab Module, nach denen wurden sie errichtet. Und das ist dann irgendwo verloren gegangen. Das heißt, woher kommt eigentlich dieses Einfamilienhaus? Das kommt ja eigentlich aus den USA, aus der Bungalow-Bewegung. Also der Bedarf nach Wohnen war gegeben nach dem Zweiten Weltkrieg, es war vieles zerstört und da hat man eben begonnen, diese zuerst einfache Häuser, die waren ja nur relativ einfach, praktikabel und haben auch eine gewisse Ästhetik gehabt. Das waren einfach diese Häuslbau-itektur. Wobei natürlich ein Architekt sagen würde, okay, das ist anonyme Architektur, ich würde das schöner machen. Klar, gibt es auch schöne Beispiele von Architekten, auf jeden Fall. Und auch jetzt wieder mit dieser Renaissance-Holzarchitektur oder dass man Altes mit Neuem verbindet, da gibt es sehr gute Beispiele. Aber das Gros ist für mich eigentlich ein Sammelsurium leider. Und ich war gerade vor kurzem wieder in Arseerland, war im Totengebirge unterwegs mit dem Mann meiner Cousine, haben dort eine Überschreitung gemacht und waren in Alterssee, Baderssee und in Alterssee zum Beispiel gibt es wirklich noch diese Bauvorschriften, wie ein Haus zu bauen ist oder wie ein altes Haus wieder zu renovieren ist. Und das ist eine Ästhetik, die dem alpenen Bereich entspricht, mit ausgelagerten Dächen und so weiter. Holz ist erneuerbar, also das hat noch eine durchgängige Ästhetik. Hat jetzt nichts mit dieser oberflächlichen, wie gesagt, funktionalistischen Architektur zu tun. Aber ich glaube, über die Jahrtausende hat sich das als sehr funktionalistisch oder funktionstüchtig herausgestellt? Ich denke, es ist im Grunde genommen, die Welt, in der wir leben, könnte ein Gesamtkunstwerk sein. Also das, was wir bauen, was wir tun, könnte sich einigermaßen harmonisch in die Naturwelt einfügen, in der wir leben. Und das heißt, wir zersiedeln nicht alles, wir bauen nicht überall Straßen hin und Parkplätze, sondern die Frage ist, wie kann Welt so ausschauen, dass man spürt, die Chinesen haben das ja, die Chinesen haben ja dieses Feng Shui, wo es tatsächlich darum geht, wenn ich ein Haus wohin baue, wie fügt sich das in den Gesamtkontext der umgebenden Natur harmonisch ein. Ich weiß nicht, in Peking wird das auch immer der Fall sein. Ich glaube, das ist auch schon traditionell so. Und das finde ich einen schönen Gedanken. Auch in Japan wahrscheinlich so. War auch bei uns so. Wenn man schaut, wo Dörfer, Märkte, Häuser errichtet wurden, das waren auch keine zufälligen Gegenden oder Topoi, das waren auch ganz bestimmte. Und was ich auch noch, ich habe jetzt über Gebäude gesprochen, aber es gibt natürlich eine Schönheit oder eine Ästhetik, die davon abweicht, also natürlich wie man sich kleidet und so weiter, die Alltagseestätik. Oder was ich immer noch faszinierend finde, wie zum Beispiel früher Straßen oder Wege angelegt wurden, wie sie sich der Landschaft angleichen. Manchmal habe ich das Bedürfnis, alleine aufgrund der Tatsache, wie ein Weg sich durch die Landschaft schlängelt, diesen Weg zu gehen. Wenn er zu gerade ist, ist das irgendwie schon ein Problem. Also diese ewig geraden Linien, also im Grunde genommen eine lebendige Bewegung in einem Weg oder auch an der Straße ist schön. Ich fahre manchmal die verrücktesten Straßen, wenn ich irgendwo hin will, nur damit ich schöne Straßen und schöne Landschaft bekomme. Ja, da gibt es auch schöne Beispiele in Südböhmen. Diese Alleen, Obstbaumerlehen neben den Straßen. Also bei uns hat man ja alle diese Bäume weggeholzt, weil sie ja den Autofahrer angesprungen sind, nicht? Also das ist ja was Bösartiges, so ein Baum neben der Straße. Das war nicht der Autofahrer schuld, wenn er sich den Schädel dort anhaut, sondern der Baum hat dann Schuld. Der steht falsch. Ja, genau. So, Richard, wir kommen langsam zum Ende unseres Gesprächs. Und wir haben gesagt, wir wollen sehr hoffnungsvoll schließen. Und deswegen lese ich nochmal einen Text von dir aus deinem neuen Buch. Und der heißt Widerständigkeit. Der permanente Fluss an Nachrichten über Krieg, Flucht und Katastrophen stumpft ab. Die Bilderflut stumpft ab. Ist das Gehörte, Gesehene das Gültige? Es ist nicht gut bestellt um uns. Seufzer versickern, Rufe verhallen, Schreie verstummen. Gestern sah ich, die gute Nachricht, nach Jahren erstmals wieder ein paar Rebhühner. Ich hielt sie für ausgestorben in diesem Gefilde industrieller Landwirtschaft. An der Schnittstelle zwischen Weizenfeld und schmalem Bachgehölz liefen sie aufgescheucht. »Kirek, kirek, machst du's?« »Kirek, kirek!« Ja, genau. Rufend den Rhein entlang. Welch eine Widerständigkeit. Ja, gewisse Dinge lassen sich doch nicht zum Verschwinden bringen. Aber die Rebhühner waren einmal in großer Zahl vorhanden in dieser Region. Und wie gesagt, da muss man froh sein, wenn man noch so ein paar entdeckt. Naja, ich habe jetzt gedacht, also jetzt ist mir das gekommen, diesen Text jetzt zum Schluss zu lesen. Das ist ja auch eine Botschaft. Müssten wir sehenden Auges oder hörender Ohren, was in dieser Welt vorgeht, nicht widerständiger sein? Auf was wartest du? Bitte? Es ist nicht jedermanns Sache oder jede Frau ist nicht dazu geeignet, um zu reflektieren, wie sie lebt oder wie er lebt und gewisse Dinge einfach abzulehnen, würde ich sagen. Es geht wirklich darum, dass man bei gewissen Dingen nicht mitmacht. Damit fängt eine politische Handlung an, vielleicht wieder mal zu gärtnern oder mit dem Rad zu fahren oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, nicht immer der Bequemlichkeit nachzugehen. Die Bequemlichkeit ist eine große Verführung. gehen. Also die Bequemlichkeit ist eine große Verführung. Viele Erfindungen kamen natürlich aufgrund von der Bequemlichkeit oder des Bedürfnisses nach Bequemlichkeit, aber es kann auch ein Irrweg sein. Ja, und vor allem denke ich, wir sind unglaublich verführbar geworden für ganz, ganz viel Unsinn. Viele Dinge, die wir heute präsentiert bekommen sind offenkundiger unsinn wenn man ein bisschen nachdenkt und es wäre gut zu verzichten es wäre gut bescheiden dazu werden auch wieder nicht und dann sehe die welt vielleicht höhe ab höhe ein bisschen schöner wieder aus ein bisschen lebendendiger und mehr Leute und Wesen hätten die Gelegenheit noch zu leben, nicht wie die Rebhühner. Und Richard, ich danke dir für dieses Gespräch. Wir sind am Ende der Sendung. Das nächste Gespräch, das wir miteinander machen, machen wir dezidiert zum Thema Schönheit. Gut, einverstanden. Ich danke für die Einladung. Ich danke für das Gespräch. Ich hoffe, es war für dich interessant und ich hoffe, es wird auch für einige Zuhörer oder Zuseher interessant sein. Danke Moritz für die technische Betreuung.