Guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Literaturinteressierte. Mein Name ist Sarah Pöringer und ich freue mich sehr, Sie heute hier im Stifterhaus begrüßen zu dürfen. Wir haben das Vergnügen, die GAF Oberösterreich zu Gast zu haben und zwar zum Thema, was wir lesen. Insgesamt dürfen wir uns heute auf vier Lesende freuen, die jeweils ihre Lieblingsbücher vorstellen. Die Auswahl reicht von Jean-Paul bis hin zu Doris Brehm. Seien Sie also gespannt, welche Texte der Abend bereithält. Ich freue mich nun besonders, Ihnen die AutorInnen des heutigen Abends vorstellen zu dürfen. Bereits Platz genommen auf der Bühne hat Bedina Balaka. Sie wurde in Salzburg geboren, lebt als freie Schriftstellerin in Wien, schreibt Romane, Erzählungen, Lyrik und Essays. Sie erhielt unter anderem den Salzburger Lyrikpreis, Ö1-Essaypreis, Friedrich Schiedl Literaturpreis sowie den Georg Trakl Förderungspreis für Lyrik und ist Herausgeberin der Reihe Heimon Herstory – Wiederentdeckte Literatur von Frauen. Herzlich willkommen, Bettina Balaka. Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Sie hat in zahlreichen Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht und kann zudem auf sieben Romane und einen Erzählband zurückblicken. Bitte heißen Sie Judith Groberitzi mit mir herzlich willkommen. Nun zu Bernhard Hartmannsdorfer. Er wurde in Linz geboren und studierte Soziologie und Sozialwirtschaft. Er absolvierte eine Ausbildung zum Bibliothekar für wissenschaftliche Bibliotheken an der österreichischen Nationalbibliothek und der Bayerischen Staatsbibliothek. Bernhard Hartmannsdorfer veröffentlicht in Anthologien, Literaturzeitschriften, im Rundfunk und auf Webblogs. Auch er ist heute hier. Herzlich willkommen, Bernhard Hartmannsdorfer veröffentlicht in Anthologien, Literaturzeitschriften, im Rundfunk und auf Webblogs. Auch er ist heute hier. Herzlich willkommen, Bernhard Hartmannsdorfer. Wie Sie der Einladungskarte wohl entnommen haben, hätten wir heute eigentlich fünf Lesende zu Gast. An dieser Stelle, Margit Schreiner ist leider krankheitsbedingt verhindert. Gute Besserung an dieser Stelle. Margit Schreiner ist leider krankheitsbedingt verhindert. Gute Besserung an dieser Stelle. Zuletzt möchte ich noch ein paar Worte zu Erich Wimmer sagen, der heute nicht nur lesen, sondern auch die Moderation übernehmen wird. Auch er ist in Linz geboren und studierte Kunstwissenschaft sowie Philosophie und ist ausgebildeter Geigenlehrer. Seit 1990 lehrt er Violine an den oberösterreichischen Landesmusikschulen. Seiner schriftstellerischen Tätigkeit kommt er seit 1995 nach, was zu zahlreichen Veröffentlichungen von Romanen und Beiträgen in Literaturzeitschriften und Anthologien führte. Heißen Sie mit mir bitte ganz herzlich willkommen Erich Wimmer. Und für die musikalische Begleitung sorgen Valentina Birkliber und Jona Kropf. Großen Dank an dieser Stelle. Ich wünsche uns allen einen schönen Abend. Natürlich, ein Applaus darf auch nicht fehlen. Und darf nun das Wort übergeben an Erich Wimmer. Herzlichen Dank, Frau Bühringer, für diese wunderbare Einleitung. Und Ihnen danke, dass Sie gekommen sind. Und danke für Ihre Zuhörzeit und für Ihre Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass wir diese Zeit bestmöglich nutzen und Sie einige Essenzen, ästhetische, mit nach Hause nehmen können. Aber ich bin ganz sicher, weil die Bücher unglaublich berührend sind, die wir heute vorstellen werden. Ich fühle mich da immer wieder sehr geborgen im Stifterhaus. Es ist wie eine ästhetische, existenzielle Höhle, in der noch die alte Ästhetik, das echte Buch sozusagen Urstände feiert und geborgen ist. Gestern oder vorgestern, jedenfalls kürzlich, bei der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse hat Wolfram Weimar, der deutsche Kulturstaatsminister, eine dramatische Rede gehalten und er hat gesagt, die Essenz dieser Rede ist die, er hat wirklich wortwörtlich gesagt, KI frisst das Buch. Und das ist tatsächlich ein Prozess, der uns jetzt schon sehr beschäftigt und noch mehr beschäftigen wird, aber ich habe das Gefühl, dass ich in diesem Haus hier herinnen geborgen bin und sicher bin vor diesem Prozess des Gefressenwerdens. Und ich freue mich sehr, dass wir echte Bücher von echten Menschen heute vorstellen, die, wie gesagt, unglaublich berührend waren in der Vorbereitung für mich selber. Aber bevor wir in Medias Res gehen und Bettina das erste Buch, das ich mich sehr freue, vorstelle, hören wir noch etwas Musik. © transcript Emily Beynon ¦ © BF-WATCH TV 2021 ¶¶ © BF-WATCH TV 2021 Applaus Applaus Ja, schönen guten Abend, danke für die Einladung. Dieses Buch ist definitiv nicht mit KI geschrieben worden. Es ist nämlich im Jahr 1955 erschienen, im damals kommunistischen Globus Verlag. Wenn Sie sich wundern, dass das jetzt so neu und modern ausschaut, das liegt daran, dass wir es neu aufgelegt haben. Es ist der erste Band in der bereits erwähnten Reihe Heim-on-Her-Story, wiederentdeckte Literatur von Frauen, die ich im Heim-on-Her-Verlag herausgeben darf. Verlag herausgeben darf. Und ich habe dabei das besondere Privileg, zusammenarbeiten zu dürfen mit Katharina Prager. Das ist eine Historikerin, die in der Wien-Bibliothek arbeitet und dort als Biografieforscherin tätig ist. Und wir haben gemeinsam auch die Biografie dieser gänzlich unbekannten Autorin recherchiert und das war hochinteressant, was wir da alles herausgefunden haben. Ich erzähle vielleicht zuerst ein bisschen was von der Geschichte dieses Buches, also von der Handlung dieses Buches. Wir befinden uns im Jahr 1942 in Wien. Und die Protagonistin Gerda Manner ist eine Buchhändlerin. Ihr Mann Theo ist der offizielle Besitzer der Buchhandlung, wie es damals üblich war, die Hilfskraft und Ehefrau und sie haben eine 15-jährige Tochter namens Luzi, die auch ein bisschen mithilft und eines Abends in diesem schrecklichen Kriegsjahr 1942 kommt Gerda nach Hause und ihr Mann Theo eröffnet ihr, dass er an die Front einberufen wurde. Gerda hat damit schon gerechnet und hat etwas vorbereitet, nämlich ein Versteck in der Wohnung. Sie hat den Plan gefasst, er möge auf komplizierten Wegen sich entziehen, den Wehrdienst verweigern und dann in einem Versteck den Krieg überdauern. Sie unterbreitet ihrem Mann diesen Plan und er eröffnet ihr darauf hin, dass er nicht im Traum daran denkt, das zu machen. Er möchte in den Krieg ziehen, er möchte für Hitler kämpfen, alles andere sei doch sinnlos. alles andere sei doch sinnlos. Hier entsteht ein Bruch in dieser Ehe, wo sich die langjährige Gemeinschaft deutlich aufspaltet aus zeitpolitischen Gründen. Und die beiden Frauen, also Gerda und die Tochter Luzi, bleiben alleine sozusagen zurück. Und das Erste, was sie machen, ist, dass sie U-Boote aufnehmen. U-Boote, die Älteren unter uns wissen noch, was das ist. Das sind Menschen, die man versteckt hat während des Krieges, hauptsächlich Juden und Jüdinnen, auch Deserteure und WiderstandskämpferInnen. Das Ganze ist gestaltet wie ein Kammerspiel, es hat sehr wenige Schauerplätze, es ist diese Buchhandlung, das macht es noch besonders spannend, finde ich, weil Bücher eine wahnsinnig wichtige Rolle spielen in dem Buch, denn Bücher sind für diese Widerstandskämpfer ein Lebenselexier und für die Nazis eine große Gefahr. Die sind eigentlich genauso gefährlich wie die menschlichen Widerstandskämpfer. Darum müssen sie auch vernichtet werden. Im Haus, im ersten Stock ist eine Wohnung aufgelöst worden, weil dort Juden drin gewohnt haben, eine jüdische Familie. Die Eltern haben sich bereits das Leben genommen und der Sohn Peter ist in eine von diesen Sammelwohnungen, man hat die Juden ja zunächst in Sammelwohnungen gebracht vor der Deportation, um sie schon einmal rauszulösen aus ihrem sozialen Kontext. Und in diesem Peter, das ist ein junger Mann, so 19, 20 Jahre alt, ist die Tochter Luzi verliebt. Und jetzt möchte ich gerne eine kleine Stelle vorlesen, die ich sehr berührend finde. Also es kommt an der Tag, an dem der Peter tatsächlich verschickt wird. Man verwendete dieses euphemistische Wort verschickt und man sagte natürlich nicht, wir haben sie deportiert, sondern verschickt. Sie durften auch alle noch ein Köfferchen packen, das man ihnen dann gleich als baldigst wieder weggenommen hat. Ja, um 10 Uhr an diesem Vormittag stellten sich Luzi und Gerda zur Schwedenbrücke, um Peter noch einmal zu sehen. Sie mussten lange warten, ehe sie das erste menschenbeladene Lastauto, die Taborstraße, heraufkommen sahen. Und erst als es dicht an ihnen vorbei fuhr, erkannten sie Peter. Seine Augen waren auf Luzi gerichtet. Er musste sie vor einigen Sekunden schon erblickt haben, doch verriet er sich mit keiner Bewegung und mit keiner Miene. Nur ein kaum merkbares Lächeln lag auf seinem grauen Gesicht. Er stand so eng zwischen Koffer und Menschen gepfercht, dass er sich nicht nach Luzi umwenden konnte. Fünf Sekunden höchstens dauerte das Ineinandertauchen ihrer Blicke. Luzi wollte dem Lastwagen nachlaufen, aber Gerda hielt sie fest. Schon drehten sich einige Vorübergehende nach ihnen um. Die Mutter umklammerte mit festem Griff Lucys Arm und führte sie den Donaukanal entlang in der Richtung zur Marienbrücke. Sie bemerkte, wie einige gemeinsame über die Schwedenbrücke kommende BDM-Mädel dem Auto spöttisch nachwinkten und trat rasch einen Schritt vor, um die Gruppe vor Lucy zu verdecken. Diese Vorsicht war überflüssig. Luzi sah ihre Umgebung nicht mehr. Willenlos ließ sie sich weiterziehen und starrte hinauf in die nebeldicke Luft, wo sie noch einmal Peters Gesicht zu sehen wehnte. Grau, kaum merkbar lächelnd, mit übergroßen, dunklen Augen, in denen sich das Leid von Millionen zu spiegeln schien. Ich finde diese Stelle sehr erstaunlich, weil man hat das ja sehr oft gehört, niemand wusste etwas. Man hat nichts gehört, man hat nichts gesehen, man hat nichts mitbekommen. hat nichts gehört, man hat nichts gesehen, man hat nichts mitbekommen. In diesem Buch wissen alle genau, was passiert. Sie sehen sogar die Deportationen auf einem offenen Lastwagen mitten in der Stadt. Das widerspricht dem gängigen Mythos, den man nach dem Krieg verbreitet hat, wie so einiges andere auch. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum das Buch dann sehr gern auch nicht wahrgenommen wurde, weil es ein bisschen peinlich war in vielerlei Hinsicht. Diese zwei Mannerfrauen verstecken dann eine junge jüdische Frau, die ebenfalls in diesem Sammellager war mit Peter, die sich einfach entzogen hat, die ist einfach geflüchtet und einen Widerstandskämpfer, Kurt Bacher, der dann auf zu drohen fliegte. Der war Arzt und hat Wehrdienstverweigerern geholfen, eine falsche Hepatitis auszubilden durch den Konsum von zu viel Sardinen. Ich wusste gar nicht, dass man davon eine Pseudo-Hepatitis bekommen kann. Aber gut, er drohte dann aufzufliegen und musste auch versteckt werden. Und da sitzen sie dann in dieser Wohnung und die Gefahr kommt zum Teil von der Buchhandlung natürlich, also von unten. also von unten. In der Buchhandlung arbeitet eine regimetreue Angestellte, die Frau Podesch war, die sehr eng mit der Gestapo befreundet ist und dann im letzten Kriegsjahr kommt die Gefahr auch noch von oben durch die Bomben, natürlich, und sie sind im Dachgeschoss. Sie können nicht in die Bombenschutzkeller gehen, denn da gab es Ausweiskontrollen und dann wären sie aufgeflogen. Das alles ist unglaublich spannend erzählt, wie ich finde. Es gibt dazwischen Liebesverwirrungen, Dramen, es ist nicht viel, wie man sich vorstellen kann, was das eigentlich bedeutet, wenn man jahrelang auf engstem Raum zusammengepfercht ist in ständiger Todesangst. Geht sich noch eine kleine Stelle aus? Also ich würde gern noch, es hat auch sehr viel Humor bei diesem Thema, erstaunlich, aber es geht. Und zwar macht sich Doris Brehm über die Gestapo lustig. Wie vereinbart, kam der Herr von der Gestapo in die Buchhandlung. Anhand eines dicken Bandes mit der Aufschrift schädlich und unerwünscht, kontrollierte er das Antiquariat, wobei sich herausstellte, dass er einen Klassiker nicht von einem Kriminalromanschreiber ähnlichen Namens zu unterscheiden wusste. Doch schien er unbegrenztes Vertrauen zur Podeschwa zu haben. Er machte ihr sogar den Vorschlag, sie solle ihm der Reihe nach die Titel der Bücher, die auf den Regalen standen, die Titel der Bücher, die auf den Regalen standen, vorlesen und schlug bei jedem Einzelnen nach. Als er im Laufe einer Stunde noch nicht ein einziges schädliches und unerwünschtes Buch gefunden hatte, verließ er sich bei den meisten Autoren auf Fräulein Podeschwas Versicherung, das gegen den Betreffenden kein Einwand bestehe und schaute gar nicht erst nach. Nur bei einer mehrbändigen Lessing-Ausgabe konnte er ihr absolut nicht glauben und suchte verzweifelt in seinem Katalog und in dessen Nachtrag. Lessing war doch ein Jud, erklärte er. Durchaus nicht, Herr Inspektor, Sie verwechseln ihn mit Heinrich Heine. Aber nein, ich weiß doch genau, wer Heine war. Das war der unverschämte Jud, der sich als Verfasser des deutschen Volksliedes die Loreley ausgegeben hat. Aber Lessing, also ich hätte geschworen, na hier steht er jedenfalls nicht drin, also lassen wir ihn halt da, obwohl er bestimmt nicht ganz einwandfrei ist, sonst wäre ja sein Denkmal nicht abgetragen worden. Wie soll man eigentlich wissen, ob ein längst verstorbener Autor Jude gewesen ist oder nicht, fragte Gerda sachlich. Dafür muss man eben als deutscher Buchhändler ein Fingerspitzengefühl haben, belehrte sie die Podeschwa, worauf der Beamte beifällig nickte und Gerda darüber aufklärte, was für ein Glück sie habe, über eine so verlässliche und tüchtige Hilfskraft zu verfügen. Herzlichen Dank. Bettina, du hast jetzt eine zentrale Schicht freigelegt, nämlich diesen Kampf der Widerstandskämpfer und diese quasi Nazi-Geschichte, die unglaublich wichtig ist, das ist keine Frage für mich, aber dessen ungeachtet, ich war so unglaublich berührt von diesem Buch, nicht nur, weil diese relativ bekannte Geschichte so sehr gut erzählt wird, sondern weil es noch andere Ebenen gibt, die ungemein berührend sind, nämlich wie die Menschen miteinander agieren unter den Vorzeichen des Krieges. Ich habe wirklich das Gefühl gehabt, dass es, wenn es Krieg gibt und die Menschen tödlich bedroht sind, es zu einer Art Notreife sämtlicher Charaktereigenschaften sozusagen kommt, und zwar in kürzester Zeit. Und das zeigt sich so wunderbar an dieser Situation, wo die Menschen ständig davon bedroht sind, dass sie auffliegen, dass sie aufs Schafott kommen. Und in dieser existenziell bedrohten Situation kommt es zu einer Verdichtung aller Gefühle, die sonst im Alltag gewissermaßen nicht dieses Level erreichen. Und es ist unglaublich schön, wie sie die Arten der Liebe auch unterscheidet. Also das hast du angedeutet, aber das ist für mich ein ganz zentrales Merkmal dieses Buches, dass es unterscheidet, diese Arten der Liebe, ein Trug der Sinne, hinter dem keine geistige Wirklichkeit steht. Also einerseits dieses Begehren, das der Widerstandskämpfer gegenüber Mira hat und das er auch sich erfüllt, dass der Widerstandskämpfer gegenüber Mira hat und dass er auch sich erfüllt, aber dahinter steht keine geistige Wirklichkeit. Die steht dann zwischen Theo und Luzi, nein, Entschuldigung, zwischen Kurt Bachner und Gerda. Genau, zwischen denen steht dann die eigentliche Liebe, die sich aber nicht erfüllt, sondern wie bei einer griechischen Tragödie zum Schluss unerfüllt bleibt, weil er stirbt sozusagen. Und da ist Shakespeare drin, da ist die griechischen Tragödie zum Schluss unerfüllt bleibt, weil er stirbt sozusagen. Und da ist Shakespeare drin, da ist die griechische Tragödie drinnen und da sind so dichte Momente drinnen, die überschattet sind von dem Tod und deswegen ihre Dignität kriegen und ihre Dringlichkeit kriegen. Und es hat wirklich Stellen gegeben, es ist schon lange her, dass ich bei einem Buch Tränen in den Augen gehabt habe, aber wie ich gemerkt habe, wie sehr sich diese Menschen lieben unter diesen Vorzeichen, unter diesen furchtbaren, habe ich mich echt gefragt, ist es auch möglich, ohne Krieg so intensiv zu leben, weil man bekommt eine gewisse Sehnsucht nach dieser Intensität, mit der diese Menschen leben sozusagen. Also ist wirklich der Krieg notwendig, um uns das Wesentliche zu zeigen? Und das ist, finde ich, das Berauschende an diesem Buch, dass er uns die Dringlichkeit des Liebens sozusagen auch vor Augen führt, bei aller Wichtigkeit sozusagen der Geschichte selber. Aber das ist für mich auf der Metaebene eine der zentralsten Botschaften dieses Buches. Oder würdest du das auch so sehen? Unbedingt. Eine der vielen Botschaften, ja, genau. Ich finde das Wort Notreife sehr schön. sehr schön. Gerade die Frauen, vor allem auch die 15-jährige Luzi, die emanzipieren sich in Lichtgeschwindigkeit. Also die können gar nicht anders. Der Krieg ist der Brandbeschleuniger, sozusagen. Das ist furchtbar und gleichzeitig aber auch schön mitzuerleben, gewissermaßen, weil die Intensität so groß ist, die Lebensintensität so groß ist. Und man kriegt natürlich mehr Angst um die Protagonisten. Hoffentlich, hoffentlich werden sie nicht entdeckt, klarerweise. Der Spannungsaufbau ist unglaublich intensiv. Und das liegt auch daran, weil die Autorin Doris Brehm sehr viel Ahnung von Dramaturgie hat. Sie hatte eine Schauspielausbildung, sie hat jahrelang am Theater gearbeitet und war mit einem Bühnenarchitekten verheiratet, dem Herrn Brehm. Und also sie kannte sich gut aus mit Dramaturgie und das merkt man. Also das Timing ist atemberaubend. Und auch diese intensiven Gefühle, die auch im Leser ausgelöst werden, die übertragen sich. Was sie aber auch schafft mit einer wirklich, man hat es glaube ich jetzt schon gehört, sehr schnörkellosen Sprache. Also die ist ganz klar, ganz präzise und da wird nicht herumgeschwurbelt, da sitzt jedes Wort. vieles, was man an scheinbar normalen Wörtern so gemeinhin spricht, plötzlich in einem anderen Licht erschienen. Wenn sie zum Beispiel sagt, über die Wiener Hausbesorgerin, das ist eine Angeberin. Also das ist nicht bloß eine Aufschneiderin. In Kriegszeiten ist ein Angeber jemand, der angibt, wer wo wohnt und zu verhaften ist. Das ist ganz interessant, sozusagen, dass diese Worte plötzlich luzide werden und eine neue Bedeutung bekommen, sozusagen. Das ist auch ganz spannend, obwohl die Sprache ganz einfach ist, aber sie leuchten plötzlich in ihrer Einfachheit, diese Worte, und haben eine andere Bedeutung und das ist fantastisch. Man stoßt bei jedem Satz, bei jedem Absatz sozusagen auf ein interessantes Wort und auf eine vielschichtige, unglaublich vielschichtige Dichterzählung, die ungemein berührend ist. Aber leider ist jetzt die Zeit vorbei. Wir müssen schon einfach bitte lesen dieses Buch. Es ist grandios. Es ist Weltliteratur in Wirklichkeit, obwohl es eigentlich bis jetzt fast unbekannt war. Aber das ist das Schicksal von so vielen Büchern und Kunstwerken, dass sie so eine Bedeutung eigentlich haben. Aber ja, un dem Radar laufen. Aber ab jetzt nicht mehr. Wir haben es vorgestellt. Dankeschön. Herzlichen Dank. La © transcript Emily Beynon Musik Applaus Judith? So, liebe Judith, ich bitte dich um deinen Beitrag. Ich bin schon sehr gespannt. Eigentlich hätte die Judith ja voriges Jahr schon lesen sollen, aber sie ist leider krank geworden. Und Gott sei Dank ist sie heute nicht krank, im Gegensatz zu Margit Schreiner, die wird uns jetzt das Buch vorstellen. Mein es schaut anders aus, ja, als deines, aber es ist dasselbe drinnen. Ja, ich werde was über die Autobiografie der Herminia zur Mühlen erzählen und ein Buch, das Ende und Anfang ein Lebensbuch heißt. Wenn eine Frau mit 45 Jahren ihre Autobiografie schreibt und sie dann auch noch Ende und Anfang betitelt, dann ist das schon etwas Außergewöhnliches. Aber außergewöhnlich ist wahrscheinlich alles an Herminia zu ermüllen, der 1883 in Wien als Hermine Isabella Marie Viktoria Gräfin Folio de Grenville-Putet, geborenen Österreicherin, aus dem Hochadel, die zur berühmten sozialistischen Schriftstellerin wurde und schließlich völlig verarmt 1951, eigentlich immer noch im Exil in England, starb. Als man Herminia Zermühlen Ende der 1920er Jahre in Berlin bedrängte, ihre Autobiografie zu schreiben, da war sie bereits auf dem Höhepunkt ihrer Karriere als Schriftstellerin, Publizistin und Kolumnistin. Sie schrieb Hörspiele, Romane, zahlreiche Romane, sehr viele Erzählungen, Märchen für Kinder, Kriminalromane und sie übersetzte unzählige Bücher, vor allem aus dem Englischen ins Deutsche. Englischen ins Deutsche. Insgesamt waren es dann Zeit ihres Lebens etwa 150 Bücher, die sie übersetzt hat, darunter das Gesamtwerk von Abt und Sinkler. Sie lebte damals in Berlin, war von ihrem ersten Ehemann Viktor von Zermühlen geschieden, behielt aber seinen Namen als Künstlernamen und beschreibt nun in dieser Autobiografie ihr Leben bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs. Zu dieser Zeit rühmen sie bereits Karl Graus und Egon Erwin Kisch ob ihrer Erzählkunst. Sie gilt als die wohl prägnanteste Exponentin des sozialistisch-aufklärerischen Romans und an der antifaschistisch engagierten Literatur. Ihre Autobiografie erscheint 1929 im Samuel Fischer Verlag, später dann im Malik Verlag, wird sofort in mehrere Sprachen übersetzt und erscheint ein Jahr später dann auch in den USA. Mit einem Wort, die Autobiografie wird ein großer Erfolg. Es ist ja aber auch keine trockene und nur sachliche Biografie, die sie da schreibt. Es ist ein sehr literarisches, amüsantes und wirklich spritziges Buch und es ist eine unglaubliche und abenteuerliche Lebensgeschichte, die diese Frau zu berichten hat. Hineingeboren in den österreichischen Hochadel, der Vater war ein hoher Diplomat, man besitzt eine herrschaftliche Wohnung in Wien, der Onkel väterlicherseits und die Großmutter mütterlicherseits haben schöne Villen in Gmunden. Herminia lebt vorwiegend in Gmunden bei dieser Großmutter mütterlicherseits, einer englischen Aristokratin. Die Großmutter ist die in jeder Hinsicht prägende Bezugsperson ihrer Kindheit und frühen Jugend, auch mit ihrer sehr liberalen und, was Frauen anbelangt, recht fortschrittlichen Haltung. Und bei ihr fühlt sie sich vor allem in Gmunden, in dieser Villa geborgen und sie schreibt darüber in dieser Autobiografie auch sehr liebevoll. Aber sie macht sich in ihrer Autobiografie von Anfang an auch lustig über diesen Hochadel und über die K&K-Diplomaten. So heißt es bereits auf der ersten Seite ihres Buchs. Die Diplomaten nahmen überhaupt nichts besonders ernst, nicht einmal sich selbst. Ein Onkel zum Beispiel, der ebenfalls Diplomat war, brachte mir bei auf die Frage, was ist dein Vater, folgende schöne Antwort zu geben. Mein Vater ist ein armer Teufel, der einen grünen Affenfrag trägt, dumme Berichte schreibt und dem Staat viel Geld kostet. In diesem Umfeld wächst sie also auf und sie begehrt bereits sehr früh auf gegen die Einstellung der meisten Adeligen. Bei ihren Eltern ist sie nur ganz selten. Erst mit 16 Jahren reist sie viel mit ihrem Vater, lebt sogar eine Weile mit ihm in Marokko. Und bei dieser Beschreibung in der Zeit in Marokko, da fragt man sich dann als Leserin manchmal, wie viel Übertreibung, wie viel Fantasie da mitspielt. Aber es ist natürlich genauso gut möglich, dass sie es wirklich so erlebt hat oder sich so eben daran erinnert. Sie macht schließlich eine Lehrerinnenausbildung bei den Kreuzschwestern in Gmunden, im Pensionat in Gmunden, darf aber diesen Beruf nicht ausüben. Das geht schließlich nicht für eine Comtesse, erklärt der Vater. Ja, und ihr von ihrer Herkunft her vorgegebenes Und ihr von ihrer Herkunft her vorgegebenes Lebensziel, einen Adeligen und, auch wenn man in diesen Kreisen nicht über Geld spricht, natürlich sehr reichen Mann zu heiraten. Und genau das verweigert sie nun. Da ist sie rebellisch und aufbegehrend. Sie beschäftigt sich seit frühester Jugend mit der sozialen Frage. Sie wendet sich gegen den Adel. Sie will etwas lernen. Und sie schreibt schon seit frühester Jugend an. In Meran schließlich veröffentlicht sie mit 24 Jahren das allererste Mal eine Erzählung in einer Zeitung und dazu ein kurzer Ausschnitt. Dass ich kein Honorar erhielt, fiel mir nicht weiter auf. Es war Ehre genug, überhaupt gedruckt zu werden. Nachdem mir dies geglückt war, entdeckte ich plötzlich, dass man als anständiger Mensch ein Handwerk lernen müsse und ging zu einem Buchbinder in die Lehre. Der biedere Tiroler hielt mich anfangs für verrückt, später gewöhnte er sich an mich und schrie mich genauso an wie seine anderen Lehrlinge. Ich lernte monatelang mit großem Eifer alles, was ich in der kleinen Werkstatt lernen konnte. Dann beschloss ich, eine Woche lang den Acht-Stunden-Tag zu versuchen, dieses damals noch unerreichte Ziel der Arbeiterbewegung. Dieses damals noch unerreichte Ziel der Arbeiterbewegung. Schon nach den ersten zwei Tagen fand ich, dass der Achtstundentag ein recht merkwürdiges Ideal sei. Kreuz und Rücken schmerzten mich, als ob sie brechen wollten. Die Hände zitterten mir, ich schnitt mich an allen Messern, riss mir beim Holländern die Fingerwund, warf den Leimtopf um. Nach der Arbeit konnte ich nicht essen, in der Nacht konnte ich nicht schlafen. Aber ich ließ mich nicht unterkriegen, hielt die ganze Woche durch. Als dann am Samstag endlich der Feierabend kam, versetzte ich die ganze Werkstatt in Erstaunen, indem ich halbtot auf den Fußboden sank und heftig zu weinen begann. Ich schämte mich sehr, aber ich konnte nicht anders. Diese eine Woche hat mich mehr gelehrt als viele dicke Bände über soziale Fragen. Ja, der Vater geht inzwischen in Pension, die Eltern ziehen nach Baden-Baden. Im Herbst reisten die Eltern nach Indien und ich fuhr abermals mit einer Gesellschafterin nach Meran. Ich war nun 24 Jahre alt, also nach dem österreichischen Gesetz endlich volljährig. Das Leben bei den Eltern sagte mir nicht im Geringsten zu. Ich hatte allerlei wilde Pläne, um mich selbstständig zu machen, aber was konnte ich tun? Ich war in praktischen Dingen unerfahren wie ein Kind. Mein ganzes Leben lang war immer alles von Natur aus da gewesen. Alles war für mich getan worden. Ich wusste nicht einmal, wie man auf der Bahn sein Gepäck aufgibt. Aber ich wollte um jeden Preis fort von den Eltern. Ja, und wieder in Meran trifft es sich ganz gut. Sie lernt da den jungen deutsch-baltischen Großgrundbesitzer Baron Victor von Zermühlen auf einem Ball kennen und heiratet ihn ein Jahr später, obwohl oder vielleicht eher gerade, weil es eine Messalliance ist und sie damit gegen ihre Eltern aufbegehrt. Sie zieht mit Viktor von Zermühlen auf sein einsames Landgut im heutigen Estland, damals war das Russland, und dort ist sie entsetzt darüber, wie die deutschen Großgrundbesitzer mit ihren Landarbeitern umgehen. Wenn eine Kuh krank wird oder ein Pferd, dann holt man den Tierarzt für einen kranken Landarbeiter, wird kein Arzt geholt. Sie ist entsetzt über die Armut dieser Arbeiter und auf der anderen Seite entsetzt über die Kulturlosigkeit und Härte der deutschen Landadeligen. Und sie erlebt so um 1910 herum dort die revolutionäre Aufbruchsstimmung in Russland und gleichzeitig die Angst der Großgrundbesitzer davor. In diesen sehr unglücklichen Jahren in Estland erkrankt sie schließlich an Tuberkulose und reist deshalb in ein Sanatorium in Davos kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs. Es ist aber gleichzeitig eine Flucht vor ihrem Mann und vor diesen für sie so entsetzlichen Zuständen im Baltikum. An diesem Punkt endet ihre Autobiografie, die sie, wie gesagt, schon mit 45 Jahren schreibt und die 1929 erschienen ist. Und es endet damit eigentlich das Leben der Hermine Isabella, der privilegierten Adeligen. Und das Leben der Hermine, ja zur mühlen der roten Gräfin, die sich allerdings völlig vom Adel losgelöst hat, der bekannten Schriftstellerin, der politischen Frau, die sich der Arbeiterbewegung zuwendet, beginnt. Daher auch dieser doch eher ungewöhnliche Titel Ende und Anfang. Der Anfang oder Neuanfang schaut dann so aus. Sie zieht 1919 nach Berlin und später nach Frankfurt, lässt sich scheiden, behält aber den Namen zur Mühle, nur ohne das aristokratische von als Künstlernamen. Sie tritt der KPD bei, später dann wieder aus. Und sie schreibt, veröffentlicht, übersetzt unendlich viel. Sie engagiert sich politisch. Sie ist ein Workaholic, würde man eher sagen. Wegen der Erzählung Schupoman Karl Müller wird sie sogar wegen Hochverrats angeklagt, 1926 dann aber freigesprochen und sie warnt, wie viele, schon sehr früh vor dem aufkeimenden Nationalsozialismus. In dieser Zeit lebt sie bereits mit ihrem späteren Ehemann, dem jüdischen, ungarischen Journalisten und Übersetzer Stefan Isidor Klein zusammen. Den hat sie 1919 im Sanatorium in Davos kennengelernt. Mit ihm muss sie 1933 nach der Machtergreifung Hitlers flüchten, ihre Bücher werden in Deutschland ja verbrannt. Das Ehepaar zieht zuerst nach Wien, muss 1938 weiter flüchten nach Bratislava, von wo sie dann 1939 über zahlreiche Zwischenstationen gerade noch nach England flüchten können. Sie halten sich dort vor allem mit Übersetzungen über Wasser. Nach 1945 versucht sie, nach Wien zurückzukehren, aber die Ablehnung in Wien ist zu groß. Also das Ehepaar bleibt dann in England. Und Herminia zu Mühlen stirbt wirklich verarmt in Redlet, in der Nähe von London. Und sie wird in Österreich vergessen. In der DDR erscheinen nach 1905, also Ende der 40er Jahre, noch einige Bücher von ihr. In Österreich 1946 auch etwas im Globus Verlag, so wie die Doris Brehm. Und dann wird es völlig still um sie und erst Ende der 1990er Jahre gibt der Sisyphus Verlag, ein Autorenverlag, einen Erzählband und eben diese Autobiografie heraus. 2019 kommt dann eine Kassette mit Texten von ihr im Jolne Verlag heraus. eine Kassette mit Texten von ihr im Zscholnei-Verlag heraus. Sie erleidet damit ein ganz ähnliches Schicksal wie viele andere, vor allem Frauen, die in den 20er, 30er Jahren zum Teil sehr bekannte, berühmte Schriftstellerinnen waren, wie etwa Maria Lazar, die gegen den Nationalsozialismus waren, dagegen angeschrieben haben, deren Bücher verbrannt wurden, die entweder ins Exil gehen mussten oder zum Teil umgebracht wurden und dann nach 1945 eben völlig ignoriert wurden und dem Vergessen preisgegeben wurden. viele Anknüpfungspunkte. Einer, vielleicht ein eher pragmatischer, ist der, du hast gesagt, sie hat sich mit Übersetzungsarbeiten über Wasser gehalten. Übersetzen, diese wunderbare, wichtige Tätigkeit, dass wir einander über Sprachgrenzen hinweg sozusagen verstehen können, war immer schlecht bezahlt und immer prekär sozusagen. Aber mittlerweile ist es so, und da komme ich noch einmal auf die KI zu sprechen, dass es KI-Programme gibt, die das jetzt machen. Und Übersetzer heutzutage und Übersetzerinnen müssen froh sein, wenn sie sozusagen die von der KI übersetzte Textfassung überhaupt noch einmal redigieren dürfen. Und das ist jetzt sozusagen, jetzt sind sie schon ganz an den Rand gedrängt. Früher waren sie zumindest zwischen Originaltext und der Endfassung sozusagen maßgeblich wichtig und konnten ihr Gefühl einbringen, aber mittlerweile können sie das nicht mehr. Die KI bringt quasi ihr Gefühl ein und der Übersetzer macht nur immer den Rest. Aber das wollte ich nur anmerken, dass ich froh bin, dass ich immerhin mit diesen 150 übersetzten Büchern ein bisschen über Wasser halten konnte. Also da bin ich echt froh. Aber was ich eigentlich sagen wollte, damit komme ich jetzt wieder zu dem Inhalt des Buches zurück, was mich so fasziniert hat an diesem Werk war, dass ich nicht gewusst habe, in welchem Ausmaß sozusagen die sozialen Schichten voneinander klar und strikt getrennt waren. In Heimatfilmen, von denen ich durchaus geprägt bin, hat es das nie so gegeben. Es war der Hans Moser den Concierge gemacht, aber letztendlich war alles Eitel Wonne sozusagen. Aber wie sehr sozusagen diese Trennung zwischen den einzelnen Schichten Gang und Gebe war, das hat sich mir zum Beispiel, ich möchte nur ein paar Beispiele vorlesen, auf Seite 6 zum ersten Mal so richtig eingebrannt. Da schreibt sie nämlich, die Frau meines Großonkels erzählte auch von Wohltätigkeitsbällen, bei denen durch die Mitte des Saales, und das muss man sich jetzt bitte vorstellen, stellen Sie sich das vor, bei denen durch die Mitte des Saales ein Strick gespannt war. Auf der einen Seite tanzten die Bürgerlichen und auf der anderen die Aristokraten. Stellen Sie sich das bitte vor beim Opernball, man spannt einen Strick durch und die Bürger tanzen da und die Aristokraten und Politiker tanzen da. Also das war unglaublich, aber noch unglaublicher finde ich auf Seite 13, wie sie sagt, schreibt, drei Arbeiter fielen in den Fluss und ertranken. Der Bezirkshauptmann, der die Rettungsarbeiten beaufsichtigt hatte, wandte sich zu seinem Diener und sagte, gehen Sie nach Hause, Johann, und sagen Sie der Gräfin, es sind nur Arbeiter ertrunken. Das muss man sich vorstellen, diese unglaubliche Arroganz dieser Aristokraten und gleichzeitig ihre Dünkel und ihre Verhaltensweisen, die ja auch lebens- und leibfeindlich waren, denn sie schreibt auf Seite 31, die Frau von 1900 war eine Märtyrerin, die mit heldemhaften Lächeln Leiden erdulden und verbarg. Damals musste man vor allem eine Taille haben. Die ideale Taille war jene, die von zwei normal großen Händen, das muss man sich vorstellen, umspannt werden konnte. Sie wurde folgendermaßen erzielt. Man zog das Korsett ungeschnürt an, dann presste man beide Arme fest in die Seiten, hielt den Atem an und die Kammerzofe zog mit Leibeskräften an den Korsettschnüren. Nun kam eine kleine Pause, man holte Atem und die Kammer jung versammelte neue Kräfte. Die Prozedur wurde abermals wiederholt und nun wurde das Kleid, das reichlich mit Fischbeinen versehen war, angezogen. Also das ist eine Welt, die mir da aufgeht, die verdanke ich dir und dem Buch sozusagen, aber ich habe nicht gewusst, dass es quasi und da würde ich dich fragen, würdest du das auch so sagen, auch wenn es nicht ausgewiesen war, aber es hat letztendlich auch bei uns in Mitteleuropa sozusagen ein Kastenwesen gegeben. Im Prinzip sicher schon, ich meine, es war natürlich löchriger als das indische Kastenwesen, aber man muss natürlich schon sagen, dass die Herminia zu ermüllen, da wirklich genau den Finger drauflegt auf diese Sachen. Also das beherrscht sie schon wirklich gut, also das herauszuarbeiten und das ist auch etwas, wenn man das also im Buch liest, wie sie das in ihrer Kindheit erlebt, wie umgegangen wird mit dem Personal und wie sie selber sich da also dagegen ja schon wehrt und das also nicht für in Ordnung befindet. Und da ist sicher ihre Großmutter, die zwar auch aus dem Hochadel stammt, aber die war da sicher eine gewisse Leitfigur für sie. Ihre Großmutter sagt, Entschuldige, aber das ist interessant, dass du auf die Großmutter zu sprechen kommst. Auf Seite 8 schreibt sie, ich glaube, einige der alten Damen, und da gehört die Großmutter natürlich dazu, die in den Villen wohnten und den ganzen Tag auch im Hause Handschuhe trugen, um ihre Hände zu schonen, hielten es für unanständig, dass eine Frau hinter einem Schalter saß und sahen in der ehrbaren Postbeamtin eine Verlorene. Also das ist genau das, was die alten Damen sozusagen wie die jungen Damen sehen. Und was auch interessant ist in dem Zusammenhang, die jungen Damen eben durften sich nicht auf Lehnstühle setzen und ich erinnere mich an die Empörung meines Vaters, als ich mich einmal, ermüdet von einem langen Ritt, in seiner Gegenwart auf die Chaiselong legte. Sitz gerade! Wie hältst du dich denn? Wie oft wurde mir das gesagt? Und wie oft traf ein zorniger, verweisender Blick die Füße, die die verbotenen Knöchel sehen ließen. Also das waren schon sehr restriktive Zeiten. Frauen, die adeligen Frauen und natürlich auch aus einem gewissen Großbürgertum, die haben es nicht so ganz leicht gehabt. Genau, allerdings. Die anderen sowieso nicht. Und hast du das Gefühl, dass diese unglaubliche Amplitude ihres Lebens von der Aristokratin zur Bürgerlichen, dass sie die letztendlich, obwohl sie arm gestorben ist, gewissermaßen, das würde mich als letztes so sagen, interessieren, doch auch mit einer gewissen Genugtuung, um nicht zu sagen, mit einer gewissen Sinnhaftigkeit erfüllt hat, dass sie diesen Weg gegangen ist von dieser arroganten Kaste sozusagen hin zu einer Menschlichkeit gewissermaßen. sie hat ihr Geld selber verdient. Sie hat gemacht, was sie wollte. Und sie hat sich auch von niemandem was sagen lassen. Sie war schon sehr, sie hat mit dem, was eigentlich ja, wie soll man sagen, sie hätte einen reichen Mann heiraten sollen aus dem Hochadel und das fortsetzen sollen. Und das hat sie völlig aufgebrochen und damit hat sie gebrochen. Und man muss natürlich auch so manchen Schritt in ihrem Leben sehen, eben wie diese Heirat mit diesem Baron aus Estland. Das ist einfach nur Aufbegehren gegen das, was eigentlich von ihr verlangt wird. Aber in Summe kann man sagen, sie kann uns durchaus als Vorbild einer echten Emanzipation dienen. Auf jeden Fall. Es ist nicht nur diese Autobiografie, die ist wirklich ganz toll zu lesen und sehr amüsant zum Teil. Aber es gibt auch eine ganze Reihe von wirklich interessanten Romanen. Unsere Töchter, die Nazinen zum Beispiel, wo sie dann beschreibt, wie junge Frauen sich den Nazis zugewandt haben, was da passiert ist mit denen, damit sie da also glühende Hitler-Verehrerinnen wurden. Oder auch diese Emigrationsromane. Als der Fremde kam, da beschreibt sie die Zeit, also 1939, wie sie in Bratislava gelebt hat, auf einem Landgut, wo also schon Leute aus Österreich hingeflohen sind und so. Und sie beschreibt da, wie dort dann doch langsam, also da die Nazis kommen und da Stimmung machen und so. Also das sind schon ganz, ganz tolle Romane, die wirklich auch spannend zu lesen sind. So wie bei der Doris Brehm, bei der man ja, auch wenn man anfängt zu lesen, nicht mehr aufhören kann. Ich habe das Buch im Frühsommer, gleich nachdem sie erschienen ist, gelesen. Also ähnlich spannend sind auch die von der Herminia Zermüllen, wenn sie auch sprachlich ein bisschen ausufernder und opulenter ist. Herzlichen Dank. Zum Abschluss vielleicht noch ganz kurz ein Zitat, das, glaube ich, hier sehr gut passt. Man kann es nicht glauben eigentlich, weil sie schreibt, überhaupt war es unvornehm, gebildet zu sein. Das überließ man den Literaten. Das ist ja auch erstaunlich. Und mein Vater zankte mit mir, weil ich Zeit Literaten. Das ist ja auch erstaunlich. Und mein Vater zankte mit mir, weil ich Zeitung las. Das ist nichts für junge Mädchen. Und in den Augen meines Mannes war ich zum nutzlosesten Wesen der Welt geworden, die unfruchtbare Frau. Aber sie war literarisch unglaublich fruchtbar. Und wir verdanken ihr sehr viel und dir, dass du uns das vorgestellt hast und Lust gemacht hast, diese Dokumentation zu lesen. Das ist eigentlich eine Dokumentation, würde ich sagen. Herzlichen Dank. Und es gibt auch, vor allem antiquarisch kriegt man immer ein bisschen was, wenn man sucht. Okay, danke. Herzlichen Dank. Danke schön. Thank you. © transcript Emily Beynon Thank you. Nächster Gast ist mein lieber Kollege Bernhard Hattmannsdorfer. Wir kennen uns schon seit über 30 Jahren. Wir haben uns damals beim Max von der Grün Wettbewerb kennengelernt. Und Bernhard wird ein ebenso berührendes Buch vorstellen, wie es die ersten zwei waren. Allerdings diesmal einen Roman aus Amerika. Mehr sage ich gar nicht dazu. Bernhard, du stellst uns einfach den Inhalt vor. Ja, vielleicht sage ich ganz kurz, wie ich zu dem Buch gekommen bin. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass nicht die Leserinnen und Leser die Bücher finden müssen, sondern die Bücher müssen zu den Lesern und Leserinnen kommen. haben mich mehr oder weniger angesprungen. Eins davon ist ein Buch, das der Erich Wienmann vorgestellt hat, von Descanti, The Rapid Hodge, in der deutschen Übersetzung Der Kaninchenstall. Unglaublicher Roman. Zuvor von John Connolly Stein, ein englischer Autor, der sich mit Stan Laurel beschäftigt in seinem Roman, zu einem Zeitpunkt, wo Oliver Hardy gerade gestorben ist, auch sehr gut zu lesen. Und, wen ich sehr schätze, ist die amerikanische Autorin Emma Klein, von der ich zuletzt die Geist gelesen habe, in der deutschen Übersetzung die Besucherin, auch sehr zu empfehlen. Da schließt sich eine Verbindung zu Jared Donovan, weil sowohl die Protagonistin in dem Roman von Emma Klein ist eigentlich eine nicht sehr sympathische Person und dieser Jared Donovan, den ich dann gleich vorstellen werde in dem Roman Winter in Maine in der deutschen Übersetzung, im amerikanischen beziehungsweise englischen Original. Julius Winsome ist eigentlich auch ein Mensch, den man nicht wirklich mögen dürfte, aber er ist ein sehr kultivierter Kerl, der einem dann wirklich ans Herz wächst. Das ist das Fatale daran. Zum Auto nur ganz kurz. Der Mann Jared Donovan ist in Irland geboren, lebt aber seit geraum in der Bundesstadt New York, also in den USA. Und der Roman Winter in Maine handelt natürlich in der Bundesstadt Maine. Ein Bundesstaat, der auch lange Winter kennt. Und zum Inhalt dieses Romans ist das Folgende zu sagen, es beginnt mit einer Katastrophe aus der Perspektive des Protagonisten. Man würde vielleicht sagen, es handelt sich um einen Monolog. Ich habe das aber anders formuliert. Ich finde, das ist kein Monolog, sondern eine Selbsterzählung, eine Retrospektive. Im Grunde genommen neigt jeder Mensch dazu, sich ständig sein eigenes Leben zu erzählen und sozusagen auch zu rechtfertigen. Es gibt eine der wenigen signifikanten Theorien in den Sozialwissenschaften, das ist die sogenannte kognitive Dissonanz, die wissenschaftlich auch belegt ist, dass wenn man zum Beispiel bei Rode über die Kreuzung fährt, dann hat man eigentlich meistens einen guten Grund, man ist in Eile, man muss dringend zur Arbeit oder es ist Sonntagvormittag und es ist eh niemand auf der Straße. Man versucht halt, sich selbst das Leben zu erzählen und sozusagen eine ständige Selbstrechtfertigung zu formulieren. Und das macht auch dieser Protagonist, Julius Winsor. Er erzählt aus einem zeitlichen Standpunkt, der sich nicht genau erschließt. Es dämmert zwar am Ende des Buches, wann dieser Zeitpunkt sozusagen sein kann, aber das ist noch nicht ganz klar, wie das dann ist. Aber Fakt ist, es beginnt mit einer Katastrophe, nämlich diesem Mann, er ist ungefähr um die 50 Jahre, lebt in der Einschicht, wird sein Hund erschossen und damit ist sozusagen das Unglück perfekt. Mir fällt zu diesem Hintergrund, ist mir heute in der Reflexion ein wunderbares Zitat von der japanischen Autorin Banana Yoshimoto aus ihrem Roman Kitchen wieder in Erinnerung gekommen, wo es lautet in der deutschen Übersetzung, Glück bedeutet nicht zu merken, dass man letztlich allein ist. In dem Moment, wo dem Julius Winswim der Hund erschossen wird, merkt er, wie einsam er ist und sozusagen vielleicht auch immer gewesen ist. Er wächst in Maine in einem Häuschen in einer Waldlichtung auf mit seinem Vater und seinem Großvater. Seine Mutter stirbt bei der Geburt. Es ist sozusagen ein Drei-Männer-Haushalt zunächst. Es gibt keine Frauen. Der Großvater hat den Ersten Weltkrieg miterlebt und hat aus dem Ersten Weltkrieg ein Gewehr mitgenommen, das er nicht selbst in Verwendung hatte, sondern das er getauscht hat mit einem Briten. Der Großvater Amerikaner hat mit dem Briten das Gewehr getauscht. Der Brite hat das amerikanische Gewehr mitgenommen und der Großvater das britische. Der Vater von Julius Winsor ist Kriegsteilnehmer des Zweiten Weltkriegs und sie lehren diesen aufwachsenden Julius die Schrecknisse des Krieges und wie man es schafft, als Soldat zu überleben und nicht nur physisch als Mensch, sondern eben auch mit einer gewissen Charakterstärke. Der Vater von Julius Winsom ist ein literaturaffiner Mensch, der über 3000 Bücher in dieser kleinen Hütte hortet und sie alphabetisch ordnet und gemeinsam lesen sie diese verschiedenen Klassiker, also nicht nur englische Literatur, sondern auch Übersetzungen. Am allerliebsten scheint ihm Shakespeare zu sein. Konfigurierungen aus der Zeit Shakespeare sozusagen sich anzueignen und in das zeitgenössische Englisch sozusagen zu verwenden. Was natürlich eine gewisse Schwuligkeit hat, weil man muss sich vorstellen, einer der ersten Shakespeare-Übersetzungen in Deutschland, glaube ich, es war Klopstock, um das Wort wörtlich wiederzugeben, das ist das schwierige, aus heutiger Sicht schwierige Englisch der Shakespeare-Zeit. Ja, und ein eigenes Wort dazu kreieren, da gehört schon was dazu. So weit, so gut. Julius Winsor, nachdem sein Vater stirbt, lebt da sozusagen in dieser Hütte alleine. Er ist ein Mensch, den man mit den Worten von H.C. Artmann vielleicht als eine poetische Existenz bezeichnen könnte. H.C. Artmann hat ja gemeint, man kann eine poetische Existenz bezeichnen könnte. H.C. Artmann hat ja gemeint, man kann eine poetische Existenz führen, ohne selbst eine Gedichtzeile jemals verfasst zu haben. Der Person von diesem Julius Winsom äußert sich diese poetische Existenz eben mit seinem Lesekonsum, mit seinem Außergewöhnlichen und auch mit seinem Musikverständnis. Musik spielt eigentlich eine große Rolle, querbeet klassische Musik, aber auch zeitgenössische. Und die letzte Musik, die im Buch erklingt oder erklingen sollte, ist ein zeitgenössischer Shakespeare, John Dowland. Eines schönen Tages bekommt dieser Julius Winsor Besuch von einer Frau, die da aus der Waldlichtung hereinschneit und es entspannt sich eine Beziehung, die zunächst sehr hoffnungsfroh verläuft, aber früher oder später merkt dann die Frau, dass sie mit dieser Schwuligkeit dieses Mannes nicht ganz zurechtkommt und sie trennen sich dann wieder. Und bevor es aber zu dieser Trennung kommt, veranlasst die Frau, sie heißt Claire, dass er sich ein Tier zu sich nimmt und sie fahren gemeinsam in ein Tierheim und er sucht sich da einen Pitbull aus. Der wird dann sozusagen sein Lebensgefährte, Er wird zu seinem Freund, den wir auch immer wieder betont. Und letztlich wird dieser Hund erschossen. Und das ist das Signal, wo aus diesem gebildeten, kulturell hochstehenden Menschen ein Mörder wird. Er macht sich auf den Weg, um herauszufinden, wer denn seinen Hund erschossen hat und begeht einige Morde mit dem Weltkriegsgewehr seines Urgroßvaters. Ein Weltkriegsgewehr seines Urgroßvaters. Und als er dann vermutlich tatsächlich den Täter, der den Hund erschossen haben könnte, stellt, macht er genau das, was man vielleicht dann erwartet, nicht. Dieser mögliche Täter wird verschont. Es kommt zum letzten Wort eben nicht und er stellt sich, wie sich zeigt, mehr oder weniger der Polizei. Diese Entwicklung ist insofern interessant, wenn man beginnt, den Roman zu lesen, glaubt man, das ist so eine Rache-Geschichte, eine etwas kultiviertere, wie man es in der Unterhaltungsliteratur zum einen, aber auch vielleicht in der Populärkultur kennt aus verschiedenen Filmen. Das ältere Semester von uns werden Sie nur an den Charles Bronson erinnern können, der in den 70er Jahren vor allem am laufenden Meter solche Figuren dargestellt hat von Männern, zum Beispiel Amman sieht rot oder das Gesetz bin ich, wo es irgendeinen Auslöser gibt, wo dann der Mann einen Rachefeldzug führt. Ursprünglich taucht dieses Genre ja im Western auf, der Showdown, wo dann am Ende die Bösewichte mit dem Staub der Main Street liegen, es gibt nur eine einzige Ausnahme, wie ich denke, einer der schönsten und besten Western, die von Howard Hawks gefilmt worden sind, das war in den 50er Jahren, der Film hieß Rio Bravo, wo am Ende die Banditen nicht tot im Staub der Main Street liegen, sondern sich ergeben dem Sheriff und seinen Deputies und arrestiert werden und dann auf die Ankunft des Marshals warten. Also es gibt keinen Leichenberg. Und wenn man erwarten würde, dass dieser Rachefeldzug von Julius Winsor sozusagen nicht endet, dann wird die Leseerwartung eine sehr knappe und präzise und genaue Sprache, die auch sich mehr oder weniger ergibt aus der geografischen Situation, in der die Menschen in Maine leben. Und ein Zitat aus der Übersetzung des Werkes von Thomas Gunkel. Thomas Gunkel ist der Übersetzer aus dem Englischen ins Deutsche. Ich lese da kurz eine Bemerkung, die das sehr schön beschreibt, was typisch ist für diesen Landstrich Main. Ein schöner Satz, hier können nur kurze Sätze und lange Gedanken überleben. Das eine Zitat und das zweite, der Winter ist 50 Bücher lang und heftet einen an die Stille wie ein aufgespießtes Insekt. Im englischen Original klingt es genauso. Das ist also sozusagen eine, würde ich fast sagen, analoge Übersetzung, weil im Englischen heißt es dann, Here only short sentences and long thoughts can survive. Und das zweite Zitat. Diese knappe Sprache ist sehr einnehmend. Man folgt als Leser und wahrscheinlich auch als Leserin diesen Handlungsverlauf relativ atemlos. Es ist ein Page-Turner und das Buch regt einen zu verschiedenerlei Fragen an, also eine ganze Fülle von Fragen, da geht es darum, was das Leben ausmacht, die Frage nach der erfüllten Existenz. Und mir ist da untergekommen auch ein Zitat, das hier vielleicht hilft, diese Intentionen dieses Buches zu verstehen. Vor kurzem ist die großartige Historikerin Daniela Hammer-Dugend hat verstorben und von ihr so ein schöner Satz überliefert, der lautet, das Schlimmste ist nicht zu sterben, sondern nicht gelebt zu haben. Er hat natürlich eine gewisse Fatalität, weil was bedeutet es zu leben? Das ist natürlich für verschiedene Menschen der Lebensinhalt natürlich verschieden. Aber seinen Lebensinhalt gefunden zu haben, und das vermeint dieser Julius Winsor in dem Moment, wo er sich eines Hundes annehmen kann und hat dann einen Freund, weil die Frau hat ihn verlassen. Es kommt dann auch, irgendwie scheint es durch, warum die Frau sich von ihm getrennt hat. Das ist ein Männerproblem, also ein Problem, das Männer offensichtlich nicht nur in Nordamerika haben, aber viele Frauen kritisieren in Beziehungen ja zu Recht, dass die Männer zu wenig reden, vor allem was sich selbst betrifft. Und es kommt eine Stelle vor, wo die Frau, die Claire, ein schönes Lob an ihn richtet, an den Julius. Biersprache auskennt, ist aber so blockiert, dass er dieses wunderbare Kompliment nicht entsprechend erwidern kann, sondern er bleibt stumm. Und das ist vielleicht nicht die Variante, die die Frau sich erwartet hat in diesem Moment, aber ist ein Anstoß dann von Seiten der Frau darüber zu reflektieren, bin ich da jetzt wirklich mit dem richtigen Typen zusammen oder versuche ich es doch wieder mit einem anderen. Im Wesentlichen habe ich da jetzt den Inhalt referiert und wir könnten da noch du hast sicher ich würde ganz gern ganz kurz noch, du hast es so toll erzählt, also es ist wirklich atemlos, lauscht man deinen Ausführungen und es gibt so viele Querbezüge und ich würde ganz gern nur ganz kurz die wenigen Zitate, die du nicht gebracht hast und die mich sehr berührt haben noch ein bisschen an das Publikum weiterleiten ich finde auch, so wie du das gesagt hast, vielleicht kann man das noch ergänzen die mich sehr berührt haben, noch ein bisschen an das Publikum weiterleiten. Ich finde auch, so wie du das gesagt hast, vielleicht kann man das noch ergänzen, es ist so schön und eindringlich und einfach geschrieben, dass es eigentlich manchmal dieser ganze Text in Lyrik umschlägt, finde ich. Das ist einfach auch manchmal wirklich einfach Lyrik. Wenn er zum Beispiel schreibt auf Seite 135, wenn ein Gewehr die Schlacht verlässt, ist es beladen mit toten Männern. Das ist ja eigentlich ein Gedicht schon. Das könnte man in einem Gedicht bauen und einfach hinstellen sozusagen. Das ist unglaublich, welche Dicht diese einfachen Sätze haben. Oder auf Seite 146 schreibt er, manche Hunde können lächeln. Das kann ich bestätigen, auch unsere Katze kann lächeln, sie kann aber auch andere Gefühlsregungen zeigen und als Katzenliebhaber, der ich bin, habe ich natürlich seine Liebe zu dem Hund verstanden. Und ich war unglaublich berührt von diesem Verhältnis zwischen ihm und seinem Hund. Wenn er schreibt, so ganz schlicht, auf Seite 204, der Hund heißt Hobbs. Hobbs war mein Freund und ich liebte ihn. Das ist alles. Ich meine, das ist eine unglaubliche Klarheit und Einfachheit, die aber fast bestürzend ist, wenn man das liest. Und auch zum Beispiel gleich am Anfang, wo er sich selbst einordnet in diese Art oder Gattung von Männern, die sonst nirgends leben können. In diesen Wäldern wohnen viele Männer, die sonst nirgends leben können. Sie leben alleine und sind noch für die geringste Beleidigung empfänglich. Darum sollte man sich lieber gut benehmen oder erst gar nichts sagen. Sie kommen in den Norden, um hier ihr Lebensende abzuwarten. Oder sie waren ohnehin hier und bleiben aus demselben Grund. Was du schon erwähnt hast, das sind die 3000 Bücher in dieser abgelegenen Karte sozusagen, was uns einen, glaube ich, da kann ich dich mitnehmen, total fasziniert in einer abgelegenen Hütte mit 3000 Büchern zu leben und einem Hund und einer geliebten Frau, das wäre das Optimale. Aber was du vielleicht noch nicht gesagt hast, das finde ich auch so schön, diese Einteilung, je nachdem, wo die Bücher im Verhältnis zum Kamin stehen, sagt er, gibt es warme und kalte Romane. Und das finde ich auch so eine wunderbare Einteilung, wie zum Beispiel die Maaseinheit, dass ein Winter 50 Bücher lang dauert. Das ist doch fantastisch, diese Maaseinheit. Das ist grandios, finde ich. Und seine Naturdarstellungen, die so klar und einfach sind. Der dunkle, feuchte Wald war manchmal ein eigenständiges Wesen. Das finde ich auch genau, weil ich viel mit dem Wald zu tun habe. Darf ich kurz einatmen? Ja, klar, gerne. Natürlich. Da gibt es wirklich ein sehr berührendes Moment auch, was mich an meine Kinder erinnert hat, nämlich Eisblumen. Ich kann mich erinnern, bei meinen Großeltern in meinem MMüh-Viertel, die Kastenfenster, im strengsten Winters, und sogar im Innenfenster, hat es die Eisblumen gegeben. Und wenn man als kleines Kind auf dieses Eis gegriffen hat, dann ist man pickend geblieben. Und der beschreibt es da auch so. Wenn man die Eisblumen angreift, dann bleibt man pickend. Also diese Naturbeschreibungen, genau, Erich, wie du das gesagt hast, das ist wirklich grandios. Ja, aber er kann wirklich alles beschreiben, weil er einfach die Essenz herausarbeitet. Und das ist die große, wie ich finde, auch amerikanische Erzählkunst, dass sie mit wenigen Sätzen quasi alles unter Anführungszeichen sagen. Es ist so, wie die Naturbeschreibung beschreibt er ja auch Menschen, zum Beispiel seinen Vater. Also wie er sagt, er war ein freundlicher Mensch gewesen, mit dem man gut auskommen konnte, denn er nahm nicht viel Platz in Anspruch. Solche Menschen gibt es nicht oft. Und von ihm lernte ich auch, wie man still ist. Also er beschreibt das Positive an Menschen, aber manchmal kommt natürlich auch das Negative durch, wenn er sagt, manche Menschen müssen anderen Geschöpfen Schmerzen zufügen, um selbst weniger Schmerzen zu haben. Und da bin ich jetzt wieder bei dem von dir so wunderbar erzählten Plot. Mich hat dieser Rachefeldzug, den ich als alten Bronzenkenner sozusagen oft erlebt habe, in Videofilmen damals, ich bin ja alt genug, um Bronzen zu kennen und zu schätzen. Für mich war das furchtbar in einer gewissen Weise, dass in dieser Literatur sozusagen dieses banale Motiv auftaucht, da wird ein Hund erschossen und jetzt geht der Rache-Feldzug los. Und ich habe wirklich gehofft, das war ganz schlimm eigentlich, dass er die Mörder zur Verantwortung zieht. Und leider, leider muss ich sagen, hat es in mir eine gewisse Genugtuung gegeben, als er diese Jäger wahllos erschossen hat, weil sie ja seinen Hund so bestialisch umgebracht haben. Und das hat auch an meine niederen Instinkte appelliert, dieses Buch, weil es eben so grandios erzählt ist. Man glaubt ihm alles, man geht bei allem mit, auch bei den schlimmsten Sachen gewissermaßen. Und darum wollte ich dich noch fragen, zum Abschluss, ist das für dich ein Buch auch, wo jemand so gnadenlos und brutal selbst Judist übt, auch eigentlich ein Plädoyer für einen Rückschritt hinter das Neue ins Alte Testament, zu seiner viel zitierten Formel Auge im Auge, Zahn um Zahn. Oder ist es bei diesem willkürlichen und wahllosen Morden weniger oder überhaupt gar kein Kalkül dabei und nur einfach nur ein Schmerz am Werk, der jedes Maß verloren hat und sich einfach deshalb, weil es der Protagonist kann, nicht still, sondern in Form tödlicher Kugeln entleid. Naja, du sprichst da wirklich ein Dilemma an. Also ich habe da zwei Möglichkeiten. Wenn ich da eine gewisse Distanz einnehme und sage, das ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern es zeigt irgendwas auf, was in der Realität natürlich nicht so gehandelt werden kann, in der Realität natürlich nicht so gehandelt werden kann. Dann gibt es zwei Wege. Man merkt dann plötzlich, dass gewisse Dinge, die dieser Julius Winsam in seiner Selbstrechtfertigung anführt, dass es da einfach zu viele Leerstellen gibt. Weil der Mann hätte ja auch anders handeln können. Also nach unserer Rechtsauffassung ist ein Tier oder ein Hund eine Sache, auch wenn es Bemühungen gibt, das allmählich zu ändern. Aber dieser Julius Winsum hätte sich ja aufmachen können in die Stadt und zur Polizeistation gehen und hätte sagen können, mein Hund wurde erschossen. Dort wäre er aber dann mit ziemlicher Sicherheit nicht ernst genommen worden, weil es ist Jagdsaison in diesem Gebiet und da wird natürlich geschossen. Und dann hätte der Polizist oder der Sheriff zu ihm gesagt, ja, ich mache da jetzt ein Protokoll, aber wahrscheinlich ist der Hund versehentlich erschossen worden, das kann ja vorkommen. Und es wird nicht dabei herauskommen. Das wäre sozusagen die rationale Möglichkeit. Also dass er wirklich dann zu dem Schießgewehr greift und dann die Nimrode, die sich da in seiner Umgebung auf den Weg machen, um Hirsche und kleineres Viehzeug abzugnallen, dass er da herumschießt, ist dieser eine Moment, wo er beginnt mit diesen Morden. Das ist natürlich, wenn man genau darüber nachdenkt, dann wird es unglaubwürdig. Dann stimmt irgendwas mit diesem sympathischen Julius Winsor irgendwie. Da stimmt was nicht, aber man kommt nicht drauf, was es ist, weil der Autor, Jared Donovan, sowohl der Autor als auch der selbsterzählende Protagonist, die psychologisieren nicht. Also ich weiß nicht, was ist denn wirklich der Ausgangspunkt, dass der plötzlich so gewalttätig wird, aber um deinen Gedanken nochmal aufzugreifen, ich halte das nicht für ein Wademekum. Also zur Nachahmung keinesfalls empfohlen, dass wenn irgendwas passiert, zum Beispiel der Nachbiss zu laut, hat in der Mitternacht die Steraanlage laut aufgedreht und ich hole die Schrottflinte vom Großvater und ohne lang zu fackeln, schieße ich einfach durch die Tür. Das kann man natürlich nicht machen und sollte man auch nicht, weil die Folgen ja dann absehbar sind. Der Roman bricht in dem Moment ab, wo der sich auf den Weg zur Polizeistation macht. Man kann dann darüber reflektieren, was denn dann als nächstes passiert. In den USA passieren Polizeiübergriffe nicht nur auf offener Straße, sondern, was dann weniger bekannt ist, auch auf Polizeistationen. Also wenn dann jemand kommt und sagt, ich habe da vier oder fünf Menschen erschossen und in einer Kleinstadt ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Polizeibeamte oder die Polizeibeamten jemanden kennen, der vermannt war mit dem Ermordeten. Die werden dann nicht sehr freundlich mit ihm umgehen und werden ihm sicherlich keine warme Tasse Tee anbieten, so wie er sich das erhofft. Aber das ist dann die Wirklichkeit und nicht mehr der Roman. Lieber Bernhard, herzlichen Dank für diese tolle Beschreibung. Dankeschön. Thank you. © BF-WATCH TV 2021 © transcript Emily Beynon Thank you. Zum Abschluss unserer Veranstaltung möchte ich Ihnen noch ein Buch vorstellen, das einer meiner absoluten Lieblingsautoren geschrieben hat, nämlich Herr Johann Paul Friedrich Richter, besser bekannt unter dem Künstlernamen Jean Paul. Was die Details zu seinem Leben anbelangt, können Sie auf die KI deshalb zurückgreifen, weil die alles viel, viel besser weiß als ich. Was sie aber Gott sei Dank und hoffentlich noch nicht weiß, ist, was ich empfunden habe, nachdem ich das Buch oder während ich das Buch immerhin dreimal gelesen habe. Und genau darum geht es mir, dass ich Ihnen das mitteile und natürlich auch den Inhalt ein bisschen näher bringe, was ineinander verzahnt und verquickt idealerweise sein sollte. Also im Mittelpunkt dieses Buches, dass Jean-Paul vielleicht doch eine Sache zu seiner Vita, im nächsten Monat feiert Jean-Paul seinen 200. Todestag. Was im Mittelpunkt dieses Buches, das 1808 erschienen ist, steht, ist natürlich ein Protagonist mit dem Namen Dr. Katzenberger, der ein, das schließt gut an an das, was Bernhard gerade vorgestellt hat, dieser Mann ist ein wandelnder Abgrund gewissermaßen. Also wenn man ihn am Anfang begleitet, erschreckt man der ganzen Zeit, bis man dann draufkommt, dass man eigentlich auf eine Art und Weise erschreckt wird, die einen läutern soll, dialektisch gewissermaßen, und die einen wieder versöhnen soll mit den Abgründen der Menschheit, denen dieser Dr. Katzenberger auf der Spur ist. Denn er ist kein normaler Arzt, ihn interessieren keine normalen Patienten. Was ihn ausschließlich interessiert, ist das Abnormale, das Monströse. Und durch die Jahre hat Dr. Katzenberger deshalb drei Bücher geschrieben, wo es eigentlich nur um das Abnormale geht, nämlich mit den Titeln Die Blutmachung, das zweite Werk heißt Die Epistula Monstris und das dritte über die Wasserscheu. Und wie man sich vorstellen kann, sind diese Bücher nicht gerade auch in seiner Zeit Bestseller geworden. Es hat eigentlich überhaupt kein Echo gegeben, außer ein einziges Echo, und zwar von einem gewissen Dr. Strykius, einem Kollegen Dr. Katzenbergers, zwar von einem gewissen Dr. Strykius, einem Kollegen Dr. Katzenbergers, der in einem Bad, in Bad Maulbronn, als Arzt arbeitet und der es tatsächlich gewagt hat, in sieben Fachzeitschriften vernichtende Rezensionen über Katzenbergers drei monströse Bücher zu schreiben. Und jetzt, und da beginnt sozusagen die Handlung, außer sich vor Wut beschließt Dr. Katzenberger, nach Bad Maulbronn zu fahren, um dem werten Herren Kollegen die Leviten zu lesen, ihn ordentlich durchzuprügeln und ihn zu einem öffentlichen Widerruf zu zwingen. Das ist eigentlich der Hauptgrund für diese Reise, die Dr. Katzenberger per Mietkutsche zu unternehmen gedenkt. Und ein nicht ganz unangenehmer Nebengrund liegt eben darin, dass sich der Doktor durch die Abreise auch das Geld einer Gevatternschaft sparen würde. Denn es ist so, Bona, die beste Freundin seiner Tochter Theoda, steht kurz vor der Niederkunft und hat ihn zum Paten ihres Kindes auserkoren. Weil er aber mit dieser Flucht vor dieser Gevatternschaft noch immer nicht genug Geld eingespart hat, bietet er in einer Annonce in der Zeitung freie Plätze in der Kutsche gegen Bezahlung an, die natürlich niemand wagt, mit den beiden mitzureisen. Und dieser Dritte ist niemand anderer als Herr von Nies, der aber in Wahrheit der berühmte Theaterdichter Teudobach ist, der der Tochter den Hof machen möchte, aber durch sein Inkognito auf Augenhöhe. Er will nicht mit der Tür ins Haus fallen und sagen, ich bin der berühmte Dichter, sondern er will ein normaler Mensch erscheinen und deswegen versteckt er sich unter dem Namen Herr von Nies, um eben mitzufahren und dieser Tochter seine Liebe nach und nach zu erklären. Und so auf Augenhöhe mit Theodor hofft er ihr wirklich möglichst nahe zu kommen, um schließlich in Bad Maulbronn, dem Ziel der Reise mit der Entlarvung seines Inkognitos, sie, die Schöne, die Wunderschöne, endgültig für sich zu gewinnen. Und jetzt kommt das erste Textbeispiel, weil man darin sehr schön sieht, wie Jean-Paul seine eigene Lebenssituation an seinen Figuren durchspielt. Denn auch hinter seinem eigenen Aliasnamen Jean-Paul, wie schon erwähnt, verbirgt sich der deutsche Allerweltsname, nämlich Richter. Und auf Seite 39 schreibt er Folgendes. Das ist die fünfte Summula. Das Werk ist eigentlich eine Novelle in meiner Auffassung und hat 44 Summula. Und in der fünften Summula schreibt er Folgendes. Wer war dieser ziemlich unbekannte Herr von Nies? Ich habe vor, noch vor dem Ende dieses Perioden den Leser zu überraschen durch die Nachricht, dass zwischen ihm und dem Dichter Teudobach eine so innige Freundschaft bestand, dass sie beide nicht bloß eine Seele in zwei Körpern, sondern gar nur in einem Körper ausmachten, kurz eine Person. Nämlich Nies, hieß Nies, hatte aber als auftretender Bühnendichter um seinen dünnen Alltagnamen, den Festnamen Teudobach, wie einen Königsmantel umgeworfen und war daher in vielen Gegenden Deutschlands weit mehr unter dem angenommenen Namen als unter dem eigenen bekannt. So wie von dem hier schreibenden Verfasser vielleicht ganze Städte, wenn nicht Weltteile, es nicht wissen, dass er sich Richter schreibt, obgleich es freilich auch andere gibt, die wieder seine Paradenamen nicht kennen. Also, der Dichter Teudobach, Deckname Herr von Nies und Dr. Katzenberger, haben handfeste Gründe für diese Badereise. Theoda, die Tochter, ist die Einzige, die das nicht hat. Sie ist unglücklich darüber, dass sie ihre beste Freundin in diesem Moment der Niederkunft zurücklassen muss und ihr nicht beistehen kann und schreibt ihr von der Reise Briefe, in denen sie einerseits die Sorge um die Freundin zum Ausdruck bringt, von der Reisepriefe, in denen sie einerseits die Sorge um die Freundin zum Ausdruck bringt, aber auch von den bizarren Abenteuern berichtet, in deren Faktotum, wie Dr. Katzenberger zwangsläufig geraten muss. Und jetzt muss ich die erste Warnung des Abends aussprechen. Jetzt kommt nämlich wirklich eine ganz, ganz wilde Stelle, bei der Sie merken werden, mit wem Sie jetzt wirklich zu tun haben. Also Sie haben noch die Chance, dass Sie sich die Ohren zuhalten, aber wer das nicht macht, soll nicht mich verantwortlich machen. Ich lese nur den Originaltext vor. Und da passiert jetzt Folgendes in der 10. Summula. Gewöhnlich fand der Doktor in allen Wirtshäusern bessere Aufnahme als in denen, wo er schon einmal gewesen war. Nirgends traf er aber auf eine so verzogene Empfangsphysiologie als bei der verwitthiebten, nett gekleideten Wirtin in St. Wolfgang, bei der er jetzt zum zwölften Male ausstieg. Male Ausstieg. Das zweite Mal, wo sie in der Halbtrauer um ihre eheliche Hälfte und in der halben Feiertaghoffnung auf eine neue ihrem medizinischen Gaste mit Klagen über Halsschmerzen sich genähert, hatte dieser freundlich sie in seiner Amtssprache gebeten, sie möge nur erst den Unterkiefer niederlassen, er wolle ihren Rachen sehen. Sie ging wütig erhitzt und mit vergrößerter Halsschmerzen davon und sagte, sein Rachen mag selber einer sein, denn kein Mensch im Hause frisst ungeziefer als er. Sie bezog sich auf sein erstes Dagewesensein. Er hatte nämlich zufolge allgemein bestätigte Erfahrungen und Beispiele, zum Beispiel Delalands und sogar des Dr. Schurmanns, welche nur naturhistorischen Laien Neuigkeiten sein können, im ganzen Wirtshause dem Kellner schlich er deshalb in den Keller nach, umhergestöbert und gewittert, um fette, runde Spinnen zu erjagen, die für ihn wie für das oben gedachte Paar Landaustern und lebendige Bouillonkugeln waren, die er frisch aß. Ja, er hatte sogar, um den allgemeinen Ekel des Wirtshauses womöglich zurechtzuweisen, vor den Augen der Wirtin und Aufwärter reife Kanker, also Schaben, auf Semmelschnitte gestrichen und sie aufgegessen, indem er Stein und Bein dabei schwur, um mehr anzuködern, sie schmeckten wie Haselnüsse. Gleichwohl hatte er dadurch weit mehr den Abscheu als den Appetit in Betreff der Spinnen und seiner selbst vermehrt, und zwar in solchem Grade, dass er selber der ganzen Wirtschaft als eine Kreuzspinne vorkam und sie sich als seine Fliegen. Als er daher später einmal versuchte, dem Kellner nachzugehen, um unten aus den Kellerlöchern seine Mensa Ambulatoria, sein Kanarienfutter zu ziehen, so blickte ihn der Porsche mit fremdem, vigilierendem Grimme an und sagte, fress er sich woanders dick als im Keller. Also das war so eine Stelle, so eine wilde, brachiale Stelle, wie sie eigentlich typisch ist und wie sie immer wieder auftaucht, die politisch zwar nicht ganz korrekt ist, aber mittlerweile ist es doch so, dass doch auch Insekten zumindest in den Fokus einer möglichen Welthungerbekämpfung geraten. Und es geht so weiter. Auf der Weiterreise wird Dr. Katzenbach eine ganz besondere monstruöse Rarität angeboten, nämlich etwas Unwiderstehliches für ihn, ein ausgestopfter achtfüßiger Hase, der zu Lebzeiten durch die Gegend lief, auf diesen vier Beinen und sobald er müde war, einfach umgedreht hat und auf den anderen vier Beinen weitergelaufen ist. Und um diesen fantastischen Schatz in seine Hände zu bekommen, manipuliert Dr. Katzenberger eine Goldmünze, die der Preis dafür wäre. Eine dicke Goldmünze, seine Goldmünze ist dünn, aber was macht er? Typisch Dr. Katzenberger, typisch Jean Paul. er, typisch Dr. Katzenberger, typisch Jean Paul, er macht eine Legierung aus Ohrenschmalz, die er auf diese Goldmünze rauffügt und sie dadurch dicker und fetter und gibt sie dem Verkäufer des achtfüßigen Hasens und dieser prüft diese Ohrenschmalz-legierte Goldmünze, indem er reinbeißt und kommt natürlich drauf, dass das ein Fake ist, aber mittlerweile hat der Doktor schon diesen achtfüßigen Hasen geschnappt und macht sich mit seiner Mannschaft und Frauschaft wieder auf die Reise in seiner Kutsche. Also das ist eine typische Stelle. Und dann kommen sie schließlich nach solchen Abenteuern, die etwas unglaublich Barockes haben für mich. Also mich erinnert es auch immer wieder an Rabelais, Gargantua und Pantra-Gruel. Und darum ist für mich Jean-Paul wieder der allgemeinen literarischen Vorstellung, dass er eigentlich zwischen Klassik und Romantik changiert, weder das eine noch das andere. Für mich ist er ein absolut praller Barockdichter, eben in der Spur Rabelais oder Grimmelshausens. Jedenfalls kommen sie dann endlich am Ziel der Reise an und dort sucht der Doktor sofort seinen Konkurrenten, Dr. Strykius, auf. Liest ihm aber nicht gleich die Leviten, sondern tut so, als wisse er nicht, wer die abfälligen Kritiken geschrieben habe. Was den Brunnenarzt natürlich in doppelte Pein stürzt. Und da kommt jetzt ein kleines Zitat zum nervlichen Zustand des Gegners von Dr. Katzenberger, des Brunnenarztes Dr. Zrykios. Auf Seite 120 schreibt er Folgendes. Und das ist auch so interessant, diese Abstufung, die er da macht. Und so fein eigentlich, bei aller Brachialität. Der Brunnenarzt schwitzte während der Pris mehrere Schweiße von verschiedener Temperatur darüber, dass er einen Flügel seiner Patienten, zumal den weiblichen, eine Landjunkerin, eine Konsistorialrätin, eine halb bleich, halb gelbsüchtige Zärtlingin und am Ende sich selber in die Höhe und Stechweite eines solchen geistigen Raufdegens gebracht hatte, als es Dr. Katzenberger war. Nicht nur der Brunnenarzt schwitzt, auch Herr von Nies schwitzt, weil sein Plan, Theodor mit der Lüftung seines Inkognitos zu beeindrucken, scheitert. Es passiert nämlich Folgendes. Er setzt die Lesung seiner Werke ins Werk sozusagen und während er das passiert und er schon bereit ist, seine Inkognito zu lüften, taucht plötzlich ein Hauptmann im Lesesaal auf, den alle durch seine imposante Erscheinung für den eigentlichen Dichter halten. Und Theodor ist zum Entsetzen von Herrn Nies-Alios Teuderbach verzückt von der Erscheinung des einfältigen, aber imposanten Mannes und hält ihn für den Dichter. von der Erscheinung des einfältigen, aber imposanten Mannes und hält ihn für den Dichter. Und da kommt folgendes Zitat auf Seite 128. Als der Hauptmann eintrat, Theodor hörte es und sah auch hin, und sie und ihr Leben wurden wie von einem ausgebreiteten Abendrote überzogen. Wie ein stiller Riese, wie eine stille Alpe stand er da und ihr Herz war seine Alpenrose. Und da sieht man sehr schön diese Kunst Jean Pauls, unglaubliche Metaphern der Gestalt zu schreiben, dass sie einerseits originell und frisch sind, aber andererseits eine intrinsische Ironie entfalten und gleichzeitig aber auch die Sache auf den Punkt bringen. Und das schätze ich so sehr an ihm, dass er solche Metaphern immer wieder schreibt. Also nicht nur brachialen Humor, sondern auch wirklich unglaublich feine Poesie schreibt. Ja, und diesem verzweifelten Herrn Nies gelingt es nur mit sehr viel Mühe, Theodor von ihrem Irrtum abzubringen und ihr begreiflich zu machen, dass eigentlich er der Großdichter ist. Aber es gelingt am Ende in der 44. Summula dann doch, sie vom Hauptmann abzubringen und in seine Richtung zu schwenken und endlich der künftige Schwiegersohn Dr. Katzenbergers zu werden. Also da geht dieser eine Handlungspfaden gut auf. Und auch Dr. Katzenberger, damit komme ich schon zum Ende, lässt seinen Kontrahenten nicht länger zappeln und erklärt zu wissen, dass Strykius selbst die vernichtenden Kritiken geschrieben habe und nun dafür zur Rechenschaft gezogen wird. Katzenberger in Rage auf den Badearzt einredend. Ein lautes Wort von dir, so schieße ich dich leise nieder und ich fahre davon. Du bist mein Rezensent, du Saufaus, Schweig, ein Wort, ein Schuss. Es macht mich schon dein bloßes Waschschwammgesicht mit seinem schlappen Vorderbacken und seinem Gelächel halb wütig. Dr. Katzenberger zog den Widerruf hervor und sagte, wenn er ihn beschwöre und unterschreibe, so wolle er ihm das Leben selber schenken und ihn nur an den Gliedern, wo er es für gut befinde, mit dem Stab sanft bestreifen. Strykius schwur und schrieb. Aber bevor Dr. Katzenberger körperlich züchtigend wird, hat der Brunnenarzt eine letzte, hoffentlich rettungende Idee. Und das ist auch jetzt das letzte Originalzitat, das ich Ihnen vorlese und damit endet auch die ganze Veranstaltung. Auf Seite 209 in der 44. Summula kommt es zum Finale. Dieser Zufall öffnete plötzlich dem Brunnenarzt einen Himmel und eine Aussicht. Ich besitze hier, sagt er zitternd, im Kabinett aus dem Freisch-Archiv eine alte, abgedürrte Hand. Zwar keine ausnehmende Missgeburt, aber es ist doch eine Hand mit sechs Fingern, die nicht jeder am Arme hat. C'est bon, ganzer Mann, begeisterte sich Dr. Katzenberger. Schatz, gebt mir die Hand, nicht eure, so gehe ich ab und schone jeden Hund. Während Strykius die Sechsfingerhand als einen Reichsabschied gegen das Faustrecht aus dem Kasten holte, säete Katzenberger hinter dessen gebogenem Rücken mehrere Knallkügelchen auf verschiedene erwärmte Plätze des Ofens und legte nicht sowohl Feuer als Donner ein, um auch in seiner Abwesenheit das strüksche Gewissen, nachts oder sonst mehrmals, fürchterlich zu wecken durch Lärmkanonen, Notschüsse, Türkenglocken oder andere Metaphern. Während der Donnersaat sprach er fort und sagte ins Kabinett hinaus, ich bin aber heute so weich wie ein Kind, das macht der Trunk. Darwin bemerkte schon längst, dass sich den Säufern die Leber, folglich die Galle verstopfe, daher ihre Gallensteine und Gelbsuchten. Strykius brachte die eingeräucherte Hand, wogegen Esaus und Van Dycks Hände dem Doktor nur als Invalide oder Defekte erschienen. Nachdem er den Plusfinger genau daran besehen, musste sich ihm jener selber in die Tasche stecken, damit er in der gerüsteten Stellung verbliebe. ihm ein Fläschchen mit Tee mitzugeben, um es ruhiger im Wagen zu trinken. Nach der Schenkung der fremden Hand verzichte ich gern auf jeden lebendigen Handdruck. Eure Kusshand in meiner Tasche hat alles ins Reine und uns einander näher gebracht. Und wir lieben uns, so gut wir können. Ja, und mit diesem wunderbaren Satz, wir lieben uns, so gut wir können, der ein Motto sein sollte für unsere ganze Spezies, möchte ich mich noch einmal für Ihre Aufmerksamkeit bedanken. Bei den tollen Musikern für ihre Musik und bei meinen lieben Kollegen und Kolleginnen für ihre unglaublich interessanten Bücher und ihre Vorbereitung dazu. Herzlichen Dank an alle und zum Abschluss noch einmal diese tolle Musik. Bitte. an alle und zum Abschluss noch einmal diese tolle Musik, bitte. so so so ¦ ¦ so so ¦ Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantazhioz, Gantaz Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Applaus Ja, auch im Namen des Stifterhauses möchte ich mich noch einmal bedanken bei Bettina Balacca, Judith Gruberizzi, Bernhard Hartmersdorfer und Erich Wimmer für die Lesungen und die Einblicke in ihre Lieblingsbücher. Ein herzliches Dankeschön auch nochmal an Jona Kropf und Valentina Birkelbauer für diese wunderbare musikalische Begleitung. Unser Literaturcafé hat noch offen, also Sie können sich gerne noch ein Getränk holen und den Abend ausklingen lassen. Wir würden uns auch freuen, Sie nächste Woche wieder hier bei uns im Stifterhaus zu sehen. Am Dienstag haben wir um 19.30 Uhr die Autorinnenvereinigung Autorinnenkreis Linz bei uns zum Gast, unter dem Titel Literarische Herbstmelange. Lesen werden Sven Daubenmerkel, Josef Kienesberger, Hermann Knapp und Claudia Taller. Ich hoffe, Sie haben den Abend genossen, wünsche Ihnen eine gute Heimreise und danke Ihnen recht herzlich für Ihr Kommen. Auf Wiedersehen.