Herzlich willkommen, sehr geehrte Damen und Herren, an diesem festlichen Abend am 220. Geburtstag Adalbert Stifters, dessen Institut sein 75-jähriges Bestehen mit ihm feiert. Eine besondere Freude und Ehre ist es, Herrn Landeshauptmann und Kulturreferenten Mag. Thomas Stelzer als Festredner im Haus begrüßen zu können. Wir danken von ganzem Herzen für sein Kommen. Wir begrüßen herzlich Sabine Binder, die zweite Präsidentin des Oberösterreichischen Landtags. Schön, dass Sie da sind. Wir freuen uns sehr über Mag. Margot Nassal, Direktorin Kultur und Gesellschaft, Hofrat Dr. Reinhard Mattes, Kulturdirektor Außerdienst, Hofrat Dr. Paul Stepane, Kulturdirektor Stellvertreter Außerdienst und Dr. Julius Stieber, Kulturdirektor der Stadt Linz. Applaus der Stadt Linz. Wir begrüßen ganz herzlich für Kunst, Kultur und Wissenschaft unsere ehrwürdigen Nachbarinnen und Schwesterninstitutionen Mag. Hämmer Schmutz, Direktorin des Kunstmuseum Lentos, Mag. Renate Blöchl, Direktorin der Oberösterreichischen Landesbibliothek und Prof. Dr. Michael John, Johannes Kepler Universität Linz. Zahlreich vertreten sind an diesem Abend die sogenannten ordentlichen Mitglieder des Adalbert-Stifter-Instituts. Für die historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe Adalbert-Stifter-Instituts. Für die historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe Adalbert-Stifters sagen wir herzlich willkommen und Dank fürs Kommen den Hauptherausgebern der Stifter-Ausgabe sowie dem Zentralredaktor, Universitätsprofessor Dr. Hartmut Laufhütte-Passau, Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Wiesmüller-Insbruck und Dr. Johannes John München. Bei uns sind Dr. Watzlaw Meidel-Prag, Dr. Peter Becher und Dr. Franz Adam München, Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Hackl-Insbruck, Dr. Silvia Bengesser-Scharinger und Dr. Manfred Mittermeier-Salzburg, Doktorin Helga und Doktor Jakob Ebner, Hofrätin Doktorin Helene Derick, Magister Erich Brandl, Magister Martin Sturm und unsere liebe Kolleginnen und Freundinnen Hofrätin Doktorin Regina Pinta. Wir freuen uns sehr über das Interesse der Medien und begrüßen Peter Grubmüller, Oberösterreichische Nachrichten, sowie den ORF-Landesstudio Oberösterreich. Seien Sie alle, sehr geehrte Damen und Herren, ganz herzlich willkommen im Hause Stifters. Dichter zu ehren, signifikant seltener sind es Dichterinnen, das sei am Rande angemerkt. Dichter zu ehren, das ist ein merkwürdig schwieriges Unterfangen, für das jede Zeit eigene Formen ersinnt. Man mag an Obelisken denken, an Erinnerungstafeln, an Gedenkstätten in Geburts- oder Sterbehäusern, an Ehrengrab und Lorbeerkranz, an die Gründung von mehr oder weniger langlebigen Freundschaftsgesellschaften, an die Auslobung von Preisen und Auszeichnungen unter dem zu würdigenden Namen, schließlich an Biografien, früher dort und da gerne ein wenig geschönt, an Werkausgaben, sämtliche Werke repräsentativ ausgestattet oder gar an eine historisch-kritische Ausgabe. wieder Festveranstaltungen zu prominenten Jubiläen, Dichter zu ehren. Was 1950 unternommen wurde, dem Dichter und Hofrat Allerpert Stifter ein gewissermaßen immerwährendes Gedenken zu sichern, das ist in seiner Art aber doch beinahe beispiellos. Als lebendiges Denkmal wurde dieses Institut begründet mit einem angesichts von Zeiten größter Verunsicherung und Not doch recht kühnen und weitgefassten Auftrag der Pflege eines geistigen Vermächtnisses. Dieses mit viel Hoffnungsmut aus der Taufe gehobene Adalbert Stifter-Institut des Landes Oberösterreich war mit einem Bein verankert in der Struktur der im Aufbau befindlichen Kulturverwaltung Nachkriegs Oberösterreichs, mit dem anderen Bein suchte es Halt im Ideellen, Geistigen, im Grenzüberschreitenden. In seinen jungen Jahren musste das Institut den allgemeinen himmelschreienden Mangel zu kompensieren versuchen. Eine wichtige Rolle kam hier dem gleich zu Beginn eingerichteten wissenschaftlichen Beirat zu, eine international tätige Forschergemeinschaft, konkret die Mitglieder des Adalbert-Stifter-Instituts, die eine Brücke über Grenzen hinweg hinaus in die Welt waren und sind. Adalbert Stifter, engagierter Beamter im Bildungswesen, der für zukunftsweisende Inhalte und Methoden, aber auch für Schülerinnen, Schüler und Lehrer eintritt, Denker und Gestalter des intellektuellen und des kulturellen Lebens seiner Zeit im Lande Österreich-Obtahenz. Er ist nach wie vor ein überaus relevanter Bezugspunkt für Literatur und Wissenschaft in verschiedenen Disziplinen. Adalbert Stifter ist weit mehr als ein nobilitierender Namensgeber für sein institut mit ihm als person und dichter ist untrennbar verknüpft seine so tief humanistische zeitlos aktuelle geisteshaltung sein vertrauen in bildung sein glaube an die bedeutung von kunst und kultur für alle menschen und mit ihm verbunden ist auch der kulturraum böhmen mit anderen woren Nachbarschaft. Das Adalbert Stifterinstitut zu gründen, war eine ausgesprochen kluge Sache, nicht nur Stifter zu ehren, dessen lebendiges Denkmal wir wohl sind, und zwar ziemlich lebendig, würde ich meinen. Es geht an Stifters Beispiel um viel mehr. Es geht um Sprache und Literatur als Mittel der Ausdrucks- und Verständigungsmöglichkeit. Es geht um Bewahren, um Erkenntnis und Entwicklung, um Diskurs, es geht um Literatur. Dass das Land Oberösterreichers eines der ersten Bundesländer in Österreich einen Ort dafür geschaffen und seine zeitgemäße Entfaltung ermöglicht hat, ehrt das Land und seine Repräsentanten bis auf den heutigen Tag. Literatur beginnt mit jedem Text neu und mit jeder Leserin, jedem Leser, vielleicht hoffentlich auch an diesem Abend in der Begegnung mit Stifter. Nach der Festrede von Herrn Landeshauptmann wird der von Bühnen und Film bekannte, vielfach ausgezeichnete Schauspieler Gerhard Liebmann Adalbert Stifters Erzählung Kalkstein in einer gekürzten Fassung lesen. Wir freuen uns sehr über Gerhard Liebmanns Kommen und begrüßen ihn ganz, ganz herzlich hier in Linz mitstiftet. Kalkstein erschienen 1853 in Stifters berühmter Sammlung Bunte Steine, erzählt vom Aufeinandertreffen eines Landvermessers mit einem zurückgezogen lebenden Pfarrer, dessen Lebensgeheimnis und innerer Auftrag sich erst nach seinem Tod gänzlich enthüllt. Stifter hatte die Geschichte zunächst unter dem Titel der arme Wohltäter im Alma nach Austria veröffentlicht, ehe er sie stark überarbeitet in die bunten Steine aufnahm. Nicht zuletzt wegen des lebensbestimmenden Anliegens des Pfarrers, der Kindern im Wortsinn einen sicheren Weg zur Bildung geben möchte, haben wir sie für den heutigen Anlass ausgewählt. Danach laden wir Sie herzlich ein zu feiern, die Sprache in ihrer Vielfalt, die Literatur in ihrer Schönheit, Adalbert Stifter und nicht zuletzt sein Institut. Ihnen allen einen wunderbaren Abend. Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Festgäste, das heurige Jahr ist ja wahrlich reich an Jubiläen, an Gedenkfeiern, die wir Weg unseres Heimatlandes, unserer Republik, die den Weg unseres Heimatlandes seit dem Jahr 1945 sozusagen bestimmen und begleiten. Es ist ein Weg des Friedens, der Freiheit und dann einige Zeit danach auch ein Weg innerhalb einer europäischen Gemeinschaft und einer Einheit. Und die Kennzeichen auf diesem Weg, das sind diese großen historischen Ereignisse. 1945 endlich Frieden nach einer Schreckenszeit, dann jetzt in Sichtweite unseres Nationalfeiertags vor 70 Jahren, eigentlich erst, dann auch der Schritt zum wirklich freien und souveränen Staat Österreich und dann folgerichtig, weil friedenssichernd der Beitritt zur Europäischen Union vor 30 Jahren. Aber Geschichte besteht eben nicht nur aus Momenten, aus Fixpunkten, aus Meilensteinen, sondern sie besteht auch aus ganz vielen Initiativen, Entscheidungen und Erlebnissen, die dann das Leben, das Zusammenleben gestalten. die dann das Leben, das Zusammenleben gestalten. Ich glaube wohl, niemand von uns in diesem Festsaal kann sich in irgendeiner Form wirklich vorstellen, wie das 1945 gewesen sein muss. Wir wissen natürlich von der Not, von der Zerstörung, auch von der Verzweiflung. Was wir aber auch respektvoll wissen ist, dass es damals eine sehr starke Grundstimmung der Tatkraft und auch des Zusammenhalts gegeben hat, getragen vom unbedingten Willen, eine gute Zukunft gestalten zu wollen. Der Wiederaufbau, um das auch beim Namen zu nennen unseres Landes, hatte viele Facetten. Natürlich stand im Vordergrund der reale Wiederaufbau, die Herstellung der Infrastruktur, die Wiedererrichtung von Gebäuden, aber es ging immer auch, ganz besonders in Oberösterreich, um den vielleicht nicht so aufs Erste sichtbaren, aber nicht weniger wichtigen ideellen und kulturellen Wiederaufbau nach 1945. Denn da ging es um Identität, um Identifikation und dann auch um Gemeinsamkeit. Und das Verbindende, das nach diesen Schreckensjahrzehnten wichtig war, um Krieg, Zerstörung, auch der Hass, den es innerhalb unserer Bevölkerung aufeinander gegeben hat, um all das zu überwinden und hinter sich zu lassen. aufeinander gegeben hat, um all das zu überwinden und hinter sich zu lassen. Kunst und Kultur spielten dabei, so wie auch heute, eine zentrale Rolle. Soweit es möglich war, haben unsere Vorgängerinnen und Vorgänger in Verantwortung des Landes schon versucht, künstlerisches Schaffen zu unterstützen. Schon im Jahr 1947 hat man begonnen, Kunstwerke zeitgenössischer Kunstschaffender zu erwerben und anzuschaffen, was wir im Übrigen bis heute tun. Und das Bemerkenswerte, während Österreich und ganz besonders Oberösterreich noch ein besetztes Land war, unser Heimatland sogar noch geteilt war an der Donau in zwei Besatzungszonen, hat man eben, so wie es die Frau Doktorin Dallinger ja beschrieben hat, hier schon 1950 das Adalbert Stifterinstitut gegründet. Und diese Gründung ist daher eine wirklich wegweisende Initiative, die zeigt, dass Politik auch in weiten Horizonten gestaltet werden kann, wenn es die Bereitschaft dazu gibt. Und diese Entscheidung hatte eine große Tragweite. Das Institut war von Beginn an genial geplant und es hat sich auch genial entwickelt. Wenn man ein Universalgenie wie Stifter als Namensgeber, als Grund auch der Gründung hat, dann muss das wohl auch so sein. Und die Vielfalt seiner Tätigkeit ist ja immer wieder bemerkenswert, wenn man sich das vor Augen führt. Sie wissen ja, ich bekomme täglich, zumindest wenn ich im Landhaus bin, immer vor Augen geführt, denn er sitzt ja sehr stolz und damit auch manchmal mahnend vor den Fenstern des Landhauses. Und da geht es natürlich um seine Aufgabe als Schulinspektor und damit auch verbunden mit einer Wohnung im Landhaus, um die Tätigkeit als Landeskonservator, um seine Bemühungen im Musealferein, eine Landesbildersammlung zu erstellen und natürlich ganz besonders um sein schriftstellerisches Schaffen und, wie wir auch in diesem Haus sehr öfter erleben können, auch um sein bildnerisches Schaffen. Die Gründer des Instituts haben sehr umfassend gedacht. Man darf das nicht vergessen, ich habe es bewusst erwähnt, in einem gespaltenen, in einem geteilten Land haben sie mit dieser Gründung des Stifterinstituts auf Einheit, auf Identität gesetzt und auch herausgehoben, in diesen Zeiten, wo es an vielem gemangelt hat, welche grundlegende Kompetenz und Bedeutung wissenschaftliches und kulturelles Arbeiten haben. Sammeln, Forschen und Vermitteln ist daher von Beginn weg hier nicht nur gut aufgehoben gewesen, denn das wäre eigentlich viel zu beharrend formuliert. Es ist ja immer gut gestaltet worden, mit viel Leidenschaft und Engagement auch gelebt worden und so auch heute. Und darum können wir diesen halbrunden schönen Geburtstag, den 75. am 220. Geburtstag Adalbert Stifters auch wirklich freudig miteinander feiern. Sie wissen es gab fünf Direktorinnen und Direktoren, denen ich mit all ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, natürlich heute unseren aktuellen, dem Team rund um die Frau Doktorin Thalinger, herzlich danken möchte und denen ich auch Respekt zollen möchte für die Arbeit, die hier geleistet wird, in Gemeinschaft mit den Damen und Herren, die auch bereit sind, sozusagen als Beirat hier für uns tätig zu sein, denn das war auch von Beginn weg grundgelegt und es ist daher auch wirklich bemerkenswert und ich danke sehr dafür, dass wir so viele Institutsmitglieder haben. Wir gratulieren daher nicht nur zum halbrunden Geburtstag, sondern wir danken auch für diese herausragende Arbeit, die hier geleistet wurde und die geleistet wird. Das Stifterhaus ist ein offenes Haus. Hier ist man immer mit Herzlichkeit und Charme empfangen. Manches Mal, wenn man Aufgaben wie ich hat, auch empfangen mit vielen Wünschen, aber das gehört einfach dazu. Es wird hier hervorragende Arbeit geleistet und was ich glaube ich in unser allen Name sagen kann, man ist hier wirklich gern zu Gast, weil man einfach in einzigartiger Weise zu Literatur hingeführt wird, aber sich auch gern von ihr verführen lässt. Und ich möchte hier wirklich mit aller Ernsthaftigkeit, die dieser Satz hat, sagen, das Wirken und die Arbeit, die hier geleistet wird, hat das Werden des modernen Oberösterreichs, das sich immer zugleich als Wirtschaftsstandort und als Kulturland versteht, entscheidend mitgestaltet und tut es auch heute und sorgt dafür, dass wir in all dem, was wir uns erarbeiten, auch immer ein Land voller Lebensqualität und voller Perspektiven für ganz, ganz viele sind. Dazu möchte ich gratulieren, davor haben wir Respekt. Ich wünsche alles Gute zum Jubiläum und ich gratuliere uns zum Stifterinstitut und Stifterhaus. Thank you. Amen. Vielen Dank. Einmal war ich zu einer Kirchenfeierlichkeit geladen. Ich wurde mit manchem Anwesenden bekannt, von manchem erfuhr ich Namen und Verhältnisse. Nur ein einziger Gast war nicht zu erkennen. Lächelnd und freundlich saß er da. Er hörte aufmerksam alles an, er wandte immer das Angesicht der Gegend, wo eifrig gesprochen wurde, zu, als ob ihn eine Pflicht dazu antriebe. Seine Minen gaben allen Redenden recht und wenn an einem anderen Orte das Gespräch wieder lebhafter wurde, wandte er sich dorthin und hörte zu. Selber aber sprach er kein Wort. Er saß ziemlich weit unten und seine schwarze Gestalt ragte über das weiße Linengedecke der Tafel empor und obwohl er nicht groß war, so richtete er sich nie vollends auf, als hielte er das für unschicklich. Er hatte den Anzug eines armen Landgeistlichen. Er hatte den Anzug eines armen Landgeistlichen. Sein Rock war sehr abgetragen. Die Fäden waren daran sichtbar. Er glänzte an manchen Stellen. Unter anderem hatte er die schwarze Weste war sehr lang und hatte ebenfalls beinerne Knöpfe. Die zwei winzig kleinen Läppchen von weißer Farbe, das einzige Weiße, das er an sich hatte, die über sein schwarzes Halstuch herabgingen, bezeugten seine Würde. Bei den Ärmeln gingen, wie er so saß, manchmal ein ganz klein wenig eine Art Handkrausen hervor, die er immer bemüht war, wieder heimlich zurückzuschieben. Vielleicht waren sie in einem Zustande, dass er sich ihrer ein wenig hätte schämen müssen. Ich sah, dass er von keiner Speise viel nahm und dem Aufwärter, der sie da reichte, immer höflich dankte. viel nahm und dem Aufwärter, der sie da reichte, immer höflich dankte. Als der Nachtisch kam, nippte er kaum von dem besseren Weine, nahm von dem Zuckerwerke nur kleine Stückchen und legte nichts auf seinen Teller heraus, wie doch die anderen taten, um nach der Sitte ihren Angehörigen eine kleine Erinnerung zu bringen. Dieser Eigenheiten willen fiel mir der Mann auf. Als das Mahl vorüber war und die Gäste sich erhoben hatten, konnte ich auch den übrigen Teil seines Körpers betrachten. Die Beinkleider waren von demselben Stoffe und in demselben Zustande wie der Rock. Sie reichten bis unter die Knie und waren dort durch Schnallen zusammengehalten. Dann folgten schwarze Strümpfe, die aber fast grau waren. Die Füße standen in weiten Schuhen, die große Schnallen hatten. Sie waren von starkem Leder und hatten dicke Sohlen. So angezogen stand der Mann, als sich Gruppen zu Gesprächen gebildet hatten, fast allein da, und sein Rücken berührte beinahe den Fensterpfeiler. Sein körperliches Aussehen stimmte zu seinem Anzuge. Er hatte ein längliches, sanftes, fast eingeschüchtertes Angesicht mit sehr schönen, klaren, blauen Augen. fast eingeschüchtertes Angesicht mit sehr schönen, klaren, blauen Augen. Die braunen Haare gingen schlicht gegen hinten zusammen, es zogen sich schon weiße Fäden durch sie, die anzeigten, dass er sich bereits in fünfzig Jahren nähere oder dass er Sorge und Kummer gehabt haben müsse. Nach kurzer Zeit suchte er aus einem Winkel ein spanisches Rohr hervor, das einen schwarzen Beinknopf hatte, wie die an seinen Kleidern waren, näherte sich dem Hausherrn und begann, Abschied zu nehmen. Er empfahl sich allseitig, ging zur Tür hinaus und gleich darauf sahen wir ihn durch die Kornfelder dahin wandeln, den Hügel, der das Dorf gegen Sonnenuntergang begrenzte, hinansteigen und dort gleichsam in die glänzenden Nachmittagsluft verschwinden. Ich fragte, wer der Mann wäre und erfuhr, dass er in einer armen Gegend Pfarrer sei, dass er schon sehr lange dort sei, dass er nicht wegverlange und dass er selten das Haus verlasse, außer bei einer sehr dringenden Veranlassung. Es waren seit jenem Gastmale viele Jahre vergangen und ich hatte den Mann vollständig vergessen, als mich mein Beruf einmal in eine fürchterliche Gegend rief. Nicht, dass Wildnisse, Schlünde, Abgründe, Felsen und stürzende Wässer dort gewesen wären, das alles zieht mich eigentlich an, sondern es waren nur sehr viele kleine Hügel da. Jeder Hügel bestand aus nacktem, grauem Kalksteine, der aber nicht, wie es oft bei diesem Gestein der Fall ist, zerrissen war oder steil abfiel, sondern in rundlichen, breiten Gestalten auseinanderging und an seinem Fuße eine lange, gestreckte Sandbank um sich herum hatte. Durch diese Hügel ging in großen Windungen ein kleiner Fluss namens Zirda. Das Wasser des Flusses, das in der grauen und gelben Farbe des Steines und Sandes durch den Widerschein des Himmels oft dunkelblau erschien, dann die schmalen grünen Streifen, die oft am Saume des Wassers hingingen und die anderen einzelnen Rasenflecke, die in dem Gesteine hie und da lagen, bildeten die ganze Abwechslung und Erquickung in dieser Gegend. Eines Abends, als ich von meinen Arbeiten allein nach Hause ging, weil ich meine Leute vorausgeschickt hatte, sah ich meinen armen Pfarrer auf einem Sandhaufen sitzen. Er hatte seine großen Schuhe fast in den Sand vergraben und auf den Schößen seines Rockes lag Sand. Ich erkannte ihn in dem Augenblicke. Er war ungefähr so gekleidet wie damals, als ich ihn zum ersten Male gesehen hatte. Seine Haare waren jetzt viel grauer, als hätten sie sich beeilt, diese Farbe anzunehmen. Sein längliches Angesicht hatte deutliche Falten bekommen und nur die Augen waren blau und klar wie früher. An seiner Seite lehnte das Rohr mit dem schwarzen Beinknopfe. Ich hielt in meinem Gange inne, trat näher zu ihm und grüßte ihn. Ich fragte ihn, ob er in der Gegend ansässig sei, und er antwortete, dass er 27 Jahre Pfarrer in dem Kar sei. Ich erzählte ihm, dass ich hierher gesendet worden sei, um die Gegend zu vermessen, dass ich die Hügel und Täler aufnehme und sie auf den Papieren verkleinert darzustellen und dass ich in der Hochstraße draußen wohne. Als ich ihn fragte, ob er oft hierher komme, erwiderte er, ich gehe gerne heraus, um meine Füße zu üben und sitze dann auf einem Steine, um die Dinge zu betrachten. Wir waren während dieses Gesprächs ins Gehen gekommen. Er ging an meiner Seite und wir redeten noch von manchen gleichgültigen Dingen, vom Wetter, von der Jahreszeit, wie diese Steine besonders geeignet seien, die Sonnenstrahlen einzusaugen und von anderem. Waren seine Kleider schon bei jenem Gastmale schlecht gewesen, so waren sie jetzt womöglich noch schlechter. Ich konnte mich nicht erinnern, seinen Hut damals gesehen zu haben. Jetzt aber musste ich wiederholt auf ihn hinblicken, denn es war nicht ein einziges Härchen auf ihm. Als wir an die Stelle gelangt waren, wo sein Weg sich von dem meinigen trennte und zu seinem Pfarrhofe in das K. hinabführte, nahmen wir Abschied und sprachen die Hoffnung aus, dass wir uns nun öfter treffen würden. Von nun an kam ich öfter mit dem Pfarrer zusammen. Da ich den ganzen Tag in dem Steinkar war und abends noch öfter in demselben herumschlenderte, um verschiedene Richtungen und Abteilungen kennenzulernen, da er auch zuweilen herauskam, so konnte es nicht fehlen, dass wir uns trafen. Wir kamen auch einige Male zu Gesprächen. Wenn ich mit dem Pfarrer in sein Haus ging, führte er mich nie in das obere Stockwerk, sondern er geleitete mich stets durch ein geräumiges Vorhaus in ein kleines Stüblein. Bei diesen Besuchen machte ich eine seltsame Entdeckung. Ich hatte schon in Schauendorf bemerkt, dass der arme Pfarrer immer heimlich die Handkrausen seines Hemdes in die Rockärmel zurückschiebe, als hätte er sich ihrer zu schämen. Dasselbe tat er auch jetzt immer. Ich machte daher genauere Beobachtungen und kam darauf, dass er sich seine Handkrausen keineswegs zu schämen habe, sondern dass er, wie mich auch andere Einblicke in seine Kleidung belehrten, die feinste und schönste Wäsche trug, welche ich jemals auf Erden gesehen hatte. Diese Wäsche war auch immer in der untadelhaftesten Weiße und Reinheit, wie man es nach dem Zustande seiner Kleider nie vermutet hätte. Er musste also auf die Besorgung dieses Teiles die größte Sorgfalt verwenden. Da er nie davon sprach, schwieg ich auch darüber, wie sich wohl von selber versteht. Unter diesem Verkehre ging ein Teil des Sommers dahin. Eines Tages war in den Steinen eine besondere Hitze. Ich wandelte sehr langsam durch die Hügel dahin, da sah ich den Pfarrer in den Sandlehnen daherkommen und den Himmel betrachten. Wir näherten uns und grüßten uns. Er fragte mich, wo wir heute gearbeitet hätten, und ich sagte es ihm. Hierauf gingen wir miteinander in dem Sande weiter. Nach einer Weile sagte er, es wird nicht mehr möglich sein, dass sie die Hochstraße erreichen. Wieso, fragte ich. Weil das Gewitter ausbrechen wird, antwortete er. Ich sah nach dem Himmel, die Wolkendecke war eher dichter geworden und auf allen kahlen Steinflächen, die wir sehen konnten, lag ein sehr sonderbares bleifarbenes Licht. Dass ein Gewitter kommen wird, sagte ich, war wohl den ganzen Tag zu erwarten. Allein wie bald die Dunstschichte sich verdichten, erkühlen, den Wind und die Elektrizität erzeugen und sich herabschütten wird, kann man, glaube ich, nicht ermessen. Man kann es wohl nicht genau sagen, antwortete er. Allein ich habe 27 Jahre in der Gegend gelebt und habe Erfahrungen gesammelt und nach ihnen wird das Gewitter eher ausbrechen, als man denkt und wird sehr stark sein. Ich glaube daher, dass es das Beste wäre, wenn sie mit mir in meinen Pfarrhof gingen und die Nacht heute dort zubrechten. Der Pfarrhof ist so nahe, dass wir ihn noch leicht erreichen, wenn wir auch das Gewitter schon deutlich an dem Himmel sehen. Dort sind sie sicher und können morgen an ihre Geschäfte gehen, sobald es ihnen beliebt. Ich erwiderte, dass es des Ungeachtet nicht unmöglich sei, dass aus der Dunstschichte sich auch nur ein Landregen entwickle. Er sagte, dass wenn ich bei ihm bliebe, ich nicht zu fürchten hätte, dass er sich eine Last auflege. Ich wisse, dass es bei ihm einfach sei, und es werde keine andere Anstalt gemacht werden, als die notwendig sei, dass ich die Nacht bei ihm zubringen könnte. Nachdem wir diesen Vertrag geschlossen hatten, gingen wir auf unserem Wege weiter. Plötzlich flog ein schwacher Schein um uns, unter dem die Felsen erröteten. Es war der erste Blitz gewesen, der aber stumm war und dem kein Donner folgte. Wir gingen weiter. Nach einer Weile folgten mehrere Blitze und da der Abend bereits ziemlich dunkel geworden war und da die Wolkenschichte auch einen dämmernden Einfluss ausübte, stand unter jedem Blitze der Kalkstein in rosenroter Farbe vor uns. Als wir bei dem Pfarrhofe angelangt waren, setzten wir uns noch ein wenig auf das hölzerne Bänklein, das vor dem Hause stand. Das Gewitter hatte sich nun vollständig entwickelt und stand als dunkle Mauer an dem Himmel. Nach einer Weile entstanden auf der gleichmäßigen, dunkelfarbigen Gewitterwand weiße, laufende Nebel, die in langen, wulstigen Streifen die unteren Teile der Wolkenwand säumten. Dort war also vielleicht schon Sturm, während bei uns sich noch kein Gräschen und kein Laub rührte. Solche laufende, gedunserne Nebel sind bei Gewitter oft schlimme Anzeichen. Sie verkünden immer Windausbrüche, oft Hagel und Wasserstürze. Den Blitzen folgten nun auch schon deutliche Donner. Endlich gingen wir in das Haus und erwarteten das Gewitter. Dasselbe schien nicht mehr lange ausbleiben zu wollen. Als der Pfarrer das Licht gebracht hatte, war die wenige Helle, die von draußen noch durch die Fenster hereingekommen war, verschwunden. Die Fenster standen wie schwarze Tafeln da und die völlige Nacht war hereingebrochen. Die Blitze waren schärfer und erleuchteten trotz des Kerzenlichtes bei jedem Aufflammen die Winkel des Stübleins. Die Donner wurden ernster und dringender. So blieb es eine lange Weile. Endlich kam der erste Stoß des Gewitterwindes. Der Baum, welcher vor dem Hause stand, schauerte einen Augenblick leise wie von einem kurz abgebrochenen Lüftchen getroffen. Dann war es wieder Stille. Über ein Kleines kam das Schauern abermals, jedoch länger und tiefer, nach einem kurzen Zeitraume geschah ein starker Stoß, alle Blätter rauschten, die Äste mochten zittern, nach der Art zu urteilen, wie wir den Schall herein vernahmen und nun hörte das Tönen gar nicht mehr auf. Der Baum des Hauses, die Hecken um dasselbe und alle Gebüsche und Bäume der Nachbarschaft waren in einem einzigen Brausen befangen, das nur abwechselnd abnahm und schwoll. Dazwischen schalten die Donner. Sie schalten immer schneller und auch immer heller. Doch war das Gewitter noch nicht da. Zwischen Blitz und Donner war noch eine Zeit und die Blitze, so hell sie waren, waren doch keine Schlangen, sondern nur ein ausgebreitetes allgemeines Aufleuchten. Endlich schlugen die ersten Tropfen an die Fenster. Sie schlugen stark und einzeln gegen das Glas. Aber bald kamen Genossen und in kurzem strömte der Regen in Fülle herunter. Er wuchs schnell, gleichsam rauschend und jagend und wurde endlich der Gestalt, dass man meinte, ganze zusammenhängende Wassermengen fielen auf das Haus hernieder. Das Haus dröhne unter dem Gewichte und man empfinde das Dröhnen und Ächzen herein. Kaum das Rollen des Donners konnte man vor dem Strömen des Wassers hören. Das Strömen des Wassers wurde ein zweites Donnern. Das Gewitter war endlich über unserem Haupte. Die Blitze fuhren wie feurige Schnüre hernieder und den Blitzen folgten schnell und heiser die Donner, die jetzt alles andere Brüllen besiegten und in ihren tieferen Enden und Ausläufen das Fensterglas erzittern und klirren machten. Ich war nun froh, dass ich dem Rat des Pfarrers gefolgt hatte. Ich hatte selten ein solches Gewitter erlebt. Der Pfarrer saß ruhig und einfach an dem Tische des Stübleins, und das Licht der Talgkerze beleuchtete seine Gestalt. Zuletzt geschah ein Schlag, als ob er das ganze Haus aus seinen Fugen heben und niederstürzen wollte, und gleich darauf wieder einer. Dann war ein Weilchen anhalten, wie es oft bei solchen Erscheinungen der Fall ist. Der Regen zuckte einen Augenblick ab, als ob er erschrocken wäre. Selbst der Wind hielt inne, aber es wurde bald wieder wie früher. Allein die Hauptmacht war doch gebrochen und alles ging gleichmäßiger fort. Nach und nach milderte sich das Gewitter. Der Sturm war nur mehr ein gleichartiger Wind. Der Regen war schwächer, die Blitze leuchteten blässer und der Donner rollte mattergleichsam landauswärtsgehend. Als endlich das Regnen nur ein einfaches Niederrinnen war und das Blitzen ein Nachleuchten, stand der Pfarrer auf und sagte es ist vorüber er zündete sich ein stündchen licht an und ging hinaus nach einer weile kam er wieder herein und trug auf einem essbrett mehrere dinge die zum zu dem abendmahl bestimmt waren er setzte von dem essbrett ein krügelein mit milch auf den tisch und goss aus demselben zwei Gläser voll. Dann setzte er auf einem grün glasierten Schüsselchen Erdbeeren auf und auf einem Teller mehrere Stücke schwarzen Brotes. Als Bestecke legte er auf jeden Platz ein Messer und ein kleines Löffelchen, dann trug er das Essbrett wieder hinaus. Als er hereingekommen war, sagte er, das ist unser Abendmahl, lassen Sie es sich genügen. Und als der Tisch leer war, saßen wir noch eine Zeit bei der Talgkerze und sprachen. Dann schritt der Pfarrer daran, mein Bett zu bereiten. Er trug eine große wollene Decke herein, legte sie vierfach zusammen und tat sie auf die Bank, die an der Mauer stand. Aus einer ähnlichen Decke machte er ein Kissen. Dann eröffnete er einen gelben Schrein, nahm ein Leintuch von außerordentlicher Schönheit, Feinheit und Weiße heraus, tat es auseinander und breitete es über mein Lager. tat es auseinander und breitete es über mein Lager. Als ich bei dem schwachen Scheine der Kerze die ungemeine Trefflichkeit des Linnenstückes gesehen und dann unwillkürlich meine Augen auf ihn gewendet hatte, errötete er in seinem Angesichte. Als Hülle für meinen Körper legte er eine dritte Wolldecke auf das Lager. Das ist ihr Bett, so gut ich es machen kann, sagte er. Nach diesem Gespräche verließ er das Stüblein und ich dachte, er habe sich nach seiner Schlafkammer begeben. Ich entkleidete mich daher, soweit ich es immer gewohnt bin, und legte mich auf mein Bett. Eben wollte ich das Licht, das ich auf einen Stuhl neben meinem Bette gestellt hatte, auslöschen, als der Pfarrer wieder hereintrat. Er hatte sich umgekleidet und trug jetzt grauwollene Strümpfe, grauwollene Beinkleider und eine grauwollene Jacke. Schuhe hatte er nicht, sondern er ging auf den Strümpfen. So trat er in das Stüblein. Sie haben sich schon zur Ruhe gelegt, sagte er. Ich bin gekommen, Ihnen eine gute Nacht zu sagen und dann auch den Schlaf zu suchen. Also schlummern Sie wohl, wie es auf dem Bette möglich ist. Ich werde gut schlafen, erwiderte ich, und wünsche Ihnen ein Gleiches. Da ich nun auch ruhig war, da alles in dem Pfarrhause totenstille war, da der Wind aufgehört hatte, der Regen kaum nur leise zu vernehmen war und die Blitze wie verloren nur mehr selten mit mattem Scheine das Fenster berührten, senkte sich auch auf meine Augen der Schlummer und nachdem ich die Kerze ausgelöscht hatte, vernahm ich noch einige Male das Fallen eines Tropfens an das Fenster, dann war mir es, als ob daran der schwache Aufblick eines Leuchtens geschehe, und dann war nichts mehr. Ich schlief sehr gut, erwachte spät, und es war schon völliger Tag, als ich die Augen öffnete. Der unermessliche Regen der Nacht hatte die Kalksteinhügel glatt gewaschen und sie standen weiß und glänzend unter dem Blau des Himmels und unter den Strahlen der Sonne da. Wie sie hintereinander zurückwichen, wiesen sie in zarten Abstufungen ihre gebrochenen Glanzfarben in grau, gelblich, rötlich, rosenfarbig, und dazwischen lagen die länglichen, nach rückwärts immer schöneren, luftblauen Schatten. Die Wiese vor dem Pfarrhof war frisch und grün, die Linde, die ihre älteren und schwächeren Blätter durch den Sturm verloren hatte, stand neugeboren da, und die anderen Bäume und die Büsche um den Pfarrhof hoben ihre nassen, glänzenden Äste und Zweige gegen die Sonne. Nur in der Nähe des Steges war auch ein anderes, minder angenehmes Schauspiel des Gewitters. Die Zirda war ausgetreten und setzte einen Teil der Wiese, von der ich gesagt habe, dass sie um wenig höher liegt als das Flussbett, unter Wasser. Der hohe Steg senkte sich mit seinem abwärtsgehenden Teile unmittelbar in dieses Wasser. Allein wenn man von dem Schaden absieht, den die Überschwemmung durch Anführung von Sand auf der Wiese verursacht haben mochte, so war auch diese Erscheinung schön. Die große Wasserfläche glänzte unter den Strahlen der Sonne. Sie machte zu dem Grün der Wiese und dem Grau der Steine den dritten stimmenden und schimmernden Klang. Und der Steg stand abenteuerlich wie eine dunkle Linie über dem silbernen Spiegel. Der Pfarrer zeigte mir mehrere Stellen sehr entfernter Gegenden, die man sonst nicht sehen konnte, die aber deutlich in der gereinigten Luft wie klare Bilder zu erblicken waren. Nachdem wir eine kleine Zeit das Morgenschauspiel, das die Augen unwillkürlich auf sich gezogen hatte, betrachtet hatten, brachte der Pfarrer kalte Milch und schwarzes Brot zum Frühmahlen. Wir verzehrten beides und ich schickte mich dann zum Fortgehen an. Ich nahm mein Fach und meine Tasche mit dem Lederriemen über die Schulter, nahm meinen Stab von der Ecke neben dem gelben Schreine, nahm meinen weißen Wanderhut und sagte dem Pfarrer herzlichen Dank für meine Beherbergung während des starken Gewitters. Wir nahmen Abschied und versprachen, uns bald wiederzusehen. Ich trat in die kühle, reine Luft und auf die nasse Wiese hinaus. und auf die nasse Wiese hinaus. Ich ging nicht auf meinem eigentlichen Wege, sondern ich schlug die Richtung gegen die Zirda ein, weil ich sehen wollte, welche Wirkungen ihr Austritt hervorgebracht hatte und welche Veränderungen er in der unmittelbaren Nähe eingeleitet haben möge. Als ich eine Weile vor dem Wasser stand und sein Walten betrachtete, ohne dass ich eben andere Wirkungen als den bloßen Austritt wahrnehmen konnte, so erlebte ich plötzlich ein Schauspiel, welches ich bisher nicht gehabt hatte und bekam eine Gesellschaft, die mir bisher in dem Steinlande nicht zuteil geworden war. Außer meinen Arbeitern, mit denen ich so bekannt war und die mit mir so bekannt waren, dass wir uns wechselweise wie Werkzeuge vorkommen mussten, hatte ich nur einige Menschen in meinem Gasthause, manchen Wanderer auf dem Wege und den armen Pfarrer in den Gesteinen gesehen. Jetzt sollte es anders werden. Als ich hinblickte, sah ich von dem jenseitigen Ufer, welches höher und nicht überschwemmt war, einen lustigen, fröhlichen Knaben über den Steg daherlaufen. Als er gegen das Ende des Steges kam, welches sich in das Überschwemmungswasser der Zirrda hinabsenkte, kauerte er sich nieder und so viel ich durch mein Handfernrohr wahrnehmen konnte, nestelte er sich nieder, und soviel ich durch mein Handfernrohr wahrnehmen konnte, nestelte er sich die Schuhriemen auf und zog Schuhe und Strümpfe aus. Allein, nachdem er beides ausgezogen hatte, ging er nicht in das Wasser herab, wie ich vermutet hatte, sondern blieb an der Stelle. Gleich darauf kam ein zweiter Knabe und tat dasselbe. Dann kam ein barfüßiger, der auch stehen blieb. Dann mehrere andere. Endlich kam ein ganzer Schwarm Kinder über den Steg gelaufen und als sie gegen das Ende desselben gekommen waren, duckten sie sich nieder, gleichsam wie ein Schwarmvögel, der durch die Luft geflogen kommt und an einer kleinen Stelle einfällt und ich konnte unschwer wahrnehmen, dass sie sämtlich damit beschäftigt waren, Schuhe und Strümpfe auszuziehen. Als sie damit fertig waren, ging ein Knabe über den Steg herab und behutsam in das Wasser. Ihm folgten die anderen. Sie nahmen auf ihre Höschen keine Rücksicht, sondern gingen damit tief in das Wasser und die Röckchen der Mädchen schwammen um ihre Füße in dem Wasser herum. Zu meinem Erstaunen erblickte ich jetzt auch mitten im Wasser eine größere, schwarze Gestalt, die niemand anderer als der arme Pfarrer im Kar war. Er stand fast bis auf die Hüften im Wasser. Ich hatte ihn früher nicht gesehen und auch nicht wahrgenommen, wie er hineingekommen war, weil ich mit meinen Augen immer weiterhin gegen den Steg geblickt hatte und sie erst jetzt mehr nach vorn richtete, wie die Kinder gegen meinen Standpunkt heranschritten. Alle Kinder gingen gegen den Pfarrer zu, und nachdem sie eine Weile bei ihm verweilt und mit ihm gesprochen hatten, traten sie den Weg gegen das Ufer an, an dem ich stand. hatten, traten sie den Weg gegen das Ufer an, an dem ich stand. Da sie ungleich vorsichtig auftraten, so zerstreuten sie sich im Hergehen durch das Wasser, erschienen wie schwarze Punkte auf der glänzenden Fläche und kamen einzeln bei mir an. Da ich sah, dass keine Gefahr in dem überall seichten Überschwemmungswasser vorhanden sei, blieb ich auf meiner Stelle stehen und ließ sie ankommen. Die Kinder kamen heran und blieben bei mir stehen. Sie sahen mich anfangs mit trotzigen und scheuen Angesichtern an. Es war leicht zu erraten, auf welchem Wege sie sich befanden, da sie sämtlich an ledernen oder leinernen Bändern ihre Schultaschen um ihre Schultern gehängt hatten. oder leinenden Bändern ihre Schultaschen um ihre Schultern gehängt hatten. Weil aber auch ich meine Tasche und mein Fach an einem ledernen Riemen um meine Schultern trug, so mochte es ein lächerlicher Anblick gewesen sein, mich gleichsam wie ein großes Schulkind unter den Kleinen stehen zu sehen. Ich fragte sie, woher sie kämen, und erhielt zur Antwort, dass sie aus den K-Häusern und Steinhäusern seien und dass sie in die Schule in das K gehen. Als ich sie fragte, warum sie auf dem Stege zusammengewartet hätten und nicht einzeln, wie sie gekommen wären, in das Wasser gestiegen seien, sagten sie, weil die Eltern befohlen hätten, sie sollten sehr vorsichtig sein und nicht allein, sondern alle zusammen in das Wasser gehen, wenn ein solches Jenseits des Steges auf der Zirderwiese sei. Wenn aber das Wasser auf der Wiese so tief wäre, dass es über das Haupt eines großen Menschen hinaus ginge, fragte ich, so kehren wir wieder um, antworteten sie. Wenn aber das Wasser mit Gewalt daher käme, wenn ihr bereits über den Steg gegangen wäret und euch auf der Wiese befindet, was tätet ihr dann? Das wissen wir nicht. Ich fragte sie, ob ihnen die Eltern auch aufgetragen hätten, die Schuhe und Strümpfe zu schonen. Erhielt die Antwort ja und bewunderte die Unfolgerichtigkeit, indem sie die trockenen Schuhe und Strümpfe in den Händen hielten und mit bitterlich nassen Höschen und Röckchen vor mir standen. Ich fragte sie, was sie in dem Winter täten. Da gehen wir auch herüber, sagten sie. Wenn aber Schneewasser auf der Wiese ist, da ziehen wir die Schuhe nicht aus, sondern gehen mit ihnen durch. Und wenn der Steg eisig ist, da müssen wir Acht geben. Und wenn außerordentliches Schneegestöber ist, das macht nichts. Und wenn ungeheuer viel Schnee liegt und kein Weg ist, dann bleiben wir zu Hause. In diesem Augenblicke kam der Pfarrer mit den letzten Kindern gegen mich heran. Es war auch Zeit, denn die Kinder waren bereits so zutraulich geworden, dass mir ein winzig kleiner Knabe, der den Grund und Anfang aller Wissenschaften auf einem kleinen Papptäfelchen trug, seine Buchstaben aufsagen wollte. Die nassen Kinder drängten sich um den nassen Pfarrer. Sie küssten ihm die Hand, sie redeten mit ihm, er redete mit ihnen, oder sie standen da und sahen zutraulich zu ihm hinauf. Ich rief den Kindern zu, sie sollten recht fleißig sein. Sie riefen zurück, ja, ja, und gingen mit dem Pfarrer davon. Ich sah die Gestalt des Pfarrers unter dem Kinderhaufen über die nasse Wiese der K-Schule zugehen, wendete mich dann auch und schlug den Weg in meine Steine ein. Die Zeit meiner Arbeiten in jener Gegend zog sich in die Länge. Die Steinnester jener unwirtlichen Landschaften setzten uns solche Hindernisse entgegen, dass wir Aussicht hatten, doppelt so viel Zeit zu brauchen, als auf einem gleichen Flächenraume einer gezähmten und fruchtbaren Gegend. Da ich nun öfter zu dem Pfarrer kam, so wurde ich es so gewöhnt, abends ein wenig mit ihm zu plaudern, dass ich es nach und nach alle Tage tat. Ich ging nach meiner Tagesarbeit aus dem Steinkahr über die Wiese in den Pfarrhof und verrichtete meine Hausarbeit später bei Licht in meiner Hütte. Eines Tages sagte er, er hätte eine Bitte an mich. Als ich ihm erwiderte, dass ich ihm sehr gerne jeden Dienst erweise, der nur immer in meiner Macht stehe, dass er nur sagen solle, was er wolle, ich würde es gewiss tun, antwortete er, ich muss Ihnen, ehe ich meine Bitte ausspreche, erst etwas erzählen. Wir waren zwei Brüder, Zwillinge. Die Mutter hatte bei unserer Geburt ihr Leben verloren. Da wir größer geworden waren, bekamen wir einen Lehrer, der bei uns in dem Hause wohnte. Es wurden ihm zwei schöne Zimmer hergerichtet, die sich neben unserer Stube befanden und mit dieser Stube den ganzen Hinternteil des Flügels ausmachten, der den Namen Gartenflügel führte. Wir lernten von ihm, was alle Kinder zu Anfang ihres Lernens vornehmen müssen, Buchstaben kennen, lesen, rechnen, schreiben. Der Bruder war viel geschickter als ich. Er konnte sich die Buchstaben merken, er konnte sie zu Silben verbinden, er konnte deutlich und in Absätzen lesen. Ihm kam in der Rechnung immer die rechte Zahl und seine Buchstaben standen in der Schrift gleich und auf der nämlichen Linie. Bei mir war das anders. So vergingen mehrere Jahre. Bei mir war das anders. So vergingen mehrere Jahre. Da die Zeit vorüber war, welche der Vater zur Erlernung dieser Dinge bestimmt hatte, sagte er, dass wir jetzt unser Gewerbe lernen müssten, dass er uns nach seinem Tode übergeben würde und dass wir gemeinsam so ehrenwert und ansehnlich fortzuführen hätten, wie es unsere und seine Vorfahren getan hätten. Aber plötzlich starb unser Vater. Mein Schreck war fürchterlich. Nach einigen Tagen wurde das Testament eröffnet und in demselben stand, dass wir beiden Brüder als Erben eingesetzt seien und uns das Geschäft gemeinschaftlich zugefallen sei. Der Bruder sagte mir nach einiger Zeit, dass die ganze Last des Geschäftes nun auf unseren Schultern liege, und ich eröffnete ihm hierbei, dass ich das Lateinische, Griechische, die Naturgeschichte, die Erdbeschreibung und die Rechenkunst, worin ich damals, als wir unterrichtet wurden, geringe Fortschritte gemacht hatte, nachgelernt hätte und dass ich jetzt beinahe vollkommen in diesen Dingen bewandert wäre. Er aber antwortete mir, dass Lateinisch, Griechisch und die übrigen Fächer zu unserem Beruf nicht geradehin notwendig seien und dass ich zu spät diese Mühe verwendet hätte. Er versprach aber, dass er sich so annehmen werde, wie es in seinen Kräften möglich sei und dass er mir über annehmen werde, wie es in seinen Kräften möglich sei und dass er mir überlasse zu tun, wie es mir gefalle, dass ich Einsicht nehmen könne, dass ich mithelfen könne, dass ich noch lernen könne und dass mein Teil mir aber in jedem Falle unverkümmert bewahrt werden solle. Ich fuhr nun mit dem Lernen fort. Der Bruder leitete den ganzen Umfang des Geschäftes. Nach einem Vierteljahre brachte er mir eine Summe Geldes und sagte, das seien die Zinsen, welche mir von meinem Anteil an der Erbschaft, die er in dem Gewerbe tätig sei, gebühren. Er sagte, dass er mir alle Vierteljahre diese Summe einhändigen werde. Er fragte mich, ob ich zufrieden sei, und ich antwortete, dass ich sehr zufrieden sei. So war ich vollständig ein Bewohner des hinteren Gartenflügels geworden, durfte es bleiben und konnte mich mit gutem Gewissen meinen Bestrebungen hingeben. An unseren hinteren Gartenteil stieß ein zweiter Garten, der aber eigentlich kein Garten, sondern mehr ein Anger war. Hart an einem Eisengitter unseres Gartens ging der Weg vorüber, der in dem fremden Garten war. Ich sah in jenem Garten immer sehr schöne weiße Tücher und andere Wäsche auf langen Schnüren aufgehängt. Ich blickte oft, teils aus meinen Fenstern, teils durch das Eisengitter, wenn ich eben in dem Garten war, darauf hin. Wenn sie trocken waren, wurden sie in einen Korb gesammelt, während eine Frau dabei stand und es anordnete. Dann wurden wieder Nasse aufgehängt, nachdem die Frau die zwischen Pflöcken gespannten Schnüre mit einem Tuche abgewischt hatte. die zwischen Pflöcken gespannten Schnüre mit einem Tuche abgewischt hatte. Diese Frau war eine Witwe. Sie mietete das Gärtchen, das an unseren Garten stieß. Sie mietete auch das kleine Häuschen, welches in dem Garten stand. Mit dem Gelde, das ihr ihr Gatte hinterlassen hatte, richtete sie nun das Häuschen und den Garten dazu ein, dass sie für die Leute, welche ihr das Vertrauen schenken würden, Wäsche besorgte, feine und jede andere. Diese Frau hatte auch ein Töchterlein, ein Kind. Nein, es war doch kein Kind mehr. Ich wusste eigentlich damals nicht, ob es noch ein Kind sei oder nicht. Das Töchterlein hatte sehr feine, rote Wangen. Es hatte feine, rote Lippen, unschuldige Augen, die braun waren und freundlich um sich schauten. Über die Augen hatte es Lider, die groß und sanft waren und von denen lange Wimpern niedergingen, die zart und sitzsam aussahen. Die dunklen Haare waren von der Mutter glatt und reingescheitelt und lagen schön an dem Haupte. Das Mädchen trug manchmal ein längliches Körbchen von feinem Rohre. Über dem Körbchen war ein weißes, sehr feines Tuch gespannt und in dem Körbchen mochte ganz auserlesene Wäsche liegen, welche das Kind zu einer oder der anderen Frau zu tragen hatte. Ich sah es gar so gerne an. Manchmal stand ich an dem Fenster und sah auf den Garten hinüber, in welchem immer ohne Unterbrechung, außer wenn es Nacht wurde oder schlechtes Wetter kam, Wäsche an den Schnüren hing, und ich hatte die weißen Dinge sehr lieb. Da kam zuweilen das Mädchen heraus, ging auf dem Anger hin und wieder und hatte mancherlei zu tun. Oder ich sah es, obwohl das Häuschen sehr unter Zweigen versteckt war, an dem Fenster stehen und lernen. Ich wusste bald auch die Zeit, an welcher es die Wäsche forttrug. Und da ging ich manchmal in den Garten hinunter und stand an dem eisernen Gitter. Da der Weg an dem Gitter vorüberging, musste das Mädchen an mir vorbeikommen. Es wusste recht wohl, dass ich da stehe, denn es schämte sich immer und nahm sich im Gange zusammen. Eines Tages, da ich die Wäscheträgerin von Ferne kommen sah, legte ich schnell einen sehr schönen Pfirsich, den ich zu diesem Zwecke schon vorher gepflückt hatte, durch die Öffnung der Gitterstäbe hinaus auf ihren Weg und ging in das Gebüsche. Ich ging so tief hinein, dass ich sie nicht sehen konnte. Als schon so viel Zeit vergangen war, dass sie lange vorübergekommen sein musste, ging ich wieder hervor, allein der Pfirsich lag noch auf dem Wege. Ich wartete nun die Zeit ab, wann sie wieder zurückkommen würde, aber da sie schon zurückgekommen war und ich nachsah, lag der Pfirsich noch auf dem Wege. Ich nahm ihn wieder herein. Das Nämliche geschah nach einer Zeit noch einmal. Beim dritten Male blieb ich stehen, als der Pfirsich mit seiner sanften roten Wange auf dem Sande lag und sagte, da sie in die Nähe kam, nimm ihn. Sie blickte mich an, zögerte ein Weilchen, bückte sich dann und nahm die Frucht. Ich weiß nicht mehr, wo sie dieselbe hingesteckt hatte, aber das weiß ich gewiss, dass sie sie genommen hatte. Nach Verlauf von einiger Zeit tat ich dasselbe wieder und sie nahm wieder die Frucht. So geschah es mehrere Male und endlich reichte ich ihr den Pfirsich mit der Hand durch das Gitter. Zuletzt kamen wir auch zum Sprechen. Was wir gesprochen haben, weiß ich nicht mehr. Es muss gewöhnliches Ding gewesen sein. Wir nahmen uns auch bei den Händen. gewöhnliches Ding gewesen sein. Wir nahmen uns auch bei den Händen. Mit der Zeit konnte ich nicht mehr erwarten, wenn sie mit dem Körbchen kam. Ich stand allemal an dem Gitter. Sie blieb stehen, wenn sie zu mir gekommen war und wir redeten miteinander. Einmal bat ich sie, mir die Dinge in dem Körbchen zu zeigen. Sie zog den lehnenden Deckel mit kleinen Schnürchen auseinander und zeigte mir die Sachen. Da lagen Krausen, feine Ärmel und andere geglättete Dinge. Sie nannte mir den Namen und als ich sagte, wie schön das sei, erwiderte sie, freilich ist es schön. Meine Mutter sagt, die Wäsche ist nach dem Silber das erste Gut in einem Hause. Sie ist auch feines weißes Silber und kann, wenn sie unrein ist, immer wieder zu feinem weißem Silber gereinigt werden. Sie gibt unser vornehmstes und nächstes Kleid. Von diesem Augenblick an begann ich von dem Gelde, welches mir der Bruder alle Vierteljahre zustellte, sehr schöne Wäsche anzuschaffen und mir alle Arten silberne Hausgeräte zu kaufen. Einmal, da wir so beieinander standen, kam die Mutter in der Nähe vorüber und rief, Johanna, schäme dich. Wir schämten uns wirklich und liefen auseinander. Mir brannten die Wangen vor Scham und ich wäre erschrocken, wenn mir jemand im Garten begegnet wäre. Von der Zeit an sahen wir uns nicht mehr an dem Gitter. Ich ging jedes Mal in den Garten, wenn sie vorüberkam, aber ich blieb in dem Gebüsche, dass sie mich nicht sehen konnte. Sie ging mit geröteten Wangen und mit niedergeschlagenen Augen vorüber. Nach geraumer Zeit sah ich das Mädchen lange nicht an dem eisernen Gitter vorübergehen. Ich getraute mir nicht zu fragen und als ich endlich doch fragte, erfuhr ich, dass es in eine andere Stadt gegeben worden sei und dass es die Braut eines fernen Anverwandten werden würde. Ich meinte damals, dass ich mir die Seele aus dem Körper weinen müsse. Aber nach einer Zeit ereignete sich etwas Furchtbares. Unser schönes Haus mit seinem hinteren Flügel und unser schöner Garten war verloren. Der Bruder wollte mir nichts entdecken, damit ich mich nicht kränkte. Er gedachte, es noch vorüberzuführen. Allein da der Verkauf unseres Hauses zu sofortiger Deckung der Wechselschulden angeordnet wurde, konnte er es mir nicht mehr verbergen. Er kam auf meine Stube und sagte mir alles. Ich gab ihm das Geld, das ich hatte. Er sagte, dass das nicht reiche, und er weigerte sich, es anzunehmen. Ich weiß nicht, welche andere Schläge noch kamen, aber auch die Aussicht, noch ein kleines Geschäft einzuleiten und uns nach und nach wieder empor zu schwingen, war in kurzer Zeit vereitelt. Mein Bruder, welcher unverheiratet war, grämte sich so sehr, dass er in ein Fieber verfiel und starb. sehr, dass er in ein Fieber verfiel und starb. Ich hatte den Gedanken gefasst, ein Verkünder des Wortes des Herrn, ein Priester zu werden. Ich nahm meine Zeugnisse und Schriften zusammen, ging in die Priesterbildungsanstalt und bat beklemmt um Aufnahme. Sie wurde mir gewährt. Von den Pfarrern lernte ich in geistlichen und weltlichen Eigenschaften. Als eine solche Reihe von Jahren vergangen war, dass man es mir nicht mehr zu arg deuten konnte, wenn ich um eine Pfarre ein käme, bat ich um die jetzige und erhielt sie. Ich bin nun über 27 Jahre hier und werde auch nicht mehr weggehen. Meine Pfarrkinder sind gut, sie haben sich manchem meiner lehrenden Worte nicht verschlossen und werden sich auch ferner nicht verschließen. Dann habe ich noch einen anderen, weltlicheren und einzelneren Grund, weshalb ich an dieser Stelle bleibe. Sie werden denselben schon einmal später erfahren, wenn sie nämlich die Bitte, die ich an sie stellen will, erhören. Ich komme nun zu dieser Bitte, aber ich muss noch etwas sagen, ehe ich sie ausspreche. Ich habe zu einem Zwecke in diesem Pfarrhofe zu sparen angefangen. Der Zweck ist kein schlechter. Er betrifft nicht bloß ein zeitliches Wohl, sondern auch ein anderes. Ich sage Ihnen jetzt nicht, er wird schon einmal kund werden, aber ich habe, um seinetwillen zu sparen, begonnen. Ich habe mein Testament bei dem Gerichte zu Karsberg in dem Schlosse niedergelegt. Da wäre nun meine Bitte, dass Sie eine Abschrift in Ihre Hände nehmen und aufbewahrten. dass sie eine Abschrift in ihre Hände nehmen und aufbewahrten. Es ist alles nur zur Vorsicht, wenn das gerichtlich Niedergelegte verloren gehen sollte. Das Testament ist zugesiegelt und den Inhalt werden sie nach meinem Tode erfahren, wenn sie nämlich nicht abgeneigt sind, meine Bitte zu erfüllen. Ich sagte dem Pfarrer, dass ich mit Freuden in seinen Wunsch eingehe, dass ich das Papier so sorgfältig bewahren wolle, wie meine eigenen besten Sachen, deren Vernichtung mir unersetzlich wäre, dass ich allen seinen Weisungen gerne nachkommen wolle. Die Zeit nach der Erzählung des Pfarrers ging mir in meinem Steingewirre dahin, wie sie mir vorhin dahin gegangen war. Wir maßen und arbeiteten und zeichneten. Wie aber endlich alles ein Ende nimmt, so war es auch mit unserem langen Aufenthalte im Steinkar. Eines sehr seltsamen Gefühles muss ich Erwähnung tun, das ich damals hatte. Es ergriff mich nämlich beinahe eine tiefe Wehmut, als ich von der Gegend schied, welche mir, da ich sie zum ersten Mal betreten hatte, abscheulich erschienen war. Viele Jahre gingen vorüber und der Wunsch des Pfarrers, dass ihn Gott seines Zweckes willen lange leben lassen möchte, schien in Erfüllung gehen zu wollen. Alle Jahre bekam ich mehrere Briefe von ihm, die ich regelmäßig beantwortete und die regelmäßig im nächsten Jahre wieder anlangten. Nur eins glaubte ich zu bemerken, dass die Buchstaben nämlich etwas zeigten, als zittere die Hand. Nach langen Jahren kam einmal ein Brief von dem Schullehrer. In demselben schrieb er, dass der Pfarrer erkrankt sei, dass er von mir rede. Da der Schullehrer zwei weitere Briefe geschrieben hatte, in denen er sagte, dass mit dem Pfarrer keine Veränderung vorgegangen sei, kam ein Dritter, der meldete, dass derselbe nach Empfang der heiligen Sterbe Sakramente verschieden sei. Ich machte mir Vorwürfe, setzte jetzt alles beiseite und machte mich reisefertig. Als man die Frist zur Eröffnung des Testamentes anberaumt hatte, begab ich mich nach Karsberg und verfügte mich zur festgesetzten Stunde in den Gerichtssaal. und verfügte mich zur festgesetzten Stunde in den Gerichtssaal. Nach herkömmlicher Art wurde nun das gerichtlich niedergelegte Testament zuerst eröffnet und gelesen. Dann folgte das von mir Übergebene. Es lautete Wort für Wort wie das erste. Der Inhalt des Testamentes aber überraschte alle. Die Worte des Pfarrers lauten so. Wie ein jeder Mensch außer seinem Amte und seinem Berufe noch etwas findet oder suchen soll, das er zu verrichten hat, damit er alles tue, was er in seinem Leben zu tun hat, so habe auch ich etwas gefunden, was ich neben meiner Seelsorge verrichten muss. Ich muss die Gefahr der Kinder der Steinhäuser und K-Häuser aufheben. Die Zirda schwillt oft an und kann dann ein reißendes Wasser sein, das in Schnelle daherkommt, wie es ja in den ersten Jahren meiner Pfarre zweimal durch Wolkenbrüche alle Stege und Brücken weggenommen hat. Damit diese Gefahr in der Zukunft aufhöre, habe ich zu sparen begonnen und verordne wie folgt. Von der Geldsumme, welche nach meinem Tode als mein Eigentum gefunden wird, vermehrt um die Geldsumme, welche aus dem Verkaufe meiner Hinterlassenen habe, entsteht, soll in der Mitte der Schulkinder, der Steinhäuser und K-Häuser, ein Schulhaus gebaut werden. Dann soll ein solcher Teil der Geldsumme auf Zinsen angelegt werden, das durch das Erträgnis die Lehrer der Schule erhalten werden können. Die Summe, welche der Pfarrer erspart hatte und die, welche aus der Versteigerung seines Nachlasses gelöst worden war, waren zusammengenommen viel zu klein, als dass eine Schule daraus hätte gegründet werden können. Sie waren zu klein, um nur ein mittleres Haus, wie sie in jener Gegend gebräuchlich sind, zu bauen, geschweige denn ein Schulhaus mit den Lehrzimmern und den Lehrerswohnungen, ferner den Gehalt der Lehrer festzustellen und den früheren Lehrer zu entschädigen. Es lag das in der Natur des Pfarrers, der die Weltdinge nicht verstand, aber wie das Böse stets in sich selber zwecklos ist und im Weltplane keine Wirkung hat, das Gute aber Früchte trägt, wenn es auch mit mangelhaften Mitteln begonnen wird, so war es auch hier. Gott bedurfte zur Krönung dieses Werkes des Pfarrers nicht. Als die Sache mit dem Testamente und dessen Unzulänglichkeit bekannt wurde, traten gleich die Wohlhabenden und Reichen in dem Umkreise zusammen und unterschrieben in kurzem eine Summe, die hinlänglich schien, alle Absichten des Pfarrers vollziehen zu können. Und sollte noch etwas nötig sein, so erklärte jeder, dass er eine Nachzahlung leisten würde. Ich habe auch mein Schärflein dazu beigetragen. War ich das erste Mal mit Wehmut von der Gegend geschieden, so flossen jetzt Tränen aus meinen Augen, als ich die einsamen Steine verließ. Jetzt, da ich rede, steht die Schule längst in den Steinhäusern und K-Häusern. Sie steht in der Mitte der Schulkinder auf einem gesunden und luftigen Platze. Applaus Wir danken von ganzem Herzen für die liebenswürdigen Worte und für die großartige Lesung und nun bitten wir zu feiern. Applaus