Sehr geehrte Damen und Herren, liebes literaturinteressierte Publikum, es freut uns Ihnen am heutigen Abend die neue Porträtrampe vorstellen zu dürfen, die dieses Jahr der Autorin und Landeskulturpreisträgerin Andrea Winkler gewidmet ist. Zunächst möchte ich die Porträtierte selbst, Andrea Winkler, begrüßen. Herzlich willkommen, liebe Andrea. Andrea Winkler hat das Entstehen dieses Bandes von Anbeginn an begleitet, einerseits durch die Nennung möglicher BeiträgerInnen und nicht zuletzt durch die Zurverfügungstellung von Fotografien, Texten vor allem und Notaten. Ebenso begrüße ich auch den Herausgeber des Porträts, Dr. Manfred Müller. Herzlich willkommen, lieber Manfred. Applaus Dr. Manfred Müller. Herzlich willkommen, lieber Manfred. Manfred Müller hat das Konzept des Bandes ersonnen und mit sehr viel Sorgfalt die Autorinnenbeiträge lektoriert und auch eigene Texte beigesteuert, ein Vorwort und eine Laudatio, eine Buchkritik und eine sehr ausführliche Bibliografie. Ebenfalls begrüßen möchte ich Gertrude Blöchel. Herzlich willkommen, liebe Gerti. Gerti Blöchel hat wie gewohnt mit sehr viel Genauigkeit und Umsicht und Sorgfalt die Beiträge in ein sehr schönes grafisches Layout gesetzt und wie immer in allen drucktechnischen und grafischen Fragen ein sehr sicheres Gespür gezeigt. Also herzlich willkommen auch dir noch mal. Weiters möchte ich die heute anwesenden BeiträgerInnen begrüßen. Das sind neben den heute Vortragenden also Nicole Streitler-Kastberger, Thomas Stangel, der schon genannten Andrea Winkler, Cornelius Hell, Christian Steinbacher, Gabriele Wild und Hedwig Wingler. Ich hoffe, ich habe sonst niemanden vergessen. Also Ihnen allen herzlichen Willkommen. Ah, Entschuldige, Helmut, ihr habt mich erst jetzt gesehen. Also Helmut Neundlinger, herzlich willkommen euch allen. Ihnen allen. In Andrea Winkles Büchern bleibt vieles offen. Eine klassische Erzählung, streng festgemacht an Zeit, Ort und Handlung, darf nicht erwartet werden. Der Leser und die Leserin werden durch den Text geleitet wie Wanderer im Nebel. Einem matten Lichtschein folgend passieren sie Engstellen und Täler, geraten in den Sog einiger Sätze, die ihnen kurz Rast und Wärme schenken und machen sich dann wieder auf ins Ungewisse. Der Text gibt gerade so viel Stoff oder Erdung, um nicht ganz den Weg zu verlieren, und gleichzeitig vermeidet er geflissentlich Festlegung und Zuschreibung. Hier wird nichts auserzählt. Das Geheimnis der Erzählung bleibt gewahrt, in Sprache ver- und geborgen. Viele Annäherungen an Texte von Andrea Winkler gibt es aber natürlich in der neuen Rampe, und ich freue mich sehr, liebe Andrea, dass ich dir die dir nun gewidmete, druckfrische Ausgabe der Rampe überreichen darf. Ich übergebe nun das Wort an den Herausgeber, Manfred Müller, der die Rampe ausführlicher vorstellen wird. Einen schönen guten Abend. Ich freue mich immer besonders, wenn ich am einzigen Pult stehe, das ich kenne, dass man mit Knopfdruck Hörstellen kann. Das ist super. Pult stehe, dass ich kenne, dass er mit Knopfdruck Hörstellen kann. Das ist super. Ja, vielen Dank für die nette Einleitung und Einladung und Begrüßung. Ich freue mich sehr, dass so viele aus diesem Band heute hier sind. Ich freue mich sehr, dass der Band so schön geworden ist. Ich sehe ihn auch gerade zum ersten Mal jetzt da. Toll. Ja, am Beginn steht der Dank, haben Sie eh schon gemerkt, der Dank dafür, dass die Arbeit eine so angenehme war an dieser Rampe. Und dieser Dank gilt natürlich wie immer vor allem all dem Stifterhaus. Petra Maria Dallinger, die ich jetzt gesehen habe, vorher jetzt gerade nicht. Claudia Lehner vor allem. Ich danke Gerti Blöchel für diese wunderschöne Grafik, auch schöne Rampe, wie sie geworden ist. Ich danke allen, die in diesem Heft beteiligt sind, allen, die dafür gesorgt haben, dass es gelungen ist. Und ich danke vor allem Andrea Winkler, die eben von Anfang an dabei war, von Anfang an involviert war und auf alle Fragen bereitwilligst geantwortet hat. Andrea Winkler schreibt eine Literatur, die eine kleine, stille Revolte ist. Sie preist die Einfachheit, sie preist die Neugierde, die unbedingte Offenheit gegenüber der Welt, das kleine Glück als radikalen Gegensatz zur allgegenwärtigen rechnerischen Logik. Sie preist die Menschen, die es schaffen, noch zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Sie preist das Beobachten als ein Suchen nach dem Besonderen, das nicht übersehen werden darf. nach dem Besonderen, das nicht übersehen werden darf. Allzu Gewohntes gehört dazu, dass durch unzählige Begegnungen und Ansichten nicht mehr in seiner Außerordentlichkeit wahrgenommen wird. Langsames gehört dazu, dass in der Geschwindigkeit übersehen wird. Randständiges gehört dazu, dass zu weit weg angesiedelt ist von der Mitte, in der sich alle drängen. Das Beobachten, das Fragen, das Missverstehen von Andrea Winklers Figuren ist auch ein Negieren des Gewöhnens, ein Nichtzulassen des Alltags. tags. Abseits davon, in der Ruhe des einzelnen Augenblicks, ist das Wichtige, das Neue, vielleicht sogar etwas Echtes zu finden, dem die Figuren auf die Spur kommen möchten. Das Suchen danach macht sie zu Außenseitern, zu widerborstigen kindlichen Trotzköpfen, zu naiven Hindernissen in einer Welt, in der sich alle zu schnell fortbewegen, zu viel wissen und neben ihren Zielen auf das vergessen, was sie umgibt. Und Andrea Winkler preist die Literatur als einen eigenständigen und eigenen Gesetzen unterworfenen Ort, der aus einer solchen und für eine solche wunderbare Behutsamkeit, Naivität, Trotzigkeit entstanden ist. Vielen dieser Facetten in Andrea Winklers Werk wird in dieser Rampe nachgegangen, auf die unterschiedlichste Art und Weise. nachgegangen auf die unterschiedlichste Art und Weise. 26 Autoren und Autorinnen sind vertreten, wenn ich jetzt Andrea und mich wegrechne. Der Bogen reicht dabei von zentralen Figuren der Literaturkritik wie Wendelin Schmidt-Engler unter anderem bis hin zu bedeutenden Autorinnen und Autoren wie beispielsweise einem Ferdinand Schmatz oder einem Peter Waterhaus. Die Texte all dieser Beiträgerinnen und Beiträger sind auf vier Abschnitte verteilt. Dazwischen findet sich jeweils ein kleiner Block mit Texten Andrea Winklers. Sie tritt auf als Prosa-Autorin, als genaue Leserin und auch Analytikerin, Kafka's ganz speziell, aber auch als Schreiberin sehr lustvoller Feuilleton-Texte. im ersten Abschnitt mit Harald Klaus, der ebenfalls hier ist, und Brigitte Schwenz-Harrant, aus vier Laudationes im zweiten Abschnitt, gehalten zwischen 2009 und 2022, aus zahlreichen Rezensionen zu allen literarischen Büchern von Andrea Winkler im dritten Abschnitt und aus genauen Lektüren, essayistischen und literaturwissenschaftlichen Annäherungen im vierten Abschnitt. Es ist, glaube ich, ein wirklich schöner Überblick und eine ziemlich gute Annäherung geworden, wenn man alles zusammenliest, an eine der genauesten, eine der interessantesten Autorinnen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Da musst du durch. Ich darf jetzt eine Autorin und einen Autor kurz vorstellen und dann auch auf die Bühne bitten, die in diesem Heft vertreten sind und die gleich aus ihren Beiträgen lesen werden. Es sind ganz unterschiedliche Texte, die trotzdem sehr gut zusammenpassen. Ein analytischer literaturwissenschaftlicher Blick auf die frühe Prosa Andrea Winklers von Nicole Streitler-Castberger und eine ganz genaue Lektüre zentraler Passagen aus Andrea Winklers Werk von Thomas Stangl. Nicole Streitler-Kastberger ist in Dornbirn geboren, ist also eigentlich Vorarlbergerin, hat in Wien studiert, lebt heute in Graz vor allem, aber auch noch in Wien, ist Germanistin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Franz-Nabel-Institut in Graz und hat zu verschiedensten Themen gearbeitet. Über Robert Musil als Kritiker hat sie ihre Dissertation geschrieben. Sie ist Mitarbeiterin an der Oeden von Horvath-Gesamtausgabe, die vor einem Jahr abgeschlossen wurde, und vieles anderes mehr. Und sie ist Autorin, so ist etwa im Jahr 2020 ihr 2020 ihr letzter Roman erschienen mit dem Titel Kleeblatt. Thomas Stangel, der gleich danach auf die Bühne kommen wird und seinen Text lesen, ist in Wien geboren und lebt als freier Autor dort. Er ist ein Autor, der zahlreiche Preise und Auszeichnungen für sein Werk erhalten hat. Ich nenne jetzt nur den Friedpreis 2011, den österreichischen Kunstpreis für Literatur, der noch gar nicht so lang so heißt, oder mittlerweile eh schon wieder anders, glaube ich, Outstanding Artist oder so, und den Bremer Literaturpreis 2023 bekommen hat. Er hat zuletzt unter anderem eine Korrespondenz über das Schreiben von Anne Weber und Thomas Stangel veröffentlicht, mit dem Titel Über gute und böse Literatur und 2023 ein Buch Diverse Wunder, noch eine Handvoll sehr kurzer Geschichten. Jetzt bitte ich aber Nicole auf die Bühne, Nicole Streitler-Kasperge, ich glaube, du wirst stehen, oder? Ja. Ja, schönen guten Abend auch von mir. Mein Beitrag trägt den Titel Alles eine Frage des Arrangements, Rhetoriken des Schreibens in Andrea Winklers früher Prosa. Dass Andrea Winklers Prosa hermetisch ist und leise und ungewöhnliche Fragen stellt, ist inzwischen zum Gemeinplatz geworden. Stellvertretend für die bisherige Rezeption sei hier Martin Grabner zitiert, der zum Erscheinen von Winklers jüngstem Erzählband mitten im Tag im Wiener Kurier schreibt, Zitat, Andrea Winkler, 1972 in Freistaat geboren, beobachtet in ihrem neuen Erzählband mitten im Tag mit sprachlichem Witz, großer Präzision und schlichter Schönheit die leisen Geschehnisse und vermeintlich peripheren Momente des Alltags. Doch was sind die erzähltheoretischen Grundlagen dieses Schreibens? Wer schaut und wer spricht? Erzählperspektiven. Ich, also ein homodiegetischer Erzähler, wie man mit Gérard Genet sagen könnte, oder sogar ein autodiegetischer Erzähler, das Ich, also die Hauptfigur dieses Textes. Dieses Ich ist ein radikal subjektiver Erzähler, dem der Leser und die Leserin folgen muss und gewissermaßen ausgeliefert ist. In Yppenplatz über Samir, Jakob, Sabina und mich aus dem Erstling Arme Närchen, der programmatisch die Gattungsbezeichnung Selbstgespräche führt, also extrem solipsistisch ist, folgt der Leser und die Leserin dieser Ich-Erzählerin und trifft dabei auf die im Titel genannten Figuren. Die Erzählstimme, durch die wir auf die anderen Figuren blicken, steuert unser Leseverhalten und verweist immer auch auf die Autorin. Dabei sind die Figuren gewissermaßen auf der Suche nach ihrer Erzählerin bzw. ihrer Autorin, wie in Luigi Pirandellos Stück »Sechs Personen suchen einen Autor«, einem Prototypen des modernen Dramas. Das Überspringen der Differenz zwischen intradiegetischer und extradiegetischer Welt, also Welt in der Erzählung und Welt außerhalb der Erzählung, in der Erzählforschung Meta-Lepse genannt, gehört zu den Eigenheiten der Winklerschen Prosa. Es ist eine Form des Aus-der-Rolle-Fallens, der Illusionsbrechung des narrativen Kurzschlusses, der den Leser und die Leserin aus ihrer Bequemlichkeit, aus dem einfach gestrickten Faden der Erzählung herauswirft und damit zur Reflexion über das Gelesene anstachelt. Auch Formen des Appellativen und Kollektiven durch die Pronomen du und wir finden sich zuweilen. Doch immer verbleibt die Erzählung im Bereich eines radikalen Subjektivismus, der sämtliche Erzählkonventionen bricht. Das Kohärente, das Einsinnige, das Objektive. Wer schaut und wer spricht, heißt es an einer Stelle in drei, vier Tönen nicht mehr. Und da ist auch vom Nicht-mehr-Wissen die Rede, wer hier ich ist und wer du. Das Flirrende der Winklerschen Prosa, ihr Oszillieren zwischen den verschiedenen Perspektiven, die variable Fokalisierung ist für den Leser und die Leserin extrem herausfordernd. Es ist größtenteils nicht möglich zu entscheiden, wer hier spricht und wer hier schaut, beziehungsweise sind diese beiden Aspekte zuweilen vermischt, sodass eine Doppelsinnigkeit entsteht, Nikkeit entsteht, eine Verschränkung der Standpunkte von erlebender Figur und Erzähler, wie Michael Scheffel dies an Kafkas das Urteil herausgearbeitet hat. Im Erzählband Hanna und Nicken und ich ist das geradezu programmatisch und schon im Titel angekündigt. Dass das sehr modern oder sogar postmodern ist, braucht nicht weiter erläutert zu werden. Verästelungen. Metafiktionalität und Non-Narratives. Die Selbstreflexivität des Erzählens, das Metafiktionale, ist ein wiederkehrendes Element in der Prosa Andrea Winklers. Metafiktionalität ist ein Kennzeichen moderner Prosa. Das Erzählen ist in der Moderne keine Selbstverständlichkeit mehr. Es verläuft brüchig und muss sich in gewisser Weise dafür rechtfertigen, dass es kein großes Ganzes, keine große Erzählung mehr zustande bringt, sondern nur noch Stückwerk, Bricolage. Schon Musil schreibt, dass zwar die meisten Menschen im Verhältnis zu sich selber Erzähler seien, dass aber öffentlich alles schon unerzählerisch geworden ist und nicht einem Faden erfolgt, sondern sich in einer unendlich verwobenen Fläche ausbreitet. Für diese unendlich verwobene Fläche hat die moderne Philosophie namentlich Gilles de Loes und Félix Guattari den Begriff des Rhizoms, also der Wurzel, eingeführt, das keine hierarchische Struktur darstellt wie das alte Baummodell, sondern eine flächig verzweigte mit vielen kleinen Verästelungen. Das rhizomatische Erzählen folgt keiner Linearität mehr, keinem Faden der Erzählung, sondern eben Verästelungsstrukturen, flächige Strukturen, die auch repetitives und zirkuläres beinhalten. Genau dieses Muster scheint Andrea Winkler auf dieses Muster zu verweisen, wenn sie am Beginn der Erzählung Ippenplatz schreibt. Immer wenn ich über den Ippenplatz gehe, kommen mir zu einem Knäuel verflochten Sabina, Jakob und Samir entgegen. zwischen diesem Ort und diesen Menschen geben. Einen Draht, der sich durch verborgene Netze windet, ohne Anfang und Ende. Schon das einleitende Immer widerspricht dem Traditionellen Es war einmal, also nur einmal. Immer ist iterativ. Es wird einmal erzählt, was sich wiederholt ereignet und damit wird ein Moment des Zyklischen oder Zirkulären eingeführt. Das Knäuel, zu dem die drei Figuren verpflochten sind, ist eine rhizomatische Struktur, genauso wie die verborgenen Netze und der Draht, der sich durch sie windet. Ohne Anfang und Ende sind nicht nur diese Netze oder der Draht, sondern auch die Erzählungen Winklers, die einer Ästhetik des Non-Narrativen, des Nicht- oder Unerzählerischen folgen. Die Erzählung kommt nicht wirklich von der Stelle, sie tritt auf der Stelle und bewegt sich im Kreis. Die Geschichte, ich muss mir kurz ein Wasser holen. Die Geschichte dieses Romans läuft darauf hinaus, dass die Geschichte, die in ihm erzählt wird, nicht erzählt wird, notiert Robert Musil einmal über seinen Roman Der Mann ohne Eigenschaften. Dies könnte auch als Motto über den Erzählungen Winklers stehen. Dies könnte auch als Motto über den Erzählungen Winklers stehen. Hier werden keine Geschichten erzählt, vielmehr werden die Sprache und ihre Möglichkeiten befragt. Die Geschichte ist im Suchen begriffen, immerhin, steht als Motto über Hannah und ich. Nicht nur die Figuren suchen nach ihrem Autor, sondern die Geschichte sucht nach sich selbst. Es gibt nichts zu erzählen im Unerzählerisch Gewordenen. Es gibt kein richtiges Leben im Falschen, Adorno. Fiktives darf nicht mit Wirklichem verwechselt werden. Die Figuren werden deshalb mit folgenden Worten eingeführt. Herr M., Rio, Lea, Hanna, ich. Niemals wirklich genug, ich bedauere. Sie sind eben nicht wirklich, sind erfunden aus Papier. Und weder die Autorin noch ihre Erzählerin versuchen, die Illusion zu erzeugen, dass sie wirklich sind oder wirkliche Erlebnisse hätten. Intertextuelle Referenzen Innerhalb der frühen Prosa ist Arme Nährchen vielleicht der radikalste Text. Selbstgespräche als Gattungsbezeichnung, das verheißt nichts Kommunikatives. Der Autor-Leser-Pakt wird hier aufgekündigt, indem diese Texte keine Verbindung mehr herstellen zwischen einem erzählerischen Ich und dem Leser und der Leserin. Vielmehr kreisen diese frühen Texte um sich selbst, um ihre Gemachtheit, um ihre Künstlichkeit und nicht zuletzt auch darum, dass sie Texte aus Texten sind. Besonders deutlich wird dies im Abschnitt Selbstgespräch vielleicht. Hier stellt Winkler Referenzen her zwischen ihrem eigenen Schreiben und jenem von Friederike Mayröcker, über die Winkler ja ihre Dissertation geschrieben hat, im Text mit der Kürzel M angesprochen. Jetzt kommt ein längeres Zitat. Es kommt ja vor, dass man sich etwas wünscht. Ich glaube, das passiert vor allem, wenn man liebt. Und ich schlage vor, die Lust zum Bleiben lacht aus diesem Eck. M., die mir in dem hellen Café gegenüber sitzt, sagt, Nein, nicht von der Liebe reden wir, sondern vom Begehren. Leben sei Schweben, sei Tod, sei lebendig sein, sei auszuhalten in den Zwischenräumen, den Übergängen eine unendliche Verdoppelung. Leben sei, die Bewegung nicht enden zu lassen, also nirgends auszuhalten, nirgends still zu stehen. Kein Denken, das nur Denken sei und immer einen neuen Spiegel vor den Gegenstand geschoben und immer ein neues Bild. Der Körper schwebt in je anderer Lage durch den Raum, kommt nicht zur Ruhe, der Geist übrigens auch nicht. O glückliche Unrast und immer sofort. Danke, meine liebe M. und immer sofort. Danke, meine liebe M. Am Abend schaut ein Mund zu meinem Fenster herein, ausgerechnet jetzt, wo ich doch essen wollte. Nichts weiter, es ist M.'s Mund und er wiederholt all die schönen Worte noch einmal. Leben, Schweben, unendliche Reflexion, das Begehren und immer sofort. Es ist ein Eingedenken der mayröckerschen Prosa, das Winkler hier in ihrem eigenen Text leistet, eine Inskription. Das Schreiben als unendliche Verdoppelung des Lebens, als unendliche Reflexion und als Begehren. Ein Wort, in das sie sich verliebt hat, hoffnungslos. Mayröckersche Eigenheiten wie die Interjektion O, O glückliche Unrast, und das immer sofort bei Mayröcker meist und so weiter, werden zitiert und damit definiert sich Winklers Schreiben als ein intertextuelles, das seine Bezüge deutlich macht statt verhehlt. Schreiben ist immer ein Schreiben nach und ein Schreiben mit. So sind es auch nicht nur Bezüge zu FM, sondern auch solche zu vielen anderen Autorinnen und Autoren, die Winkler im Anhang ihres Bändchens auflistet, etwa zum bereits genannten Franz Kafka, aber auch zu Musikern und Musikerinnen wie Leonard Cohen und Coco Rosi, zu Regisseuren wie Wong Kar-Wai und Charlie Kaufman. Jeder Text baut sich als Mosaik von Zitaten auf. Jeder Text ist Absorption und Transformation eines anderen Textes, schreibt Julia Christewa in ihrem bekannten Bachtin-Aufsatz. Andrea Winkler klärt den Leser und die Leserin auf über die intertextuelle Natur ihres Schreibens. Sie gibt nicht vor, ein Originalgenie zu sein, sondern lässt erkennen, durch wen sie geprägt wurde. Auch das ist ein genuin moderner, um nicht zu sagen postmoderner Zug. Ihre Selbstgespräche sind somit doch auch dialogisch strukturiert. Dialogizität ist ein wesentliches Merkmal ihrer Texte. Sie treten in ein Gespräch mit literarischen Vorgängern und Vorgängerinnen und verweisen damit auf ein Vorläufiges, eine Quelle, einen Urgrund, auf dem sie aufbauen. Alles eine Frage des Arrangements, schreibt Winkler in Hanna und ich. Und das ist vielleicht die Art und Weise, wie ihr Schreiben auf den Punkt gebracht werden kann. Sie arrangiert Textmaterial, Figuren, Orte, Umwelten und lässt diese miteinander in Dialog treten. Doch sie weigern sich, zu einer wirklichen Geschichte montiert zu werden. Stattdessen stehen sie vereinzelt im Text, wie Monolithe, wie Skulpturen, Skulpturen aus Sprache, immer nah am Verschwinden. Das Verschwinden ist eines der häufigsten Bilder in Winklers Texten. Immer wieder zeigen sich Ritzen in Mauern. Ingeborg Bachmanns Roman Malina klingt dabei an, an dem das Ich am Schluss in der Mauer verschwindet. Auch bei Winkler verschwinden Figuren in Ritzen in der Mauer. Sucht euch einen brüchigen Spalt in der Mauer und schlängelt euch durch hinein in den Hof. Ihre Figuren sind flüchtig wie alles Menschliche, eine nur fürs Vergehen gezeichnete Figur. Erfahren, wer du bist, schöner, hinfälliger Wunsch. Das Schreiben ist eine Form des Aufbewahrens, der Rettung, wie Benjamin schreibt. Und doch verschwindet alles Geschriebene auch wieder, wie die Schrift auf einer Tafel, die immer wieder gelöscht wird, um Neues darauf schreiben zu können. Danke. Applaus Guten Abend. Guten Abend. Unglück, bist du noch da? Erstens, ein Zimmer, in dem ein Gedicht von Robert Walser an der Wand hängt. Lampe, bist du noch da? Ein Gedicht, das in eine Frage verwandelt ist. Eine Frage nach Licht oder eher der Möglichkeit von Licht, eines freundlichen Leuchtens, von Orientierung. Ist da noch Halt oder ist er schon verloren gegangen? In Andrea Winklers König, Hofner und Volk hat eine Protagonistin fast nur als Erinnerung an sich selbst ihr Zuhause verlassen, um in einem Institut für Gedankenkunde und Verstehen zu studieren und dieses Gedicht in zerbrechlichem Ton mit ausgefransten Rändern gebrannt, hängt an der Wand ihres kleinen Studentenzimmers in der Stadt. Sie unterhält sich mit ihm und das Gedicht beleuchtet sozusagen den Raum. Wärme wiederum gibt der fast verloschene Ofen auf einem Bild, das ebenso an der Wand hängt. Die Kopie eines Gemäldes, auf dem eine Frau sich aus dem Fenster beugt. Flirrende Grenzen bestimmen den Raum. flirrende Grenzen bestimmen den Raum, Übergänge, die niemals endgültig sind, niemals wirklich befreiend. Befreiend wovon? Von der Wirklichkeit des Instituts oder von den Träumen, in denen die schreibende Hauptfigur sich immer wieder verfängt. Geht es um Befreiung oder nicht viel unpathetischer, um kleine Wege, kleine Wendungen und Abwege, die aus der Art und Weise entstehen, wie ein Wort aufs andere folgt, um leise, aber entscheidende Verwandlungen, wie sie schon das Gedicht auf dem Weg von Robert Walser in Andreas Winklers Buch erfahren hat. Winklers Buch, in Andrea Winklers Buch erfahren hat. Ein reales Zimmer, das aus fast gar nichts besteht, ein Zimmer aus einem Gedicht und ein Zimmer in einem Bild. Diese drei Räume stützen einander, so als wäre keiner ohne die anderen wirklich da, am wenigsten vielleicht der Reale. am wenigsten vielleicht der reale. Auf dem Bild steht, ich bin hier gewesen. Ein unscheinbares Wunder. Das Bild ist für dieses Ich Fenster und Raum, als wäre die Pfeife aus dem Gemälde wirklich Pfeife geworden. Zunächst wird dieser Satz, ich bin hier gewesen, allerdings ans Licht gezerrt, zitiert und höhnisch zerpflückt von der Kobelitonin, die sich in der Institution wohlfühlt und die ihr Plätzchen dort finden wird, denn so ein Wunder ist verdächtig und nützt zu nichts. Es ist ganz wenig und strauzt vor Armut, Langeweile und Einsamkeit. und strotzt vor Armut, Langeweile und Einsamkeit. Ein unbestimmtes Ich, das ausweicht, sich in einem Zimmer oder Bild verbirgt, seine Einsamkeit nicht um des eigenen Erfolges willen verraten will und womöglich eher einen Platz in der Vergangenheit als in der Zukunft sucht. Ich bin hier gewesen, sagt, und nicht, ich werde hier hineinkommen. Andrea Winklers Protagonistin misstraut entschieden allen Instituten, Institutionen und Institutionalisierungen und ihrer selbstsicheren Bewirtschaftung von all dem, was in seiner Armut und Ambivalenz ein feines, mildes Licht ausgestrahlt hat. Etwas wie ein Licht, etwas Feines, Mildes, einen Glanz, etwas wie einen Glanz. Eine Lampe oder das Wort Lampe, ein Fenster und Zimmer oder ein Bild davon, die Kraft des Als-Ob. oder ein Bild davon, die Kraft des Als-Ob. Die Sprache lebt von dieser Kraft in ihrer Bewegung, ein Balancieren, ein Tanz. An- und Abwesenheit verschwimmen nicht ineinander, aber sie sind auch nicht mehr klar zu trennen. Das Zimmer mit der Lampe ist das Abwesende da. Und umso mehr? Wo es in Andrea Winklers Texten um Verlust und Vermissen geht, wird dieses Mehr, das in den Zonen der Ungewissheit und des Übergangs erscheint, deutlich und wichtig. Man kann das originale Gedicht von der Lampe ja auch ganz anders lesen. Nichts verändert sich, jemand beklagt die eigene Unbeweglichkeit und die Mauern, zwischen denen er lebt. Lüge, bist du noch da? Feigheit, fragt das Ich. Und das Unglück ist fraglos da und will sich gar nicht erst rühren. Aber Andrea Winkler rüttelt sanft an diesen Versen, dass wie immer aus Robert Walsers Gedicht wird von der Stelle gerückt, gerät in Bewegung, das Zimmer wird verrückt und in der Bewegung mitgenommen. Man kann das Unglück und die Trauer verwandeln, ihre Gegenwärtigkeit zarter werden lassen. Nicht am Institut für Gedankenkunde und nicht durch kalkuliertes Verstehen, sondern in einer Art von Gegenbewegung, unterhalb dessen, was an Geschichte da ist, in den einzelnen Sätzen. Über die Trauer legt sich dann ein Versprechen. Ein Versprechen, das die Trauer nicht auslöscht. Zweitens. In den Erzählungen von Andrea Winklers neuem Buch, Mitten im Tag, begleiten wir oft Menschen, die durch den Wald gehen. Manchmal liegt etwas Dunkles hinter ihnen, manchmal kommen sie im Märchen an. Manchmal liegt etwas Dunkles hinter ihnen, manchmal kommen sie im Märchen an. Sie brechen von zu Hause auf, mit nichts in der Hand als einem Beutel voller Dinge, die verloren gehen und ein paar Liedern, die alle Jahreszeiten überdauern. Sind unterwegs, mit solcher Konsequenz, dass der Boden Errisse davon bekommt. Die Gegenwart ist wie stetes Tropfen von der Dachrinne. Ich weiß nicht, ob es eine Frau ist, die spricht, oder ein Mann, ob sie alt ist oder jung, und es ist auch ziemlich gleichgültig. Sie spricht auch nicht zu mir, sondern richtet Worte leicht wie Rauchwolken an niemanden mehr. Und doch drehen sich diese Worte so geschmeidig, dass eine Erinnerung sich mit ein paar Sätzen in eine Vorahnung verwandeln kann, um in einem Tanz zu enden. Dass das Ich davon träumt, sich in einen Stein zu verwandeln und der Stein zu schwingen beginnt, leise zu vibrieren, Töne von sich zu geben, Töne, die beinahe Wörter werden. Alle diese Ichs, die wir begleiten, ringen darum, die Sprache, und zwar diese leise Sprache, die beinahe der Sprache der Steine gleicht, nicht zu verlieren und wenn sie nicht die Märchen ankommen, so streifen sie es zumindest. Allerdings geht es um alles andere als um eine einfache Idylle. In dem Park in der Erzählung, ja, höre ich mich sagen, ja, kreist ein Hubschrauber dröhnend über den Köpfen. Der Nachbar könnte oder müsste eigentlich jederzeit aufstehen, sich vor einen der Vogelkäfige stellen und einen Schrei ausstoßen. Einen so durchdringenden Schrei, dass alles im Park in Aufruhr gerät. Und dann müsste es ein erstes Kippen, gleich noch tiefer hineingehen in die Möglichkeitsform und noch eine Stufe weiter hinein in eine Imagination und Erinnerung im Inneren des Als-Ob. Zitat, was spricht dagegen, in einem Bus zu springen, eine wüstenähnliche Gegend entlang in die nächste Stadt zu fahren und mich an Verse zu erinnern, in denen alte Dichter, die zugleich Tänzer waren, es für möglich hielten, auch angesichts solchen Dröhnens und derart verabsäumter Schreie leichter als der Windhauch zu werden. Drei Räume, der reale Park, die imaginäre Busfahrt entlang der wüstenähnlichen Gegend, die in der Imagination erinnerten Verse und die Windhauchleichtigkeit und die doppelte Irrealisierung führt zurück in die Wirklichkeit, in den Park. Das Dröhnen und die Schreie werden nicht ignoriert, sondern von Ebene zu Ebene in Raum und Zeit verschoben. In diesen Räumen wird eine seltsame, einsame und zugleich drängend kommunikative Erfahrung der Welt möglich. Menschen schauen ins Wasser, als erwiderte etwas darin den Blick und schaute mit solcher Kraft zurück, dass alles zu zittern beginnt. Ist das Unglück noch da? Drittens, in der sehr kurzen, aber ungemein reichen Geschichte oder Nichtgeschichte, morgen wieder, stirbt ein Mensch. Ein Vogel sitzt, wie aufgetaucht aus einer Metapher, am Fenster und neigt den Kopf zur Seite, wie zurückgewandt in die Metapher. Ein zurückbleibender Mensch träumt und erkennt Verbindungen. Aus Abwesenheiten, Gesten und Wiederholungen entsteht ein Raum, ein anderer Trauerraum. Jahre nach dem Tod ihres Vaters geht eine Erzählerin einen Weg, von dem sie weiß, dass der Vater in Häufig gegangen ist und flüstert sich alles zu, von dem sie denkt, er würde es ihr jetzt gerne sagen. Sie hat das Gefühl, er wäre an ihrer Seite auf diesem Weg. Die Räume der Trauer sind voll wiederholter Wege und langsam, oft aus Träumen heraus, entstehender Verbindungen. Das zeigt noch eingehend erst die kurzen Texte, der Roman Die Frau auf meiner Schulter. Mir entzieht sich seit Jahren alles, was ich berühre, schreibt die tagebuchführende Protagonistin. Ihr nahestehende Menschen sind verstorben oder verschwunden. Sie zieht sich zurück in ein Haus am Land, das Haus eines Toten, der Erinnerungsstücke zurückgelassen hat, durch die sie mit ihm in Beziehung gerät, so wie sie mit der Landschaft, die sie durchstreift und nach und nach auch mit Menschen in Beziehung gerät. Eine kleine Gesellschaft von sozusagen Verlorenen, die zueinander und in diesem Raum, dieser Landschaft zurück ins Leben, in eine andere Form zu leben finden. Selbst aus dem Gespräch mit einer dementen Frau kann sich Poesie oder so etwas wie ein Traum der Sprache entwickeln und damit auch ein Glücksmoment. Der Sinn eines zu oft wiederholten angstbesetzten Wortes geht verloren, damit auch die Angst zurückbleibt das Wenigste. Der einfache Vokal, oh, ein reiner Klang. Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt, zitiert Andrea Winkler aus den Psalmen. In den Träumen wie im Haus sind die Toten anwesend, sie fehlen und sind anwesend, die Zeit wird ein wenig von der Stelle gerückt. Manchmal erscheint auch der Ort wie geträumt. Leben erzählt, taucht, so wie im oben zitierten Text der Vogel auf dem Fensterbrett, das Dorf mit dem Fluss, der es zerteilt, der Schauplatz des Buches, aus dem Bild heraus auf. Er habe, sagt der Freund, eine Zeit, die wie ein kranker Ast vom Baum gefallen ist und jetzt, geborgen im Fluss, in den größeren Strom schwimmen mag. Ein Bild wie ein kranker Ast und ein wirklicher Ort, das Dorf, das Hier und Jetzt, wo sich die Personen befinden. Ob die Geborgenheit dem Bild angehört oder dem Hier und Jetzt, ist nicht zu entscheiden. Die Zeit verliert in diesem Widerspiel und dazwischen ihre böse Macht. Vielleicht gerade deshalb, weil die Spannweite der Bilder so groß ist, weil auf den ersten Blick der Bewegung von der Zeit zum Ast in den Fluss hinein und zum Strom das fehlt, was man Stringenz nennt. Etwas passiert mit der von der Stelle gerückten Zeit. Sie wandert in Orte und in Gegenstände, sucht sich einen Platz in einem Zimmer oder in einem Stein. Auch hier ist es wichtig, mit Steinen zu sprechen und wenn ein Stein antwortet, antwortet nicht er, sondern die ihm eingezeichnete Zeit. Viertens. In einem Essay erzählt Andrea Winkler das Grimmsche Märchen von den sechs Schwänen weiter. Ein Märchen, in dem man von einer Existenz in die andere stürzen kann. Sie stellt sich vor, seine Chronologie voller Brüche ließe sich in eine Form von Gleichzeitigkeit, ineinander oder Paralleles Nebeneinander verwandeln. Dem Mädchen, das sechs Jahre lang nicht sprechen darf und Hemden aus Sternenblumen nähen muss, um seine Brüder von Schwänen zurück in Menschen zu verwandeln, könnte in seiner Einsamkeit ein Raum erscheinen, ein Haus. Sie könnte aus einer gewissen Distanz zu sich selbst die Elemente und Episoden ihrer Geschichte in den Zimmern dieses Hauses verorten. Ich bin hier gewesen. Auch der Tod und die Gewalt haben in einem der Zimmer des Hauses ihren Platz, stehen nicht als Katastrophe oder als gerechte Läuterung am Ende. Die Lampe ist immer da, in einem der Zimmer das Unglück, in einem der Zimmer ein Leuchten. Ich denke, so ein Raum oder Haus kann die Literatur, die Kunst sein. Ich weiß nicht, ob es so einen einem Raum diese Gleichzeitigkeit auch außerhalb gibt. Ein Zimmer wie ein Buch, das die Zeiten in sich aufnimmt. Ein Buch wie ein Zuhause. Möglicherweise ein Leuchten und ein Platz, wo das Unglück aufgehoben ist. Und auch die Feigheit, die Lüge, die Zeilen an der Wand in zerbrechlichem Ton gebrannt, was wäre das Zimmer ohne sie? Wäre es wirklicher oder weniger wirklich? Danke. Applaus Ich glaube nicht, dass man Andrea Winkler lang vorstellen muss, aber ein paar Worte trotzdem. Sie ist in Freistaat geboren, hat hier also fast ein Heimspiel, fast. Stadt geboren, hat hier also fast ein Heimspiel, fast, hat in Wien Germanistik studiert, lebt heute seit langem, großteils zumindest, in Wien, hat eine ganze Reihe von Preisen erhalten, hat eine ganze Reihe von Büchern veröffentlicht. Das Debüt 2006, Arme Närchen, wurde von Nicole Streitler-Kasperger schon erwähnt. Zuletzt erschienen 2018 Die Frau auf meiner Schulter, jetzt gerade erwähnt worden von Thomas Stangel, und ganz frisch, fast 2025, am Jahresanfang, der Band Mitten im Tag. So viel also jetzt ein paar Stichworte. In der Rampe gibt es eine längere Bio, und die nehmen Sie heute eh alle mit, von daher. So viel also jetzt ein paar Stichworte. In der Rampe gibt es eine längere Bio. Und die nehmen Sie heute eh alle mit, von daher. Wir haben jetzt vereinbart, dass wir ein kurzes Gespräch führen. Ich werde einfach ein paar Fragen stellen und dann wirst du noch ein bisschen lesen aus der Rampe. Und zwar frühe Texte, eine oder zwei, die in der Rampe vertreten sind. Ganz banal am Anfang. Du warst ja in die Herstellung dieser Rampe von Anfang an wirklich eingebunden. Und das heißt, eigentlich hast du die Ideen gehabt oder viele der Ideen gehabt, wer da drin sein kann, wer was über dich gemacht hat, wen du dir wünschst und so weiter. Das war wirklich so eine ganz enge Zusammenarbeit am Anfang. Und ich kann mir vorstellen, dass das für dich am Beginn ein bisschen komisch gewesen sein muss, weil du ja da in der Rolle einer Autorin warst, die ein Buch über sich selbst irgendwie mit überlegt, mit konzipiert. sich selbst irgendwie mit überlegt, mit konzipiert. Ich stelle mir das ganz schwierig vor. Bist du da einerseits die studierte Germanistin wieder geworden, die du ja auch bist und fast versucht, mit einer gewissen Distanz jetzt dieses Objekt möglichst objektiv darzustellen, um das es geht? Oder ist es ganz im Gegenteil etwas, wo es überhaupt keine Distanz geben kann, wo du einfach irrsinnig hinein verschwunden bist, ohne es eigentlich zu wollen? Ich glaube, es war eigentlich recht nüchtern. Also es ging so vonstatten, dass ich mir überlegt habe, wessen Beiträge haben mich denn, da ging ich wirklich von den Rezensionen aus, weil es keine literaturwissenschaftlichen, mir bekannten Beiträge gibt, also auf die konnte ich mich ja gar nicht beziehen, aber eben ich bin von den Rezensionen ausgegangen, die ich mir so über die Jahre einfach in einem Ordner, den ich dir überreicht habe, gesammelt habe. Und einfach ganz nüchtern und pragmatisch habe ich gedacht, wo habe ich das Gefühl, dass vielleicht etwas übergesprungen ist. Das spürt man ja, wenn ich Rezensionen lese, merke ich ja, ob die Person etwas damit anfangen konnte oder nicht. Auch wenn ich gar nicht selber mit dem Lektüreweg einer Rezension einverstanden bin. Aber ich sehe, dass hier sich einfach etwas erarbeitet ist. Und ich denke, da ging es einmal rein um die Frage, wer könnte etwas beisteuern? Wen könnte es auch interessieren, etwas zu schreiben, sich noch einmal hinzusetzen? Das ist ja auch mit Arbeit verbunden. Ja, und es haben dann ja ziemlich viele auch zugesagt. Es gibt ja eine ganze Reihe von Originalbeiträgen in dieser Rampe, die ja extra für diesen Anlass geschrieben wurden und ganz genaue Lektüren dann auch sind. Heute habe ich diese Beiträge zum ersten Mal gehört. Ich wusste das nicht. Also das ist schon, ich habe mit ausgewählt, wer beitragen soll, aber ich habe die Texte davor nicht gelesen. Das ist ja der nächste spannende Punkt. Dein Schreiben besteht ja aus einem ganz intensiven Entdecken. Zumindest die Figuren in deinen Büchern, die entdecken, die gehen mit einer sehr großen Neugierde in eine Welt, in die Natur, die finden etwas, die beobachten etwas, die treffen jemanden. Also das hat sehr viel zu tun mit dem Finden von Neuem. In dieser Rampe ist jetzt auf einer ganz anderen Ebene sehr vieles für dich zu entdecken, wo es um dich geht. Das sind lauter Blicke von außen auf dich, auf dein Schreiben, die ja eben, wie du vorher sagst, gar nicht so genau deinen Lektüreweg jetzt kreuzen, oder kreuzen schon, aber nicht unbedingt das gleiche Denken. Die Freiheit, ich denke, das ist ja das, was wir unter der Freiheit der Wissenschaft verstehen. Ich finde das ganz gut, wenn Autoren sich nicht zu sehr in die Rezeption einmischen, in ihre eigene. Ich erkläre sehr ungern meinen Zugang zum Schreiben eigentlich. Und das lässt mich das dann auch freier anhören oder lesen. mich das dann auch freier anhören oder lesen. Und ich finde es ja grundsätzlich einfach so, es ist ja was Wunderbares, dass ein Werk eine Aufmerksamkeit erhält in dieser Art. Ich meine, das ist schon ein großes Geschenk. Vielen Dank, liebes Stifterhaus. Das freut mich einfach schon sehr. Aber ja, jetzt weiß ich gar nicht jetzt habe ich glaube ich deine frage nicht beantwortet die frage war noch nicht fertig na es ging dann eher mir ging es dann eher darum zu fragen wie wichtig der blick von außen für deinen eigenen ist ob du das einbaust dann, ob du... Gar nicht. Würdest du das so? Ich weiß es nicht. Also, dass ich das einbaue, wo soll ich das einbauen? Ich finde es interessant zu lesen oder zu hören, aus welcher Annäherung jemand kommt. Also das ist ja für mich, wie soll ich sagen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das aufnehme in mein Schreiben, falls du das gemeint hast. Dein Blick könnte sich ja ändern in manchem. Ich finde erstaunlich, dass manches einfach, um es ein bisschen einfacher zu sagen, das ist mir immer so gegangen. Wenn ich das mitbekomme, was über mich, über meine Literatur geschrieben wird, dann ist das ja von Anfang an etwas insofern Spannendes, als ich einerseits eben mich sozusagen verstanden oder ungefähr in der Schiene wahrgenommen fühle, in der ich mein Schreiben verstehe, also auf diesen Weg bringe ich mein Schreiben, wird es so verstanden. Und es gibt eben auch die ganz andere Erfahrung. Und es ist halt einfach ein... Ich könnte auch gar nicht sagen, dass ich darauf gar nicht reagiere, weil wenn, dann ist das halt auch gar kein so bewusster Prozess. Ist das ungefähr? Also ich kann das, glaube ich, nicht präziser sagen als so, weil ich es nicht weiß. Ich denke mir, es ist ganz schwierig. Es ist übrigens in der Rampe ein ganz spannendes Thema, weil es gibt von dir wirklich schöne Texte, die du im Feuilleton geschrieben hast, auch über die Art, wie Rezensionen geschrieben werden, die zum Teil auch wirklich witzig sind, die auch böse sind. Ja, es gibt Rezensionen, aber das hat jetzt ja mit diesen Beiträgen nichts zu tun. Und wir haben ja auch nicht die Rezensionen ausgewählt, von denen ich, also es ist grundsätzlich bei mir so, wenn ich Rezensionen bekomme, ich freue mich, dass es welche gibt und ich lese manche und manche gar nicht und manchmal frage ich meinen Mann, was steht drinnen, bitte sag es mir in einem Satz oder ich frage meine Freunde, aber manchmal halte ich mich davon auch eine Zeit lang ganz fern, weil es nicht immer sehr gut tut. Und ich habe vor allem bei Könighofner und Volk, das muss ich schon wirklich sagen, da hat es einfach auch verletzende Rezensionen gegeben und zwar, ich kann das sehr wohl, glaube ich, gut unterscheiden, ob etwas geschrieben wird, eine aus dem Geist sachlicher Kritik und ich finde, das muss man ja als Schreibende, als Schreibender tatsächlich auch lernen, damit umzugehen, das ist nicht immer einfach, aber es gibt etwas an dieser, es gibt Formen von Kritik, wo sich eine gewisse Gehäsigkeit sehr zwischen die Zeilen schiebt. Und das ist etwas, wo ich mich, ja, das finde ich selbstverständlich nicht in Ordnung, dass es diese Tonarten gibt. Aber es gibt sie. Da wollte ich gar nicht hin. Entschuldigung, dort bin ich hingeglitten. In den beiden Texten, die heute waren, sind ja einige Ansätze. Du erklärst nicht gern dein Schreiben, ich weiß, aber trotzdem ein bisschen was über dein Schreiben, einfach weil das ja auch so ein ganz großes Thema in der Rampe ist. Thomas Strangler hat sinngemäß geschrieben, dass Literatur wie ein Raum sein kann, der die Zeiten in sich aufnimmt, in dem alles gleichzeitig möglich und spürbar ist. Das ist ja eigentlich, denke ich, eine der stimmigsten, schönsten Beschreibungen deiner Texte, die ich kenne. Wo du ein Nebeneinander erzeugst, wo du eine Welt eigentlich erschaffst, klingt so göttlich, aber irgendwie, wo du einen Raum hast, wo du einen Ort hast, wo es keine Festschreibungen geben muss, weil einfach alles da ist, alles von dir und alles von den anderen. Trifft das zu einer Idealvorstellung von Literatur für dich, so einen Raum zu schaffen? Das ist auf jeden Fall etwas, wo ich sagen würde, da sehe ich mich darin, das finde ich sehr schön. Was es mir schwer macht, die Frage ganz deutlich oder eindeutig zu beantworten, ist, dass ich im Schreiben ja immer für mich sehr wohl von etwas recht Konkretem ausgehe. Und das wird auf eine bestimmte Art und Weise dann auserzählt. Und ich kann mich in diesem Bild sehr gut finden, aber es ist nicht die Art und Weise, wie ich primär an das Schreiben herangehe. Ich gehe nicht so abstrakt heran. Ich gehe von etwas sehr Konkretem aus, das sich dann ausgestaltet. Aber ich finde es eine wunderbare Beschreibung und ich kann meine Texte dort auch sehen. Ein anderes Bild, das ich sehr stimmig finde, ist von Nicole Streitler-Kastberger mit diesem Rhizom. Dieses rhizomatische Erzählen, wo einfach dieses grenzüberschreitende, wo ein Buch einfach in unglaublich viele Richtungen gleichzeitig geht. Und dieses Rhizom hört ja auch nicht mit den Buchdeckeln auf. Das heißt, dieses Dialogische, was du dann auch angesprochen hast, was ja ein ganz bestimmendes Thema ist mit der Literatur, die da einfließt, mit dem Intertextuellen, wenn man es so nennen will, deine Literatur ist auch, und das ist wieder so eine festgefügte Aussage, aber sie ist eigentlich auch immer ein Dialog mit anderer Literatur. Und zwar viel konkreter, als das bei den meisten Büchern der Fall ist, die ich kenne. Kann man das so sagen? Ja, ich würde jetzt nicht sagen, so ist es nicht, aber es ist nicht so, das hat schon sehr viel immer mit der Figur zu tun, die hier etwas erlebt. schon sehr viel immer mit der Figur zu tun, die hier etwas erlebt. Und ich bin oft gefragt worden, sind ihre Figuren wirklich oder sind sie sozusagen immer nur Anspielungen auf andere Literatur? Und ich habe immer die zweite Möglichkeit für mich ausgeschlossen. Das liegt darin in der Sache. Das ist ein, das hat etwas mit dem Ort, mit der Handlung zu tun, an dem sich die Figuren befinden, wenn sie in einem Institut für Gedankenkunde und Verstehen sich umtreiben und dort mit Texten, mit Gedanken anderer umgehen, ist es, dann sind das schon auch eben diese Bezüge. Aber sie kommen ganz aus der Bewegung der Figur, so sehe ich es, weil so empfinde ich es im Schreiben und so gehe ich da heran. In der Rampe sind zwei Gespräche drinnen. Ich habe das vorher schon kurz erwähnt. Das erste ist von Harald Klaus, das zweite von Brigitte Schwenz-Harrant. Und in beiden geht es, ich würde sagen, fast gleich wie um die Schreiberin Andrea Winkler, auch um die Leserin Andrea Winkler. Also das Lesen als ein ganz wichtiger Bestandteil deines Seins, deiner Existenz, aber auch deiner schriftstellerischen Arbeit. Dieses Schreiben ist so ein großes Thema bei dir, dass sich da gleich mehrere Fragen ergeben könnten. Wir haben begrenzte Zeit. Ich frage jetzt einfach drei Sachen. Du entscheidest, ob du alles beantwortest oder nichts oder eins oder wie auch immer. Wie liest du, wie kommst du zu deinen Lektüren? Das ist, glaube ich, eine ganz zentrale Frage, weil du einen ganz bestimmten Leseweg auch immer wieder darstellst in deinen Büchern, wie wir das heute auch schon gehört haben. Eine zweite Möglichkeit, welche Literatur ermöglicht dieses meditative Lesen, dass du im Gespräch mit Brigitte Schwenz-Harrant, da geht es darum, dass man eine ganz besondere Art des Lesens, des Nachspüren eines Textes entwickeln kann und auch soll, bis in ein Gespräch reinkommt. Welche Literatur ermöglicht das für dich am ehesten? Also in welcher Literatur kannst du dieses Nachspüren am besten durchführen oder empfinden oder wie auch immer? Und dritte Frage oder Antwortmöglichkeit, ist dein Schreiben diesem meditativen Lesen irgendwie verwandt oder ist es etwas ganz anderes? Dieses Hineinspüren in etwas, in eine Figur, von der du ausgehst, in eine... Es hat auf jeden Fall sehr viel miteinander zu tun. Also das würde ich schon auf jeden Fall so sehen. Ich muss ein bisschen nachdenken, weil wie ich zu meiner Lektüre komme, war eine Frage. Da gehe ich immer sehr, eigentlich lasse ich mich da von meinen, da lasse ich mich so ein bisschen führen oder leiten von dem, was gerade einfach an Interesse ist. Und das ergibt sich meistens, es ergibtens immer eins aus dem anderen. Und ich mag es einfach sehr gern, wenn ich mit einem Text in eine Tiefe komme. Und dafür braucht es auch eine gewisse Wiederholung manchmal. Und ich glaube schon, dass das etwas dann auch mit meinem Schreiben zu tun hat, in irgendeiner Form, aber in erster Linie sind es einfach, ich würde es ganz nüchtern sagen, es sind einfach Autoren merkwürdig, glaube ich und ich ja Aber es gibt schon Bücher, die kommt mir vor, dich begleiten seit Anfang deines Schreibens oder Autoren, ich denke an Tschechow ich denke an Kafka, ich denke an Mystika Ja die Bibel. Ja, es ist zum Beispiel das alles ja, das ist es ganz gewiss. Und ich habe, also es gibt diese, wo ich glaube, dass eine große, dass ich halt immer wieder damit umgegangen bin, oder das sind einfach meine Lieblinge sozusagen und da gehören einige von denen die du jetzt genannt hast dazu und ich merke halt dass es für mich oft so spannend ist zu erleben oder zu erkennen in welchem lebenszusammenhang oder in welcher Frage, die ich mir stelle, eine bestimmte Lektüre dann auch auftaucht als Erinnerung. Und das ist etwas, was mich einfach begleitet. Es war ja von Anfang an eine der schwereren Aufgaben dieser Rampe, was an Texten von dir aufgenommen wird. Und ich habe ja so aus der Ferne mitbekommen, dass du da ziemlich intensiv auch in deinem Privatarchiv an Texten geforscht hast, glaube ich. Also so hat das gewirkt. Und du hast dich dann für Texte aus ganz unterschiedlichen Zeiten entschieden. Es sind aber vor allem auch ein paar ganz alte dabei und du wirst jetzt ja auch genau aus diesem Kreis an ganz alten, ganz frühen Erzählungen etwas lesen. Auswahl gekommen und wie ist das, wenn man quasi diese Urtexte, die ja auch ganz intensiv mit der Rampe und mit dem Stifterhaus auch zu tun haben zum Teil, wie ist es, diese Texte zu lesen, wie erkenne immer wieder, das bin einfach ich, das ist meine Art zu schreiben, das erkenne ich bei den Frühen so wie bei den Letzten. Aber ich sehe schon, da liegt ein Weg dazwischen und da ist was geschehen in dieser Zeit, da hat sich auch was verändert. Aber es war wirklich eine für mich interessante Sache, weil ich viele von diesen, also als ich da gesucht habe, da sind Dinge aufgetaucht, an die ich mich gar nicht mehr erinnert habe und die mir eigentlich schon entfallen sind. Ja, aber ich dachte dann, die würden sich einfach gut für die Sache eignen, weil sie vielleicht auch diesen Weg ein bisschen zeigen. Und was wirst du heute lesen und wie sind diese Texte entstanden? Weil ich glaube, einer davon ist ja für die Rampe geschrieben worden. Nein, es war so, dass einer davon, den ich lese, das ist ein sehr kurzer Text, das war, ich habe zum ersten Mal etwas eingereicht, etwas aus der Hand gegeben. Und zwar, ich habe mich um die Talenteförderungsprämie des Landes Oberösterreich beworben. Und ich habe das auf dem allerletzten, am letzten Abdruck gemacht und wirklich mit großem Zögern und ein bisschen Scheu einfach da diesen Schritt zu setzen und ich konnte es dann gar nicht glauben. Ich war so erfreut, dass ich diese Talentförderungsprämie bekommen habe und einer dieser drei Texte, die ich eingereicht habe, die sind dann auch in dem Rampeheft, wo diese Texte der Preisträgerinnen gesammelt wurden, der ist dort erschienen. Und dann aber auch, ich habe diese Texte sonst in keine andere Buchpublikation aufgenommen. Und zwei, die hier veröffentlicht sind, in dieser Rampe, sind auch ganz aus dieser Uhrzeit, aber ich habe sie nie veröffentlicht und das ist auch ein bisschen aufregend. Gut, dann bitte ich dich, die zu lesen und danke. Applaus Applaus Applaus Vielen Dank. Seltsame Dinge Letzte Nacht Ich hatte gut und fest geschlafen und war sicher, die Wohnungstür vor dem Zubettgehen abgeschlossen zu haben, öffnete jemand meine Schlafzimmertür und trat nahe ans Bett. Ich weiß nicht, ob ich durch das Geräusch der fremden Schritte erwachte oder durch den Blick, den jemand auf mein Gesicht richtete. Neben meinem Bett stand eine Frau, und wenn ich die Lage nach ihrem Blick zu beurteilen gehabt hätte, so gab es an ihr nichts Seltsames, denn es fanden sich da keinerlei Spuren von Verwunderung. Ihre Augen schauten ganz und gar entschieden aus, als gehörten sie jemandem, dessen fragloses Recht es war, nachts in meinem Zimmer aufzutauchen und neben meinem Bett zu stehen. Vor den Spiegel mit ihr, dachte ich, aus unbestimmten Gründen vermutend, dass dies eine Methode wäre, ihre Wirklichkeit zu prüfen. Sollte der Spiegel ihr Bild nicht zurückwerfen, so hat ein Traum sie neben mich gestellt und ich gehe wieder schlafen. Ich stand auf und nahm sie an der Hand. Der Weg aber erschien mir länger als alle Wege zusammen, die ich je gegangen war. Wir wechselten kein Wort, nur mein Herz klopfte. Vor dem Spiegel machte ich Licht. Ich sah zuerst mich, verschlafen und zerknittert, vor allem unendlich verkleinert. Hinter mir erschien die Fremde. Ja, das war sie, die mich soeben aus dem Schlaf gerissen hatte. Kein Spuk, kein Traum. Es wunderte mich, dass sie in meinem Spiegel Platz hatte. So groß war sie wie ein Fels stand sie da. groß war sie, wie ein Fels stand sie da. Sie trug einen Hosenanzug mit weißen Streifen von erster Qualität. Vom Glanz ihrer Schuhe konnten meine nur träumen. Ihre ganze Haltung war aufrecht, die breiten Schultern straff wie mein Rücken, wenn ich Prüfungen zu bestehen habe. Ich wollte sie fragen, was sie hier tue, wer sie sei, was sie mir zu sagen habe, aber ich brachte kein Wort heraus. Statt zu sprechen fing ich an, um sie herumzuschleichen. Dabei war mir, als wäre nicht ich es, die mich in Bewegung setzte, sondern als folgte ich einer geheimen Regie, die mich innehalten und mein Gesicht neben ihrem Oberkörper platzieren ließ und mir dann einflüsterte, mich auf die Zehenspitzen zu stellen, meinen Kopf auf ihre Schulter zu legen, ihre Hand zu fassen und neben ihr stehen zu bleiben, regungslos. Zwei Frauen durch auffällige Verschiedenheit aneinander geheftet, verfangen in solchem Spiel. War das durchtrieben, falsch? Etwas zwang mich, dem Spiegel den Rücken zuzukehren und in ihre Augen zu fallen. Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, wohl eine Ewigkeit. Ich fiel in den Schacht ihres Blickes wie aus weiter Ferne, unbestimmbarer Perspektive. Ich schwebte, ich stürzte, aber wo immer ich landete, waren es ihre Augen, die mich empfingen. Sie waren nicht grün oder grau oder braun wie meine, sondern sie hatten alle Farben auf einmal und alle Farben in wechselnden Abständen. Am Ende aber waren es nicht doch meine Augen, war es mein Blick, an dem etwas Fremdes, Gefährliches, Irrendes hing? Ich musste mich meiner Hände erinnern und zog einen Ring vom Finger, um mit ihm behutsam über meine Lieder zu fahren, einen Ring vom Finger, um mit ihm behutsam über meine Lieder zu fahren. Eine Geste, die ich heute schon einmal gebraucht hatte, am Vormittag, als ich auf die U-Bahn wartete und mir der große Bildschirm Kinder vor Augen führte, die zwischen den Trümmern von Häusern einer Stadt hockten. Hier hatten Bomben eingeschlagen. Ich wollte nicht hinsehen, ich wollte niemanden sehen. Nur den Ring vom Finger ziehen und damit über die Lieder streifen, mehr nicht. wie sie war, sich der Aufgabe annehmen, die mir entfallen war. Soll sie doch zum Bahnhof fahren und nachschauen, was ich zu tun vergessen hatte. Stattdessen nahm sie jetzt den Ring aus meiner Hand, steckte sich diesen auf ihren kleinen Finger, öffnete ihre Arme und zog mich zu sich, wie jemand, der geübt darin ist, andere zu wärmen. Ich schlief wieder ein und, als wäre nichts gewesen, fand ich mich in meinem Bett wieder, allein wie vorher. Aber ich weiß, die fremde Frau wird wiederkommen. Sie will mutmaße ich, mir ein anderes Sprechen beibringen, aber welches? Soll ich mich damit der Kinder erinnern zwischen den Trümmern? Ihres Blickes, der meiner war, des Tauschs des Rings und der Umarmung? Aber ich möchte ihr nur sagen, wie gut es ist, manchmal nachts alles zu vergessen. Bilder. Und wenn es doch einen Schutz gebe und es nur darum ginge, ihm zu glauben, Und wenn es doch einen Schutz gebe und es nur darum ginge, ihm zu glauben, oft wenn sie Straßen und Gänge entlang lief, an diesen und jenen Ort musste, dieses und jenes Gespräch führen, diesem und jenem Blick standhalten, sehnte sie sich für einen Augenblick nach einem Weichzeichner, der ihre Ränder auflöste und in dessen Mantel sie dumpfer und unbestimmter wurde, durchlässig nur für die Wärme, die dem Unfesten eignet. Nicht, dass sie sich dieses Gefühl als dauerndes gewünscht hätte, nein, nur als gelegentlich verfügbarer Mantel machte es Sinn. Immer wieder, jetzt nicht, fielen ihr die Augen fast zu und die Bilder krochen vom Bauch ins Gesicht. Sie juckten unter der Kopfhaut, als wollten sie sich ein Lebensrecht erkitzeln. Augen, die mich ansehen und von Augen erzählen, auch von Stimmen und Händen, von einer Bewegung, die nirgends aufzuhalten ist, vielleicht ein Lachen, ein Schweigen. Wie sollte sie etwas berühren, das unter der Kopfhaut sein Unwesen treibt, als multiples, streichelndes, kitzelndes Auge, das sich nicht schließt, das sich umso weiter öffnet, je heftiger sie sich selbst mit den schönsten Märchen in den Schlaf zu wiegen versucht. mit den schönsten Märchen in den Schlaf zu wiegen versucht. Auch war sie schon aufgestanden, nachts, in die Küche geschlichen, hatte den Blick in den kalten Fliesenboden versenkt, damit sich das Grau ihres Körpers bemächtige, sich in die Gehirnbindungen ausbreite, Ruhe. Es flatterte dann kein Umhang zum Fenster herein, jener, der sich auch jetzt nicht um ihre Schultern legte und der es möglich machen sollte, die Bilder nur zu sehen, die das Erlebte und sie schob, wie ein Faden, der beide Teile miteinander verband, so wäre sie doch leichter zu ertragen gewesen, als dieser wütende Kitzel, der Unmögliches von ihr verlangte. und dabei zu gehen mit dem ausufernden Schritt eines Trunkenen, Augen, die den Himmel nicht oben suchen, in einem warmen Erdloch übernachten, eine Tür ganz kräftig öffnen, nach dem letzten Wort noch bleiben oder ein anderes sagen und noch ein weiteres herausfordern. Jetzt sah sie unbeirrt in das Zimmer mit dem großen Fenster. Ein Stück Wirklichkeit, das sie aus einer Geschichte von Wirklichkeiten abbrach, wie ein Stück Brot, um es zu ertasten, daran zu riechen, nicht um es jetzt schon zu essen. daran zu riechen, nicht, um es jetzt schon zu essen. Sie sah in zwei dunkle Augen und diese durch den Raum fliegen, einen Mund, dessen leise Worte sie kaum verstand und die sie dennoch einen Nachmittag lang wiederholte. Einen Zettel mit einer zarten und präzisen Handschrift, die unleserlich war und über deren Bedeutung sie brütete. Dann eine Stiege. Sie sah jemanden zwei Stufen auf einmal nehmen und laut ausrufen, ich werde das alles verschlingen, mit meinen zitternden Fingern und über sie hinweg. Jetzt verbarg sie ihre Hände unter den zu langen Pulloverärmeln, schob sie hervor, öffnete sie und betrachtete halb aufmerksam die Linien und Furchen in den Flächen. Was, wenn ich jene Traumfigur wäre, die von einem Flughafen weg in einer Holzkiste übers Meer trieb und die andere, die in dem Glauben, ins Wasser zu stürzen, wie ein Blatt durch die Luft flog und, ganz und gar dem Willen des Windes überlassen, im Schnee landete? Nur sich nicht falschen Kausalitäten hingeben, flüsterte sie sich zu. Auch dann würdest du nicht in einem Erdloch übernachten, ein anderes Wort sagen und sogleich den Himmel finden. Vielleicht aber die Augen einfangen und die Handschrift lesen. Und über dieser Hoffnung schlief sie ein, belustigt, bis sie nach ein paar Stunden das Kitzeln unter der Kopfhaut fühlte, im Schlaf ihre Finger unter das Haar tauchte und dann doch die Bilder wie das Brot berührte, von dem sie noch nicht isst. Dankeschön. Vielen Dank. Wir sind am Ende des Abends angekommen. Danke nochmal fürs Kommen, danke allen Vortragenden für ihre Texte. Und ich wollte nochmal auf den Büchertisch hinweisen, Sie können natürlich die Rampe erwerben. Die BeiträgerInnen bitte ich auch, ihre Belegexemplare abzuholen. Ich hoffe, Sie bleiben vielleicht noch ein bisschen im Literaturcafé und wünschen noch einen schönen Abend. Danke. Applaus