Ein Blick in die Europäische Kulturhauptstadt 2024, Bad Ischl, zeigt, wie weltweit beobachtbare demokratiegefährdende Tendenzen ebenfalls auf lokaler Ebene sichtbar werden. Die Historikerin und Autorin Marion Wisinger schildert in ihrem Vortrag „Österreich 2024: Demokratie in Gefahr“ exemplarisch, wie die erste weibliche Bürgermeisterin von Bad Ischl, Ines Schiller (SPÖ), einer gezielten Hetzkampagne ausgesetzt wurde.

Nach dem plötzlichen Tod ihres Vorgängers wurde die neu amtierende Ischler Bürgermeisterin – trotz ihrer langjährigen Erfahrung als Stadträtin – in der Öffentlichkeit als ungeeignet diffamiert. Der Grund: Sie sei „nur“ die Lebensgefährtin eines früheren Bürgermeisters und somit in den Augen ihrer Gegner*innen nicht qualifiziert. Die Vortragende Wisinger beschreibt, dass besonders im lokalen Stadtmedium „Ischler Woche“ negative Narrative über die Bürgermeisterin verbreitet wurden. Die Angriffe reichten von persönlichen Verunglimpfungen bis hin zu Vorwürfen zu ihrer Familienführung. Der Bürgermeisterin wurden außerdem steigende Immobilienpreise, Umweltprobleme und zunehmender Verkehr in Bad Ischl angelastet, obwohl sie für diese strukturellen Probleme nicht direkt verantwortlich gemacht werden könne, so Wisinger. Sie betont die Rolle der Frauenfeindlichkeit in dieser Hetzkampagne und berichtet von Aussagen der Bevölkerung wie: „Eine bürgerliche Stadt wählt einfach keine Frau.“

Hinter dieser Hetzkampagne stehe laut Wisinger eine „scheinbar überparteiliche Bürgerliste“, die in Wirklichkeit von der ÖVP unterstützt wurde und mit viel Geld den Wahlkampf finanzierte. Diese Liste verbreite populistische Parolen und schüre die Unzufriedenheit der Bevölkerung, um die sozialdemokratische Dominanz in der Region zu schwächen.

Der Schauplatz Bad Ischl illustriert, wie politische Hetze und manipulative Kampagnen gezielt eingesetzt werden, um demokratische Prozesse zu untergraben. Wisinger argumentiert, dass Österreich zwar eine stabile Demokratie mit funktionierenden Instanzen sei, jedoch ein wachsendes Misstrauen in der Bevölkerung zu beobachten sei. Sie betont außerdem, dass dies keineswegs ein rein österreichisches Phänomen sei. In vielen Ländern, von den USA bis nach Ungarn, würden ähnliche Entwicklungen stattfinden. Elemente wie die Aushöhlung demokratischer Institutionen, der gezielte Aufbau von Feindbildern, eine zunehmende Polarisierung durch soziale Medien und der Rückzug vieler Bürger*innen aus dem politischen Diskurs tragen dazu bei, dass das Vertrauen in die Demokratie immer weiter schwindet, warnt Wisinger.

Trotz dieser negativen Entwicklungen sieht Wisinger auch Hoffnung. Sie verweist auf die Zivilgesellschaft, die sich für demokratische Werte einsetzen müsse. Wichtig sei es, im Gespräch zu bleiben, Brücken zu bauen und Schnittmengen zu suchen, anstatt im Widerspruch zu verharren.

Verfasst von Claudia Hagenauer am 05.12.2024

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