Martin Wassermair und DORFTV, als nicht kommerzieller TV-Sender, setzen einen Schwerpunkt auf die Themen rund um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.

Andere wieder aufgeflammten Konflikte, wie der Bergkarabach-Konflikt oder den seit 07.10.2023 Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel und der weiteren Bombardierung des Gazastreifens, sind gute Anlässe, über die Zukunftsfähigkeit des Friedens, womit Eskalationen durch militärische Gewaltanwendung zu verhindern sind, sowie welche Rolle zivile Friedensarbeit darin spielt und wie sie zur Beendigung von Kriegen beitragen kann.

Zu Gast im Studio waren Stephanie Fenkart (Direktorin International Institute for Peace) und Clemens Ronnefeldt (Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes). Ausgehend eines Zitats von Willy Brand, Gewinner des Friedensnobelpreises im Jahre 1971, hält Fenkart fest, dass Kriege kein Instrument der Politik sein sollen und es genau genommen auch keine Kriege mehr gibt. Dies wurde bei der Gründung der UNO durch das allgemeine Gewaltverbot festgehalten.

Da wir offensichtlich keinen Weltfrieden haben, halten sich logischerweise nicht alle Staaten an diese Richtlinie, begründen Krieg im Sinne der Verteidigung oder nehmen neuerdings das bezeichnende Wort einfach nicht mehr in den Mund. Laut Fenkart, hält die Kriegsverlaufsforschung ebenso fest, dass im ersten Monat nach Kriegsbeginn, dieser auch wieder beendet werden kann oder sich zumindest die Gewaltspirale nicht weiter dreht. Je länger ein Krieg dauert, desto unwahrscheinlicher ist es, einen nachhaltigen Frieden zu erreichen. Die meisten Kriegen enden einfach irgendwann oder die Gewalt wird beiderseits intensiv zurückgefahren. Unter der Oberfläche brodelt es meistens weiter, wie man am Beispiel Ukraine erkennen kann, da der jetzige Konflikt, genau genommen schon 2014 (Annexion der Krim) begonnen hat.

Ronnefeldt erklärt anhand des Koreakriegs und dem russischen Angriffskrieg, welche Kriterien beachtet werden müssen, um einen Krieg wirklich beenden zu können. Unter Berücksichtigung der Kernpunkte, wie es zu einem Krieg gekommen ist, muss ein Waffenstillstand für alle Beteiligten das erstrebenswerte Ziel sein. Beispielsweise in Form von UN-Friedenstruppen, welche (wenn nötig) Waffengewalt einsetzten dürfen, um sich selbst und Zivilist*innen zu schützen und den Weltfrieden bestreben - ein sog. „robustes Mandat“. Weitere Hilfe der OSCE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) könnte ebenso in Anspruch genommen werden. Nach Einführung des Waffenstillstands, ist es eine Frage der Verhandlungen um die Neutralität und dem Ziel ehemals besetzte Gebiete nach einer klaren Regelung aufzuteilen, Sprache wieder einzuführen, kulturelle Rechte und das zivile Leben wieder aufzunehmen.

Zivile Friedensarbeit per se wird keine Kriege beenden können. Was sie dennoch leisten kann ist vor Ort zu sein und dafür zu sorgen, dass ein Dialog zwischen den verfeindeten Gruppen stattfinden kann und Projekte des Austauschs oder zur Traumbewältigung zu fördern.

Über den Krieg an sich zu sprechen ist schwierig, sehr emotional und viele Akteur*innen sind beteiligt, was die Situation noch mehr verhärtet. Dass man Friedensfragen öffentlich bespricht oder in den Medien thematisiert, ist zwar keine Neuheit, aber nach Beginn des Ukraine-Russland-Konflikts noch polarisierender. Um Kriege verständlicher zu vermitteln, fällt man schnell in das Narrativ „Gut gegen Böse“, welches sehr einsichtig ist und weniger Perspektiven vermittelt. Umso wichtiger ist es, egal auf welcher Seite man steht, sich die Frage zu stellen, wie kommen wir aus der Eskalationsschleife wieder raus.

Verfasst von Marie-Therese Jahn am 16.10.2023

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