Vor gut 4 Jahren sprach man unter EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen das erste Mal vom sogenannten „European Green Deal“. Dieses Projekt soll Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen und somit der ganzen Welt als Vorzeigeprojekt dienen. In ihrer jährlichen Rede zur Lage der Union am 13. Spetember sagte von der Leyen folgendes: „We shifted the climate agenda to being an economic one.“ Die Herausforderung des Klimawandels soll also als Möglichkeit gesehen werden, durch die Förderung bestehender und die Schaffung neuer grüner Technologien wirtschaftlichen Wachstum zu erreichen, Investoren anzuziehen und letztlich den europäischen Wohlstand zu erhalten.

Die mit dem Green Deal präsentierten Gesetze "Net Zero Industry Act" und "Critical Raw Materials Act" sollen für weniger Rohstoffabhängigkeiten sorgen und die EU als Standort für grüne Industrien attraktiver machen. Nun will die EU sogenannte „Clean Transition Dialogues“ mit der Industrie halten. Der erste hat am 10. Oktober stattgefunden und befasste sich mit Wasserstoff. Das Fazit lautet, dass die Geschäftsrisiken reduziert werden müssen, um mehr Investoren und damit Finanzmittel anzulocken. Außerdem sorgen die nach wie vor hohen Energiepreise für Marktnachteile europäischer Produzenten. Ob die EU sich diese Punkte tatsächlich zu Herzen nimmt, bleibt abzuwarten.

Grundsätzlich stimmen viele dieser Aussagen positv. Global betrachtet gibt es für grüne Technologieunternehmen aber gute, wenn nicht sogar bessere Alternativen zur EU. Die USA und China subventionieren ebenfalls verstärkt grüne Technologien mit milliardenschweren staatlichen Mitteln. Die EU hat es wie immer schwer; kleinere und industrieärmere Länder könnten weniger von den Subventionen profitieren und ärmere Staaten können die Mittel schlicht nicht zur Verfügung stellen. Die Fronten innerhalb der EU sind also auch verhärtet.

Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, ist der Green Deal alleine nicht genug, zeigen Berechnungen. Die existierenden Maßnahmen auszuführen reicht also nicht: Unseren Wohlstand erhalten und in altbekannten Mustern weiterleben – diese Kombination steht nicht zur Auswahl. Wir werden nicht umhinkommen, uns in bestimmten Bereichen einzuschränken – und wer weiß, vielleicht verlieren wir dadurch nicht einmal Wohlstand, sondern gewinnen stattdessen an Wohlergehen.

Verfasst von Maris Newerkla am 19.10.2023