Bei der Podiumsdiskussion „Soziale Bewegungen in Oberösterreich- brauchen wir mehr Ungehorsam?“ sprechen Professorin für politische Philosophie Nadja Meisterhans, die Gemüsebäuerin und Regionalentwicklerin Eva Seebacher, der Koordinator der „Scientists for Future“ OÖ und Mitglied der „Letzten Generation“ Mirko Javurek und der „Fridays for Future“ Aktivist Jan Aigner über die Wirksamkeit von sozialen Bewegungen. 

19 Kilometer Asphalt hätten für den Lobautunnel durch den Nationalpark Donau-Auen verbaut werden sollen. Nach massivem Widerstand der Klimabewegung „Lobau bleibt“ lässt Umweltministerin Leonore Gewessler einen Klimacheck durchführen und sagt das Milliardenprojekt endgültig ab. Die Geschichte von „Lobau bleibt“ ist nur eines von vielen Beispielen, das zeigt, dass ziviler Ungehorsam ein Hebel für Veränderungen sein kann. 

Die Bandbreite an Methoden, um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen ist groß. Eine davon ist „Klicktivismus“, also Aktivismus, der digitale Hilfsmittel, wie zum Beispiel Online-Petitionen nutzt. Diese Form der gesellschaftlichen Beteiligung sei laut dem „Fridays for Future“-Aktivisten Jan Aigner zwar ein sinnvolles Werkzeug, um Unterschriften zu sammeln, könne aber niemals den Protest auf der Straße ersetzen. Menschenmengen, die sich bei einer Demonstration versammeln, würden der Politik ein viel stärkeres Signal senden und könnten somit größeren öffentlichen Druck aufbauen. Mitglied des Frauenarbeitskreises und Gemeinschafts-Gemüsebäuerin Eva Seebacher schildert, dass ihre Vereinigung durch Vernetzung, Austausch und Öffentlichkeitsbildung für bäuerlich-feministischen Ziele kämpft. In den 90ern wurde die Pension für Bäuerinnen maßgeblich von dem Frauenarbeitskreis der „ÖBV Via Campesina Austria“ miterkämpft. 

Soziale Bewegungen mit verschiedenen Strategien haben historisch gesehen besonders viel Kraft etwas zu verändern, erklärt die Professorin für politische Philosophie Nadja Meisterhans. Die Klimabewegung sei ein Paradebeispiel dafür: die Massenbewegung „Fridays for Future“ versuche mit Großprotesten besonders viele Menschen auf die Straßen zu bringen, während „Letzte Generation“ mit Störaktionen und Irritation zur gesellschaftlichen Aufklärung beitragen möchte. Weiters führt Meisterhans aus, dass eine soziale Bewegung von der Mehrheit per se nicht als überzeugend wahrgenommen werden muss, um wirksam zu sein. Die Aktivistinnen Suffragetten kämpften Anfang des 20. Jahrhunderts mit offensivem Widerstand und Gewalt für das Frauenwahlrecht in England. Mit ihren Aktionen sorgten sie für große Aufregung in der Bevölkerung, konnten aber trotzdem ihr Ziel durchsetzen. Ergänzend müsse laut Meisterhans zivilgesellschaftlicher Protest nicht immer zwingend fortschrittlich sein. Wichtige Erkennungsmerkmale für soziale Bewegungen seien die Solidarisierung mit anderen, die Bereitschaft zur Selbstkritik und mit der Gegenseite im Dialog zu bleiben. 

Gegen die Klimaaktivist*innen der „Letzen Generation“ wird wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Dass friedliche Proteste kriminalisiert werden, erklärt sich „Letzte Generation“-Mitglied Mirko Javurek als Reaktion der Politik, die auf ihr eigenes Versagen aufmerksam gemacht werde und daraufhin einen Sündenbock suche. Die „Letzte Generation“ will sich davon aber nicht einschüchtern lassen, denn die drohende Klimakatastrophe sei bei weitem schlimmer als Hausdurchsuchungen oder Gefängnisaufenthalte.

Ist Gewalt legitim, um die eigenen politischen Ideale zu verwirklichen? Laut der Professorin für politische Philosophie Nadja Meisterhans dürfe man in einem autoritären Regime zwar den Diktator töten, in einer Demokratie müsse man sich aber immer friedlicher Mittel bedienen. Zum Schluss appelliert Meisterhans an uns alle sich in Zeiten von multiplen Krisen als starke Demokrat*innen zivilgesellschaftlich zu engagieren. Denn die Demokratie sei nicht selbstverständlich und müsse stets verteidigt werden. 

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Verfasst von Claudia Hagenauer am 21.03.2024