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26.Oktober 2022-Die Waffen nieder! – Ja zur Neutralität!

Created at 10. Nov. 2022

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by Solidarwerkstatt

Aufruf der Solidarwerkstatt Österreich zur Kundgebung, am 26. Oktober 2022, des

67. Jahrestages der Beschlussfassung der immerwährenden Neutralität Österreichs!

Die Waffen nieder! – Ja zur Neutralität!

Für eine demokratische, soziale und klimagerechte Zeitenwende!

Nur Friedenspolitik ist nachhaltige Sicherheitspolitik.

Im August 2021 zog sich die US geführte westliche Militärallianz nach 20jährigem Krieg aus Afghanistan zurück. Der Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 markiert entgegen vielfachen Behauptungen keine Zäsur, mit der eine Epoche des Kriegs eingeläutet worden wäre. Der Krieg in der Ukraine ist vielmehr ein Weckruf an alle Menschen, die Epoche des permanenten Kriegs umgehend zu überwinden. Bewusste und verantwortungsvolle Gestaltung der gesellschaftlichen Beziehungen und der natürlichen Umwelt, globale Kooperation auf Augenhöhe, menschliche Emanzipation dulden keinen Aufschub mehr. Mit der immerwährenden Neutralität hat die Republik Österreich ein taugliches politisches Instrument, um dazu einen entscheidenden Beitrag zu leisten.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine verletzt das Gewaltverbot der Vereinten Nationen. Russland muss diesen Krieg sofort beenden und seine Truppen zurückziehen. Die Führung der Russischen Föderation hat auf Krieg gesetzt. Zu einer Zeit, in der das völlige Scheitern der westlichen Kriegspolitik der letzten 30 Jahre offenkundig wurde. Und der bisherige Kriegsverlauf in der Ukraine zeigt, dass auch die Russische Föderation ihre wirtschaftlichen, politischen und militärischen Ziele mit Krieg nicht durchsetzen kann.

Wir kommen aus einer Periode des permanenten Kriegs. Das Internierungslager in Guantanamo, gezielte Tötungen rund um den Globus, Militärinterventionen nach Gutdünken haben jegliche modernen rechtliche Normen außer Kraft gesetzt. Sie waren und sind Ausdruck einer bedrohlichen Asymmetrie in den internationalen Machtverhältnissen. Viele hofften, es gebe demgegenüber ein starkes Russland, ein Russland, das verantwortungsvoll handelt und das Recht respektiert.

Die Kriegspolitik ist gescheitert. Die Welt des 21. Jahrhunderts lässt sich mit Krieg nicht gestalten. Vor uns liegen die Trümmer dieser Politik. Das 20. Jahrhundert war nicht bloß das kurze Jahrhundert der verheerenden Kriege, sondern auch historisch einmaliger Anstrengungen zur Durchsetzung des Friedens. Das Schwächerwerden, ja nahezu Verschwinden der Friedensbewegung im 21. Jahrhundert ist zutiefst verbunden mit der Vorstellung über die Alternativlosigkeit der vorgefundenen Ordnung. Erst mit dieser Alternativlosigkeit wird Aufrüstung, Blockbildung und Bereitschaft zum Krieg zum enttabuisierten Werkzeug jeglich möglicher Politik. Friedenspolitik als Sicherheitspolitik wird dann realistisch, wenn wir über die Grenzen der herrschenden Konkurrenzordnung hinausdenken.

Die Forderung nach Frieden und Abrüstung muss zum festen Bestandteil zivilgesellschaftlicher Mobilisierungen werden. Die Menschheit steht vor gewaltigen Herausforderungen: Verhinderung des Klimakollapses, Abwendung von Hungerkrisen, Verringerung der unfassbaren Klüfte zwischen Arm und Reich. Aufrüstung, Krieg und Großmachtsrivalitäten verunmöglichen menschen- und umweltfreundliche Lösungen. Wir brauchen internationale Kooperation statt geopolitischer Konfrontation, Abrüstung statt Aufrüstung.

Weder ein Beitritt zur Nato noch die aktive Beteiligung bei der Militarisierung der EU bringen ein Jota mehr an Sicherheit für Österreich. Die EU ist Teil des Problems und nicht die Lösung. Ihre Verfassung und ihre Institutionen sind sowohl nach innen wie nach außen auf Konkurrenz, Konzerninteressen und imperiale Machtexpansion ausgerichtet. Die Interessen des Militär-Industriellen-Komplexes sind in weltweit einzigartiger Weise im EU-Primärrecht einzementiert. Mit dem nun vorliegenden „Strategischen Kompass“ will die EU – wie sie selbst sagt – einen „Quantensprung“ bei der weiteren Militarisierung vollziehen, um für globale Militäreinsätze hochzurüsten.

  • Wir fordern deshalb

    die Aufhebung des – dem EU- Vertrag geschuldeten – Kriegsermächtigungsartikels 23j im Bundesverfassungsgesetz (sh. Seite 7) sowie
  • den Ausstieg aus den aktuellen EU-Militarisierungsprojekten des „Strategischen Kompass“, die dazu verpflichten, zusätzliche Rüstungsmilliarden auszugeben und bei EU-Kriegseinsätzen mitzumarschieren bzw. diese mitzufinanzieren und logistisch zu unterstützen (sh. Seiten 8, 9).
  • Die im derzeitigen Regierungsprogramm vorgesehene Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips in außen- und sicherheitspolitischen Fragen im EU-Rat würde die immerwährende Neutralität endgültig beseitigen. Dem müssen wir uns in aller Entschiedenheit widersetzen.

Wer propagiert, die immerwährende Neutralität schaffe keine Sicherheit, stellt letztlich das internationale System und das Gewaltverbot der Vereinten Nationen insgesamt in Frage. In dieser Logik gibt es Sicherheit nur gegen feindliche Mächte, gegen die es gilt, sich zu rüsten und zu verbünden. Damit würden wir das Staatensystem tatsächlich in den Zustand der völligen Gesetzlosigkeit, in der nur das Recht des Stärkeren gilt, zurückwerfen. Die Sicherheit der kleinen Staaten, im Besonderen der neutralen Staaten, ist untrennbar mit dem Respekt der mächtigen Staaten vor dem Gewaltverbot und dem Recht verbunden. Immerwährende Neutralität verpflichtet zum Frieden. Davon ausgehend muss sich Österreich für Abrüstung und gegen Blockbildung engagieren.

Das internationale System wurde über Jahrzehnte teilweise bewusst, vielfach fahrlässig, beschädigt. Es geht nicht bloß darum, das internationale System einfach zu bewahren. Wir müssen es zu einer lebendigen Friedensordnung weiterentwickeln. Eine Zeitenwende wird unser Heute dann, wenn wir begreifen, dass eine Friedensordnung nie einseitig mit Gewalt durchsetzbar ist. Österreich kann deshalb mit der immerwährenden Neutralität wirksam zur Herausbildung einer lebendigen Friedensordnung beitragen.

(Vorstand der Solidarwerkstatt Österreich, Juni 2022)

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