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4 Sätze aus Drama Op.23 (1995) ///| Guo Wenjing ///| Leicht über Linz


Created at 24. Jul. 2024

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by María Pérez Díez

4 Sätze aus Drama Op.23 (1995) ///| Guo Wenjing ///| Leicht über Linz
"Erst seit ich "Drama" komponiert habe, sind die traditionellen Möglichkeiten dessen, was auf Chinesischen Becken möglich war, ausgeweitet. Vorher gab es nur drei Spielweisen - Spielweisen, die - bei Ausschluss aller anderen - Tausende von Jahre hindurch in Gebrauch geblieben waren. Auf diese Weise hatte ich in diesem Stück versucht, die Becken zu einem Instrument von beträchtlicher Ausdrucks- fähigkeit zu machen. Ein wichtiger Schritt vorwärts. Trotzdem muss ich zugeben, dass die Komposition von DRAMA leicht war. Der dritte Satz zum Beispiel war innerhalb von zwei Stunden beendet." (Guo Wenjing) Der chinesischen Über- lieferung zufolge sind Atmung und Rhythmus untrennbar miteinander verbundene Begriffe. Tao, Yin und Yang dienen der Ordnung, während uns daneben das Rhythmusgefühl erlaubt, das Zusammenwirken von Zeit, Raum und Zahlen wahrzunehmen. In "Drama" benutzt Guo Wenjing drei Paare Chinesischer Becken. Von den größten bis hin zu den kleinsten, von volltönigen bis zu schrillen: Chuan Bo (die Szechuan-Oper), Nao Bo und Xiao Bo (die Peking-Oper). Die Instrumente in aller drei Paare haben unterschiedliche Tonhöhen. Das Vorwort zur Partitur erläutert nicht weniger als dreißig Spielweisen: normal, mit umgekehrten Becken, aufrecht stehend, mit dem Trommelschlägel am Rand oder in der Mitte angeschlagen, vor der Brust oder auf den Knien gehalten... Guo Wenjing schreibt eine Anschlagsart des oberen von zwei Becken mit einem Schlägel vor: das untere wird so schnell und dicht wie möglich in dessen Nähe gehalten und ein Vibratoeffekt entsteht. Neben diesen Spielweisen bringen alle drei Instrumentalisten auch Schreie, Seufzer, Glissandi, Zungenschnalzen und Falsettlaute hervor. "Drama" ist in sechs Sätze mit klar definierten Konturen unterteilt. Der erste, in einem schnellen Tempo, schichtet das Duo zweier hoher Beckenpaare über Chuan Bo. Im noch schnelleren zweiten Abschnitt wird eine einzelne melodische Linie auf alle drei Instrumentalisten verteilt. Der dritte Teil untersucht die individuellen Qualitäten der sechs Becken in einem einzigen Rhythmus von zwei Breven, zwei doppelten Ganzen Noten. Nao bo stellt die Keimzelle des vierten Abschnittes vor, die dann außer Phase gebracht wird. Der fünfte Abschnitt, senza tempo, wechselt metrisch ungebundene Musik mit einem genau ausgearbeiteten Kontrapunkt für Instrumente und Stimmen ab, bevor der sechste - abgesehen von einem Mittelteil aus wenigen Takten - allmählich zu den Prinzipien des zweiten Abschnittes zurückkehrt. Am Ende steht eine letzte fortissimo-Geste.

SCHLAGQUARTETT KÖLN

Thomas Meixner

Boris Müller

Achim Seyler

Rie Watanabe

 

Guo Wenjing (1956) Um nicht auf der Straße zu verlottern, brachte er sich selbst das Geigenspiel bei. Die Musik half Guo Wenjing, 1956 in Sichuan, einer Provinz im Südwesten Chinas geboren, über vieles hinweg. Während der Kulturrevolution beschäftigte er sich intensiv mit der Volksmusik und den Schamanenritualen seiner Religion, die einen großen Einfluss auf seine frühen Werke ausübten. Von 1970 bis 1977 war er Violinist und Schlagzeuger in der städtischen Musik- und Tanzgruppe von seiner Heimatstadt Chongqing, ehe er 1978 ein Kompositionsstudium am Pekinger Zentralkonservatorium begann. Seit 1990 hat er dort eine Professur; 1998 übernahm er die Leitung der Abteilung für Komposition. Guo Wenjing ist stark in der traditionellen chinesischen Musik verwurzelt. Gleichwohl will er mit seinen Arbeiten Barrieren brechen und Grenzen sprengen. Davon zeugen seine Symphonien, Konzerte und Kammermusik, die in China und den USA viel Beachtung fanden. In Europa wir der Komponist in erster Linie über seine Bühnenwerke wahrgenommen: der Kammeroper Wolf Club Village, die 1994 in Amsterdam uraufgeführt wurde, und die beiden, von einem berühmten chinesischen Gemälde inspirierten Opern Night Banquet I&II.

Das Schlagquartett Köln, das 1989 anlässlich der Wittener Tage für Neue Kammermusik mit Uraufführungen von Wolfgang Rihm, Edison Denissow u.a. debütierte, gilt in Kennerkreisen seit langem als Garant für über- zeugende Aufführungen mit Feinabstimmung. Die Erschließung ungewöhn- licher Klangwelten wird von den Mitgliedern, die Absolventen der Musikhochsch- ulen in Karlsruhe, Köln und Trossingen sind, mit einer auch in dem Bereich der Zeitgenössischen Musik schwer zu findenden Hingabe und Professional- ität betrieben. Auge und Ohr staunen ob des enormen Aufgebots an klassischen und exotischen Instrumenten und es ist überraschend, welche Metamorphose selbst banalste Alltagsgegenstände in den Händen der vier Schlagzeuger vollziehen. Sein ebenso vielseitig wie experimentierfreudig angelegtes Repertoire umfasst weite Bereiche der komponierten Schlagzeugmusik des vergangen- en Jahrhunderts. Zahlreiche Konzerte, Rundfunkproduktionen und Uraufführung- en dokumentieren die nunmehr seit über dreißig Jahren andauernde intens- ive Arbeit für diese spezielle Besetzung. Durch die enge Zusammenarbeit mit Komponisten und der damit verbundenen kontinuierlichen Suche nach speziellen Klängen entstehen innovative Spieltechniken, parallel zur Entwicklung und dem Bau von neuartigen Klangerzeugern. Auf diese Weise können der "Fundus" kompositorischer Mittel erweitert und zukünftiges Komponieren für Schlag- instrumente entscheidend beeinflusst werden. Die Förderung besonders der jünger- en Komponistengeneration ist hierbei ein wichtiges Anliegen des Schlagquartett Köln, wovon zahlreiche in den letzten Jahren vergebene Kompositionsaufträge und die dementsprechende Konzertprogrammgestaltung Zeugnis ablegen. Neben ihrer Tätigkeit im Schlagquartett Köln konzertieren die einzelnen Mitglieder als Solisten und arbeiten regelmäßig mit den renommiertesten Ensembles für Zeitgenössische Musik im In- und Ausland zusammen. Regelmäßige Auftritte des Schlagquartett Köln bei internationalen Festivals, Weltmusiktage, Hörgänge Wien, Musikfestspiele Saar, Wien Modern, Berliner Festwochen, Wittener Tage für Neue Kammermusik, Éclat Stuttgart, Musica Viva, Transit Festival, Warschauer Herbst... Musiktheater- projekte in Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus und der Oper Düsseldorf, der Oper Bonn, dem Stadttheater Bielefeld und dem Staats-theater Wiesbaden. Die Gabe, ausgesuchte Kompositionen mit viel Finger-spitzengefühl und Teamgeist in Kunstwerke umzusetzen, brachte Ihnen für die CD-Produktion von N.A.Hubers "Herbstfestival" den Preis der Deutschen Schall-plattenkritik und 2003 den Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung ein. Wer also genug von allgegenwärtiger musikalischer Dauerberieselung hat und nach einem besonderen Konzerterlebnis sucht, wird sich für die künstlerische Arbeit des Schlagquartett Köln interessieren, welches in idealer Weise offenbart, wie wunderbar vielfältig, konkret und faszinierend Neue Musik sein kann.

Leicht über Linz 2024

SCHLAGQUARTETT KÖLN I ///| MO 18.3.2024 ///| 18:30 ///| Kleiner Saal

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