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Welt-Bilder | 06.2 | Renaissance I - 20.11.2012

Created at 28. Apr. 2016

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by dorftv

Univ. Prof. Dr. Walter Ötsch
Vorlesung „Themen und Theorien der Kulturwissenschaften I“ an der Johannes Kepler Universität Linz im Wintersemester 2012

6. Stunde – Teil 2, 20.11.2012
Renaissance: Schritte zur Operationalisierung einzelner Wahrnehmungsakte: Einzel-Dinge und Einzel-Menschen I

Die Suche nach der sichtbaren Welt
Eine geometrische Sichtweise, als Vorbereitung der Philosophie von Descartes (res extensa)
Momente dieser Entwicklung: Geometrisierung, Messbarkeit der Welt, eine neue Art des Sehens, Konzept der Einzel-Dinge, Konzept des Individuums (die Einzel-Person)

1. Mittelalterliche Vorformen

(a) in den gotischen Kirchen

Individualisierungs-Momente: Die Figuren an den Außenmauern zeigen neuzeitliche Physiognomien

(b) Die „französische Renaissance des 12. Jhdts

Gotik

Neue Orden: z.B. Zisterzienser als europäischer multinationaler Konzern

[Frage zum Templerorden]

Frankreich als intellektuelles Zentrum
Neue Literaturen: Chansons, Troubadour-Lyrik

Die mittelalterlichen Minnesänger als erste Laien-Gruppe, die Literatur produziert

Ein Individualisierungs-Schub in der „Renaissance des Mittelalters“

Das Christentum wird >innerlicher<:

Das Christentum wurde selbstverständlich, „die triumphierende Kirche“
910: Klosterreform von Cluny

Beispiele:

Abelaerd (V 1142) als Beispiel für „Selbsterforschung“, „Selbsterfahrung“
Berhard von Clairveaux ((V 1153): Selbsterfahrung als Grundlage guter Predigt:

Neue Betonung der Selbsterfahrung und Selbstbekenntnisse für das Seelenheil

Wandel des Sünden-Konzepts: von äußerem Handeln zu inneren Intentionen
Man muss Sünden jetzt auch „bereuen“ (Zeit-Aspekt)
Neue Psychologie: von „Impulsen“ (pondus, keine Analyse von Motiven) zu Analyse von Affekten: welcher Affekt kontrolliert das Handeln der Menschen?
Autobiographien

2. Der Nominalismus: die Existenz von Einzeldingen

Im ganzen Mittelalter Streit um die ontologische Stellung der Universalien.
Gott – Welt – menschliche Begriffe als Kontinuum
Wilhelm von Occam (Ockham), [1280/1300 ? – 1347/1349?], Franziskaner
Omnipotenz-Prinzip: Gott ist allmächtig und unendlich frei, er hätte die Welt auch anders erschaffen können.
Kontingenzprinzip: Die bestehende Welt ist „kontingent“: „Kontingent“ bezeichnet den Status von Tatsachen, deren Bestehen gegeben und weder notwendig noch unmöglich ist.
Der enge Zusammenhang Gott und Welt wird damit aufgebrochen.
Folge: Es gibt keine unmittelbar bekannte „kosmische Ordnung“, die Ordnung der Welt muss empirisch erkundet werden.
Ökonomie-Prinzip: das Occamsche Rasiermesser
Wenn die Ordnung der Welt keine (unmittelbar) göttliche ist, folgt daraus: alle Metakonstruktionen der universalistischen Philosophien sind überflüssig
Radikale Kritik aller Substanzbegriffe, Ausnahme: Gott und die Seele
Begriffe = willkürliche Zeichen, die vom menschlichen Geist frei gebildet und durch Wörter ausgedrückt werden.
Nominalismus: (nomen = Name)
Alle Allgemeinbegriffe sind gedankliche Abstraktionen.
Ockham vertritt eines differenzierten Nominalismus in Verbindung mit zeichentheoretischen Überlegungen.
Realität kommt nur den Einzeldingen zu.
Die Allgemeinbegriffe haben keine eigene Existenz, sondern sind nur die Summe der gedachten Dinge.
Nominalismus im späten Mittelalter = via moderna
Damit war auch eine Abkehr von der ideologischen Legitimation von Machtpositionen verbunden.

3. Perspektivisches Malen: ein neuer Realismus in der Bilder-Produktion

Giotto di Bondone (vermutlich 1266 – 1337)

Bilder mit räumlicher Tiefe, ein Boden für das gesamte Bild
Der Raum als Gerüst: ein nach vorne offener Würfel, ein einheitlicher Raum-Würfel
Raum als rational konstruierte Einheit
Bilder von Individuen
Trennung: Figur – Hintergrund

Eine neue Art des SEHENs ?

Ein einziger Fluchtpunkt

http://www.walteroetsch.at/videos-von-vorlesungen/videos-zur-vorlesung-…

Videoproduktion: Alexander Grömmer und JKU
Video auf youtube: http://bit.ly/1Ws5iC3

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