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Städtische Volksküche

Created at 11. Jan. 2022

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by architektenfreund

STÄDTISCHE VOLKSKÜCHE

Curt Kühne, 1926

Der Linzer Volksküchenverein richtete 1888 in einem ehemaligen Kohleschuppen mitten in der Stadt die Erste Linzer Volksküche ein. Mit dem Ausbruch des Krieges kam der Betrieb zum Erliegen. 1920 wurde die Versorgungseinrichtung von der Stadt übernommen. Als sich das Platzangebot aufgrund der großen Nachfrage als unzureichend erwies, wurde das Stadtbauamt unter Curt Kühne mit der Planung eines Um- bzw. Neubaus betraut. Im Mai 1926 wurde die Baubewilligung erteilt, bereits im Jänner 1927 konnte das neue Haus eröffnet werden. Die neogotische Durchformung der Fassaden, der braune Putz und die getreppte Giebelfront mit eingelassenem Klinkerornament legen Analogien mit dem zur selben Zeit vor allem in Deutschland beliebten „Backsteinexpressionismus“ nahe. Die neue Volksküche sei „mit allen modernen neuzeitlichen Vorteilen ausgestattet“, beschreibt Stadtrat Leopold Kraft kurz nach Eröffnung die neue städtische Einrichtung. Er lobt die hohen, lichten Speisesäle im Parterre, die Verwaltungs- und Personalräume und die technischen Finessen der Küche. „Ein Wahrzeichen sozialer Einsicht und sozialer Tat“ sei die Volksküche, „Wohlfahrt im Geiste einer sozialen Kommunalverwaltung.“ Bis 1968 war die Einrichtung in Betrieb. Anschließend wurde das Gebäude für unterschiedliche Zwecke genutzt. 1997 wurde es von der Stadt gekauft und ab 2002 nach Plänen von Architekt Bernhard Rosensteiner für eine Nutzung als Ausstellungs- und Veranstaltungshaus umgebaut. (Tobias Hagleitner)

Bernhard Rosensteiner

Mit großer Sensibilität für die vorhandenen Qualitäten hat der Linzer Architekt Bernhard Rosensteiner die ehemalige Volksküche im Jahr 2002 umgebaut. Dank raffinierter Neukonzeption von Stiegenhaus und Erschließungsflächen gibt es nun ausreichend Entfaltungsraum für den Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb von afo architekturforum oberösterreich und Galerie MAERZ.

„Kühne war eigentlich sehr kühn, ein solches Gebäude für so eine Funktion zu entwerfen. Allein der Gedanke, für die ärmste Bevölkerung ein Gebäude zu schaffen, das nicht nur ‚funktioniert‘, sondern darüber hinaus einen gewissen Respekt zum Ausdruck bringt; die Emotion, die er da eingebracht hat, mit Liebe zum Detail, das hat mich total fasziniert.“

 

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Kühne Schulte Gegenwart

Filmische Porträts

In nicht einmal zwei Jahrzehnten schufen Curt Kühne (1882–1963) als Stadtbaudirektor und Julius Schulte (1881–1928) als sein Mitarbeiter bzw. selbständiger Architekt wesentliche Bausteine der modernen Linzer Raumentwicklung auf dem Weg zur Großstadt. Unter den äußerst prekären Bedingungen der Zeit zwischen den Weltkriegen planten sie bedeutende Wohnbauten, Schulen und kommunale Einrichtungen für die Stadt, die bis heute in Betrieb und Nutzung sind.

Das afo hat für die Ausstellung Kühne Schulte Gegenwart (19.11.2021–18.2.2022) unterschiedliche Persönlichkeiten – Bewohner*innen, Architekt*innen, Expert*innen, Eigentümer*innen – zum Interview geladen, um anhand von zehn Beispielbauten zu erfahren, was sich rund ein Jahrhundert später von den „sozialen Stadtbausteinen“ der Zwischenkriegszeit lernen lässt: Wie sieht der private oder berufliche Alltag darin aus? Welche Qualitäten werden besonders geschätzt? Was bedeuten diese Bauten und Siedlungen für die Stadt und ihre Bewohner*innen?

Hinweis: Parallel zur Ausstellung im afo zeigt das NORDICO Stadtmuseum Linz bis 18.4.2022 Gebaut für alle. Curt Kühne und Julius Schulte bauen das soziale Linz (1909-1938).



Konzept und Interviews: Tobias Hagleitner

Ton, Kamera, Schnitt: Reinhard Zach

afo architekturforum oberösterreich, 2021

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